Igelfamilie

Hallo www-ler!
Bin beim Aufräumen/Neugestalten des Vorgartens versehentlicherweise auf eine Igelfamilie gestossen: Mutter mit 5 Igelkindern, schätzungsweise 10 cm lang.
Ich weiß, dass die gestörte Igelmama sicherlich in der Nacht den Nachwuchs umquartieren wird. Nun bin ich mir aber nicht sicher, ob die Kleinen es bis zum Herbst noch schaffen, sich das nötige Winterfett anzufuttern.
Kann ich irgend etwas tun, um der Igelfamilie ohne großartige Eingriffe in die Natur zu helfen?
Katzenfutter ist ja erlaubt, und da wir drei Mäusejäger haben, auch immer verfügbar.
Wann sollte ich in jedem Fall eingreifen, um die Kleinen vor dem Wintertod zu bewahren? An welche Adressen könnte ich mich im Land Brandenburg wenden?
Vielen Dank im voraus für Eure Hilfe.
MfG BM

Hallo bommelmops,

diese Seite http://www.pro-igel.de/index.html ist mir hier vor kurzem rund um den Igel empfohlen worden. Dort findest Du viel Wissenswertes sowie links und Telefonnummern, die Dir sicherlich weiterhelfen können.

Lieben Gruß,
Anna

Huhu!

Die Igel werden es mit großer Wahrscheinlichkeit ganz gut allein bis zum Winter schaffen…der August ist gerade mal rum, und es gibt dieses Jahr Unmengen an Schnecken, Spinnen und anderes Krabbelzeuchs.
Mit dem gezielten Zufüttern würde ich wirklich warten, bis es gegebenenfalls tatsächlich notwendig wäre. Man schafft so bloß Tiere, die sich vom Menschen abhängig machen, bzw wird so ein Vorteil für Tiere geschaffen, die sonst keine Chance hätten, das Revier zu halten und es jüngeren, fitteren Tieren frei geben müssten (ähnlich der Vogelfutterhäuschenproblematik). Oft tut man Wildtieren durch solche übereiligen „Hilfsangebote“ keinen Gefallen.
Lasst euch auch nicht verunsichern, wenn die kleinen Igel die nächsten Tage vielleicht allein auf Wnaderschaft gehen…das heißt nicht, dass die Mutter sie verlassen hat, sondern ist ganz normal. Die Mutter ist aber noch in der Nähe und trommelt die Jungen regelmäßig noch zusammen. Späte Jungigel gehen auch durchaus mal Tagsüber auf Wanderschaft, obwohl dass sonst nicht das typische Verhalten eines Igels ist. Auch das ist kein Grund zur Beunruhigung, solange das Tier nicht anderweitig auffällt (laute, rasselnde Atemgeräusche zb). Was unnormal wäre, ist wenn ein Igel am helligten Tag irgendwo ruhend auf der Wiese rumliegt. Da stimmt oft was nicht.

Was auch so eine eher unschöne Aussage ist (wird leider auch von pro-Igel propagandiert…schade, an den meisten Stellen ist die Seite sonst ok): „Igel die im November weniger als 500g wiegen müssen eingesammelt werden“. So ein Quatsch…das ist eine Pauschalaussage in zweierlei Hinsicht: Zum einen kann ein 450g schwerer Igel hervorragend über den Winter kommen, wärend ein 700g schweres Tier es vielleicht nicht schafft…nicht das Gewicht ist entscheidend, sondern das Verhältnis in dem es zum Tier steht…ein großer, ausgemerkelter Idel ist mit 700g nicht in der Lage, die kalte Zeit zu überstehen, ein kleiner propperer Kerl schon. Der zweite Kritikpunkt in dieser Aussage: man kann den zeitpunkt unmöglich an einer Jahreszeit fest machen. 2006 zB war der November so warm, dass man bis zum Ende des Monats noch im Tshirt ind er Sonne sitzen konnte…trotzdem schleppten gutmeinende Leute eigentlich gesunde Tiere an, die draußen noch genug zu Futtern gefunden hätten.
Man sollte sich lieber nach dem Frost richten… besser wäre zu sagen „Wenn es zum ersten mal 2-3 Nächte nacheinander gefrostet hat, kanes für Tiere mit ungenügendem Fettansatz im Verhältnis zu ihrer Körpergröße kritisch werden. Tiere unter 400g sind dabei generell zu klein für den Winter, bei Tieren ab 450g kommt es auf den Gesamteindruck an“

