[Info:] Was ist Intelligenz?

Liebe w-w-w-Freunde!

Die Sache mit der „Intelligenz“ scheint einige von Euch ja ziemlich zu stören (siehe vorherige Diskussionen). Zum Beispiel kritisiert Ihr, daß es keine einheitliche Definition von Intelligenz gibt. Dies stimmt aber nur bedingt: Es gibt keine einheitliche verbale Definition von Intelligenz. Daß dies so ist, hat seinen - berechtigten - Grund, der schon lange in der Wissenschaft Psychologie bekannt ist. Hier sind einige verbale Definitionsversuche von Intelligenz, an denen jeder sich selbst überzeugen kann:

Binet & Simon (1905; Entwickler des weltweit ersten Intelligenztests): Intelligenz ist „die Art der Bewältigung einer aktuellen Situation“, Intelligenz ist „gut urteilen, gut verstehen, gut denken.“

Terman (1921): „An individual is intelligent in proportion as he is able to carry an abstract thinking.“

Wechsler (1944; Intelligenztheoretiker und -testentwickler): „Intelligenz ist die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit des Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinander zu setzen.“

Piaget (1950; Wegbereiter der Entwicklungspsychologie): Intelligenz ist „essentially a system of living and acting operations, i.e. a state of balance or equilibrium achieved by the person when he is able to deal adequately with the data before him. But it is not a static state, it is dynamic in that it continually adopts itself to new environmental stimuli.“

Stern (1950; Erfinder des IQ): Intelligenz ist „die personale Fähigkeit, sich unter zweckmäßiger Verfügung über Denkmittel auf neue Forderungen einzustellen.“

Burt (1955; Zwillingsforscher): Intelligenz ist „innate, general, cognitive ability.“

Hofstätter (1957; deutscher Psychologieprofessor): Intelligenz ist die „den innerhalb einer bestimmten Kultur Erfolgreichen gemeinsame Fähigkeit.“

Wenzl (1957): „Intelligenz ist die Fähigkeit zur Erfassung und Herstellung von Bedeutungen, Beziehungen und Sinnzusammenhängen.“

Groffmann (1964): „Intelligenz ist die Fähigkeit des Individuums, anschaulich oder abstrakt in sprachlichen, numerischen oder raum-zeitlichen Beziehungen zu denken; sie ermöglicht erfolgreiche Bewältigung vieler komplexer und mit Hilfe jeweils besonderer Fähigkeitsgruppen auch ganz spezifischer Situationen und Aufgaben.“

Vernon (1969; Intelligenztheoretiker): Intelligenz besteht aus „the effective off-round cognitive abilities to comprehend, to grasp relations and reason.“

Heim (1970): „Intelligent activity consists in grasping the essentials in a situation and responding appropriately to them.“

Diese Definitionsversuche haben im Lauf der Forschung zu folgender Einsicht geführt:

„Intelligenz ist kein unmittelbar beobachtbares, real definierbares Merkmal, sondern eine erschlossene Verhaltensdisposition, ein Konstrukt. Versuche, dieses Konstrukt durch Nominaldefinition […] einzugrenzen, können keine allgemeinverbindliche Ausgangsbasis für die wissenschaftliche Untersuchung der ´Intelligenz gewährleisten. Vielfach mit normativen Aussagen durchsetzt, erweisen sie sich als untaugliche Ansatzpunkte für eine Theorienbildung und mithin auch für eine empirische Überprüfung spezieller Hypothesen über die ´Intelligenz“ (Conrad, 1983, S. 107, Enzyklopädie der Psychologie, Serie II, Band 2).

Oder um es mit Spearman (1927, Intelligenztheoretiker) zu sagen: „Intelligenz ist ein Wort mit so vielen Bedeutungen, daß es zuletzt überhaupt keine mehr gibt.“

Ein Ausweg aus dieser Sackgassse ist die operationale Definition von Intelligenz, d.h. man gibt Verfahren an, mit denen man Intelligenz messen kann, ohne umschreiben zu müssen, was Intelligenz eigentlich ist. Das darf aber nicht damit verwechselt werden, daß man nicht weiß, was Intelligenz ist. Man weiß es wohl, man kann es nur nicht exakt sprachlich ausdrücken. Es macht auch keinen Sinn, das zu tun, weil „Intelligenz“ viel mehr beinhaltet, als es sprachlich jemals auszudrücken gelänge.

Conrad (1983, Enzyklopädie der Psychologie, Serie II, Band 2, S.107) schreibt daher weiter: „Ein möglicher Weg zur Erforschung des Konstruktes ´Intelligenz` geht von einer operationalen Definition des Merkmals aus. Eine solche Definition legt die Bedeutung der Variablen Intelligenz fest , indem sie die Maßnahmen spezifiziert, die erforderlich sind, um die Variable zu messen“ (Hervorhebung von mir).

Oder, um es mit Boring (1923) zu sagen: "Intelligence is what intelligence tests measure."

„Zwar kann auch auf diese Weise keine allgemeinverbindliche Fassung des Intelligenzbegriffs erricht werden, da unendlich viele Tests zur Messung des Merkmals denkbar sind. Ein Hauptvorteil dieses Ansatzes ist aber darin zu sehen, daß er eine eindeutige Beschreibung der Untersuchungsphänomene und somit auch eine intradisziplinäre Verständigungsbasis gewährleistet“ (Conrad, 1983, Enzyklopädie der Psychologie, Serie II, Band 2, S. 107).

Außerdem wird nicht irgend etwas gemessen, sondern jede Intelligenztestentwicklung beinhaltet eine Phase der Validierung, d.h. es werden große Untersuchungen bei der Testentwicklung durchgeführt, bei denen überprüft wird, ob der Test mit Ereignissen und Prozessen zusammenhängt, von denen man annimmt, daß sie mit Intelligenz zusammenhängen. Konkret wird z.B. geschaut, ob Personen mit hohen Testwerten Erfolg in Schule und Beruf haben. Wenn dies zutrifft, dann ist es ein bedeutender Hinweis, daß der Test Intelligenz mißt.

Ein weiterer Einwand von einigen von Euch ist, daß es keine Intelligenztheorie gibt. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt Intelligenztheorien wie Sand am Meer. Einige der bekanntesten Intelligenztheorien sind:

  • das Stufenleitermodell der Intelligenz von Binet & Simon (1905): Auf ihm beruhen z.B. das Binetarium, der Stanford-Binet-Intelligenztest und der Kramer-Test.

  • das Zweifaktorenmodell der Intelligenz von Spearman (1904): Auf ihm beruhen z.B. die von Raven entwickelten progressiven Matrizentests (SPM, CPM, APM).

  • das Primärfaktorenmodell von Thurstone (1938): Intelligenztests nach dieser Theorie sind z.B. das Leistungsprüfsystem LPS und der Wilde-Intelligenz-Test WIT.

  • das Intelligenzmodell von Cattell (1941): „Fluide Intelligenz“ wird z.B. durch die kulturfairen Tests CFT1-3, CFT20; „kristalline Intelligenz“ z.B. durch den Mehrfach-Wortschatz-Intelligenztest (MWT) erfaßt.

  • das Intelligenzmodell von Wechsler (1944): Auf dieser Theorie beruhen HAWIE, HAWIK (Hamburg Wechsler Intelligenztest für Erwachsene bzw. für Kinder) und HAWIVA (Hannover Wechsler Intelligenztest für Kinder im Vorschulalter).

Es kann also keine Rede davon sein, daß es keine Intelligenztheorien gäbe, noch, daß die Intelligenzforscher und die Diagnostiker nicht wüßten, was sie tun.

Gegen das Intelligenz-Konstrukt und die Intelligenztests wird häufig eingewandt, daß Intelligenztests nicht den Wert einer Person, ihre ganze Vielfalt usw. usf. erfassen können: Das stimmt. Jedoch ist das kein Einwand gegen das Intelligenzkonstrukt oder die Intelligenztests, weil Intelligenz nicht die gesamte Persönlichkeit umfassen soll oder etwas mit dem „Wert“ einer Person zu tun hat (Psychologie ist keine Wissenschaft, die Werte von Menschen, Ereignissen, Situationen oder Prozessen definiert). Intelligenz ist ein Teilaspekt von Persönlichkeit. Ob dieser Teilaspekt wertvoll oder nicht ist, entscheiden nicht die Psychologie und ihre Vertreter, sondern die Gesellschaft. Die Psychologie entscheidet „nur“, ob Intelligenz ein sinnvolles Konstrukt ist, um menschliches Verhalten und Erleben zu beschreiben, vorherzusagen und zu erklären. Denn das ist und bleibt ihre Aufgabe.

Gruß,

Oliver

Deine Arbeit zum Thema „Intelligenz“ finde ich sehr gut - es ist eine schöne und umfangreiche Zusammenfassung von verschiedenen Wissenschaftlern vom Fachgebiet „Psychologie“.

Es gibt für mich noch einige Anmerkungen, die eher philosophischer als psychologischer Natur sind. Dennoch möchte ich dieses Thema ganzheitlich betrachten - auch auf die Gefahr hin, daß ich mich damit im falschen Bord befinde.

Meines Erachtens nach sind die meisten Intelligenztests nicht imstande, auch nur annähernd so etwas wie Intelligenz festzustellen, und das aus mehreren Gründen:

  • Die komplexen Aufgaben der Intelligenz lassen sich in den bekannten „Multible Choise“-Tests nicht prüfen; in der sprachlichen Anwendung (und Kommunikation ist doch eine der Entscheidenen Themen der Psychologie - wobei wiederum an dem stattfinden menschlicher Kommunikation die Intelligenz einen gewissen Anteil hat) von Intelligenz beziehen sich die meisten „Rätsel“ in einem Intelligenztest leider anstelle auf die Kombination von Zahlen oder Figuren auf das Kombinieren von Buchstaben. Nicht messbar sind hingegen Fähigkeiten, geistige Bilder in Texte umzusetzen, Metaphern zu bilden, Rhetorik, logischer & gut konstruierter Aufbau von Gedankengängen und deren Außerung etc.
    Desweiteren ist eine Bewertung von komplexerer Kreativität in diesen Tests ebenfalls nicht möglich, da eine vorkunstruierte Aufgabe mit möglichen Lösungenvorgaben wohl nicht in der Lage ist, flexibel auf eine mögliche Antwort einzugehen. Mögliche Tests die dies jedoch dennoch schaffen könnten, müssten dann derart gestaltet sein, daß ein Gremium eine kreative Leistung zu einer Aufgabenstellung bewertet. Da es für diese Bewertung keine allgemeingültige Vorschrift gibt (vgl. mit der Problematik der Auswertung von Rohrschachtest), hängt die Qualität der Beurteilung nicht nur von der zu testenden Leistung, sondern auch von der Qualität des Gremiums ab.

  • Dieselbe Problematik ergibt sich jedoch auch beim Messen des IQ’s. Ist es möglich, daß ein Psychologe mit einem angenommenen IQ von 120 einen Test zur Messung von Intelligenz erstellen kann, der einen IQ höher als den seinen messen kann (wie sollte er Fragen konstruieren, die in Ihrer Komplexität einen höheren IQ ansprechen als den seinen)? Ist es weiterhin möglich, daß zwei Menschen mit einem angenommenen IQ eine völlig unterschiedliche Streuung in der Möglichkeit zur Beantwortung einiger Fragen aus IQ Tests haben (d.h. Forscher A entwickelt Fragen zum Thema Intelligenz und hat selber einen IQ von 120, ebenso verhält sich Forscher B. Nun ist es Forscher A aber unmöglich, die Fragen von Forscher B gänzlich zu beantworten und umgekehrt, also hätten nach dem Test des jeweils anderen jeder einen IQ von unter 120)? Hieße das nicht, daß ein Forscher also - um einen Test mit einem max. Testergebnis von 120 zu erstellen - einen wesentlich höheren IQ haben müsste? Und ist es weiterhin nicht auch richtig, daß man zur Bestimmung des IQ’s eines Forschers erst einmal dessen IQ kennen müsste?

  • Gibt es ggf. Zusammenhänge in der individuellen Zusammensetzung von Intelligenz und in dem Bestreben, Psychologe zu werden? Hieße das dann nicht automatisch, daß ggf vorhandenen Defizite in der eigenen Intelligenz mit in alle Intelligenztests mit einfießen würden.

  • Ist es tatsächlich so, daß man davon ausgehen kann, daß gesellschaftlicher Erfolg positiv mit Intelligenz korreliert? Besteht nicht gerade aufgrund der Annahme von Intelligenz der begründete Verdacht, daß Menschen, die über außerordentlich Komplexe Wahrnehmungs- und Schlussfolgerungsmöglichkeiten in Ihrem Geist verfügen eher Schwierigkeiten hätten, diese - insofern sie sich nicht auf nachweisbare Fakten stützen - dem Rest der Menschheit zu vermitteln? Und wäre es ebenfalls nicht denkbar, daß Menschen mit einer außerordentlichen Intelligenz den Kreislauf materieller Notwendigkeiten durchschauen und persönliche Bedürfnisse eher Ihrer Natur als den gegenwärtigen gesellschaftlichen Vorstellungen anpassen?

Der Wunsch des Menschen, alles in Formeln und Zahlen wiedergeben zu können, wiederspricht aber der Wirklichkeit. Und so werden zumindestens in naher Zukunft auch weiterhin Intelligenztests nur das messen, was sie messen: Die Vorstellung Ihres Erfinders von der Intelligenz gemessen an seinen persönlichen Fähigkeiten.

Hallo Patrick!

