Insolvenzgeldbescheinigung § 314 SGB III

Hallo!

Der Insolvenzverwalter und im Fall eines mangels Masse nicht eröffneten Insolvenzverfahrens der Arbeitgeber hat eine Insolvenzgeldbescheinigung auszustellen. Ohne diese Bescheinigung zahlt die Insolvenzgeldstelle der Arbeitsagentur kein Insolvenzgeld an die Arbeitnehmer.

Man stelle sich folgenden Fall vor: Der vom Gericht bestellte Gutachter stellte das Fehlen jeglicher Masse sowie das Fehlen jeglicher Buchhaltung fest. Der Betrieb ist eingestellt, der ehemalige Arbeitgeber ist abgetaucht und nicht auffindbar. Die Lohnansprüche der Arbeitnehmer wurden vom Arbeitsgericht festgestellt. Die Arbeitnehmer haben vollstreckbare Titel, die aber nichts nützen.

Die Insolvenzgeldstelle stellt sich stur: Ohne Insolvenzgeldbescheinigung vom Arbeitgeber gibt es kein Insolvenzgeld. Das Amt beharrt auf Bescheinigungen, die nicht beibringbar sind. Selbst wenn der ehemalige Arbeitgeber irgendwo aufgegriffen würde, könnte er nichts ausfüllen, weil es keine Buchhaltung gibt.

Was können ehemalige Beschäftigte tun, um an das Insolvenzgeld für die letzten 3 Monate ihrer Anstellung zu kommen?

Gruß
Wolfgang

Hallo,

Zunächst wäre es denkbar, dass die Beschäftigten den Arbeitgeber schriflich in einklingendem Tenor in Verzug setzen, entweder so zeitnah wie möglich die ausstehende Entlohnung zu regulieren oder besagtes Insolvenzverfahren anzustrengen. Dieses könnte ggf. auch gleich mit einer Konsequenz wie z.B. Kündigung verbunden werden, wenn sich innerhalb einer angemessenen Fristsetzung seitens des AG nichts täte.

Hier könnten sich die Arbeitnehmer finanziell zusammentun und bei einem Fachanwalt für Arbeits - und Sozialrecht eine fundierte Rechtsberatung einholen. Primär dürfte der Schuh am ehesten beim Stichwort " Ausbleibender Lohn und laufende Kosten " zwicken.

mfg

ennlo

Hallo!

Zunächst wäre es denkbar, dass die Beschäftigten den Arbeitgeber … in Verzug setzen…

Wie dargestellt, sind alle Rechtszüge längst erledigt und abgeschlossen. Der Arbeitgeber wurde auf Lohnzahlung verklagt und zur Zahlung verurteilt. Die Urteile sind rechtskräftig. Weil keine Zahlung erfolgte und Pfändungen fruchtlos blieben, wurde Insolvenzantrag gegen den Arbeitgeber gestellt. Das Insolvenzgericht bestellte einen Gutachter, der fehlende Masse und Abwesenheit jeglicher Buchhaltung feststellte. Mangels Masse wurde der Eröffnungsantrag abgewiesen. Der hoffnungslos überschuldete Arbeitgeber nahm auch nicht die Gelegenheit einer Privatinsolvenz wahr, sondern tauchte ab und ward nimmer mehr gesehen. Der Betrieb ist geschlossen, existiert nicht mehr.

Primär dürfte der Schuh am ehesten beim Stichwort " Ausbleibender Lohn und laufende Kosten " zwicken.

Nein, ist nicht Gegenstand der Frage.

Durch Arbeitsgericht und Amtsgericht ist die Sache soweit erledigt. Es geht um die Insolvenzgeldstelle, die nicht beibringbare Insolvenzgeldbescheinigung und natürlich um das Insolvenzgeld.

Im Insolvenzfall stellt der Insolvenzverwalter die Insolvenzgeldbescheinigung aus. Einen Insolvenzverwalter gibt es nicht, weil das Verfahren mangels Masse nicht eröffnet wurde. In solchem Fall sieht § 314 Abs. 2 SBG III die Ausstellung der Insolvenzgeldbescheinigung durch den Arbeitgeber vor. Der Arbeitgeber ist aber nicht greifbar, liegt im Delirium unter der Parkbank, ist abgetaucht, ausgewandert, jedenfalls reagiert er auf nichts.

Es gibt aber:

  • Das Gutachten des vom Insolvenzgericht beauftragten Gutachters, der u. a. feststellte, dass keine Buchhaltung existiert. Der Arbeitgener könnte also - selbst wenn er greifbar wäre - die Insolvenzgeldbescheinigungen nicht ausstellen, weil das ohne Zahlen der Buchhaltung oder irgendwelche Belege gar nicht geht.