Im übrigen sollte man dann immernoch überlegen, ob es wirklich notwendig ist, das Tier gleich einzusammeln. Igel sind unheimliche Charaktertiere, und für etwa die Hälfte der Tiere bedeutet die Obhut in Menschenhand extremer Stress…viele nehmen zunächst ab. Die andere Hälfte kommt besser damit klar, manche sind sogar richtig zutraulich.
Ein Igel kann, wenn er gut angefüttert wird, innerhalb einer Nacht 50g bis über 100g zulegen! (auch wieder bisschen abhängig vom Tier). Das heißt, oft reicht es, das Tier mal ein bis zwei Wochen anzufüttern… nicht in Gefangenschaft, sondern im Revier das Futter anbieten. Für die Igel, die die Gefangenschaft als extremen Stress empfinden, ist es die Regel, dass sie die ersten Tage kontinuierlich sogar erst mal abnehmen… hinzu kommt, dass die Tiere im Frühjahr, wenn sie ausgewidert werden sollten, in der Regel benachteiligt sind, denn die meisten Reviere sind dann schon von anderen Igeln besetzt.

Das beste was ihr jetzt tun könnt ist, erst mal wenig zu stören im Unterschlupf. Bietet vielleicht ein paar Überwinterungsstellen an in eurem Garten…ein paar Zweige, bisschen Laub auf einem Haufen… bei uns haben die Igel immer gern im Komposthaufen überwintert, also haben wir da eine kleine Laubecke gemacht. Sammelt eventuelles Fallobst nicht gleich auf. Das lockt nämlich Schnecken und Insekten an, die die Stachelmeister gern futtern.
Wenn ihr ihr meint, ein Igel ist noch zu klein, wenn die Temperatur kritisch fällt, entscheidet Zugunsten des Tieres, ob es wirklich im Haus überwintern muss. Ansonsten bietet lieber einige Tage Futter an…Katzenfutter mit Ei zB…man kann auch Nüsse und ein bisschen Banane druntermischen, das setzt schön schnell an.

Ansonsten wünsche ich viel Spaß beim beobachten eurer Igelfamilie!

lieben Gruß
aj

Hallo atrox,
vielen Dank für Deine sehr ausführlichen Hinweise. Auf die Seite von „Pro-Igel“ hatte ich auch schon geschaut, bin aber bei derartigen Seiten immer etwas skeptisch, da jeder Seitenbetreiber doch nur eine bestimmte Sicht der Dinge vermitteln kann bzw. möchte.
Ansonsten stimme ich mir Dir überein, dass eine pauschale Einschätzung - noch dazu via Internet - ohne Berücksichtigung der Gesamtsituation nahezu unmöglich ist.
Ich werde also, wie schon gefühlsmäßig angedacht, der Natur vorerst ihren Lauf lassen, auch wenn das bedeutet, dass, sollte sich die Igelmama nebst Nachwuchs nicht im großen Garten anderweitig orientieren, erstmal die Arbeiten im Vorgarten einstellen muss.
Das Nahrungsangebot scheint für die Vierbeiner optimal zu sein, denn alle 5 Igelkinder scheinen annähernd gleich groß zu sein. Da ich auf Dünger in diesem Bereich und auf Pflanzenschutzmittel komplett verzichte, können die stachlichen Untermieter ruhig alle Nacktschnecken beseitigen. Ein großer Flächenkomposthaufen ist im Garten vorhanden, der jetzt auch nach und nach mit dem Laub der großen Linde in unserem Hof bereichert wird. Auch an sonstigen bisher naturbelassenen Ecken mangelt es auf dem insgesamt ca. 3000 qm großen Grundstück (eigentlich 2 Stücken) nicht.
Wenn ich weitere Neuigkeiten habe, gebe ich nochmals eine kleine Rückinfo.
MfG und einen schönen Sonntag BM

Hallo Anna,
auch Dir vielen Dank für den Link. Beim Guckeln hatte ich diesen schon gefunden, jedoch keinen Ansprechpartner im Land Brandenburg. Notfalls werde ich, wenn erforderlich, die Berliner Kontaktadressen und natürlich meinen Stammtierarzt kontaktieren. Vorerst lasse ich der Natur ihren Lauf. Hoffentlich wird es ein schöner Herbst.
Einen schönen Sonntag wünscht BM

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Hallo, Atrox,
ganz herzlichen Dank für diesen klugen und wirklich fundierten Beitrag.