Deine Arbeit zum Thema „Intelligenz“ finde ich sehr gut - es ist eine :schöne und umfangreiche Zusammenfassung von verschiedenen :Wissenschaftlern vom Fachgebiet „Psychologie“.

Danke. Und das Kompliment gebe ich insofern zurück, als ich Deine Frage im Hinblick auf „Intelligenz“ für diskussionswürdig halte.

Ich habe mir Deine Argumente durchgelesen und möchte darauf antworten:

Meines Erachtens nach sind die meisten Intelligenztests nicht :imstande, auch nur annähernd so etwas wie Intelligenz festzustellen

Dazu gleich der erste Einwand: Definitionsgemäß (siehe Borings Definition zitiert in meinem Posting) messen Intelligenztests „Intelligenz“. Wenn Du jetzt behauptest, daß sie es nicht tun, dann besitzt Du eine Nominaldefinition der Intelligenz, mit der Du dasjenige, was Intelligenztests messen, vergleichst und zum Schluß kommst: Sie messen nicht das, was Du unter Intelligenz verstehst. Aber eine Nominaldefinition kann Intelligenz nicht fassen (die Gründe findest Du in meinem Ursprungsposting in einem der Zitate von Conrad):

Die komplexen Aufgaben der Intelligenz lassen sich in den bekannten :„Multible Choise“-Tests nicht prüfen;

Das ist eine Wiederholung Deines Standpunktes, daß Intelligenztests nicht Intelligenz messen. Wie gesagt: Damit diese Behauptung Sinn macht, brauchst Du eine Nominaldefinition usw.

Nicht messbar sind hingegen Fähigkeiten, geistige Bilder in Texte :umzusetzen, Metaphern zu bilden, Rhetorik, logischer & gut :konstruierter Aufbau von Gedankengängen und deren Außerung etc.

Wie kommst Du denn darauf? Logischer Gedankenaufbau wird doch zigfach in Intelligenztests in den unterschiedlichsten Formen abgefragt: z.B. Raven-Matrizen-Tests, Bilderordnen, Mosaiktest. Und alles sprachfrei! Somit entstehen noch nicht einmal Nachteile für Bevölkerungsgruppen, die verbal nicht so leistungsfähig sind. Natürlich gibt es auch sprachliche Aufgaben, die logisches Denken abfragen: Analogietests z.B.

Vogel : Flügel = Mensch : ?

Desweiteren ist eine Bewertung von komplexerer Kreativität in diesen :Tests ebenfalls nicht möglich,

Aber Intelligenz tests messen üblicherweise Intelligenz , nicht Kreativität. Kreativitäts tests messen Kreativität. Im übrigen gibt es auch Intelligenzmodelle die kreatives Denken beinhalten: z.B. das Intelligenzmodell von Guilford. Dort heißt Kreativität bloß divergentes Denken im Gegensatz zum konvergenten Denken, das in jedem Intelligenztest abgefragt wird.

da eine vorkunstruierte Aufgabe mit möglichen Lösungenvorgaben wohl :nicht in der Lage ist, flexibel auf eine mögliche Antwort einzugehen. :Mögliche Tests die dies jedoch dennoch schaffen könnten, müssten dann :derart gestaltet sein, daß ein Gremium eine kreative Leistung zu einer :Aufgabenstellung bewertet. Da es für diese Bewertung keine :allgemeingültige Vorschrift gibt (vgl. mit der Problematik der :Auswertung von Rohrschachtest), hängt die Qualität der Beurteilung :nicht nur von der zu testenden Leistung, sondern auch von der Qualität :des Gremiums ab.

Stimmt teilweise. Zum einen gibt es nur wenige Kreativitätstests, weil es in der Tat schwierig ist, die Antworten so zu bewerten, daß ein „Grad an Kreativität“ herauskommt. Zum anderen ziehen offene Antwortformate (d.h. freie Antwort auf eine Aufgabe) testtheoretische Schwierigkeiten nach sich (der Rohrschach-Test ist ein gutes Beispiel). Die Objektivität der Testauswertung ist derart niedrig, daß die Tests gemessen an den klassischen Gütekriterien nicht sehr empfehlenswert sind.

  • Dieselbe Problematik ergibt sich jedoch auch beim Messen des IQ’s.

Aber überhaupt nicht. Bei der Feststellung des IQ als Maß für die Intelligenz erzielen die Intelligenztests bei allen Gütekriterien die höchsten Werte. Intelligenztests sind - gemessen an den Gütekriterien - die mit am besten psychologischen Tests überhaupt. Die Objektivität ist sehr hoch, ebenfalls die Zuverlässigkeit des Testergebnisses.

Was Du anschließend schreibst, hat mit der Problematik rund um die Gütekriterien nicht zu tun.

Ist es möglich, daß ein Psychologe mit einem angenommenen IQ von 120 :einen Test zur Messung von Intelligenz erstellen kann, der einen IQ :höher als den seinen messen kann (wie sollte er Fragen konstruieren, :die in Ihrer Komplexität einen höheren IQ ansprechen als den seinen)?

Ja, natürlich.

  1. Die Fragen in Intelligenztests sind relativ einfach. Es wird ja nicht verlangt, die Relativitätstheorie zu erklären oder gar etwas ähnlich zu erfinden, sondern Aufgaben wie die mit dem Vogel (siehe oben) zu lösen.
  2. Die Schwierigkeit eines Intelligenztests ergibt sich nicht aus dem Inhalt der einzelnen Aufgaben, sondern aus der Anzahl der Personen, die die Aufgaben richtig lösen (statistischer Schwierigkeitsbegriff). Testpersonen (viele Hundert) werden unter den gleichen Bedingungen an die Aufgaben gesetzt und es wird geguckt, wie viele Fragen die Testpersonen im Durchschnitt richtig lösen und wie groß die Streuung ist. Wenn man diese Werte ermittelt hat, wird die mittlere Anzahl von Punkten für richtige Lösungen auf 100 gesetzt und die Streuung auf 15 (meistens jedenfalls, es gibt auch Tests, die andere Zahlen benutzen - ist mathematisch nämlich egal, welche Zahlen man nimmt). Das ist nichts Geheimnisvolles, sondern Mathematik und völlig in Ordnung (wer das nicht glaubt, der/die soll 1 Semester Statistik belegen und dann schämt er/sie sich, weil er/sie es nicht geglaubt hat).
  3. Jetzt kann es natürlich vorkommen, daß der Testkonstrukteur sich unter den gleichen Bedingungen wie die Testpersonen an seinen Test wagt und schlechter abschneidet als manche Testpersonen. Dann bekommt er einen IQ, der unter dem liegt, den die besten Testpersonen erhielten. Und sagt das niemandem :wink:

Ist es weiterhin möglich, daß zwei Menschen mit einem angenommenen IQ :eine völlig unterschiedliche Streuung in der Möglichkeit zur :Beantwortung einiger Fragen aus IQ Tests haben (d.h. Forscher A :entwickelt Fragen zum Thema Intelligenz und hat selber einen IQ von :120, ebenso verhält sich Forscher B. Nun ist es Forscher A aber :unmöglich, die Fragen von Forscher B gänzlich zu beantworten und :umgekehrt, also hätten nach dem Test des jeweils anderen jeder einen :IQ von unter 120)?

Na klar. Du darfst Dir Intelligenz nicht wie z.B. „Masse“ vorstellen: Man hat keinen IQ von 120 und das wars. So ist es nicht. Du hast theoretisch unendliche viele IQs, weil es unendliche viele Tests geben kann, die Intelligenz messen. Jeder Test mißt Intelligenz auf seine Weise und dann hast Du im HAWIE einen IQ von 120 und im I-S-T 2000 einen von 110. Das ist völlig in Ordnung, weil der IQ nichts ist, was ein Merkmal von Dir ist, sondern etwas, was der Test Dir zuweist. Der Test sagt nur, wo Du im Vergleich zu anderen Personen in einer Rangfolge stehst (sozusagen 45. Platz). Er sagt nicht: Patrick ist 115 intelligent sowie Patrick xx kg Masse besitzt, sondern er sagt: Verglichen mit den und den Personen hat Patrick einen Wert von 115, d.h. daß Patrick einen Platz von einer Standardabweichung über dem Mittelwert in der Gruppe der getesten Personen einnimmt. Das ist die Logik des IQ. Es ist nur eine Statistik. Mehr nicht.

Rate mal, warum die Psychologen so ein Tamtam darum machen, daß sie Tests entwickeln, durchführen, auswerten und interpretieren. Weil sie wissen, was sie da gebastelt haben, und wie man damit umzugehen hat!

  • Gibt es ggf. Zusammenhänge in der individuellen Zusammensetzung von :Intelligenz und in dem Bestreben, Psychologe zu werden?

Ja, gibt es. Psychologen sind Leute, die hoch intelligent sind :wink:.
Aber Spaß beiseite: Es ist doch trivial, daß Akademiker im Durchschnitt eine höhere Intelligenz besitzen als Nicht-Akademiker.

Hieße das dann nicht automatisch, daß ggf vorhandenen Defizite in der :eigenen Intelligenz mit in alle Intelligenztests mit einfießen würden.

Theoretisch ja, wenn die Aufgaben der Intelligenztests Dich vom Hocker hauen würden. Aber die einzelnen Aufgaben sind doch pipifax. Die Mischung und die Zeitbegrenzung sind die Schwierigkeit.

  • Ist es tatsächlich so, daß man davon ausgehen kann, daß :gesellschaftlicher Erfolg positiv mit Intelligenz korreliert?

Im Durchschnitt ja, wenn Du mit gesellschaftlichem Erfolg beruflichen und schulischen Erfolg meinst. Dazu gibt es zahlreiche Untersuchungen, die es bestätigen. Ich kann mir vorstellen, was los wäre, wenn es anders wäre.

Besteht nicht gerade aufgrund der Annahme von Intelligenz der :begründete Verdacht, daß Menschen, die über außerordentlich Komplexe :Wahrnehmungs- und Schlussfolgerungsmöglichkeiten in Ihrem Geist :verfügen eher Schwierigkeiten hätten, diese - insofern sie sich nicht :auf nachweisbare Fakten stützen - dem Rest der Menschheit zu :vermitteln?

Du meinst: Die Geisterjäger sind hochintelligent, aber weil keiner an ihren Schmarrn glaubt, gehen sie vor die Hunde? Ich bitte Dich: Guck Dir die Aufgaben in den Intelligenztests an: Wer da unterm Durchschnitt abschneidet, ist unterm Durchschnitt. Und zwar nicht, weil der große Psychologe das sagt, sondern weil die meisten anderen Leute, die den gleichen Test unter den gleichen Bedingungen gemacht haben, mehr Aufgaben richtig gelöst haben als die betreffende Person. Grund für Depressionen oder Rebellionen bestehen deshalb aber nicht.

Denk doch mal an eine Klassenarbeit: Da schneiden manche eben unterm Durchschnitt ab und andere darüber. So what?

Und wäre es ebenfalls nicht denkbar, daß Menschen mit einer :außerordentlichen Intelligenz den Kreislauf materieller :Notwendigkeiten durchschauen und persönliche Bedürfnisse eher Ihrer :Natur als den gegenwärtigen gesellschaftlichen Vorstellungen anpassen?

Hattest Du auch den DVD-Kommentar von Jodie Foster zu „Contact“ eingeschaltet? Na, Ms Foster hat gemeint, daß die Genies mehr an die „Wahrheit“ glauben als an die gesellschaftlichen Normen. Ich glaube, daß es unter Genies genauso viele A… und genau so viele „Gutmenschen“ und „Selbstverwirklicher“ (Rodgers läßt grüßen) wie unter „Normalen“ gibt. Wenn Du allerdings wissenschaftlich saubere empirische Untersuchungen hast, dann ändere ich meine Meinung sofort (aber bitte mit inferenzstatistischen Tests signifikant auf 5%-Niveau)!

Der Wunsch des Menschen, alles in Formeln und Zahlen wiedergeben zu :können, wiederspricht aber der Wirklichkeit.

Ach komm, das ist doch jetzt eine leere Phrase. Guck Dir mal den Himmel in der Nacht an und sage mir, wie viele Monde die Erde hat: 1! Und wie viele Räder hat Dein Auto: 4! Also, wenn Du sagst, das Zahlen nichts mit der „Wirklichkeit“ zu tun haben, dann mach ich mir Sorgen um Dich.

Und so werden zumindestens in naher Zukunft auch weiterhin :Intelligenztests nur das messen, was sie messen: Die Vorstellung Ihres :Erfinders von der Intelligenz gemessen an seinen persönlichen :Fähigkeiten.

Ich stimme fast zu: Intelligenztests werden auch weiterhin nur das messen, was sie messen: die Vorstellung ihres Erfinders und das, woran er nicht gedacht hat, aber trotzdem für die Lösung der Aufgaben wichtig ist.

Gruß,

Oliver

Hallo Oliver,

das entwickelt sich zu einem Meinungsaustausch ganz nach meinem Geschmack!

Zunächst, wir gehen in weiten Strecken durchaus überein - auch wenn Du meinst, daß ich mich ggf gegenteilig geäußert haben könnte. Das liegt dann evtl. daran, daß „die Sprache die Quelle der Missverständnisse ist“ (Exupery).

Was ich eben unter anderem annehme, ist:

  • Intelligenztests messen das, was sie Messen.

  • Eine einheitliche Definition von Intelligen gibt es nicht, nur Annäherungen.

