Imperfekt Perfekt 4.Klasse

Hallo.

Wie könnte ich meinem Sohn 4.Klasse am verständlichsten den Unterschied zwischen Imperfekt und Perfekt erklären?

Der zeitliche Unterschied ist nicht ganz klar.

Erklärt habe ich es so, dass Perfekt immer ein Hilfsverb (haben, hat) benötigt.

Im Schulbuch wird Imperfekt mit „Einfacher Vergangenheit“ erklärt und das Perfekt mit „Zusammengesetzter Vergangenheit“.

Vielen Dank

Ramius

Hi,

Sachen, die man im Imperfekt (eigtl. Präteritum… warum können Deutschlehrer das nicht?) schildert, sind einfach vorbei. Vergangen. orüber.

Sachen, die man im Perfekt schildert, haben noch eine Wirkung in der Gegenwart.

Gestern war ich Skifahren und hatte einen Unfall. Ich habe mir das Bein gebrochen.

-> Skifahren ist vorbei, Bein ist immer noch kaputt, auch wenn der Unfall schon hinter einem liegt.

die Franzi

Hallo.

OK. Danke . :smile:

Lieben Gruß

Ramius

Hi Franzi!

Sachen, die man im Imperfekt (eigtl. Präteritum… warum
können Deutschlehrer das nicht?)

In der Grammatik der deutschen Sprache sind beide Begriffe geläufig. Dazu kommt noch der Begriff „Vergangenheit“. Alle bezeichnen dieselbe Zeitform, deshalb hat die Verwendung der Begriffe nichts mit „können“ oder „nicht können“ zu tun, sondern ist hauptsächlich dem Zeitgeschmack unterworfen. (Genauso wie Substantiv/Nomen/Hauptwort.)
(http://de.wikipedia.org/wiki/Imperfekt habe ich gelesen, kann aber die Begründung nicht ganz hinnehmen: Die Unterscheidung zwischen Imperfekt und Präteritum kommt aus Sprachen, die einen Aorist kennen. Da das Deutsche keinen Aorist kennt, soll „Imperfekt“ eine irreführende Bezeichnung sein? Ich würde doch eher schließen, dass es, da das Deutsche die genannte Unterscheidung nicht kennt, vollkommen egal ist, bei welchem Namen man das Kind nennt.)

[Sachen im Präteritum] sind einfach
vorbei. Vergangen. Vorüber.

Sachen, die man im Perfekt schildert, haben noch eine Wirkung
in der Gegenwart.

Diese Erklärung ist fürs Englische (dort allerdings nicht im Beispielsatz, wegen dem Signalwort „yesterday“), Lateinische und Griechische zutreffend; bedingt auch für die Slawischen Sprachen. Im Deutschen ist sie jedoch ohne Belang: Perfekt und Imperfekt sind inhaltlich gleichwertig. (Oder nenne mir ein Beispiel zum Gegenbeweis!) Die Unterscheidung ist regional (süddt. eher Perfekt, norddt. eher Imperfekt) und stilistisch (schriftl. eher Imperfekt – in bestimmten Textgattungen exakt festgeschrieben–, mündl. eher Perfekt), nichts weiter. Von den Verben „sein“ und „haben“ wird jedoch auch im Mündlichen fast ausschließlich das Präteritum gebraucht. (Offenbar empfindet man „bin gewesen“ und „habe gehabt“ als unschöne Dopplungen.) Deshalb ist Dein Beispiel auch nicht aussagekräftig. Ändere ich die finiten Verben, so ergibt sich:

Gestern fuhr ich Ski und stürzte unglücklich. Ich habe mir
das Bein gebrochen.

Wirkt (für mich) nicht stilsicher, da die Zeitform plötzlich gewechselt wird.
Mündlich würde ich sagen:

Gestern bin ich Ski gefahren und unglücklich gestürzt. Dabei hab ich mir das Bein gebrochen.

– Alles Perfekt. Im Aufsatz würde ich allerdings schreiben:

Gestern fuhr ich Ski und stürzte unglücklich. Dabei brach ich mir ein Bein.

– Hier alles Imperfekt.

Es ist durchaus möglich, dass unser beider Sprachempfinden hier divergiert; aber in starre Regeln fassen lässt sich der Unterschied der einfachen und zusammengesetzten Vergangenheit im Deutschen nicht.
In wenigen Jahrzehnten sind wir dann wahrscheinlich bei der französischen Situation angelangt, wo das passé simple nur noch in Büchern zu finden ist.

Liebe Grüße
Immo

2 „Gefällt mir“

Latein!
Hallo nochmal,

Vokietis hat es völlig richtig gesagt: es gibt KEINEN Unterschied in der Bedeutung; warum dann der Aufwand?

