Du schreibst hier offenbar aus der Position des hinreichend mit finanziellen Mitteln ausgestatteten Gesunden.
Dummerweise kann es aber auch Dir passieren, dass Du morgen schon zum dauerhaften, richtig teuren medizinischen Notfall wirst, der ggf. über Jahrzehnte hinweg der Krankenkasse mit Summen auf der Tasche liegen wird, von denen Du nicht einmal zu träumen wagst.
Dabei meine ich jetzt nicht die akut lebensbedrohlichen oder eindeutig final verlaufenden Dinge, bei denen Du noch einwenden magst, dass Du bei entsprechender Diagnose selbst an Dich Hand anlegen würdest, oder es ja dann auch „schnell vorbei wäre“, sondern an Diagnosen, die Dir ein durchaus noch lebenswertes Leben ermöglichen, soweit Du drei Mal täglich sündhaft teure Medikamente in dich rein wirfst, und regelmäßig bei dem ein oder anderen Spezialisten einen riesigen Maschinenpark in Anspruch nimmst, und auch mal die ein oder andere Woche im Spital verbringen musst.
Kann auch sein, dass es mal passiert, dass nicht Dir, sondern einem Dir nahe stehenden Menschen so etwas zustößt, mag sein, dass sich auch deine finanziellen Mittel irgendwann mal ganz anders darstellen. Kann auch sein, dass nichts von dem passiert. Aber wer weiß das vorher?
Ich denke gerade ein eine mir nahe stehende junge Dame, die kerngesund und sportlich mit zwei hervorragenden Studienabschlüssen nach Deutschland kam, um hier noch einen weiteren Studienabschluss aufzusatteln, und dann hier zu arbeiten. Gutbezahlten Studienplatz im dualen Studium problemlos gefunden, Studium ordentlich abgeschlossen, in der Firma gleich gerne zu guten Konditionen übernommen. Klassische „Einzahlerin“ ins System, die dann auch staunte, was plötzlich vom netten Gehalt so für KK und Co, abging. Kurze Zeit später Verdacht auf MS mit allem diagnostischen Aufwand, den man so treiben kann. Es wurden Dinge gefunden, die die zwischenzeitlichen Beschwerden erklären, es ist keine „echte MS“, aber sie wird jetzt sehr engmaschig kontrolliert, ist medikamentös eingestellt, und lebt damit bislang sehr gut. Die Wahrscheinlichkeit, dass es mal schlechter werden könnte, ist aber definitiv gegeben. K.A. ob sie aktuell noch mehr einzahlt, als sie kostet, aber zumindest kann dies jederzeit passieren. Sie wäre vorletztes Jahr noch eine 1A-Kandidatin für deine „no-frills“ KK gewesen. Heute kann sie heilfroh sein, Anspruch auf den gesamten Leistungsumfang einer gesetzlichen Kasse in Deutschland zu haben (in der Schweiz wäre sie sicher ähnlich abgesichert).
Solidarsysteme sind nie „gerecht“ in der Momentaufnahme. Sie sind auch für viele Einzelne nie „gerecht“, bei denen sich die abgesicherten Risiken nicht verwirklicht haben. Aber sie sind unter dem Strich doch gerecht, weil sie jeden dagegen absichern, dass jederzeit unkalkulierbare Risiken eintreten können.