  • Die Aussagekraft von Intelligenztests beschränkt sich auf das, was sie messen. Ihre Auswertung gehört in erster Linie in psychologische Forschungen integriert. Das Maß des IQ sollte nicht einen gesellschaftlichen Nutzen erfüllen.

Ich glaube, diese Punkte sind unter uns unstrittig.

Aber die Gesellschaft lechzt seit dem grandiosen Erfolg des Quizmasters Jauch nach einer „allgemeingültigen“ Konstanten, die in der Lage ist, die Intelligenz der Menschen zu differenzieren. So wie sie Menschen beurteilen können mit: „Mensch, ist der aber dick“ und dies begründen können mit der Angabe seines Gewichts (z.B. 120kg), würde sie auch gerne sagen können: „Mensch, ist der klug“ unter der Begründung eines IQ’s von z.B. 130. Weiter unten im Forum war ja der Thread zum Thema Goethe und Einstein - dahinter steckte eben jener Wunsch, zwei komplexe und hochbegabte Geister der Weltgeschichte direkt miteinander vergleichen und wohlmöglich auch noch die Aussge, wer von beiden wertvoller bzw. besser ist, treffen zu können.

Dadurch wird den Tests aber eine Bedeutung zugemessen, die Ihnen nicht bzukommen kann. Will man einen Test entwickeln, der „Genie“ nachweisen kann, so muss sich das Gremium der Testentwickler Zwangsläufig aus „Genies“ zusammensetzen. Deswegen brachte ich die Beispiele der Notwendigkeit einer hohen Intelligenz bei den Entwicklern.

Der Wunsch, die Welt in Zahlen zusammenfassen zu können, ist menschlich. Aber Zahlen können bestenfalls die menschliche Wahrnehmung der Welt beschreiben - niemals aber die „Wirklichkeit“, solange wir nicht wissen (und ggf auch niemals wissen werden) was die Wirklichkeit ist. Der menschliche Geist funktioniert nun einmal „polar“ - die „Wirklichkeit“ hingegen ist doch aller wahrscheinlichkeit „dipolar“. Ein polares Bewusstsein ist zwar imstande, ein in sich schlüssiges System zu schaffen (z.B. Binärzahlen), aber nicht, etwas nicht-polares ausreichend zu erfassen oder zu beschreiben. Die Polarität ist die Grenze der Menschlichen Wahrnehmung. Der menschliche Geist braucht zur Definition der Farbe Grau z.B. notwendigerweise die Polare „Weiß“ und „Schwarz“. Aber die Notwendigkeit der Polare z.B. für so etwas wie die menschliche Seele oder das menschliche Unbewusstsein sind eher unklar. Es wäre durchaus denkbar, daß sich etwas im Geist des Menschen wiederfindet, was „Nicht-Polar“ funktioniert - und so würde dies in unser bewusstes Handeln mit einfließen bzw. Einfluss nehmen. Also gehe ich davon aus, daß wenn dem so ist, niemals ein Test existieren kann, der die Intelligenz mit dem Mittel der Zahlen erfassen kann, da Zahlen einem Polaren Denken entspringen, der menschliche Geist aber nicht unbedingt komplett Polar funktioniert. Zahlen können nur Polare Mechanisman beschreiben, niemals dipolare. (Ich hoffe, jetzt nicht für einen Spinner gehalten zu werden).

Als ich geschrieben haben, daß es eine Eigenart der Intelligenz ist, daß „Genieale“ Menschen von der Gesellschaft nicht immer verstanden und so Ihr „Genius“ der Gesellschaft verschlossen bleibt, meinte ich damit keine Geisterjäger. Vielmehr beziehe ich mich damit auf Menschen, die in einer Ihnen verständlichen Form eine für Sie durchaus allgemeingültige Wahrheit formulieren, diese Wahrheit aber den Anforderungen zum Verständnis eines normalen Menschen übersteigt. Dieser versteht die Theorie nicht, damit wird sie für Ihn „unwahr“, und Ihr „Vater“ wird für bestenfalls „merkwürdig“, aber eher für dumm etc gehalten.

Ich hatte z.B. einmal in einer Klasenarbeit in der Schule einen sog. Geistesblitz - ich konnte in einer Aufgabe ein Paradoxon nachweisen. Der Lehrer hatte meine Ausführungen damals aber nicht verstanden. Heute weiß ich, daß meine Gedanken richtig gewesen sind - und ich weiß auch, was er gemeint hat, was sie bedeuten. Für die Arbeit habe ich damals eine 4- geerntet, zugestanden hätte mir aber eher eine beste Note.

Wo wir gerade bei den gesellschaftlichen Zusammenhängen sind - ich bleibe bei meiner Meinung, daß Inteligente Menschen nicht immer erfolgreich sein müssen. Den von Dir vorgeschlagenen Beweis kann ich natürlich nicht vorlegen - und zwar aus folgenden Gründen: Erstens gehen wir ja überein, daß Intelligenztests nich geeignet sind, das komplexe Konstrukt Intelligenz nachzuweisen, sondern der Auswertung von Statistischen Problemen als Annäherung dienen sollten (Beispiel: Zwillingsforschung zur Vererbarkeit von Intelligenz). Ein Intelligenztest reicht aber nicht aus, um wirkliches Genie nachzuweisen, da meines Erachtens nach zum Entwickeln komplexer Theorien mehr notwendig ist, als logisch-kombinatorisches Denken - oder auch das sog. „konvergenten Denken“.
Zudem habe ich meine Probleme damit, gesellschaftlichen Erfolg greifbar zu machen.

Aber zu diesem Thema fallen mir folgende Dinge ein: Die gesellschaftliche Vorstellung von Erfolg hat mit wahrem Erfolg nicht immer etwas zu tun. So z.B. die Vorstellung, daß die Einkommenhöhe in etwa den Erfolg einer Person messen kann. Oder aber die Bewertung von Statussymbolen. Wer aber versucht, seine Vorstellungen von sich selber in Luxus- oder Statussymbolen zu manifestieren, der ist meiner Ansicht nach nur bedingt erfolgreich. Aber die Einsicht, daß man mit Gegenständen oder Geld einige Dinge nicht kompensieren kann, fließt doch in die gegenwärtige Beimessung von Erfolg nicht ein. Wer imstande ist, eine glückliche Familie aufzubauen, zu erhalten und pflegen, wird ggf die Erfahrung machen, daß dies mehr wert ist als bloß gesellschaftlicher Erfolg. Wenn ich aber diese Erkenntnis habe, dann wäre es doch fatal, meine Zeit auf meine Karriere zu beschränken anstatt mir mein Leben so einzurichten (und in der Karriere Abstriche zu machen), damit ich glücklich werden kann. Wenn ich erkannt habe, daß mein persönliches Verständnis von der Bedeutung des Lebens und der Welt durch eine Einbindung im Beruf nicht nur meine Einsicht beschneidet, sondern auch benommen macht, dann suche ich doch vielmehr nach der Möglichkeit, auch einmal stehen zu bleiben, um die Dinge zu ordnen (die man als Außenstehend doch viel besser beurteilen kann). Etwas müde belächelt wird z.B. eben jener Schriftsteller, der sich in tropische Gefilde zurückzog und jeden Nachmittag Anteil an einfachen, gesellschaftlichen Treiben haben wollte. (Als Aussteiger bezeichnet man Ihn) Hätte er denn die gleichen Gedanken formulieren können, wenn er auf diesen Abstand zu den Dingen verzichtet hätte? Aber ist sein Erfolg deswegen (wegen seiner Selbsterkenntnis) um so höher zu bewerten? Und wie steht es mit Selbsterkenntnis? Ist dies nicht die wirklich schwerste Disziplin eines jeden - und wie will man sie bewerten? Und erfordert sie nicht zwangsläufig die Begabung der Selbstreflektion und erfordert diese wiederum nicht (unabhängig von den verschiedenen Definitionen) so etwas wie die „Intelligenz“? Was will man Dionysos sagen, der für sich entschieden hat, den Tag übr in der Sonne zu liegen, in einem Fass zu wohnen und seinen Gedanken nachzugehen? Daß er nach der geellschaftlichen Vorstellung „dumm“ ist, weil er keinen Erfolg hat (Sein Einkommen dürfte eher gegen null tendieren und selbst nach damaliegen Maßstäben war ein Fass nicht wirklich viel Besitz).

Wie gesagt, daß ist alles ein wenig philosophisch, ausgehend von der These, daß Intelligenz (wie auch immer definiert) für den Umfang, wie sie heute in der psychologischen Forschung für Tests und Testreihen genutzt wird (nämlich als Anhaltspunkt) durchaus geeignet ist, für eine größere gesellschaftliche Anwendung - bislang zumindestens - unausreichend benannt und erforscht ist, als daß es möglich sei, über den Wert der Intelligenz oder des Verstands einer Person gültige Aussagen treffen zu können.

So weit erst einmal

Gruß
Patrick

Hallo Patrick!

  • Intelligenztests messen das, was sie Messen.

Natürlich. Und definitionsgemäß messen sie Intelligenz (wie sie von der Intelligenzforschung konzeptualisiert wird).

  • Eine einheitliche Definition von Intelligen gibt es nicht,
    nur Annäherungen.

Ja, genau.

  • Die Aussagekraft von Intelligenztests beschränkt sich auf
    das, was sie messen. Ihre Auswertung gehört in erster Linie in
    psychologische Forschungen integriert. Das Maß des IQ sollte
    nicht einen gesellschaftlichen Nutzen erfüllen.

Genau.

Ich glaube, diese Punkte sind unter uns unstrittig.

Richtig.

Aber die Gesellschaft lechzt seit dem grandiosen Erfolg des
Quizmasters Jauch nach einer „allgemeingültigen“ Konstanten,
die in der Lage ist, die Intelligenz der Menschen zu
differenzieren. So wie sie Menschen beurteilen können mit:
„Mensch, ist der aber dick“ und dies begründen können mit der
Angabe seines Gewichts (z.B. 120kg), würde sie auch gerne
sagen können: „Mensch, ist der klug“ unter der Begründung
eines IQ’s von z.B. 130.

Ja, richtig. Zwar gibt es dieses Phänomen auch schon etwas länger als Jauchs Erfolge, aber genau das ist der Punkt.

Nur: Wenn jemand einen IQ von 130 erzielt hat in einem Intelligenztest wie z.B. dem HAWIE, dann kann man mit Fug und Recht sagen, daß die Person im Vergleich zu den Personen, die mit dem Test getestet wurden, ziemlich „intelligent“ ist (Intelligenz wieder im Sinne des Tests).

Was man nicht sagen kann, ist, daß diese Person absolut gesehen hochintelligent ist, weil es keinen einheitlichen definierten psychologischen Intelligenzbegriff unabhängig von einem konkreten Test gibt.

Weiter unten im Forum war ja der
Thread zum Thema Goethe und Einstein - dahinter steckte eben
jener Wunsch, zwei komplexe und hochbegabte Geister der
Weltgeschichte direkt miteinander vergleichen und wohlmöglich
auch noch die Aussge, wer von beiden wertvoller bzw. besser
ist, treffen zu können.

Sehe ich genauso. Ob da die Frage hinter stand, wer wertvoller war, das weiß ich nicht. Allerdings möchten einige wissen, wer das größere Genie war. Das kann man aber mit einem Intelligenztest nicht beantworten.

Dadurch wird den Tests aber eine Bedeutung zugemessen, die
Ihnen nicht bzukommen kann.

Genau.

Will man einen Test entwickeln,
der „Genie“ nachweisen kann, so muss sich das Gremium der
Testentwickler Zwangsläufig aus „Genies“ zusammensetzen.

Na, das weiß ich nicht. Zumindest müßte erst einmal definiert werden, was „Genie“ ist und dann müßte man sich überlegen, wie man feststellen könnte, ob jemand ein „Genie“ ist. Eine Möglichkeit wäre vielleicht einem vermeintlichen Genie eine verdammt knifflige Frage zu stellen, die noch keiner beantworten konnte. Wer es beantworten kann, könnte als Genie gelten: Ich stelle mir so etwas wie bei Ödipus und der Sphinx vor.

Deswegen brachte ich die Beispiele der Notwendigkeit einer
hohen Intelligenz bei den Entwicklern.

Ja, das habe ich mir schon gedacht. Du solltest bloß nicht, den psychologisch definierten "Intelligenz"begriff mit Deiner Auffassung von „Intelligenz“ durcheinander bringen, wenn Du mit einem Psychologen sprichst. Der Psychologe wird höchstwahrscheinlich unter „Intelligenz“ dasjenige verstehen, was seine Wissenschaft darunter versteht.

Der Wunsch, die Welt in Zahlen zusammenfassen zu können, ist
menschlich. …

Was hier nach kam, habe ich nicht wirklich verstanden. Aber die Schlußfolgerung lautet wohl: „Intelligenz“, wie Du sie verstehst, kann nicht durch solche Tests, wie wir Psychologen sie entwickeln, erfaßt werden, schon deshalb nicht, weil wir Zahlen verwenden.

Die Grundlage unserer psychologischen Wissenschaft ist, daß wir annehmen, menschliches Erleben und Verhalten laufe nach irgendwelchen Regeln und Gesetzmäßigkeiten ab. Diese Regeln und Gesetzmäßigkeiten wollen wir herausfinden. Mathematik hilft dabei diese Regeln und Gesetzmäßigkeiten zu erfassen. Wenn die Annahme der Regelhaftigkeit menschlichen Verhaltens und Erlebens nicht wahr wäre, dann wäre die Wissenschaft Psychologie ein Irrtum.

(Ich hoffe, jetzt
nicht für einen Spinner gehalten zu werden).

