Ingenieur langweilt sich tot. Berufswahl?

Tach zusammen!

Ich suche auf diesem Weg nach einem Rat, was ich denn nun am sinnvollsten mit meiner beruflichen Zukunft anfangen soll. Ich habe Maschinenbau studiert und letztes Jahr mein Diplom bekommen und danach angefangenen als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einem Forschungsinstitut zu arbeiten. In meinem Studium habe ich mehr oder weniger zufällig meinen Fokus auf Verbrennungsmotoren gelegt. Das interessiert mich zwar sehr, allerdings will ich nicht unbedingt in der KFZ-Industrie arbeiten, weil ich die Produkte ziemlich idiotisch finde. Da kann ich nicht so viel mit anfangen.
Meinen jetzigen Job habe ich angetreten, weil mir versprochen würde, dass ich dort promovieren könne. Außerdem fand ich den Forschungssektor von früheren HiWi Jobs auch ziemlich nett, weil entspannt und trotzdem ziemlich anspruchsvoll und interessant.

Mein jetziger Arbeitgeber hat mich allerdings kräftig verarscht. Ich habe in den letzten 12 Monaten fast ausschließlich Datenmüll produziert. Ich habe keine richtige Aufgabe und die Aufgaben, die ich ab und zu bekomme werden nachher ohnehin mangels finanzierender Projektpartner nicht umgesetzt. Ich habe innerhalb von 11 Monaten als reiner Konstrukteur genau ein einziges Bauteil fertigen lassen. Eine Ausliterschiebe. Applaus!! Promovieren kann man dort wo ich jetzt bin mit Sicherheit auch nicht. Darum sind in dem knappen Jahre, dass ich dort bin auch schon fast 20% des Personals nach woanders abgewandert. Dass ich selbst den Job dort schmeißen werde, steht für mich schon längst fest. allerdings will ich eben erst was anderes sicher haben. Und das ist auch genau mein Problem. Mir war tatsächlich nicht bewusst, dass ich als Ingenieur einen total langweiligen Schreibtischjob habe. Der Gedanke den Rest meines Lebens hinter einem (oder zwei) Bildschirmen zu hocken und zwischendurch in Meetings rumzusitzen macht mir echt Angst. Viel langweiliger kann ich mir mein Leben kaum vorstellen.

Ich habe mittlerweile auch ein paar Bewerbungen geschrieben und war auch bei einigen Gesprächen. Teilweise haben mich die Jobs von vornherein nicht so sehr interessiert, aber ich bin quasi zum Üben zum Vorstellungsgespräch gegangen. das Ergebnis war für mich ziemlich erschreckend. Mit 26 Jahren bin ich angeblich darauf festgenagelt für immer als Konstruktionsingenieur im Automobilbereich zu arbeiten. Zumindest wurde immer ungläubig nachgefragt, warum ich mich als „Motorenkonstruktuer“ (haha) auf eine Stelle im Versuch bewerbe. Das kann ja wohl keiner ernst meinen, dass die fachliche Entwicklung mit 26 gelaufen ist. Weiterhin hab ich bei den Gesprächen eigentlich immer im Verlauf gemerkt, dass ich den Job garnicht haben will. Die Gründe waren eigentlich immer auch die gleichen:

  • Ich würde wieder den ganzen Tag im Büro verfaulen.
  • Fachlich wars mir viel zu speziell, sprich man hätte sich nur mit einer Mikrofacette eines ohnehin nciht so superspannenden Fachgebiets beschäftigt.
  • Es war nie die Rede davon so etwas wie Abwechslung, Diversität oder freie Entfaltung zu fördern. Es hieß eigentlich immer, dass hier schön Projekte abgekloppt werden sollen und dafür wird hier meine eignung geprüft, sprich, ob ich in der Lage bin schnell und fehlerfrei möglichst viel Arbeit zu erledigen, ohne nachzufragen.

