Hallo!
Ich wollte wissen, in welchen Sprachen neben dem Deutschen es heutzutage (auch) gebräuchlich ist, sich in der dritten Person Plural anzusprechen. Im Englischen oder Französischen z.B. wird das Ihrzen bevorzugt, im Chinesischen gibt es gar ein anderes Wort.
Mfg
Hallo auch,
Eine ganz gute Aufstellung habe ich hier gefunden:
http://en.wikipedia.org/wiki/Honorific#Honorifics_in…
Grüße Bellawa.
Hi Bellawa,
die Aufstellung bezieht sich aber auf Namenszusätze, die die Ehrerbietung ausdrücken, und nicht auf die Frage, in welchen Sprachen es eine besondere Verbform, ggf. zusammen mit einem besonderen Pronomen, für die höfliche Anrede gibt, so wie im Deutschen die dritte Person Plural statt der zweiten Person Singular, im Französischen die zweite Person Plural statt der zweiten Person Singular etc.
Schöne Grüße
MM
Hallo auch,
Eine ganz gute Aufstellung habe ich hier gefunden:
http://en.wikipedia.org/wiki/Honorific#Honorifics_in…
Hi,
Da geht’s aber um was ganz anderes, nämlich um Ehrbezeichnungen wie Sir und Madam usw.; die Frage war eher in Bezug auf grammatikalisierte Höflichkeit gestellt, also v.A. Pronomen und vllt. noch Verbflexion.
Da passt also eher der Artikel hier:
http://en.wikipedia.org/wiki/Honorifics_%28linguisti…
Da stehen aber auch mehr Details zu ein paar wenigen Sprachen drin und keine Übersicht mit Listen oder so.
Grüße,
- André
Hallo auch,
ja ich weiß. Man kann das aber nicht getrennt voneinander betrachten.
http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6flichkeitsform
Hier steht genaueres über die Verbformen.
Grüße Bellawa.
Servus,
alldieweil bereits Spanisch und Italienisch nicht aufgeführt sind, ist die Aufzählung dort sicher nur ganz grob beispielhaft, und keine mehr oder weniger vollständige Zusammenstellung.
Schöne Grüße
MM
Hallo,
da die erwähnten Wikipedia-Artikel deine Frage nicht wirklich beantworten, will ich mal den Anfang machen, eine Liste zu erstellen.
Eine Sprache, in der man eine einzelne Person in der 3. Person PLURAL anspricht, kenne ich - außer Deutsch - nicht. Ich kenne aber drei Sprachen, in denen dafür die 3. P. Singular üblich ist (aber die 3. P. Plural für die Anrede mehrerer Personen).
Italienisch:
Singular: Pronomen „lei“ (für Männer und Frauen) mit Verb in der 3. Person Sing. Bsp.: „Signor / Signora Bellini, lei sa dov’è la stazione?“ - „Herr / Frau Bellini, wissen Sie, wo der Bahnhof ist?“
Plural: Pronomen „voi“ mit 2. P. Plural ohne Unterschied, ob man die Personen duzt oder siezt: „Sapete, dov’è la stazione?“ - „Wisst ihr / Wissen Sie [Pl.], wo der Bf. ist?“ Das Pronomen „loro“ mit 3. P. Pl. ist extrem formell und wird heute ungewöhnlich empfunden und nicht mehr benutzt.
Spanisch:
Sing.: Pronomen „usted“ + 3. P. Sg. „Señor / Señora Gonzalez, ¿sabe usted, dónde está la estación?“ - „Herr / Frau Gonzalez, wissen Sie, wo der Bf. ist?“ In manchen Ländern mit voseo kann auch „tú“ + 2. P. Sg. eine Höflichkeitsform sein. Näheres siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Voseo
Plur.: Pron. „ustedes“ + 3. P. Pl. „¿Saben ustedes, dónde está la estación?“ - „Wissen Sie, wo der Bf. ist?“ In Lateinamerika und manchen Regionen Spaniens heißt der Satz auch „Wisst ihr…“, da dort die 2. P. Plural nicht mehr benutzt wird.
Portugiesisch:
Sing.: Pron. „você“ + 3. P. Sg. „Você sabe, onde está a estação?“ - „Wissen Sie, wo der Bf. ist?“ Noch formeller ist „o senhor“ (für einen Mann) bzw. „a senhora“ (für eine Frau) + 3. P. Sg. In Brasilien wird die 2. P. Sg. nicht mehr benutzt, und der genannte Satz heißt „Weißt du…“ Die einzige Möglichkeit zu siezen ist dort „o senhor“ / „a senhora“. „O senhor / a senhora sabe…?“ - „Wissen Sie…?“
Plural: In Portugal wird die 2. P. Pl. kaum noch benutzt, und in Brasilien ist sie sowieso seit einiger Zeit ausgestorben. Man redet Gesiezte und Geduzte mit „vocês“ an und setzt das Verb in die 3. P. Pl. „Vocês sabem, onde está a estação?“ - „Wisst ihr / Wissen Sie [Pl.], …?“ Eine Steigerung der Höflichkeit ist mit „os senhores“ bzw. „as senhoras“ (für rein weibl. Gruppen) mögl.: „Os senhores / as senhoras sabem…?“ - „Wissen Sie…?“
So, das war’s zu den Sprachen, die ich kenne, die die 3. Person als Höflichkeitsform benutzen. Wer mehr Sprachen kennt, möge ergänzen.
Gruß
Marco
Hallo,
also ich denke, Marcos Methode, die Sprachen einzeln „abzuarbeiten“ ist sicherlich ganz hilfreich für Deine Frage. Also schließe ich mich hier mit den Sprachen an, zu denen ich etwas beitragen kann (und die noch nicht genannt wurden).
Im Luxemburgischen verhält es sich – trotz der nahen Verwandtschaft zum Deutschen – ähnlich wie im Französischen: Die Höflichkeitsform (Sg./Pl.) entspricht der 2. P. Pl. und unterscheidet sich von dieser nur durch die Großschreibung (Dir statt dir).
Im Schwedischen wurde die Höflichkeitsfoem ni (deckungsgleich mit 2. P. Pl.) in den 1960ern zugunsten des Du weitgehend abgeschafft. Heute findet man sie in der Regel nur noch in alten Texten bzw. benutzt sie (gerüchtehalber) nur, wenn man mit dem König redet.
Im Russischen verhält es sich wie im Französischen: Die Höflichkeitsform (Sg./Pl.) ist deckungsgleich mit der 2. P. Pl. (вы - vy). Wenn ich mich recht entsinne, richten sich Verben (im Präteritum) und Adjektive – wie auch im Französischen – nach dem tatsächlichen Genus und Numerus des Subjekts.
Im Polnischen bildet man eine Art Hilfsform mit der der 3. P. Sg. bzw. Pl.: Einen einzelnen Mann spricht man mit pan (wörtlich: „Herr“) und der 3. P. Sg. an (z.B. „Czy pan zna gdzie jest dworzec?“ – „Wissen Sie [wörtlich: Weiß der Herr], wo der Bahnhof ist?“). Das gleiche gilt für eine Frau (pani; „Frau“). Bei mehreren Personen benutzt man państwo („Herrschaften“) und die 3. P. Pl. – also zumindest dieselbe Person wie im Deutschen.
Im Arabischen gilt Ähnliches wie im Schwedischen: Man benutzt in der Regel immer das Du (انت anta m., انت anti f.), kann aber den Grad der Höflichkeit durchaus durch verschiedenste Formulierungen variieren. (Im Plural dann entsprechend die 2. P. Pl. انتم antum m., انتن antunna f.)
Im (Neu-)Hebräischen funktioniert es nach dem gleichen Prinzip: Grundsätzlich immer אתה (ata m.) bzw. את (at f.), also „Du“; im Plural dasselbe: also אתם (atem m.) bzw. אתן (aten f.) – wobei es die Israelis aber eh nicht so mit der Höflichkeit haben.
So viel von meiner Seite.
Gruß,
Stefan
Hallo,
für Afrikaans kann ich beitragen:
Es gibt als Höflichkeitsform „U“ (gesprochen wie ein kurzes ü) statt dem normalen „jy“.