Wie heißt es doch? „Zwischen Genie und Wahnsinn…“ :wink:

Als ich geschrieben haben, daß es eine Eigenart der
Intelligenz ist, daß „Genieale“ Menschen von der Gesellschaft
nicht immer verstanden und so Ihr „Genius“ der Gesellschaft
verschlossen bleibt, meinte ich damit keine Geisterjäger.

Weiß ich doch! Mir sitzt manchmal der Schalk im Nacken!

Vielmehr beziehe ich mich damit auf Menschen, die in einer
Ihnen verständlichen Form eine für Sie durchaus
allgemeingültige Wahrheit formulieren, diese Wahrheit aber den
Anforderungen zum Verständnis eines normalen Menschen
übersteigt.

Das finde ich banal: Menschen erleben ihre Umwelt. Erleben ist subjektiv, daher ist ihre erlebte „Wahrheit“ für sie immer gültig (auch wenn es nur eine temporäre „Wahrheit“ ist). Daß eine subjektive „Wahrheit“ von anderen nicht verstanden werden muß, ergibt sich allein schon dadurch, daß es sich um eine subjektive „Wahrheit“ handelt.

Ich hatte z.B. einmal in einer Klasenarbeit in der Schule
einen sog. Geistesblitz - ich konnte in einer Aufgabe ein
Paradoxon nachweisen. Der Lehrer hatte meine Ausführungen
damals aber nicht verstanden. Heute weiß ich, daß meine
Gedanken richtig gewesen sind - und ich weiß auch, was er
gemeint hat, was sie bedeuten. Für die Arbeit habe ich damals
eine 4- geerntet, zugestanden hätte mir aber eher eine beste
Note.

Aus dieser Anekdote ziehe ich eher den Schluß, daß die Welt nicht „gerecht“ ist, oder: Viele Menschen mögen nicht darauf hingewiesen werden, daß ihr Denken voller Widersprüche ist.

Wo wir gerade bei den gesellschaftlichen Zusammenhängen sind -
ich bleibe bei meiner Meinung, daß Inteligente Menschen nicht
immer erfolgreich sein müssen.

Daß intelligente Menschen immer erfolgreich sind, habe ich nicht behauptet. Wenn wir von psychologischen Forschungsergebnissen sprechen, dann heißt es meistens: Im Durchschnitt… Im übrigen ist der Zusammenhang zwischen Intelligenz gemessen in einem Intelligenztest und Schul- oder Berufserfolg nur relativ hoch: 0.3 - 0.5 (so um den Dreh, wobei die Skala von - 1 bis 1 reicht).

Erstens gehen wir ja überein, daß

Intelligenztests nich geeignet sind, das komplexe Konstrukt
Intelligenz nachzuweisen,

Nein! Da hast Du mich mißverstanden: Intelligenztests messen Intelligenz. Und zwar die Intelligenz, die die psychologische Intelligenzforschung meint. Intelligenztests messen anscheinend nicht das, was Du unter Intelligenz verstehst.

Ein Intelligenztest reicht aber nicht aus, um
wirkliches Genie nachzuweisen, da meines Erachtens nach zum
Entwickeln komplexer Theorien mehr notwendig ist, als
logisch-kombinatorisches Denken - oder auch das sog.
„konvergenten Denken“.

Vorschlag: Entwickle eine „Genie“-Theorie! Dann diskutieren wir weiter!

Zudem habe ich meine Probleme damit, gesellschaftlichen Erfolg
greifbar zu machen.

Nicht nur Du. Das ist ein generelles Problem. Allerdings geht es bei der Validierung nicht um gesellschaftlichen Erfolg, sondern um Schul- und Berufserfolg. Da ist doch ein Unterschied!

Aber zu diesem Thema fallen mir folgende Dinge ein: Die
gesellschaftliche Vorstellung von Erfolg hat mit wahrem Erfolg
nicht immer etwas zu tun.

Verzeihe mir, daß ich an einer Debatte um die „Wahrheit“ von Erfolg nicht teilnehme. Eine solche Debatte ist mir zu wenig empirisch fundierbar. Die Punkte, die Du ansprichst, sind alle richtig, weil es sich um Erleben handelt. Erleben ist subjektiv und kann nicht „falsch“ sein. Erleben ist eine Art „Wahrheit“.

Wie gesagt, daß ist alles ein wenig philosophisch, ausgehend
von der These, daß Intelligenz (wie auch immer definiert) für
den Umfang, wie sie heute in der psychologischen Forschung für
Tests und Testreihen genutzt wird (nämlich als Anhaltspunkt)
durchaus geeignet ist, für eine größere gesellschaftliche
Anwendung - bislang zumindestens - unausreichend benannt und
erforscht ist, als daß es möglich sei, über den Wert der
Intelligenz oder des Verstands einer Person gültige Aussagen
treffen zu können.

Du bringst hier wieder „Intelligenz“ im Sinne von Intelligenztests und Deine Vorstellung von Intelligenz durcheinander. Außerdem sprichst Du von „Wert der Intelligenz oder des Verstands einer Person.“ Solche Wertaussagen will die Psychologie gar nicht machen. Sie will nur Verhalten und Erleben des Menschen beschreiben, erklären und vorhersagen. Dazu sind Intelligenztests heute ein gutes Mittel.

Gruß,

Oliver

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Das ist Intelligenz?
Lieber w-w-w-Freund!

sorry, daß ich jetzt meckere, aber das muß sein.

Wir leben in Deutschland und daher läßt sich stärkstens vermuten, daß diese Sprache hier des öfteren gesprochen wird, lokal auch bayrisch.

Es würde mich daher sehr freuen, wenn man prinzipiell bei Verwendung von Zitaten u.ä indianersprachlicher Autoren diese nicht unbedingt in deren Heimatsprache wiedergibt, auch wenn sie englisch ist. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn ich die zitate nochmals in deutsch lesen könnte :smile:

Frank

Das ist ja das Problem: Das wir in Deutschland leben…

Hier ist man, was die schnelllebigen und jungen Wissenschaften angeht, leider nicht immer up-to-date.

Wenn man an einer „deutschen“ Universität in die Bücherei geht und in der Abteilung „Psychologie“ ein Fachbuch sucht, dann findet man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu 90% englischsprachige Publikationen.

Bevor man Psychologie studieren kann, muß man fortgeschrittenes Englisch erlernen. Naja, das ist dann immerhin nicht so kompliziert wie Latein.

Aber ehrlich: wenn die Deutschen auch mal eine Idee hätten, dann würde vielleicht auch hierzulande so umfangreich wie anderswo geforscht - und dann würde man in diesen Wissenschaften auch wieder „deutsch“ sprechen - und darüber hinaus auch anderswo.

Im Moment ist es aber so, daß die „Indianer“ mehr Know-How von den „Geistern“ haben.

Guten Morgen!

Ich kann Deinen Wunsch verstehen. Aber die Art und Weise, wie Du in vorträgst, finde ich bemerkenswert:

Wir leben in Deutschland und daher läßt sich stärkstens
vermuten, daß diese Sprache hier des öfteren gesprochen wird,
lokal auch bayrisch.

Regional werden auch andere Mundarten in Deutschland gesprochen, nicht nur Bayerisch. Diese sind sogar sprachlich älter als unser preußisches Hochdeutsch.

Es würde mich daher sehr freuen, wenn man prinzipiell bei
Verwendung von Zitaten u.ä indianersprachlicher Autoren diese
nicht unbedingt in deren Heimatsprache wiedergibt, auch wenn
sie englisch ist.

Es stört mich außerordentlich, wenn Du von „indianersprachlichen“ Autoren sprichst. Diesen Terminus empfinde ich als abwertend und, weil wir in Deutschland sind, kommen mir noch andere Assoziationen, obwohl ich nicht so leicht in diese Richtung denke. Ich hätte mir daher gewünscht, daß Du Deine „Bitte“ mit mehr Fingerspitzengefühl formuliert hättest.

*Kopfschüttelnd*

Oliver

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Guten Mittag!

Es hatte wohl etwas mit abgelassenem Frust in sich, daß der Text so ausfiel. Mit „indianersprachlich“ verbinde ich im übrigen nix außer irgendeine beliebige, mir unverständliche Fremdsprache, welche vielleicht nur von Naturvölkern geringer Population gesprochen werden könnte.

Leider sprechen auch in Deutschland nicht alle englisch. Französich, spanisch, italienisch und russisch noch weniger. Wenn es dann noch in spezielle Fachgebiete geht, sind selbst für die Leute, welche der Fremdsprache mächtig sind, Fehldeutungen vorprogrammiert. Gerade in englischen Texten.

Deshalb meine Bitte, doch zukünftig zu versuchen, fremdsprachliche Erklärungen im Forum zu unterlassen. Oder liege ich damit so falsch??

Frank

Grüße!

Es stimmt sicherlich, daß Englisch eine der hauptsächlichen Wissenschaftssprachen darstellt (naja, zumindest in den meisten Fachbereichen - ich denke da zumindest an Geschichte, bei der letztlich andere Sprachen allerdings genauso wichtig sind. Aber ich muss widersprechen, wenn Du sagst, daß die Deutschen keine oder zumindest nicht so viele „Ideen“ wie z. B. englischstämmige Wissenschaftsgemeinschaften hätten. Speziell für die Psychologie muss man z. B. wissenschaftshistorisch argumentieren - denn gerade die Nazis hatten die meisten Psychologen aus Deutschlad vertrieben, die Wissenschaft an sich wurde in Deutschland nicht vorangetrieben (es fehlten schlichtweg die meist jüdischen Pioniere der noch relativ jungen Wissenschaft) und oft wird auch behauptet, daß diese Disziplin verboten wurde oder werden sollte (dazu wird als Faktum zumeist die Auflösung der Heeres- und Luftfahrtpsychologie verwendet; siehe z. B. Geuter, 1990) - allerdings ist dies umstritten (Traxel, 1990) und abgesehen davon beknnten sich damals führenden Vertreter aller Richtungen und Anwendungsgebiete der deutschen Psychologie zum nationalsozialistischen Regime - auch wenn nicht alle Parteimitglieder gewesen waren. Die gesellschaftlichen Aufgaben der damaligen Zeit (von Untersuchungen zur Rassenpsychologie [scheußliches Wort] bis hin zuum nationalsoz. Führerprinzip) wurden von der deutschen Psychologie wahrgenommen (siehe z. B. Brauns & Schmitz, 1990) - so daß z. B. Schuler (1995) von einer Fehlinformation spricht.
Aus dem Zwang gegenüber jüdischen und anderen Psychologen, die freiwillig oder gezwungenermaßen Deutschland verlassen mussten, entwickelte sich die heute noch immer führende psychologische Wissenschafts"schicht" in den USA - denn dorthin wanderten die meisten der damals führenden Psychologen ab und etablierten sich und die psychologischen Disziplinen.
Es ist somit wohl eher zu erklären, warum gerade in Psychologie die Wissenschaftssprache Englisch ist und auch die meisten Publikationen in Englisch abgefasst wurden - denn immerhin musste nach dem letzten Weltkrieg die Psychologie erst wieder aufgebaut werden. Und diese Entwicklung beschreibt natürlich auch die „Lücke“ zwischen den Instituten in den USA und Deutschlad - abgesehen haben die Kollegen dort ob ihres größeren Landes mit mehr Universitäten immerhin auch ein größeres Potenzial, auf das sie zurückgreifen können; von den jeweiligen nationalen Ressourcen, die den Wissenschaften hier wie dort zugestanden werden, brauche ich wohl nicht näher einzugehen (wer jemals versucht hat, Forschungsgelder aufzutreiben, weiss, wovon ich spreche). Es wäre allerdings falsch, zu behaupten, nur weil die meisten Publikationen in der jeweiligen Wissenschaftssprache abgefasst werden, wären A) nur Wissenschaftler aus dem jeweiligen sprachlichen Herkunftsland führend auf dem benannten Gebiet und B)dies würde eine Führung dieser Personen in der jeweiligen Disziplin abbilden.
Es ist also nicht ganz korrekt, pauschal zu behaupten, die Deutschan hätten keine Ideen oder auch kein Know-how. Immerhin gibt es auch in Deutschland psychologische Forschung (man denke z. B. an die Forensische Psychologie im Hinblick auf Missbrauch, in der Deutschland wol führend ist)!

Noch ein Wort zu dem Wunsch nach Übersetzungen: Es ist sicherlich möglich, Zitate zu übersetzen -allerdings ist nicht in jedem Fall gewährleistet, daß der Sinn der Worte 1-zu-1 wiedergegeben werden kann; daher bin ich dafür - wenn schon eine Übersetzung sein muss und sich ein Poster dazu freundlicherweise bereiterklärt - immer auch die fremdsprachlichen Originalworte anzugeben, damit der geneigte Leser (der dann in der und der Fremdsprache versiert ist) auch das vielleicht aussagekräftigere Originalzitat lesen kann.

Grüße,
Der Captain

Brauns, H.-P. & Schmitz, B. (1990). Über einige Möglichkeiten quantitativer Historiographie in der Psychologiegeschichte. In A. Schorr & G. Wehner (Hrsg.), Psychologiegeschichte heute (S. 41-55). Göttingen: Hogrefe

Geuter, U. (1990) Aus den „Wurzelschichten“ alter Vorurteile - eine Antwort auf Werner Traxels Thesen zur Psychologie im Nationalsozialismus. In A. Schorr & G. Wehner (Hrsg.), Psychologiegeschichte heute (S. 229-233). Göttingen: Hogrefe

Schuler, H. (1995). Organisationspsychologie. Göttingen: Huber

Traxel, W. (1990). Seelentum, Volkheit, Wurzelschicht - Aufschwung un/oder Absturz der Psychologie im „Dritten Reich“?In A. Schorr & G. Wehner (Hrsg.), Psychologiegeschichte heute (S. 217-228). Göttingen: Hogrefe

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Grüße zurück,

hmm - emin Text sollte eigentlich nicht so ernst genommen werden - es war der verzweifelte Versuch, mich dem Stilmittel der Ironie zu bedienen.