Im Deutschen gab es nur zwei Zeiten: Gegenwart und Vergangenheit. Für alle anderen Tempora braucht man deswegen ein Hilfsverb. Und diese anderen Tempora wurden aus dem Lateinischen importiert, dessen Zeitverständnis wir deswegen übernommen haben. Der griechische Aorist hat m.W. da nichts zu melden, weil im Griechischen die Tempora den Zeitpunkt ausdrücken.

Im Lateinischen und damit auch im Deutschen wird durch die Tempora das Zeitverhältnis angegeben: was war voher, was danach (Vorzeitigkeit/Nachzeitigkeit)? Und damit nähern wir uns dem Unterschied Imperfekt/Perfekt:

Verhältnisse in der Gegenwart: Präsens vs. Perfekt
„Gerade will ich Dich anrufen, da hast Du schon angerufen.“

Verhältnisse in der Vergangenheit: Imperfekt vs. Plusquamperfekt
„Als ich den Knall gehört hatte, drehte ich mich um.“

Wer stilistisch sauber formuliert, hält sich an diese Paare; aber das ist ein verloren gehendes Wissen…

Gruß,
Andreas

Deutschunterricht!
Moin Andreas,

Du darfst nicht vergessen: es geht um Deutschunterricht in der Grundschule :wink:

Vokietis hat es völlig richtig gesagt: es gibt KEINEN
Unterschied in der Bedeutung; warum dann der Aufwand?

Einen Unterschied in der Bedeutung der Zeiten gibt es nicht, aber sie haben eine große Bedeutung für das stilistisch korrekte Schreiben von Texten. Deswegen wird der Aufwand betrieben, den Kids den Unterschied in Form und Gebrauch zu erklären.

Sie müssen zunächst lernen, woran man Imperfekt/Präteritum und Perfekt erkennt. Das dürfte für die Deutschlehrer eine recht schwierige Aufgabe sein, weil das Präteritum im Deutschen nur sehr selten benutzt wird. Vielleicht wissen einige Grundschüler daher nicht einmal, wie das Präteritum gebildet wird.

Dann müssen sie lernen, wie man die Zeitformen in schriftlichen Texten richtig benutzt, dass man sie nicht einfach abwechselnd oder nach Gutdünken benutzen darf. Deswegen müssen sie Regeln für den Gebrauch der beiden Formen lernen.

Wahrscheinlich kommt erst in der Sekundarstufe I dann noch das Plusquamperfekt an die Reihe - da muss ein bestimmtes Basiswissen schon sitzen. Es folgen die Fremdsprachen, in denen der Gebrauch der Zeiten auch beim Sprechen viel strenger geregelt ist als im Deutschen, usw…
Der Aufwand lohnt sich!

Grüße
Pit

Hallo!

Wahrscheinlich kommt erst in der Sekundarstufe I dann noch das
Plusquamperfekt an die Reihe - da muss ein bestimmtes
Basiswissen schon sitzen.

So weit,

Pit,

sind anscheinend die wenigsten Redakteure, vor allem beim Deutschlandfunk, gekommen. Der Stuss, der mit dem Plusquamperfekt vollbracht wird - nicht mit der Form, sondern mit den Regeln für die Verwendung - wurde hier schon (mindestens) einmal durchgehechelt, ist aber ein Dauerärgernis.
Gruß!
H.

  1. Terminus technicus: im Deutschen gibt es kein Imperfekt, sondern ein Präteritum (Bezeichnung Imperfekt aus Sprachwissenschaft romanischer Sprachen , die einen Unterschied machen zwischen nicht abgeschlossenen und vollendeten Handlungen). Wird leider von älteren Lehrern immer noch benutzt, bei Wechsel zu jüngeren Lehrern sind Schüler dann verrwirrt.
  2. Formen: Eselsbrücke: 1. Vergangenheit (Präteritum) besteht aus EINem Wort, 2. Vergangenheit (Perfekt) besteht aus ZWEI Wörtern.
  3. kein Bedeutungsunterschied zwischen Präteritum und Perfekt ( im Gegensatz zu anderen Sprachen, in denen unterschieden wird zwischen
    z. B. in die Gegenwart reichende vs. abgeschlossene Handlungen, oder länger andauernde vs. punktuelle, oder generelle Angaben o.ä.)
  4. Gebrauch: im schriftlichen Gebrauch: Präteritum.
    Bei mündlichem Gebrauch in Norddeutschland Tendenz zum Präteritum, in Süddeutschland Tendenz zum Perfekt. Selbst bei Verwendung des Perfekts wird bei bestimmten Wörtern (Hilfsverben, Modalverben, einige häufig gebrauchte Verben) auch in Süddeutschland Präteritum verwendet.

Dozentin für DaF und Mutter einer 4.Klässlerin :wink: