In Krisengebieten arbeiten

Hallo,

ich bin aktuell 19 Jahre (im Sommer 20) und leiste nun noch bis Ende August meinen Zivildienst in einer Psychiatrie ab.

Ich hatte mir schon früher überlegt als Zivildienst ins Ausland zu gehen (ADiA), dies wäre jedoch aus privaten Gründen zu der Zeit nicht möglich gewesen.

Nun merke ich immer mehr, auch durch den Zivildienst, dass mir der soziale Bereich sehr Spaß macht ich jedoch nicht mit dieser „Bürokratie“ klar komme.

Inzwischen tendiere ich stark dafür nach meinem Zivildienst ins Ausland gehen zu wollen.

Jedoch finde ich meist nur Angebote für FSJler, jedoch würde ich gerne auch länger dort helfen.

Ist dies auch irgendwie machbar?

Zudem habe ich noch ein paar Fragen und Infos:

  • Das Geld was ich bekomme ist mir prinzipiell egal, ich will mich sozial engagieren und etwas tun, was mir Spaß macht

  • Ich bin strikter Vegetarier (somit würde ich Fleisch, Fisch und auch Käse (da dieser oftmals nicht vegetarisch ist) verweigern), wie sieht das damit aus, kann man sich das überhaupt leisten?

  • Ich habe einen Hund (Beagle, bald 2 Jahre alt), welcher ziemlich gut erzogen ist, könnte ich diesen mitnehmen oder müsste ich ihn abgeben? (Jenachdem fände ich einen Hund ja eher positiv)

  • Ich will nicht irgendwo im Altersheim irgendwelchen Omis den Hintern abwischen, das kann ich auch innerhalb von Deutschland machen, ich tendiere mehr zu Gebieten, in denen es wirklich etwas zu tun gibt (Straßenkinder / Aufbauhilfe in zerstörten Gebieten / Kriegsgebieten), da bin ich total frei, das einzigste, was ich nicht machen will wäre Japan, da ich ziemlich ängstlich im Bezug auf die Strahlung bin, den wenn man beschossen wird, dann hört man das, wenn man sich in verstrahlten Gebiet aufhält eben nicht.

Meine Frage ist nun eben: Kann ich da irgendwo arbeiten? Ich will eben nicht einfach mal so 1 Jahr (FSJ) dort hin und wieder gehn. Sondern wirklich etwas leisten, mithelfen und, und, und.

Und ich bin mir natürlich im klaren, dass „Krisengebiete“ eben nicht Utopia sind, ich bin mir im klaren über die Umstände in manchen Ländern, jedoch will ich ja dort nicht zum leben sondern zum arbeiten hingehen, ich brauche da keinen Luxus sondern bin glücklich, wenn ich irgendwie helfen kann.

Hallo,

es gibt eine Menge Freiwilligendienste im Netz. Die folgenden Links sind die, die ich auf die Schnelle gefunden habe, über die Qualität der Institutionen kann ich nichts sagen.

http://www.projects-abroad.de/projekte/sozialarbeit/…

http://www.freunde-waldorf.de/freiwilligendienste/?g…

http://www.volunteering-weltweit.de/?gclid=CI3P3NGB7…

  • Ich bin strikter Vegetarier

Je nachdem, wohin du gehst, wirst du da möglicherweise Probleme kriegen. Und zwar weniger deswegen, weil du nicht fleischlos essen könntest, sondern weil die Zubereitung oft den Ansprüchen von Veggis nicht genügt (Instant-Fleischbrühe, Suppen und Soßen aus Fleischabfällen…). Und: Für deine Gastgeber ist es unter Umständen ein Schlag ins Gesicht, wenn du Essen ablehnst, das für dich gekocht wurde. Das kann man auch nicht erklären und der Schaden, den man damit anrichtet, ist oft nicht wieder gutzumachen. Letzten Endes ist es - sorry - die Arroganz wohlstandsgenährter Westeuropäer.

  • Ich habe einen Hund (Beagle, bald 2 Jahre alt)

Das muss die Organisation entscheiden. In jedem Fall wirst du seinen Flug (im klimatisierten Gepäckraum) selbst zahlen müssen. In den meisten Ländern, die für dich interessant sein mögen, haben Hunde allerdings keinen hohen Stellenwert. Dass er bei dir im Zimmer schläft und womöglich sogar von dir besser ernährt wird, als die Menschen dort, wird möglicherweise auf großes Unverständnis stoßen. Busfahren u.ä. wirst du mit Hund vermutlich auch vergessen können. Und ob dein Hund (auch wenn er geimpft ist) den möglicherweise vorhandenen Seuchendruck (Staupe, Tollwut…) aushält oder sich dennoch ansteckt, kann man ebenfalls nicht mit Sicherheit vorhersagen.