Was ich eigentlich damit sagen wollte, geht so ziemlich in die Richtung, die Du ausführst.

Ursächlich für mein Posting war nur, daß ich die Formulierung „Indianersprache“ sehr unglücklich fand. Zwar sehe ich (rein private Einstellung) die amerikanische Gesellschaft teilweise als überaus problematisch an, würde aber niemals so tief schlagen.

Und auf der anderen Seite muss man auch gewisse Vorzüge dieser Gesellschaft einräumen, naja - Licht ohne Schatten gibt es wohl nicht - ein bisschen weniger Schatten und ein bisschen mehr Licht scheint mir allerdings angezeigt.

Alles aber kein Grund, die Amerikaner als Indianer zu bezeichnen, denn immerhin ist es so, daß die Amerikaner weitaus mehr Publikationen als die Deutschen im Bereich der Psychologie vorlegen können (Aus welchen Gründen auch immer).

Daß die Deutschen keine Ideen haben, wollte ich so keinesfalls sagen: vielmehr gehört zu einer Idee auch die Umsetzung, d.h. eine Forschungsidee benötigt dann auch die im Anschluss stattfindende Forschung. Da du ja die Forschungsgeldproblematik selbst angesprochen hattest, das sehe ich ganauso. Und eben weil die Deutschen es allen kompetenten Menschen Steine in den Weg legen müssen, kam ich dazu, zu behaupten: die Deutschen (als Gesamtheit) hätten keine eigenen Ideen. Dabei bräuchten Sie im Prinzip nur mal eine Idee zu haben: Nämlich die vorhandenen Kapazitäten auch umzusetzen - ich wette, dann wären wir nicht nur auf vielen Gebieten in der Forschung wieder an der Spitze dabei, ganz nebenher würden sich auch weitaus gravierendere Probleme relativieren.

Grüße :

Alles aber kein Grund, die Amerikaner als Indianer zu
bezeichnen, denn immerhin ist es so, daß die Amerikaner
weitaus mehr Publikationen als die Deutschen im Bereich der
Psychologie vorlegen können (Aus welchen Gründen auch immer).

Jetzt drehst du mir abba die Worte im Mund herum. Ich habe weder Amerikaner noch Engländer als Indianer bezeichnet. Bei den Amerikanern wäre dies zwar vor ca. 400 Jahren noch pc gewesen, jetzt aber nicht mehr. Außerdem habe ich keinen Grund, die „Native Americans“ zu beleidigen. Siehe auch meine obige Antwort bei olli.

Frank

Guten Mittag!

Guten Nachmittag!

Es hatte wohl etwas mit abgelassenem Frust in sich, daß der
Text so ausfiel. Mit „indianersprachlich“ verbinde ich im
übrigen nix außer irgendeine beliebige, mir unverständliche
Fremdsprache, welche vielleicht nur von Naturvölkern geringer
Population gesprochen werden könnte.

O.k. Dann ist es ja gut. Vielleicht solltest Du dann nächstes Mal von „Fachidioten“-Sprache sprechen :wink:

Deshalb meine Bitte, doch zukünftig zu versuchen,
fremdsprachliche Erklärungen im Forum zu unterlassen. Oder
liege ich damit so falsch??

Nein. Das ist o.k. Ich werde es zwar nicht „unterlassen“, mich aber bemühen, neben englischen Originalzitaten auch eine deutsche Übersetzung beizufügen.

Gruß,

Oliver

Naja, dann habe ich das wohl missverstanden.

Meiner Erinnerung zufolge handelte es sich bei den wiedergegebenen Zitaten im Ausgangsposting ausschließlich um deutsch- und englischsprachige.

Dein Artikel nahm direkten Bezug darauf.

Da von „indianersprachlicher Autoren“ die Rede war, nahm ich an, dies beziehe sich auf die widergegebenen amerikanischen Zitate.

Ob es eine „Beleidigung“ für die „nativen Indianer“ wäre, wenn man die „Amerikaner“ als „Indianer“ bezeichnet, weiß ich nicht.

Aber um das hier mal zum Abschluss zu bringen, sollten die Menschen weder nach Intelligenz, Sprache oder Volkszugehörigkeit bewertet werden, vielmehr sollte versucht werden, vorhandene eigene Ressourcen zu nutzen, damit die Welt eine bessere wird.

In diesem Sinne -
Grüße an alle
Patrick

intelligenz ist die fähigkeit eines individuums für bestimmte (komplexe) aufgaben die fähigkeiten der gehirnareale gezielt zu nutzen und sich nicht durch die tätigkeit von nicht-dafür-zuständigen nervenknoten ablenken zu lassen.

bye, bass

Hallo,

Ist es möglich, daß ein Psychologe mit einem angenommenen
IQ von 120 einen Test zur Messung von Intelligenz erstellen
kann, der einen IQ höher als den seinen messen kann
(wie sollte er Fragen konstruieren, die in Ihrer Komplexität
einen höheren IQ ansprechen als den seinen)?

Das ist schon denkbar. Es ist nicht unbedingt notwendig, daß
der Psychologe ein vollständiges Verständnis der Fragen hat,
die er erstellt. Vielmehr hat er eine Menge Fragen und eine
Bewertungsfunktion zu wählen, die (gemeinhin) als intelligent
eingestufte Personen von den weniger intelligenten unter-
scheidet. Theoretisch könnten Fragemenge und Bewertungs-
funktion auch am Rechner „gewürfelt“ werden. Die Qualität
des Tests läßt sich nur bemessen, wenn es noch eine andere
Klassifizierung der Intelligenz der Testteilnehmer gibt.
Wie diese Klassifizierung vorgenommen wird, ist eine andere
Sache - mangels einer alternativen, exakten Definition von
Intelligenz.

Gruss
Enno

Danke Dir für Deine Meinung. Du lieferst eine weitere mögliche Nominaldefinition von Intelligenz. Jedoch besteht weitgehender Konsens in der Intelligenzforschung, daß solche Nominaldefinitionen aus den in meinem Posting angeführten Gründen nicht zielführend sind.

Gruß,

Oliver

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Hallo Oliver,

das sind ja absolut oberseminarreife Sachen, die Du hier ablieferst. Die Literatur- und Theorieübersicht zur Intelligenz finde ich sehr verdienstvoll und nützlich. Vielen Dank und Anerkennung dafür!

Ich bin eher essayistisch veranlagt und frage gerne „zwischen die Begriffe“, um zu neuen Synthesen zu finden.
Natürlich zu welchen, die mir besser gefallen als die, die es gibt; das gebe ich unumwunden zu :smile:

Was sagt die Intelligenzforschung zum Thema „abduktive Intelligenz“ a la Sherlock Holmes? Es gibt eine schöne Szene, in der eine goldene Uhr einer Person zu gehören scheint, die S.H. für seine Ermittlungen befragen möchte. Dr. Watson stellt bedauernd fest, dass keine Fingerabdrücke vorliegen und dass die Uhr zudem sehr zerkratzt sei. Da wird S.H. hellwach und schaut sich die Kratzer auf der Uhr an und stellt fest, dass sie von Schlüsseln und Münzen herrühren. „Der Besitzer“ schlussfolgert S.H. "muss ein unpflegliches Verhältnis zu dem wertvollen Stück gehabt haben, er trug die goldene Uhr mit Münzen und Schlüsseln zusammen in der Tasche bei sich. S.H. findet die Kratzer „bemerkenswert“, wie vielleicht auch Mr. Spock gesagt hätte, und schlussfolgert auf einen Bedarf an erklärenden Bedingungen in der Person des Besitzers, die diese Person von anderen Menschen unterscheidbar machen.

Abduktiv, so habe ich gelernt, nennt man solch einen Schluss. Ein Schluss, der „ungewöhnliche“ Tatsachen als „fragwürdig“ identifiziert, der einen Bedarf an erklärenden und „sachdienlichen“ Hypothesen postuliert und auch gleich produziert. S.H. ist der Meister des „intelligenten Verdachts“ wo Scotland Yard vergeblich nach Beweisen sucht. Er macht „smart guessing“, was eben nicht „raten“ heißt, sondern eine Form des Schließens sein will.

In der Kriminologie hat diese Form des Schließens den Hauch eines Ranges erlangt; die Wirtschaft hätte so was gerne, paddelt aber ziemlich hilflos durch die Gegend zwischen der gewohnten Erbsenzählerei und esoterischem Wunderglauben. (Ich verkürze und polemisiere) Was sagt die Intelligenzforschung? Gibt es Tests, oder Fachbezeichnungen, die auf diese „kreative“ Seite von Verstandesverwendung zielen? Ich frage natürlich nicht akademisch sondern in eigener Sache. In der Kriminologie konnten sich ein paar Leute mit de-facto abduktiver Denke als Profiler etablieren und durften „bizarren“ Tatortmerkmalen „sachdienliche“ Fallstrukturhinweise abgewinnen. Hauptsächlich in der Forensik, weil da alles anerkanntermaßen bizarr ist und keine ordentliche kriminelle Energie am Werk ist, die die gelernten Kriminologen natürlich als ihr Fachwissen unter dem Nagel haben. Ich habe von Hermeneutikern gehört, die auch schon mal an Erpressungsfällen „miträtseln“ durften und die auch sehr erfolgreich „gerätselt“ haben. Leider müssen sie sich dabei mit den Hauspsychologen irgendwie eifersüchtig verkracht haben und sind dann rausgekippt, weil den gelernten Kriminologen das zu heuristisch war, wie die Hermeneutiker da ‚rübergekommen’ sind. Für die ist Fallstrukturanalyse irgendwas zwischen Pendelschwingen und Tarotkartenlegen.

In der Wirtschaft spielt sich ein vergleichbares Elend mit der Trendforschung ab, wo scheinbar eine Behauptung soviel gilt wie die andere, wenn sie nur mit den angesagten Modevokabeln jongliert. Verzweifelt über die selbstgefällige Ignoranz so vieler seriöser Fachwissenschaften richte ich meine Hoffnung auf die Psychologie und die Intelligenzforschung. Gibt es ein anerkanntes Fachwissen und fachliche Anerkennung für ein recht treffsicher „spielendes Urteilsvermögen“ von „kreativer Pragmatik“? In der allgemeinen Kreativitäts- und Intuitionsecke fühle ich mich unwohl. Ich brauche keine Fingerfarben, kein Meditationsgedudel, keine Weihrauchstäbchen, Voodoo-Knochen, Pendel oder Wundersteine um aus drei Tatsachen einen plausiblen (Chancen)Verdacht abzuleiten. Hat meine Denke einen Platz im psychologischen Universum der Intelligenzen?

Echt neugierig,

Thomas
(de Bono, Laterales Denken und Synektik kenne ich, mache ich auch
und finde ich auch ganz in Ordnung. Mich interessiert jetzt mehr die „personale, intellizenzgebundene“ Seite diese Denkens)

Hallo Thomas,

das sind ja absolut oberseminarreife Sachen, die Du hier
ablieferst. Die Literatur- und Theorieübersicht zur Intelligenz
finde ich sehr verdienstvoll und nützlich. Vielen Dank und
Anerkennung dafür!

Danke, danke.

Was sagt die Intelligenzforschung zum Thema „abduktive
Intelligenz“ a la Sherlock Holmes?

Der Begriff „abduktiv“ ist mir in dem Zusammenhang neu. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, ihn in diesem Zusammenhang schon einmal gehört zu haben.

Abduktiv, so habe ich gelernt, nennt man solch einen Schluss.
Ein Schluss, der „ungewöhnliche“ Tatsachen als „fragwürdig“
identifiziert, der einen Bedarf an erklärenden und
„sachdienlichen“ Hypothesen postuliert und auch gleich
produziert.

Als „Schluß“ würde ich das, was Du beschreibst, nicht bezeichnen. Denn es handelt sich meiner Meinung nach eher um das Generieren von Hypothesen. Dies ist legitim, zweifelsohne. Doch müssen die Hypothesen als nächstes natürlich getestet werden, um sie auf ihren „Wahrheitsgehalt“ zu überprüfen.

Was sagt die Intelligenzforschung? Gibt es
Tests, oder Fachbezeichnungen, die auf diese „kreative“ Seite
von Verstandesverwendung zielen?

