Hallo Christian
Zur UdSSR:
Soweit ich weiss, waren/sind eine ganze Reihe der arabischen Länder sozialistisch regiert. Syrien ist sozialistisch (eine Art Erbdiktatur), auch die PLO war mal eine kommunistische Vereinigung. Die Sympatien von Seiten der UdSSR und ihrer „Fans“ ist somit eigentlich klar, da sie ja wirklich jede halbwegs sozialistische Regierung oder Guerrillatruppe unterstützte.
Antisemitismus hat ausserdem in Russland eine viel längere Tradition als das Misstrauen gegenüber muslimischen Völkern an der Peripherie des russischen Reiches (das allerdings auch zu tragischen Pogromen führte)und deshalb war man dem jüdischen Israel sowieso nicht allzu zugetan.
Dazu kommt, das Israel vom Westen gegründet und deshalb von der UdSSR als eine andere Art der Kolonialisierung angesehen wurde.
Zur USA:
Da kaum ein Land im nahen Osten demokratisch regiert ist und die USA die sog. „freie Welt“ fördert, ist eine Zuneigung zu Israel als einzige einigermassen funktionierende Demokratie mit einer weitgehenden Pressefreiheit zu erwarten.
Die Unterstütung Israels von Seiten der USA ist somit recht einfach im Kampf gegen den Kommunismus zu erklären. Und die USA hat deshalb alles getan um diese „Bastion der Freiheit“ inmitten des „kommunistischen Sumpfes“ zu erhalten. Wenn wir uns an Korea und Vietnam erinnern ist die USA bereit, viel für diesen Kampf zu investieren.
Es gibt eventuell euch noch weitere mögliche Gründe: Die USA hat angesichts der Ölreserven in der Nähe gerne einen Fuss in der Region und durch die starke Unterstützung hat sich die USA einen Verbündeten erkauft (der ja zu Recht dankbar ist, denn ob es Israel ohne USA noch gäbe, ist fraglich). Eventuell fühlt sich die USA mit den europäischen und amerikanischen Juden auch kulturell näher, als mit der arabischen Bevölkerung, zumal eine ganze Reihe von Israeli auch US-Bürger sind.
Mit dem oft zitierten „grossen (finanziellen, wirschaftlichen oder sonstwas)Einfluss jüdischer Amerikaner auf die US-Regierung“ hat die Förderung Israels somit wenig zu tun.
Nach 1989 sind die Fronten immernoch klar. Zwar hat Russland kein allzugrosses Interesse an der Region mehr, aber die sozialistischen (oder inzwischen teilweise radikal-islamistischen)Nachbarn und Freischärler sind geblieben und somit kann Israel weiter mit amerikanischer Hilfe rechnen.
Und Europa:
Grossbritannien hat als Kolonialmacht schon um 1900 (Anfrage vom zionistischen Kongress 1889 in Basel unter Theo Herzl) eine Heimstatt für die Juden (zuerst nicht in Palästina, sondern irgendwo in Afrika(Kenia?)) erwogen. Durch die Pogrome in Russland gingen viele russische Juden nach Palästina. (Es gibt aber auch eine ganze Reihe von echten palästinensischen Juden, die schon immer dort lebten). Die Juden bedrängten dort, teilweise als kämpfende Guerilla, die britische Herrschaft. Die Pläne für einen jüdische Heimstatt wurden von Grossbritannien allerdings auf Eis gelegt und die Einwanderung begrenzt (just dann, als Europas Juden diese so dringend gebraucht hätten…).
Durch die Kolonialisierung, die Pogrome in Russland und schliesslich die Shoa ist Israel eine zutiefst europäische Angelegenheit. Man fühlt sich in Europa schuldig gegenüber den Juden für die Jahrtausende dauernde Verfolgung (Juden im arabischen Raum wurden, bis zur Gründung Israels, von den Muslimen weitgehend in Ruhe gelassen) aber auch gegnüber den Arabern, die durch die Gründung Israels und die Vertreibung der Palästinenser aus Ihrer Heimat ebenfalls unter der europäischen Geschichte zu Leiden haben.
Die Neutralität hat auch noch einen anderen Grund: Die Region liegt sozusagen vor unserer Haustür. Durch Neutralität kann man sich angenehm raushalten und wird nicht zur Zielscheibe von Feindssligkeiten (Seit Dienstag wissen wir aber auch, dass auch grosse Entfernungen nichts nützen). Ganz nebenbei kann man auch mit beiden Seiten Geschäfte machen…
Puh, ist das ein langer Text geworden und dann ist es teilweise wohl auch eine Vereinfachung der Tatsachen, aber erst mal eine „Grundlage zum draufbauen“.
Viele Grüsse, Nicola