Innen-und Außenperspektive?

Guten Tag, ich habe eine Frage zu Erzählperspektiven.
Erzählt ein Ich-Erzähler(nicht-auktorial), welcher Teil der Handlung, des Geschehens ist, aus der Innenperspektive, da er sich im Geschehen befindet? Oder hängt Innen-und Außenperspektive vom Inneren und Äußeren der Person/en ab, von denen er berichtet? Also berichtet er aus der Außenperspektive, da er die Innenansicht der anderen Personen des Geschehens nicht einnehmen kann? Ich lese immer wieder widersprüchliches darüber…

Ich danke im voraus

LG Jorunn

Guten Tag Jorunn,

ich habe eine Frage zu Erzählperspektiven.
Erzählt ein Ich-Erzähler(nicht-auktorial), welcher Teil der
Handlung, des Geschehens ist, aus der Innenperspektive, da er
sich im Geschehen befindet?

ein Ich-Erzähler kann nicht auktorial erzählen. Dazu müsste er wie Gott über der Szene schweben und in die Köpfe(Gefühle) alle handelnden Personen hineinsehen können.

Ich-Erzähler erzählen grundsätzlich nur, was sie sehen, hören, riechen, erleben - das ist die Außenperspektive des Ich-Erzählers.
Ihre Gefühle, Kommentare, Meinungen sind die Innenperspektive des Ich-Erzählers.

Oder hängt Innen-und
Außenperspektive vom Inneren und Äußeren der Person/en ab, von
denen er berichtet?

so verstehe ich das.

Also berichtet er aus der
Außenperspektive, da er die Innenansicht der anderen Personen
des Geschehens nicht einnehmen kann?

nein siehe Erläuterung weiter oben.

Ich lese immer wieder
widersprüchliches darüber…

tja. Erschwerend kommt hinzu, dass Schriftsteller sich sogar in Romanen, die aus der Ich-Perspektive erzählt werden, nie streng an solche Vorgaben halten, wie Du sie erhoffst.
Beziehungsweise, es gibt massenhaft Texte, die mitten im Kapitel, im Absatz, teilweise im Satz die Erzählperspektive wechseln.
Das kann, wenn es gut gemacht ist, zusätzliche Spannung erzeugen. Es kann aber genauso gut zur Verwirrung des Lesers beitragen - dessen, der Außen- und Innenperspektiven unterscheiden lernen möchte.

viele Grüße
Geli

Kleine Korrektur: Der Ich-Erzähler kann durchaus auktoriale Züge aufweisen, da man zwei Ich-Erzähler unterscheidet:

a) der erlebende Ich-Erzähler erzählt unmittelbar die Handlung, hat also kein weiteres Wissen
b) der reflektierende Ich-Erzähler, der aus einem zeitlichem Abstand heraus die Geschichte erzählt und darum z.B. Vorausdeutungen zum Ausgang der Geschichte machen kann oder später erworbene Informationen einflechten kann.

Dabei erinner ich mich an eine schöne Kurzgeschichte, wo ein reflektierender Ich-Erzähler dem Leser eine abenteuerliche Geschichte aus seiner Jugendzeit erzählt: Bei einem Ballonflug wird er von riesigen Raubvögeln angegriffen, es entspinnt sich ein Kampf auf Leben und Tod. Immer wieder wechselt der Erzähler zwischen der Binnenhandlung und der Rahmenhandung (also der Ansprache des Lesers) hin und her, auch der Kampf tobt hin und her. Schließlich endet die Kurzgeschichte mit dem Satz: " Und was soll ich sagen? Der Vogel hat gewonnen." - ergo ist der Erzähler tot und der Leser bleibt mit einem Knoten im Hirn zurück :smile:

OT: Kurzgeschichte
Hi Hahu,

diese Kurzgeschichte tät mich jetzt schon interessieren. Weißt Du vielleicht einen Titel oder Autor, oder muss ich 'ne Anfrage im Literaturbrett starten?

(Vielleicht als berühmteres Beispiel für den Knoten im Hirn, aber das ist Dir sicher bewusst: In Bölls „Wanderer, kommst du nach Spa…“ wird der Ich-Erzähler sicher auch nicht überleben, obschon die Geschichte offenbar reflektierend erzählt wird. Man kann jetzt darüber diskutieren, ob es nicht doch eine erlebende Erzählperspektive ist und warum dann das Präteritum als Tempus für die Erzählung gewählt ist. Einige Indizien legen auch nahe, dass der Erzähler zur Erzählzeit bereits tot ist.)

Liebe Grüße
Immo

Hi Vokietis,
die Geschichte entstammt einer Sammlung von mehr oder weniger abenteuerlichen Kurzgeschichten, die ich als Teenager in meiner örtlichen Bücherei entliehen hatte. Da dürfte nur noch schwer dranzukommen sein :wink: Ich erinnere mich noch so gut an sie, da sie nicht nur interessant konstruiert war, sondern von mir auch als Vorlage für meinen Aufsatz einer Deutscharbeit genutzt wurde. Ich dachte, wenn ich einfach eine Geschichte niederschreibe, die sogar schon in einem dicken Buch veröffentlicht wurde, muss es doch ein „sehr gut“ geben. Der Lehrer war leider anderer Meinung, dieser Ignorant!

Apropos Präteritum: Das sogenannte „epische Präteritum“ hat in fiktionalen Texten nicht mehr die Funktion, die Vergangenheit anzuzeigen. Auch ein Science-Fiktion wird idR im Präteritum geschrieben.
Mehr Infos: http://www.uni-due.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vo…