So etwas wie „abduktive Intelligenz“ ist mir zwar noch nicht untergekommen, doch kann man sie, wenn ich Deine Beschreibung richtig verstanden habe, unter den Oberbegriff der „praktischen Intelligenz“ einordnen. Die praktische Intelligenz definiert Charlesworth (1976) als „Verhalten unter der Kontrolle von kognitiven Prozessen, eingesetzt zur Lösung von Problemen, die das Wohlbefinden, die Bedürfnisse, die Pläne und das Überleben des Einzelnen betreffen.“ Wie wir alle wissen, sind unsere Probleme in Beruf und Freizeit oft unstrukturiert, zeichnen sich durch mangelnde Informationen aus und bieten zu wenig Anhaltspunkte, wie und wann die Lösung erreicht werden kann. Dies dürfte sicherlich auch auf das Profiling oder andere Formen „abduktiver Intelligenz“ zutreffen. Jedenfalls hat die Intelligenzforschung diesen Bereich der praktischen Intelligenz kaum in ihren Tests berücksichtigt, was sich sowohl bei Expertenbefragungen zu Intelligenztests (so bemängelten 75,3% von 661 Experten aus dem Bereich Testpsychologie die mangelnde Situationsberücksichtigung der Aufgaben in Intelligenztests; Snyderman & Rothman, 1986) als auch in den niedrigen Zusammenhängen zwischen Intelligenztestergebnissen mit Erfolg in einem bestimmten Beruf (nicht zwischen Berufen!) ausdrückt. Intelligenztests messen also kaum spezifische Fertigkeiten, sondern allgemeine Fertigkeiten, in denen sich Personen des gleichen Berufs kaum unterscheiden.

Die von Dir genannte „abduktive Intelligenz“ scheint mir eine solche spezifische Fertigkeit zu sein, wenn mit ihr nicht nur generelles Hypothesenaufstellen, sondern Hypothesengenerierung in einem bestimmten Kontext (z.B. Profiling) gemeint ist. Für die Untersuchung solcher spezifischen Fertigkeiten scheinen Intelligenztests aber nicht die geeigneten Instrumente zu sein, zumindest sollte man sie nicht als einzige Instrumente benutzen.

Leider müssen sie sich dabei mit
den Hauspsychologen irgendwie eifersüchtig verkracht haben und
sind dann rausgekippt, weil den gelernten Kriminologen das zu
heuristisch war, wie die Hermeneutiker da rübergekommen’ sind.
Für die ist Fallstrukturanalyse irgendwas zwischen
Pendelschwingen und Tarotkartenlegen.

Was wohl nicht nur auf die Berufseifersüchteleien, sondern auch auf die unterschiedliche Art des Herangehens an eine Thematik zurückgeführt werden kann. Denn wenn es sich bei der Methode des „abduktiven Schließens“ um eine bestimmte, wohldefinierte Technik handeln würde, dann wäre die Sache längst eine psychologische Technologie geworden. Aber es handelt sich höchstwahrscheinlich, besonders wenn Du die Profiler in der Forensik ansprichst, um langjähriges „klinisches“ Erfahrungswissen. Ich bin in diesem Bereich nicht besonders bewandert, doch habe ich schon etwas über die Typenbildung bei Serienmördern gelesen. Es soll z.B. beim FBI die Behavioral Science Unit (BSU) geben, in der 12 Profiler („The Dirty Dozen“) eine Typologie von Serienmördern (systematischer vs. chaotischer Täter) aufgestellt haben. Ich weiß nicht, wie diese Typologie genau zustande kam. In dem Buch, in dem von ihr berichtet wurde (Bourgoin, S., 1995, Serienmörder. Pathologie und Soziologie einer Tötungsart. Rowohlt Verlag), wird folgendes gesagt: „Auf seltsame Weise kommen sie [die Profiler] bestimmten Detektiven aus Romanen, wie Sherlock Holmes oder Nero Wolfe, recht nahe“ (S. 37). Über die Typologie wird folgendes gesagt: „Freilich funktioniert diese Identifikationsmethode nicht fehlerlos, denn sie ist eine Mischung aus Erfahrung und Intuition“ (S.38).

Falls die Methode nichts anderes ist, als „eine Mischung aus Erfahrung und Intuition“, dann handelt es sich nur um „klinische Urteile“, wie sie lange Zeit in der Psychiatrie ausschließlich vertreten waren. Weil die Psychologie anstrebt, so etwas zu überwinden, sind die von Dir genannten „Hermeneutiker“ den Psychologen ein Dorn im Auge. Etwas anderes ist z.B. mit dem „Violent Criminal Apprehension Program“ (VICAP) gegeben, bei dem empirische Daten gespeichert und durch das Vergleiche auf statistischer Basis möglich sind. In diesem Fall handelt es sich dann um eine systematische und „objektive“ Vorgehensweise, die Psychologen (und auch mir) deutlich sympathischer erscheint.

In der Wirtschaft spielt sich ein vergleichbares Elend mit der
Trendforschung ab, wo scheinbar eine Behauptung soviel gilt wie
die andere, wenn sie nur mit den angesagten Modevokabeln
jongliert.

Es darf auch nicht sein, daß man mit „Modevokabeln“ oder Sonstigem jongliert, ohne daß dahinter empirisches oder logisch abgeleitetes Wissen steht.

Verzweifelt über die selbstgefällige Ignoranz so
vieler seriöser Fachwissenschaften richte ich meine Hoffnung auf
die Psychologie und die Intelligenzforschung.

Die Psychologie ist eine Wissenschaft, die ebenfalls mit Worthülsen und leeren Konstrukten zu kämpfen hat. Da gibt es so viel Zeug, das sich erst plausibel anhört, sich dann aber als Bündel von zu wenig abgesicherten, ja kaum absicherbaren Behauptungen entpuppt. Die weniger schillernden, dafür aber bodenständigeren Theorien sind mir lieber. Mit ihnen kann man vielleicht weniger „glänzen“, dafür kommt unterm Strich aber mehr ´raus als nur heiße Luft, die sich schnell verzieht. Psychologinnen und Psychologen müssen also die Fertigkeit besitzen, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Gibt es ein anerkanntes Fachwissen und fachliche Anerkennung für ein recht
treffsicher „spielendes Urteilsvermögen“ von „kreativer
Pragmatik“?

„Spielendes Urteilsvermögen“ und „kreative Pragmatik“ sind genau das, was ich unter „Worthülsen“ verstehe.

In der allgemeinen Kreativitäts- und Intuitionsecke
fühle ich mich unwohl. Ich brauche keine Fingerfarben, kein
Meditationsgedudel, keine Weihrauchstäbchen, Voodoo-Knochen,
Pendel oder Wundersteine um aus drei Tatsachen einen plausiblen
(Chancen)Verdacht abzuleiten. Hat meine Denke einen Platz im
psychologischen Universum der Intelligenzen?

Mit Esoterik oder New-Age-Romantik hat wissenschaftliche Psychologie nichts zu tun. Außerdem denke ich, daß Kreativität nicht dasjenige ist, was Du meinst, sondern daß Du eine spezifische Fertigkeit des Hypothesenaufstellens mit „abduktiver Intelligenz“ meinst. Wenn Du de Bono ansprichst (der mit der CoRT-Methode, schätze ich), dann ist das schon ein großer Schritt weg vom „Nackt-im-Wald-herum-springen“. Ich vermute, daß Du wissen möchtest, wie Du dahin kommst, „abduktiv zu denken“, richtig? Dann schlage ich folgenden Weg vor:

  1. Verschaffe Dir eine solide Basis an Wissen in dem Bereich, der Dich interessiert (z.B. Profiling).
  2. Verschaffe Dir auch solides Wissen aus benachbarten Bereichen, also z.B. Psychologie.
  3. Verschaffe Dir Wissen darüber, wie man wissenschaftliche und diagnostische Urteile fällt. Etwas über psychologische Gutachtentechnik zu wissen, wäre sehr vorteilhaft.
  4. Verschaffe Dir Fallbeispiele und betrachte sie aus verschiedenen Blickwinkeln. Wie könnte der Fall von Theorie A, wie von Theorie B aufgefaßt werden? Versuche Vorhersagen zu machen: Also wenn das und das für Theorie A spricht, dann sollte man aufgrund von Theorie A folgendes annehmen …
  5. Überprüfe Deine Vorhersagen an Fallbeispielen. Selbst wenn Du die Sache anders gesehen hast als die damaligen Bearbeiter: Es muß nicht falsch sein.
  6. Schau Experten zu! Aber übernehme nicht alles blindlings!
  7. Schau Dir Statistiken an! Dazu brauchst Du statistische Grundkenntnisse (z.B. solltest Du wissen, was eine Korrelation ist und was Du aus korrelationsstatistischen Daten für Schlußfolgerungen ziehen kannst). Versuche dann Deine eigenen Hypothesen aufzustellen.
  8. Schaue neue Statistiken an und überprüfe Deine Hypothesen an ihnen.
  9. Sammele Praxiserfahrung.

Wenn Du das lange machst, wirst Du höchstwahrscheinlich selbst Experte. Eine Voraussetzung ist, daß Du die notwendigen intellektuellen Fähigkeiten mitbringst. Eine Möglichkeit, festzustellen, ob Du diese Voraussetzungen erfüllst, ist es, Deine Abschlüsse in Schule, Universität und Beruf mit denen von Experten zu vergleichen. Wenn Du z.B. Abi und einen Uni-Abschluß hast, dann wird Deine Intelligenz ausreichen, um die oben genannten Schritte abzuarbeiten.

Ich wünsche viel Erfolg!

Oliver

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Hallo Oliver,

Der Begriff „abduktiv“ ist mir in dem Zusammenhang neu.
Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, ihn in diesem
Zusammenhang schon einmal gehört zu haben.

Als „Schluß“ würde ich das, was Du beschreibst, nicht
bezeichnen. Denn es handelt sich meiner Meinung nach eher um
das Generieren von Hypothesen. Dies ist legitim, zweifelsohne.
Doch müssen die Hypothesen als nächstes natürlich getestet
werden, um sie auf ihren „Wahrheitsgehalt“ zu überprüfen.

Das ist auch strittig, ob es nun ein eigener Schlussmodus ist, ob es zur Induktion gehört und eben einfach „gesunder Menschenverstand“. Richtig und wichtig finde ich, dass man, wie nun auch immer, auf Hypothesen kommt. „Hypothesenkritik“ bzw. „Hypothesenerzeugung“ kommt der Sache schon recht sinnvoll nahe.

Ich habe einen link gefunden mit einer, wie ich finde, köstlichen Kurzgeschichte, die, weil auf englisch ich hier mal auf deutsch zusammenfasse (habe von der diesbezüglichen Reklamation die dich betreffend der deutschen Sprache erreichte, gelesen :smile:

Also:
Ein neuer Nachbar, ein Prof. für Abduktion, erklärt seinem neuen Nachbarn was Abduktion ist. (Die Aussagen werden als Fragen gestellt und werden jeweils bejaht.)

Ich sehe Sie haben eine Hundehütte; also werden Sie einen Hund haben.
Wenn sie einen Hund haben werden Sie nicht allein leben sondern mit ihrer Familie.
Wenn Sie eine Familie haben, werden Sie mit einer Frau verheiratet sein.
Wenn Sie mit einer Frau verheiratet sind, werden heterosexuell sein.

Der Ureinwohner ist natürlich völlig platt, wie sein neuer Nachbar von der Hundeshütte auf seine Sexualpräferenz kam.

Er probiert es gleich selbst aus und fragt jemanden: haben Sie eine Hundehütte? Der darauf: „Nein“. Und schon ist das Spiel leider zu Ende.

Es funktioniert natürlich darüber, das der Prof. die Hundehütte gesehen hat und dann Hypothesen gebildet hat und sie eine nach der anderen getestet hat und erst nach erfolgreichem Test zur nächsten jeweils übergeht. Der Nachbar hätte natürlich auch ein alleinlebender schwuler Heimarbeiter sein können, der in der Hundehütte seine Gartenzwerge bei Regen unterstellt.

Hier der link
http://www.uni-heidelberg.de/institute/fak5/igm/g47/…

Das ganze funktioniert pi mal Daumen nach der Regel: Wo Rauch ist, ist auch Feuer (oder eben eine Rauchgranate) (in meinen Häuserblock kam mal die Feuerwehr wegen Brandgeruchs; der Wind hatte eine Qualmwolke von einem entfernt aber intensiv qualmenden Kunststoffbrand in unseren Innenhof getrieben, wo sich der Gestank festsetzte. Die Feuerwehrleute fanden es völlig ok, dass sie alarmiert wurden. Brandgeruch reicht fachmännisch als Alarmsignal aus, man braucht es nicht erst lichterloh brennen sehen. Abduktion im Alltag hat oft die Gestalt von ungeschriebenem Erfahrungswissen.

So etwas wie „abduktive Intelligenz“ ist mir zwar noch nicht
untergekommen,

Das wäre auch zu schön, um wahr zu sein …

doch kann man sie, wenn ich Deine Beschreibung richtig
verstanden habe, unter den Oberbegriff der „praktischen
Intelligenz“ einordnen.

Das finde ich prima, das klingt gut. Ich gelte oft als „verkopft“ und theoretisch, finde mich aber selbst sehr praktisch.

Die praktische Intelligenz definiert Charlesworth (1976)
als „Verhalten unter der Kontrolle von kognitiven Prozessen,
eingesetzt zur Lösung von Problemen, die das Wohlbefinden, die
Bedürfnisse, die Pläne und das Überleben des Einzelnen
betreffen.“ Wie wir alle wissen, sind unsere Probleme in Beruf
und Freizeit oft unstrukturiert, zeichnen sich durch mangelnde
Informationen aus und bieten zu wenig Anhaltspunkte, wie und
wann die Lösung erreicht werden kann.