Mittlerweile ist mir klar, dass das wohl zu nix führen wird, sprich ich mich auf solche klassischen „Ingenieur im Unternehmen“-Jobs garnicht mehr bewerben brauche. Da sind zum Teil auch schon so haarsträubend langweilige Sachen ausgeschrieben wie „Bauteilverantwortlicher für Türarretierungen im Karosseriebau“. Sowas kommt für absolut nicht in Frage. Ich würde jeden Tag für einen weggeworfenen Tag meines Lebens halten.
So, die Frage ist aber: Was kann ich sonst noch machen?
Ich will unbedingt auch mal was mit meinen Händen machen!
Selbstständigkeit fände ich ok, mir sind die Risiken und der Aufwand bekannt. Trotzdem würde ich das auf mich nehmen, wenn ich dafür auch mal was mit meinen Händen machen kann und vor allem für mich und nicht für irgendeinen Konzern arbeite, dessen Wohlergehen mir völlig egal ist. Leider fehlt mir wirklich jede Idee, was ich da machen könnte und ein Blumenladen muss es nun auch nicht unbedingt sein. Geld habe ich auch keins um Anfangsinvestitionen zu machen o.ä.
Forschung ist natürlich naheliegend, denn obwohl ich das ja jetzt gerade theoretisch mache und das überhaupt nichts ist, ist mir schon klar, dass das woanders auch anders läuft. Allerdings habe ich da auch so meine Bedenken: Ich würde dann ja wohl wieder eine Promotionsstelle annehmen und wenn ich tatsächlich irgendwann mal promoviert bin, dann stehe ich vor dem gleichen Problem wie jetzt, nur dass ich mich noch viel stärker auf irgendein kleines Teilgebiet spezialisiert habe und darum auch nur in diesem Gebiet weiter arbeiten kann. Ich will aber nicht für immer das gleiche machen müssen.
Letzte Chance: Was ganz anderes! Ich würde gerne nochmal studieren, aber leider wird das kaum zu finanzieren sein und letztlich schiebe ich das Problem damit nur auf. Nach dem Zweitstudium würde ich vermutlich genauso ratlos dastehen wie jetzt. Ich würde auch gerne einen Job als Quereinsteiger annehmen, aber gibt’s sowas überhaupt wirklich? Man kann natürlich Berufsschullehrer werden, aber da lern ich nichts und besonders abwechslungsreich ist das auch nicht. Ich bin Lehrerkind und kenn das von zu Hause.
Ich bin echt mittlerweile am Verzweifeln, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Mir fällt wirklich nichts, aber auch garnichts ein, was ich gerne jeden Tag 8 Stunden oder länger machen würde. Ganz erschreckend finde ich auch diese „für immer“ Gedanken. Ich glaube aber, dass wenn ich die große Veränderung auf später verschiebe, es mir noch schwerer fallen würde was anderes zu finden.
Ich bin echt für jeden einigermaßen vernünftigen Vorschlag dankbar, weil mir wirklich nichts einfällt, bzw. ich einfach keine Möglichkeiten sehe, dabei finde ich meine Anforderungen garnicht so überzogen. Ich will einen abwechslungsreichen Beruf ausüben, bei dem ich was lerne, der permanenten Veränderungen unterliegt, bei dem ich nicht nur im Büro sitze und der mir Freiräume lässt. Geld ist mir z.B. nicht so wichtig. Ich krieg gerade so 2000€ netto. Das ist schon mehr als genug.
Also nochmal: Hat jemand irgendeine Idee, egal wie abenteuerlich, was ich machen kann?

Ach ja: gibt es eigentlich echt kein Internetforum für Ingenieure? Hab lange gesucht und doch nichts gefunden.

Wäre eine Beschäftigung/Auslandseinsatz in der Entwicklungshilfe für Dich denkbar ? EUR 2000,-- netto sind dabei allerdings kaum drin…

Gruß
nicolai

Hi,
hast Du schon mal überlegt, in einen Klein- bzw. Mittelbetrieb einzusteigen? Das Aufgabengebiet dort ist weitaus abwechslungsreicher als im Konzern. Du kannst konstruieren, Kunden am Telefon beraten, die Qualität überwachen, selber was schrauben, die Preise kalkulieren, Angebote schreiben, Material einkaufen, auf dem Messestand arbeiten, ingenieurmäßig Berechnungen anstellen etc. etc., die Liste ist endlos. Man hat quasi ein halbes Dutzend Jobs gleichzeitig.
Nachteile: Renommee und Bezahlung sind geringer, aber wenn dir Geld und Status eh nicht so wichtig sind, try it!
Grüße
Christian

baut so riesige förderanlgen. für lagerhaltung mit so shuttles, die sich dann die ware selbst zusammenholen.

er fährt mal in die schweiz ein paar tage auf die baustelle, dann wieder zeichnen, dann mal in die produktion, usw.

macht ihm spass.
evtl. wäre das was?

gruß inder

du hast maschinenbau studiert und *danach*, also nach sagen wir 6 jahren merkst du, dass du etwas mit den händen machen willst?
ich glaube eher das mit den händen ist ein verzweifelter fluchtversuch aus der momentanen langeweile heraus.
büroarbeit kann nämlich ziemlich abwechslungsreich sein, vor allem als ingenieur.
der berufsklassiker mit deiner ausbildung wäre entwickler / konstrukteur im bereich mechanik. das ist alles andere als eintönig und solche leute werden eigentlich immer und überall gebraucht. nicht nur im klassischen maschinenbau, sondern auch z.b. im bereich medizintechnik, chemietechnik, pharmazietechnik.

Hi RC42,

sorry, wenn das jetzt bös klingt, aber in all dem langen Text lese ich im wesentlichen „das will ich nicht - jenes ist fad - selbiges ist doof“.

Das ist ja auch mal okay soweit, vor allem da Du ja offensichtlich keine Absicht hast, den aktuellen Job „Hals über Kopf“ hinzuwerfen.

Ich persönlich sehe folgene Möglichkeiten

  1. Du nimmst einen - mehr oder weniger „beliebigen“ Job in der Industrie an, siehst das Gehalt als „Schmerzensgeld“ und versuchst Dich daran zu freuen, dass Du beim neuen x-Auto das hintere linke y-Teil konstruiert hast. Und im übrigen sagst Dir dann tapfer, dass Arbeiten schliesslich kein Ponyhof ist :wink:
  2. Du wechselst die Perspektive von „das will ich alles nicht“ zu „so würde mein idealer Job aussehen“ unter dem Aspekt „was kann ich gut“

Klar, dass der zweite Weg der schmerzhaftere ist und unter Umständen eine zweite Ausbildung erfordern kann. Vor allem: er wird in Deinem Umfeld mit hoher Wahrscheinlichkeit auf völliges Unverständnis stossen („Aber Intschinöhr ist doch ein _guter_ Beruf!“).

Darum, nimm Dir Zeit für Deine Entscheidung und denk daran, dass Du für die nächsten ungefähr 40 Jahre mindestens 8 Stunden werktäglich in diesem Bereich verbringen wirst. Davor verblassen dann vielleicht auch nochmal 3-5 Jahre für eine eventuell notwendige zweite Ausbildung.

*wink*

Petzi