… den wenn man beschossen wird, dann hört man das

Wenn man Glück hat. Möglicherweise hört man auch nichts mehr. Messer, Schraubenzieher und abgebrochene Flaschen sind übrigens billiger als Kugeln, leichter zu beschaffen und erfüllen prima den selben Zweck. Viele Gefahren kriegt man u.U. auch einfach nicht mit. Wer weiß schon, welche Chemikalien der Schlamm beinhaltet, den man nach einem Erdrutsch beim Wiederaufbau aus den Häusern schaufelt?

…ich bin mir im klaren über die Umstände in manchen Ländern

Diesen Eindruck machst du zumindest auf mich eher nicht. Das ist aber normal - letzten Endes weiß man erst, was dort abgeht, wenn man dort ist.

Schöne Grüße,
Jule

OT ?
Hi,

irgendwie fiel mir beim Lesen Deines Postings sofort der Spruch ein: "Wasch mich, aber mach mich nicht nass."

Dein durchaus sehr löblicher Wunsch, der Weltgesellschaft in Krisengebieten hilfreich zur Seite zu stehen ist gespickt mit „Bedingungen“, die Deinem individuellem Wohlsein zugute kommen, was aber in entsprechenden Situationen völlig unangebracht ist.

Gruß,
Anja

Servus Blörer,

grundsätzlich hast du da eine gute Idee, auf der Website der UN unter UN Volunteers hast du die Möglichkeit, dich über die UN-Missionen weltweit und Einsatmöglichkeiten als Freiwilliger zu informieren.
Aber deine Einstellung solltest du vorher wirklich mal überdenken.

Ich war 2000 6 Monate für die UN im Kosovo. Im nachhinein würde ich sagen, daß war eine der sichereren und einfacheren UN-Missionen (im Vergleich mit Afghanistan oder Irak) und eine unvergessliche Erfahrung (insbesondere die Zusammenarbeit mit Kollegen aus 63 Ländern).

Aber: du kannst nie vorher wissen, was dich erwartet.
Von wegen hier Ernährungsideologie: einmal habe ich drei Tage nichts zu essen aufgetrieben außer etwas Brot. Ich habe damals 9 Kilo verloren, obwohl ich nahezu alles esse. Die Inder hatten Probleme, weil man dort nur rindfleisch isst, und Gemüse war mangelware, weil die meisten Felder noch minenverseucht waren. Also haben sie in einem verminten See gefischt.

Ich hatte 6 Monate praktisch keinen Strom (trotz nagelneuer Einbauküche und Fernseher) und im Hochsommer 2 1/2 Monate kein Wasser in der Wohnung. Aber man kann mit 2 Plastikflaschen ganz gut duschen, und wenn man vorher den Stöpsel in die Badewanne macht, kann man dieses Wasser dann gut für die Klospülung nutzen. Übrigens nimmt man im Winter bei - 20 Grad ohne heizung immer Zahnpasta usw. mit in den Schlafsack.

Ich habe 6 Monate mit einer Waffe unter dem Kopfkissen geschlafen. Unser Standort wurde beschossen, und einige Kollegen auch mal von Scharfschützen eingekesselt.

Die Leute waren absolut nett, gerade zu Deutschen (ansonsten unseren afrikanischen Kollegen gegenüber absolut rassistisch).
Aber keiner dort - und wahrscheinlich auch nicht in anderen krisengeschüttelten Ländern - hätte Verständnis dafür gehabt, wenn wir irgendwelche hunde besser ernährt hätten, als sie ihre Kinder ernähen konnten.
Abgesehen davon war die Bundeswehr gezwungen, in der Kleinstadt, in der ich stationiert war, etwa 250 Hunde in 3 Monaten zu erschießen. Die Rudel waren sämtlich verwildert, äußerst aggressiv (auf Futtersuche), zum Großteil tollwütig oder anderweitig krank (sie hatten die Leichen im Winter ausgescharrt und gefressen). Und wenn dann plötzlich so ein verzärteltes deutsches Hündchen aufgetaucht wäre, hätten sie es vermutlich in der Luft zerrissen.

Übrigens war ich nachher leicht verstrahlt (uranmunition der amerikaner, einige Kollegen hatte es übel erwischt) und hatte eine leichte Bleivergiftung.

Ich habe mich gerade wieder beworben und will nach haiti, Pakistan oder Afghanistan. Aber ich mache mir im Gegensatz zu dir nichts vor.

Es ist zwar eine unvergessliche Erfahrung, aber man muß schon aufpassen.

Und alle, die mit einem Samariterkomplex in den Kosovo sind, haben sehr schnell aufgegeben. Es ist nicht so, daß alle dir gleich um den hals fallen, nur weil du vielleicht mit Ziegelsteinen im Gepäck ankommst, um Häuser zu bauen.

Also, denk mal darüber nach, und wenn du es wirklich ernst meinst, wünsche ich dir viel Spaß und Erfolg.

MfG
Manu0907