Anhaltspunkte zu erkennen (oder eben nicht zu erkennen) das macht wohl einen wichtigen Unterschied aus. Für mich besteht die Welt aus lauter Anhaltspunkten. Ich könnte ständig sagen: „Wait a minute…“ Vielleicht übersehen die Leute Anhaltspunkte, weil sie nach Beweisen, nach harter Evidenz suchen. Wir sollten vielleicht lernen, unsere Umwelt auf Iformationen zu „verdächtigen“. Nur dürfen nie Verdacht und Unterstellung verwechselt werden. Im Krimi schreien immer die Verdächtigten auf: „was Sie verdächtigen mich?“ und der Kommissar nuschelt was von reiner Routine. Ich fände das in Ordnung eines Verbrechens verdächtigt zu werden, wenn Umstände darauf hindeuten würden, dass ich in Frage komme (ausser: ich hätte es begangen :smile: Ich interessiere mich für „Hypothesenqualität“ habe ich beschlossen; da es dieses Wort aber noch nicht mal bei google gibt, werde ich das mit der „praktischen Intelligenz“ dann bei Bedarf nachschieben.

Praktische Intelligenz steht häufig im Konflikt zu Fachwissen. Nehmen wir an, eine Pflegekraft solle aufpassen, das Opa nicht einschläft. Das er einschläft merkt man am Schnarchen, sagt der Enkel der Fachkraft als Fachwissen über den konkreten Opa. Na prima, denkt sich die Fachkraft, dann brauche ich den Opa nicht zu beobachten sondern nur zu belauschen und kann in Ruhe ein Busch lesen. Was macht Opa? Er steigt in die Badewanne und schläft ein ohne zu schnarchen, weil er sofort unter Wasser sinkt. Wer ist schuld, dass Opa sich, sagen wir mal immerhin verschluckt hat? Die Fachkraft oder der Enkel mit seinem Fachtipp über den Opa?

Ich bin in meinem Leben of „auffällig“ geworden, weil ich gefragt habe, ob das Fachwissen, was wir gerade anwenden, auch das ist, was zum Fall passt, mit dem wir es zu tun haben. Wenn die Umsetzung des Fachwissens sich dann als Fehler erwies, konnte ich die Situation dann meistens irgendwie kreativ retten. Dann bin ich für mein Improvisationstalent gerühmt worden, blieb aber mit diesem Lob unzufrieden, weil mir mehr Aufmerksamkeit für meine Überlegungen im Vorfeld lieber gewesen wäre. Ich kann vieles irgendwie retten, lege aber mehr wert auf meine Neigung, im Vorfeld die Fallstruktur besser zu verstehen um ein adäquateres Fachwissen auszuwählen. Damit bin ich Experts’ best friend :smile:

Dies dürfte sicherlich auch auf das Profiling oder andere
Formen „abduktiver Intelligenz“ zutreffen. Jedenfalls hat die
Intelligenzforschung diesen Bereich der praktischen
Intelligenz kaum in ihren Tests berücksichtigt,

Und das wohl speziell in Deutschland nicht. In der PISA- Diskussion scheint es mir so einen Unterton zu geben, dass die Fragen auch zu „pragmatisch-amerikanisch“ seien für unsere deutschen Fans von klassischen Gelehrsamkeit. „Literacy“ heißt ja nicht einfach Belesenheit oder Textverständnis. Ich verstehe den englischen Wortgebrauch dahingehend, sich mit einem Wissen fallgerecht orientieren zu können. (Wenn der Tschadsee tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung genauso tief ist wie dreitausend Jahre später, dann weis man halt, wie tief er heute ist, auch wenn man gar nicht weis, wo der Tschad ist und ob er einen See hat. Man sollte allerdings in dem Augenblick es zu würdigen verstehen, dass wir eine Zeitrechung haben, die vor 2000 Jahren ihren Wendepunkt hat. Wenn man darauf nicht kommt, dass das hier wichtig ist, dann liefert man solche Auftritte wie: „Woher soll ich denn wissen wie tief der Tschadsee ist?“ Ja woher, das ist die Frage. Nicht aus dem Afrikahandbuch.

was sich sowohl bei Expertenbefragungen zu Intelligenztests
(so bemängelten 75,3% von 661 Experten aus dem Bereich
Testpsychologie die mangelnde Situationsberücksichtigung der
Aufgaben in Intelligenztests; Snyderman & Rothman, 1986)

Das finde ich prima. das die Experten das auch gemerkt haben. An der, wie ich fand, abenteuerlich bis fragwürdigen Situationsunterstellung vieler Testfragen bin ich oft verzweifelt. „Sie wollen dich blöd; sie wollen meine Bereitschaft zur Blödheit testen“ habe ich dann oft geknirscht.

als auch in den niedrigen Zusammenhängen zwischen
Intelligenztestergebnissen mit Erfolg in einem bestimmten
Beruf (nicht zwischen Berufen!) ausdrückt. Intelligenztests
messen also kaum spezifische Fertigkeiten, sondern allgemeine
Fertigkeiten, in denen sich Personen des gleichen Berufs kaum
unterscheiden.

Welcher Beruf eigentlich welchen „Intelligenzstil“ erfordert, scheint mir zu wenig bis gar nicht berücksichtigt zu werden. Ein Fahnder muss anders intelligent sein, als ein Behördenleiter, ein Versicherungsmanager anders als ein Bankmanager. In die Lücke, die die Wissenschaft da lässt, füllt der Volksmund dann solche Worte wie „Riecher“ „Instinkt“ oder „Geschick“.
„Wendig“ zum Beispiel soll man als Spion denken können, schreiben die Blätter für Berufskunde. Gibt es „wendige Intelligenz“? Windige gibt’s, da wüsste ich Beispiele :smile:

Die von Dir genannte „abduktive Intelligenz“ scheint mir eine
solche spezifische Fertigkeit zu sein, wenn mit ihr nicht nur
generelles Hypothesenaufstellen, sondern Hypothesengenerierung
in einem bestimmten Kontext (z.B. Profiling) gemeint ist. Für
die Untersuchung solcher spezifischen Fertigkeiten scheinen
Intelligenztests aber nicht die geeigneten Instrumente zu
sein, zumindest sollte man sie nicht als einzige Instrumente
benutzen.

Das mich immer wieder rätselhafte Phänomen ist, wie tief oder breit man eigentlich was wissen muss, um, ich nenne es mal zu „überlegenen oder weiterführenderen Hypothesen“ zu finden. Ich habe bei mir gemerkt, dass Tiefe zum „Kanalblick“ führen kann und völlige Ahnungslosigkeit natürlich auch nicht geht. Ich brauche „Vorstellungsvermögen“ zu einem Thema, so dass ich mir Begriffe von den Konzepten machen kann, die am Werk sind, bzw. dafür, dass ich welche am Werk sehe.

Leider müssen sie sich dabei mit
den Hauspsychologen irgendwie eifersüchtig verkracht haben

Was wohl nicht nur auf die Berufseifersüchteleien, sondern
auch auf die unterschiedliche Art des Herangehens an eine
Thematik zurückgeführt werden kann. Denn wenn es sich bei der
Methode des „abduktiven Schließens“ um eine bestimmte,
wohldefinierte Technik handeln würde, dann wäre die Sache
längst eine psychologische Technologie geworden. Aber es
handelt sich höchstwahrscheinlich, besonders wenn Du die
Profiler in der Forensik ansprichst, um
langjähriges „klinisches“ Erfahrungswissen.

Es ist Erfahrungswissen im Spiel, aber die spannende Frage ist, wie die Erfahrung ausgewählt wird, auf die zurückgegriffen wird. Ein Beispiel: Ein Serienmörder richtet seine Opfer auf eine bestimmte Art zu. Dann kann man meinetwegen darauf „schließen“ (oder was auch immer) wie viel Ruhe, Zeit, Werkzeuge, Opfervoraussetzungen etc. er dafür braucht. Dieses Fachwissen liefert die Forensik der Kriminologie und die nimmt es auf, wenn sie meint, es verdauen zu können. Ein Fall wurde mal ganz anders gelöst, weil an etwas ganz anderem „Anstoß“ genommen wurde: dem Profiler „fiel auf“, dass der Serienkiller sein Werk unmöglich allein aus seinem Trieb heraus bewerkstelligen konnte, sondern dass er so was wie eine Metzgerlehre gemacht haben musste, um seine Opfer so zuzurichten. Er zeigte ein paar schaurige Detailphotos einem Metzgermeister und der befand prompt darauf, dass mindestens jemand mit Gesellenbrief am Werk war. Seitdem achtet man mehr darauf, welche Aufschlüsse ein Tatort über das „Geschick“ des Täters vermittelt und man hat sozusagen das Fachwissen dementsprechend ausgeweitet. Aber „darauf kommen“ muss man eben erst mal beim ersten Mal.

Bei Tresorknackern ist das einfacher: Wer mit einer Sauerstofflanze sauber gearbeitet hat, der muss das schon gelernt haben, das weis sogar Herr Tanner, Mitarbeiter von Herrn Schimanski. Aber für eine waidmännisch fachgerechte Entbeinung soll schon eine Devianz ausreichen. So sind sie, die Fachleute. Sie verwechseln Drang mit Können, weil auch immer so blöd gefragt wird, „Wie kann ein Mensch nur so was tun?“ Ja eben, wie?

Humor zeigt, wie es geht: Fragt der Patient den Chirugen: „Werde ich nach der Operation auch Klavier spielen können?“ Aber selbstverständlich, versichert der Chirug. Oh, das ist aber schön, freut sich der Patient, ich kann nämlich gar nicht Klavier spielen. Da würde auch jeder Kriminaler lachen; aber ein Gestörter soll ordetlich ausweiden können. Da verlaufen die Unterschiede.

Ich bin in diesem Bereich nicht besonders bewandert, doch habe
ich schon etwas über die Typenbildung bei Serienmördern
gelesen. Es soll z.B. beim FBI die Behavioral Science Unit
(BSU) geben, in der 12 Profiler („The Dirty Dozen“) eine
Typologie von Serienmördern (systematischer vs. chaotischer
Täter) aufgestellt haben. Ich weiß nicht, wie diese Typologie
genau zustande kam. In dem Buch, in dem von ihr berichtet
wurde (Bourgoin, S., 1995, Serienmörder. Pathologie und
Soziologie einer Tötungsart. Rowohlt Verlag), wird folgendes
gesagt: „Auf seltsame Weise kommen sie [die Profiler]
bestimmten Detektiven aus Romanen, wie Sherlock Holmes oder
Nero Wolfe, recht nahe“ (S. 37). Über die Typologie wird
folgendes gesagt: „Freilich funktioniert diese
Identifikationsmethode nicht fehlerlos, denn sie ist eine
Mischung aus Erfahrung und Intuition“ (S.38).

Ein bestimmter „intuitiver“ Zugriff auf Erfahrung ist im Spiel. Sherlock Holmes weis sicher viel, doch im Zweifel weis Scotland Yard mehr. S.H. findet die „Anstößigkeiten“, die auf das jeweils „vorliegend am sinnvollsten“ anzuwendende Fachwissen deuten. Ein Verdächtiger will in Indien gedient haben. S.H. „vermisst“ daraufhin sofort die Bräunungsgrenze auf der Stirn, die die indische Sonne dort unter dem englischen Kolonialhelm hinterlässt.

Die frisch gebackene Witwe, die darüber kein bisschen traurig ist, erweckt Misstrauen, bei der Routinebefragung. Tod und Trauer gehören zusammen. So was weis man nicht nur allgemein, sondern immer, wenn man mit Tod konfrontiert wird. Ohne Trauer „stimmt was nicht“, das weis jeder Kriminaler vom Morddezernat. Das der Dienst in Indien eine Gesichtsbräunung nach sich zieht, werden auch viele Zeitgenossen von S.H. gewusst haben. Das es sich um eine bestimmte Gesichtsbräunung handelte, wegen des Helms, mag vielleicht nur den Eitleren aufgefallen sein. Diese bestimmte Gesichtsbräunung jedoch sofort zu erwarten und zu vermissen wo sie fehlt, bei jemandem, der dort gerade seinen Dienst quittiert haben will, das scheint mir die Besonderheit zu sein. Also zu einem Kontext sofort dessen Implikationen präsent zu haben und „einzuklagen“.

Falls die Methode nichts anderes ist, als „eine Mischung aus
Erfahrung und Intuition“, dann handelt es sich nur
um „klinische Urteile“, wie sie lange Zeit in der Psychiatrie
ausschließlich vertreten waren. Weil die Psychologie anstrebt,
so etwas zu überwinden, sind die von Dir
genannten „Hermeneutiker“ den Psychologen ein Dorn im Auge.

Ich kenne den Begriff „klinische Urteile“ nicht und weis von daher nicht, was da der Dorn im Auge ist und wie ich den finden soll.

Etwas anderes ist z.B. mit dem „Violent Criminal Apprehension
Program“ (VICAP) gegeben, bei dem empirische Daten gespeichert
und durch das Vergleiche auf statistischer Basis möglich sind.
In diesem Fall handelt es sich dann um eine systematische
und „objektive“ Vorgehensweise, die Psychologen (und auch mir)
deutlich sympathischer erscheint.

Klar, alles was seriös ist, kann man prima finden. Aber wie finden wir neues Seriöses heraus? S.H. arbeitet ja nicht unseriös, sondern lediglich unkonventionell. Er arbeitet vielleicht mit einer „nichtkonventionalisierbaren“ Seriosität.
Das wäre ein Hammer für das Selbstverständnis von Wissenschaft.

Man kann ja keine Lehrbücher darüber schreiben, dass hinter Rauch Feuer steckt und die Sonne die Haut bräunt. Das ist ja wohl etwas, was wir als „Weltwissen“ bezeichnen und was wir den Computern wohl noch eine Zeit lang voraus haben werden. (Sogenannte „Praktikertipps“ gehen allerdings manchmal in die Richtung von Relevanztipps zum Weltwissen; aufgehoben oft in Anekdoten) Um eine Differenz in der Präsenz von Weltwissen, im Triggern von Gebieten des Weltwissen scheint es sich zu handeln.