Nur an einer Stelle möchte ich Deine Aussage ein wenig relativieren:
Natürlich hast Du recht, wenn Du die etwas zu pauschale Aussage von „pro Igel“ kritisierst. Der Kundige wird das sicher richtig einordnen. Andererseits aber richtet sich die Hilfestellung von „pro Igel“ an den normalerweise recht unbedarften Naturfreund, der mit der etwas pauschalen, aber griffigen Aussage auf jeden Fall auf der sicheren Seite ist.

Was das Auswildern betrifft hast Du aber ganz sicher recht. Das ist immer ein Problem. Wildert man zu früh aus, muß das Tier u.U. längere Zeit ohne Nahrung bleiben (was allerdings von gut genährten Tieren ohne Schwierigkeiten verkraftet wird) und gefährdet sich durch weites Herumlaufen unnötig. Wildert man zu spät aus, verdrängt der wohlgenährte Brocken u.U. einen zwar gesunden, natürlich über den Winter gekommenen Igel.

Gruß
Eckard
(bei dem fast jedes Jahr Igel abgeliefert werden und der schon Dutzende von Igeln über den Winter gebracht hat)

Hi Eckard!

Ich will pro Igel auch nicht schlecht machen, keinesfalls. Wie ich bereits schrieb, finde ich diese Organisation sonst ok, und ich hatte auch schon selbst Gelegenheit einen Bezirksvertreter dieser Orga kennenzulernen. Es ist gut und wichtig, dass Ratsuchende eine solche Anlaufstelle haben!
Nur diese eine Stelle wurmt mich wirklich… diese Aussage wird ja wie gesagt nicht nur von ProIgel vertreten, sondern auch von anderen, und sie sitz fest in den Köpfen vieler Menschen.
So fest, dass sie teils dem Urteilsvermögen einer anerkannten und sehr erfahrenen Wildtierstation (inklusive deren Stationstierarzt, teils 60 Igel in Überwinterung, weit mehr, die vorher wieder ausgewildert werden können oder abgewiesen werden, weil die Aufnahme völlig unsinnig wäre) nicht trauen wollen, sondern diese Regelung für das Non-Plus-Ultra halten…schließlich liest man sie auch bei ProIgel…
Das finde ich ärgerlich, zumal ich leider auch schon öfter die Folgen daraus resultierender übereifriger „Wohltaten“ erleben musste. Man sollte solche Aussagen einfach relativieren… dann habe ich auch nichts gegen eine solch einfache Richtlinie für den unbedarften, aber gutmeinenden Igelfreund. Denn es ist schon richtig, dass es schwierig ist, eine Situation richtig einzuschätzen, wenn man mit der Materie nicht vertraut ist.

lieben Gruß
Aj

Huhu!

Das klingt nach einem guten Plan!
dazu nur noch kurz:

vielen Dank für Deine sehr ausführlichen Hinweise. Auf die
Seite von „Pro-Igel“ hatte ich auch schon geschaut, bin aber
bei derartigen Seiten immer etwas skeptisch, da jeder
Seitenbetreiber doch nur eine bestimmte Sicht der Dinge
vermitteln kann bzw. möchte.

Ich denke die Seite ist sonst sehr sachlich und bietet gute Hilfestellungen im Ernstfall. Skepsis ist generell nicht verkehrt bei solchen Seiten, da hast du recht…aber ich denke ProIgel ist durchaus ein empfehlenswerter Link…ist wirklich nur die eine Sache die mir unangenehm aufstößt :wink:

lieben gruß
aj