Da es aber in der Afrikaanssprache keine Deklinationsformen gibt, bleibt die Verbform gleich.
Man verwendet „U“ nur, wenn man mit Respektspersonen spricht, alle anderen, auch Fremde, werden geduzt.
Allerdings gibt es eine Zwischenform, die auch bei Eltern, Großeltern und Tanten und Onkeln angewendet wird: sie können nicht mit einem Personalpronomen angeredet werden, sondern nur in der 3. Person Singular, aber mit dem Titel - also etwa so: „Kann mir Tante mal die Butter reichen?“ „Kann mir Mutter sagen, ob ich heute ausgehen darf?“ und das eben wenn man direkt mit der Tante oder der Mutter spricht.
Fremde Menschen, die auch nur einen Hauch älter als man selbst ist, werden grundsätzlich mit „Tannie“ und „Oom“ (Tante und Onkel) angeredet und eben in dieser seltsamen indirekten Art angesprochen.
Gruß
Elke
Hallo,
im Walisischen. Dazu gibt es noch ungefähr 5 sorgsam abgestimmte „Du“-Formen.
mfg
tf
Ergänzung zum Polnischen
Hi Stefan,
wie gesagt: kleine Ergänzung und eine winzige Korrektur deiner Ausführungen…
„Czy pan zna wie , gdzie jest dworzec?“
In diesem Kontext wird „wie“ (von „wiedzieć“ = wissen) verwendet. „Zna“ (von „znać“ = kennen) benutzt man bei Fragen wie „Zna Pan Berlin?“ (Kennen Sie Berlin?) oder „Zna Pani film xyz?“ (Kennen Sie den Film xyz?), etc.
Außerdem wird in Polen die Höflichkeitsform Pani/Pan meist mit dem Vornamen kombiniert, was für deutsche Ohren ein wenig nach der Rubrik „Frau Irene rät“ in verstaubten Altweiber-Zeitschriften klingt.
Grüße
EP
Hallo Thomas,
kannst Du die 5 sorgsam abgestimmten Du-Formen einmal an Beispielen erläutern? Ich habe trotz meines großen Interesses für Sprachen noch nichts darüber gelesen. Weder die Wiki (eh keine zuverlässige Quelle) noch das „Concise Compendium of the World’s Languages“ (i.Allg. schon eine zuverlässige Quelle) erwähnen mehr als ein walisisches „Du“.
Liebe Grüße
Immo
Hallo,
Sie ist siz (das z wird als „scharfes s“ gesprochen)
Du ist sen
Gruß
Ingrid
Hallo,
Sie ist siz (das z wird als „scharfes s“ gesprochen)
Äh, nee, eben grade nicht!
Bei siz wird das „s“ als scharfes s gesprochen wie in bei „reißen“, das „z“ wie ein weiches s wie im deutschen „reisen“. Genau genommen ist das „s“ am Anfang stimmlos und das „z“ am Ende stimmhaft. Wenn man das Wort englisch ausspricht, hat man’s in etwa.
Grüße,
- André
…und was der WALS darüber aussagt
Hallo,
Warum ist mir das eigentlich nicht früher eingefallen. Der World Atlas of Language Structures hat da eine ganze Karte, nebst schöner Erklärung dazu:
http://wals.info/feature/description/45
Der Text erklärt, was es so gibt auf der Welt, mit ein paar Beispielen, und wenn du in der Mitte auf Show Map klickst, bekommst du eine schöne Karte, in der du siehst, wo auf der Welt welche Sprache welches Merkmal besitzt, um mit Pronomen Höflichkeit auszudrücken.
Darin hat auch das Walisische (gegensätzlich zur Behauptung hier) nur eine binäre Höflichkeitsunterscheidung.
Interessante Beobachtung: In Südostasien vermeidet man die Pronomen einfach, in Indien und Osteuropa macht man sich sehr viele Gedanken um Höflichkeit. Europäer sind generell sehr höflich und in Amerika ist’s mit Höflichkeit nicht so weit her.
Natürlich nur Spaß.
Viele Grüße,
- André