  • außerdem gibt es die rechtskräftigen Urteile des Arbeitsgerichts. In diesen Urteilen sind alle Zahlen zu Löhnen und Sozialabgaben centgenau enthalten.

Die Frage ist, ob die Insolvenzgeldstelle auf Beibringung der Insolvenzgeldbescheinigungen beharren darf oder ob die vom Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellten Zahlen reichen, um das Insolvenzgeld auszuzahlen. Die Hälfte des Insolvenzgelds wurde bereits aufgrund dieser Zahlen ausgezahlt. Der Rest sollte nach Eröffnung oder Abweisung des Insolvenzverfahrens folgen. Statt aber den Rest auszuzahlen, beharrt die Insolvenzgeldstelle auf Beibringung der Insolvenzgeldbescheinigung.

Gruß
Wolfgang

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Hallo,

Statt aber den Rest auszuzahlen, beharrt die
Insolvenzgeldstelle auf Beibringung der
Insolvenzgeldbescheinigung.

Beharren heißt doch, es wurde ein schriftlicher Bescheid erstellt mit rechtlicher Begründung und Rechtsbehelf. Wie lautet dieser? Was ergab ein persönliches Beratungsgespräch?
Wurde schon hier gelesen? http://www.arbeitsagentur.de/nn_26404/Navigation/zen… und http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Veroe…. Wenn ja, was ist hier noch unklar?

Gruß
Otto (kein Fachmann)

Guten Abend!

Statt aber den Rest auszuzahlen, beharrt die
Insolvenzgeldstelle auf Beibringung der
Insolvenzgeldbescheinigung.

Wurde schon hier gelesen?
http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Veroe….

Genau dort liegt das Problem, siehe S. 14. Punkt 3.3

Zitat:
3.3 Insolvenzgeldbescheinigung
Der Antrag auf Insolvenzgeld kann erst bearbeitet werden,wenn eine von der Insolvenzverwalterin/vom Insolvenzverwalter bzw. von der Arbeitgeberin/vom Arbeitgeber ausgestellte Insolvenzgeldbescheinigung vorliegt…

Diese Bescheinigung kann aus den dargestellten Gründen nicht beigebracht werden. Das Amt benutzt die letzte bekannte Anschrift und schreibt den Arbeitgeber an. Der reagiert nicht. Wochen vergehen. Neues Schreiben. Keine Reaktion. Wieder vergehen mehrere Wochen. Fristsetzung, Androhung von Bußgeldern. Wieder geschieht nichts. Es zieht sich bald ein Jahr.
Selbst wenn man den Arbeitgeber greifen könnte, könnte er die Bescheinigung mangels Buchhaltung unmöglich ausfüllen.

Was der Arbeitgeber zu zahlen hat, stellte das Arbeitsgericht aufgrund der Lohnabrechnungen, die eine der Mitarbeiterinnen angefertigt hatte, in einem rechtskräftig gewordenen Urteil fest. Diese Zahlen gibt es, aber es gibt keine Insolvenzgeldbescheinigung des Arbeitgebers, weil der sich nicht rührt/nicht greifbar ist.

Gruß
Wolfgang

Siehe dazu

Das Insolvenzereignis (§ 165 Absatz 1 SGB III) ist der Zeitpunkt, an dem

•das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet
wird,
•der Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wird oder
•der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt hat

Die Voraussetzung zur Zahlung von Insolvenzgeld durch das AA sind somit erfüllt.

Hallo,

Der Antrag auf Insolvenzgeld kann erst bearbeitet werden,wenn
eine von der Insolvenzverwalterin/vom Insolvenzverwalter bzw.
von der Arbeitgeberin/vom Arbeitgeber ausgestellte
Insolvenzgeldbescheinigung vorliegt…

Da dies m.e. nicht im SGB III vorgeschrieben ist, handelt es sich vermutlich um eine inneramtliche Handlungsempfehlung (HEGA). Da eine derartige Konstellation sicher nicht einmalig und erstmalig in der Welt der BA ist, wird die AA dafür auch eine spezielle HEGA benennen können. Wenn nicht, hat sie mit Sicherheit einen noch größeren Handlungsspielraum bezüglich Entgeltnachweis.
Was sagt der/die Vorgesetzte des zuständigen Sachbearbeiters dazu?
Schon dies genutzt? http://www.arbeitsagentur.de/nn_298074/SiteGlobals/F…

Gruß
Otto