In der Wirtschaft spielt sich ein vergleichbares Elend mit der
Trendforschung ab, wo scheinbar eine Behauptung soviel gilt wie
die andere, wenn sie nur mit den angesagten Modevokabeln
jongliert.

Es darf auch nicht sein, daß man mit „Modevokabeln“ oder
Sonstigem jongliert, ohne daß dahinter empirisches oder
logisch abgeleitetes Wissen steht.

Klar, es sollte nicht unausgewiesen bleiben, das Wissen und die Begriffe, die man verwendet. Den Begriffen sollte Erfahrung vorausgegangen sein; und welche Erfahrung das ist, sollte benennbar sein. Über die Launen und Geschmäcker des „Single“, der immer mehr Haushalte zu Einpersonenhaushalten macht, wird viel gemutmaßt und spekuliert. Der simple Umstand, dass ein Einpersonenhaushalt ein geringeres Zeitbudget für Haushaltsverrichtungen hat und tendenziell auch wohl ein geringeres Erfahrungswissen um die zweckmäßige Verrichtung des fälligen Verrichtungen, wird oft abenteuerlich ausgeblendet. Bei mir ist so was immer „eingeschaltet“ Der Single hat weniger Zeit und weniger Ahnung. Es muss nicht nur alles nur schneller gehen; auch Hilfestellungen, Alternativen und Netzwerke sollten in Betracht gezogen werden bei der Bearbeitung von Singlemärten. Werden sie aber kaum.

Verzweifelt über die selbstgefällige Ignoranz so
vieler seriöser Fachwissenschaften richte ich meine Hoffnung auf
die Psychologie und die Intelligenzforschung.

Die Psychologie ist eine Wissenschaft, die ebenfalls mit
Worthülsen und leeren Konstrukten zu kämpfen hat. Da gibt es
so viel Zeug, das sich erst plausibel anhört, sich dann aber
als Bündel von zu wenig abgesicherten, ja kaum absicherbaren
Behauptungen entpuppt. Die weniger schillernden, dafür aber
bodenständigeren Theorien sind mir lieber. Mit ihnen kann man
vielleicht weniger „glänzen“, dafür kommt unterm Strich aber
mehr ´raus als nur heiße Luft, die sich schnell verzieht.
Psychologinnen und Psychologen müssen also die Fertigkeit
besitzen, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Ja mit dem Schillern ist das so eine Sache. S.H. wurde auch viel beschillert, bestand aber auf der Haltung: “Ich rate nie!“ Deswegen blieb er auch ein rätselhafter Sonderling und komischer Kauz, hatte kaum was mit Frauen und, ich glaube, auch keine richtigen Freunde. Sein treuer Assistent Dr. Watson brachte es zu keinerlei abduktiven Lernkurve, seine Rolle blieb auf die der Blamage des Fachwissens beschränkt. Eine im wirklichen Leben wenig zumutbare Rolle. Mit der Figur S.H. hat der Autor einem Menschentyp, den er verehrte, ein Denkmal gesetzt. Die „Schattenseite“ von S.H. war, dass er von allem „Normalen“ schrecklich gelangweilt war. Zwischen seinen Fällen hat er gekokst und mit dem Revolver nach Fliegen an der Wand geschossen. Zwischen seinen Fällen war er völlig „unterstimuliert“ und hatte Symptome von Erwachsenen-ADD und erst ein neuer verzwickter Fall brachten sein rastloses Hirn ins „Hypothesenjogging“.

Außerdem denke ich, daß Kreativität nicht dasjenige ist, was
Du meinst, sondern daß Du eine spezifische Fertigkeit des
Hypothesenaufstellens mit „abduktiver Intelligenz“ meinst.

Ja, es ist noch etwas anderes, als das, was gemeinhin unter „Kreativität“ verstanden wird. Wenn man bedenkt, dass als Bezeichnung für Bilanzbetrug der Begriff „kreative Buchführung“ nicht unüblich ist, dann sehe ich den Begriff der Kreativität gelegentlich auch schon als verloren an.

Wenn Du de Bono ansprichst (der mit der CoRT-Methode, schätze
ich),

Richtig, der mit dem Lateralen Dneken, den Sechs Hüten und Direct Attention Thinking Tools, der Erwachsenenversion von CoRT. Ich habe auch etwas gepostet von Edward unter Philosophie.
Auf englisch kann er sagen, er macht „serious creativity“, leider kaum übersetzbar, sein Kunstgriff.

dann ist das schon ein großer Schritt weg vom „Nackt-im-Wald-
herum-springen“. Ich vermute, daß Du wissen möchtest, wie Du
dahin kommst, „abduktiv zu denken“, richtig?

Wo ich es darf bzw. „dürfen müsste“, das ist für mich von Interesse.

Dann schlage ich folgenden Weg vor:

  1. Verschaffe Dir eine solide Basis an Wissen in dem Bereich, der Dich interessiert (z.B. Profiling).
  2. Verschaffe Dir auch solides Wissen aus benachbarten Bereichen, also z.B. Psychologie.
  3. Verschaffe Dir Wissen darüber, wie man wissenschaftliche und diagnostische Urteile fällt. Etwas über psychologische Gutachtentechnik zu wissen, wäre sehr vorteilhaft.
  4. Verschaffe Dir Fallbeispiele und betrachte sie aus verschiedenen Blickwinkeln. Wie könnte der Fall von Theorie A, wie von Theorie B aufgefaßt werden? Versuche Vorhersagen zu machen: Also wenn das und das für Theorie A spricht, dann sollte man aufgrund von Theorie A folgendes annehmen …
  5. Überprüfe Deine Vorhersagen an Fallbeispielen. Selbst wenn Du die Sache anders gesehen hast als die damaligen Bearbeiter: Es muß nicht falsch sein.
  6. Schau Experten zu! Aber übernehme nicht alles blindlings!
  7. Schau Dir Statistiken an! Dazu brauchst Du statistische Grundkenntnisse (z.B. solltest Du wissen, was eine Korrelation ist und was Du aus korrelationsstatistischen Daten für Schlußfolgerungen ziehen kannst). Versuche dann Deine eigenen Hypothesen aufzustellen.
  8. Schaue neue Statistiken an und überprüfe Deine Hypothesen an ihnen.
  9. Sammele Praxiserfahrung.

Das werde ich mir mal zu Gemüte führen. Vielen Dank!

Wenn Du das lange machst, wirst Du höchstwahrscheinlich selbst
Experte. Eine Voraussetzung ist, daß Du die notwendigen :
intellektuellen Fähigkeiten mitbringst. Eine Möglichkeit,
festzustellen, ob Du diese Voraussetzungen erfüllst, ist es,
Deine Abschlüsse in Schule, Universität und Beruf mit denen
von Experten zu vergleichen. Wenn Du z.B. Abi und einen Uni-
Abschluß hast, dann wird Deine Intelligenz ausreichen, um die
oben genannten Schritte abzuarbeiten.

Ok, ich bin 44 und selbständiger Moderator, Trainer, Berater und Coach nach zehn Angestelltenjahren in Bank und Beratung und bin dabei auch Experte für dies und das geworden. Aber als „Experte“ fühle ich mich nicht besonders gut. (ok, Experte für „Thinking Skills“ geht schon) Mich interessieren Experten, wenn sie mit ihrem Latein am Ende sind.

Leider sind die Experten in diesem Zustand oft wenig ehrlich und wenig kontaktfreudig; dabei will ich ihnen ja nichts böses, sondern im Gegenteil: zeigen, wo sich eine Erweiterung ihres Fachgebietes seriös zu lohnen verspricht. Die können dann, wenn ich verrichteter Ding von dannen ziehe, ihre Fachgebietsgrenzen ausdehnen, sich in neue Verästelungen verzweigen und dafür neue Budgets beantragen. Statt diese Chance zu nutzen, zanken sie sich aber leider oft lieber untereinander und pochen auf den Wert und die Pfründe ihres Faches.

Ich habe noch im kalten Krieg Osteuropawissenschaften studiert. Die unausgesprochene Leitfrage dieses Faches hieß „Wie kriegen wir den Ostblock kaputt?“. Das fachmännische Konzept dazu war, den Ostblock von den Rändern her zu zerbröseln und den Russen ihre Satteliten abspenstig zu machen. Also guckte das Fach, wie man den Freiheitswillen der Polen, die List der Ungarn und den Eigensinn der Tschechen gegen die russische Vorherrschaft in Stellung kriegt. Ich fand das nach meinen SU-Reisen als Konzept zu dürftig, weil das einfach unterstellte, dass die Russen ihre Herrschaftsposition in Ostblock prima finden. An dieser Voraussetzung habe ich vor dem Hintergrund meiner Reiseerlebnisse „Anstoß genommen“. Ich habe ein wenig in Statistiken gestöbert und herausgefunden, dass Russland damals seinen Rohstoffreichtum für drei Prozent vom Weltmarktwert für den „Aufbau des Kommunismus“ verwendete. Die Russen erschienen mir damals keineswegs als stolze Erbauer von irgendwas, sondern als traurig darüber, dass sie überall so unbeliebt sind.

Das war mein laienhafter „psychologischer Befund“ (Hinlänglich hilfreich halbgebildet sozusagen). Die westlichen Ökonomen haben gespottet, dass die russische Wirtschaft damit befasst ist, aus ihren Rohstoffen etwas zu machen, was weniger wert ist, als die dafür aufgewandten Rohstoffe. Da habe ich mir gedacht, wenn die Russen keine Freude mehr finden am Aufbau des Kommunismus und wenn sie merken, dass zwar ihre Waren nicht wettbewerbsfähig auf den Weltmärkten sind, ihre Rohstoffe aber sehr wohl, dann wird es zu Ende gehen.

Und in der Tat: In den letzten Gorbatschowjahren gingen immer mehr Produktionsfunktionäre dazu über, Rohstoffe aus der Produktion abzuzweigen und halblegal im Westen zu verkaufen. Die Gesetze kriegten sie teils vor teils nach der Tat dazu gemacht von Gorbi. Damals sind die märchenhaften russischen Vermögen auf den Schweizer Bankkonten entstanden. So konnte es geschehen, dass nur noch ein Haufen seniler Trunkenbolde am Kommunismus festhalten wollte, als es beim Putsch 92 zum Schwur kam und alle zu Jelzin gelaufen sind, weil der ihnen versprach, den Ballst des Imperiums abzuwerfen und die Rohstoffe auf eigne Faust zu verjubeln. Natürlich nicht mit diesen Worten. Ab 1996 war diese Tendenz evident und ist auch statistisch nachweisbar. Aber die Kremlastrologen meines Faches haben „einfach nicht eins und eins zusammengezählt“, wie ich finde, und meinten bis zum Schluss, dass die russische Elite klar „substanzerhaltend“ konservativ orientiert sei. Später kam dann das Erschrecken über die Macht der Mafia im neuen Russland. Diese „urplötzlich“ aufgetretene Mafia kam aber nicht aus den finsteren Traditionen der gesetzlosen russischen Volksseele, sondern das waren einfach die zuvor umjubelten Praktiker des „Neuen Denkens“ aus der Gorbizeit. „Diebe im Gesetz“ heißen sie auf russisch. Später war ich als Berater in Russland und konnte mir die Landschaften ansehen, die da blühten, und wer ihre Gärtner waren.

Die „Fachwelt“ hat sich zu der Entwicklung maßlos blamiert und jeder Hinweis auf die soziale Zeche, die die Party kosten wird, galt als miesmacherisch und ewiggestrig. Und als das wollte ich ja nun auf keinen Fall gelten. Die wirklich ewig Gestrigen hatten allerdings wenigstens einen historisch-materialistisch fundierten Trost zur Hand. Die sagten mir in meinem Ekel über den kriminellen Ruin Russlands und dessen Schönredung, ich solle mich nicht aufregen, schon Marx hätte in Band drei des Kapitals geschrieben, dass jede Erstansammlung von Kapital als brutaler Raub vonstatten gehe und man sich erst danach um zivilisierte Formen bemüht, wenn überhaupt. Ich hab nachgeguckt, das hat er wirklich geschrieben der olle Kalle. So, das war die Geschichte von meiner abduktiven Intuition, die ich für seriös gehalten wissen wollte, und meiner Studienfachwelt, von der ich nicht weis, für was ich sie halten sollte.

Dieser link sieht nach einer prima Übersicht aus, sogar mit Grafiken zur Abgrenzung von Abduktion, Induktion und Deduktion (obwohl ich das Wort „paralogisch“ schon komisch finde).

http://www.hrudifisch.de/html/paralogisches/index.ht…

Eine Dissertation; das spricht wohl für sich, hoffentlich.

http://www.google.de/search?q=cache:3k_19JADYwYC:arc…

So, jetzt werfe ich mal eine Ritalinpille ein. Ich habe nämlich ADD und anders als S.H. keinen Revolver zum auf Fliegen der Wand schießen. Mit Ritalin vermisse ich das dann nicht so. Das ist auch so ein Thema für sich, dieses ADD. In den USA gehört Ritalin schon fast zur Schulspeisung und bei uns machen sich Eltern und Lehrer gegenseitig verrückt, ob denn eine „Psychopille“ ok sein kann für die Kids. ADD- Begleittherapie zur medikamentösen Behandlung ist ein sinnvoll boomender Markt für Psychologen, falls du noch nach einem Wirkungsfeld für dich suchst!

Schöne Feiertage,

Thomas