“Im gleichen Jahr” etc. - oder im “selben”?

Hallo,

in einem literarisch ambitionierten, auf Deutsch geschriebenen Sachbuch steht mehrfach “gleichen”, wo m.E. “selben” stehen müsste. Der Bezug ist wohlgemerkt eindeutig immer etwas völlig Identisches (Person, Jahr, Planquadrat) und nicht etwas Gleichartiges, aber nicht Identisches. Muss es also nicht jeweils “selben” heißen?

Ich meine:

im gleichen Schuljahr… den gleichen Freund… im gleichen Jahr… im gleichen Planquadrat der Stadt unterwegs

Und genereller:

Müssten nicht beim Ausdruck “im gleichen Jahr” sofort ein paar Alarmglocken scheppern, weil nur vom “selben Jahr” die Rede sein kann?

Was sagen?

Danke!

„der gleiche Freund“ kann eigentlich nie „der selbe Freund“ sein, denn der Freund besteht da nicht nur aus einer Person sondern auch aus der speziellen Beziehung zwischen zwei verschiedenen Personen – und diese Freundschaft ist immer unterschiedlich.
„Das gleiche Jahr“ welchen Kalenders? Gregorianisch? Islamisch? Chinesisch? Mondjahr?
Beim Planquadrat fällt mir jetzt kein Beispiel ein aber auch da könnte ich mir Unterschiede vorstellen, je nach dem welchem Zweck das Planquadrat dient.

@Cook1
Oder zeitlich, auch wenn es den selben Bereich abdeckt; das Planquadrat XY von gestern oder das heutige?

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Wann sagt man dasselbe oder das gleiche?

Der-, die-, dasselbe besagt, dass etwas identisch ist. Der, die, das Gleiche besagt, dass sich zwei unterschiedliche Dinge aufs Haar gleichen . Dasselbe gibt’s also immer nur einmal, während das Gleiche gewissermaßen ein Duplikat, ein Klon ist.

Hallo Irma,

das ist zwar richtig, beantwortet aber nicht die Frage von @Henrik_Meier, dem ich das Wissen um die Theorie unterstelle. Schließlich hat er auch explizit geschrieben:

Viele Grüße
Christa

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Um es nochmal deutlich zu sagen: In allen diesen Beispielen handelt es sich um dasselbe, nicht um das gleiche.

Bei „demselben“ handelt es sich um einunddasselbe Individuum. Bei „dem gleichen“ handelt es sich um ein anderes Individuum derselben Art = in irgendeiner Hinsicht gleicht es dem anderen…

„Derselbe Freund“ ist dieselbe Person wie gestern, es gibt kein „gleiches“ Jahr, sondern nur dasselbe Jahr, und ein Planquadrat hat seinen Sinn ja gerade darin, daß es auf jeder Karte dieselbe Stelle anzeigt und daß es auch morgen noch dasselbe ist.

Hans und Liese schlafen heute wieder im selben Bett, aber in einem anderen als gestern. Morgen schlafen sie wieder im selben Bett, aber im selben wie heute… .

Schneewittchen beißt in denselben Apfel, den die böse Königin vergiftet hat.

Ihr Besucher sitzt auf dem gleichen Stuhl wie sie selbst: Ein zweiter Stuhl aus demselben Design-Set.

Gruß
Metapher

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Als Schneewittchens Besucher kann man aber wohl mit ihr auf dem selben Stuhl sitzen … :zipper_mouth_face:

nein, bestenfalls auf demselben Stuhl. :stuck_out_tongue_winking_eye:

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„Das gleiche“ bedeutet ja nur, dass sich zwei Dinge in Bezug auf einen bestimmten Aspekt gleichen.

In China könnte ich z.B. im „gleichen“ Jahr Geburtstag haben wie jemand anders, aber nicht im selben, da sich die Sternzeichen alle paar Jahre wiederholen.
Ein Ereignis kann nach dem julianischen Kalender im gleichen Jahr stattfinden wie nach dem gregorianischen.

Und ich könnte hier in Berlin im Planquadrat J3 meines Stadtplans wohnen, während mein Freund in London zufälllig ebenfalls im Planquadrat J3 seines Londoner Stadtplans wohnt. Dann ist es das gleiche Planquadrat, aber nicht dasselbe.

Das ist natürlich etwas konstruiert, aber letztlich muss man immer die jeweilige Situation betrachten.

Hallo zusammen, Danke für alle Kommentare!

Ich hatte ja oben extra geschrieben, dass bei allen Beispielen jeweils etwas völlig Identisches gemeint ist. Z.B. ging es bei dem Planquadrat tatsächlich zweimal um dasselbe Planquadrat in Berlin, nicht um ein Planquadrat mit derselben Bezeichnung in zwei unterschiedlichen Städten.

Hallo zusammen, ich habe übrigens vom selben Autor-Übersetzer-Paar noch ein weiteres Buch gelesen, in dem WIEDER ständig „gleiche“ statt „selbe“ geschrieben wurde - einmal aber mehrfach hintereinander korrekt „selbe“. Man fragt sich, was das Lektorat noch macht. Oder man übt als Leser, sowas nicht mehr zu bemerken.