Inzucht in der Griechischen Mythologie?

Da ich mich zur Zeit mit der gr. Mythologie beschäftige ist mir eine große Frage durch den Kopf gegangen: Warum ist in ihr so viel Inzucht zu finden?
Hier Beispiele:

„Tethys (altgriechisch: Τηθύς) war eine Titanin und Meeresgöttin in der griechischen Mythologie, Tochter des Uranos und der Gaia. Sie war mit ihrem Bruder Okeanos verheiratet“

„Theia :Als Gattin ihres Bruders Hyperion ist sie Mutter des Sonnengottes Helios, der Mondgöttin Selene und der Göttin der Morgenröte, Eos“

„Rhea ist die Tochter der Gaia und des Uranos. Sie ehelicht ihren eigenen Bruder Kronos und zeugt mit ihm die Gottheiten Hestia, Demeter, Hera, Hades, Poseidon und Zeus.“

Oftmals ist auch der Ödipuskomplex zu finden (also das Fortpflanzen mit der Eigenen Mutter).
Ist es also möglich, dass früher Inzucht an der Tagesordnung war und dies sich nur durch das Jüdisch-Christliche Weltbild geändert hat?

Freue mich auf Eure Antworten.

Hi!

Ist es also möglich, dass früher Inzucht an der Tagesordnung
war und dies sich nur durch das Jüdisch-Christliche Weltbild
geändert hat?

Nein, ganz sicher nicht.
Sowohl im griechischen wie im römischen Recht war Inzest zwischen Aszendenten und Deszendenten der geraden Linie nicht erlaubt, auch nicht zwischen Geschwistern. Letzteres wurde in Griechenland später geduldet, sofern nicht beide von der gleichen Mutter abstammten. (Des Vaters war man sich ja eh nicht sicher.)
Das römische Recht war noch etwas strenger.
Im Ganzen sieht es so aus, als seien die frühen strengen Verbote (du erwähnst ja selbst den mythischen Ödipus) im Lauf der Zeit gelockert worden.
Ich halte die Geschwisterehe in den kosmogonischen Mythen für Übernahmen aus den Kulturkreisen des Orients. In Ägypten z. B. war die Geschwisterehe nicht selten; vielleicht aus familiären Grunden: Es wurde keine Mitgift hinausgezahlt und das Erbe blieb in der Familie.
Gruß!
Hannes

Hallo,

Ich halte die Geschwisterehe in den kosmogonischen Mythen für
Übernahmen aus den Kulturkreisen des Orients.

Ich gehe davon aus, dass der göttliche Inzest wie so manches Andere (z. B. Kinder verschlingen) nicht als Rechtfertigung oder Bezug zu den menschlichen Verboten gesehen wurde.
So anthropomorph die griechischen Götter uns erscheinen, dürfen wir wohl doch davon ausgehen, dass die Menschen sie nicht einfach als Superhelden gedacht haben und die mythischen genealogischen Eskapaden eben auch mythisch verstanden haben.

Gruß
Werner

Danke für deine Antwort Hannes. Ich möchte nur noch eines sicherstellen, da du den Orient angesprochen hast. Wenn, es denn erlaubt war, dann nur im Arabischen Raum, nicht jedoch in den mongolisch-chinesischen Ländern und auch nicht im altaische Sprachraum (Mongolen, Koreaner, Türken,…).
An Werner: Wen das Volk anbetet schließt darauf wie es selbst denkt, da die Religion die Wertvorstellungen der Menschen wiederspiegeln. Für diese Menschen damals war es nicht nur ein Mythos, wie für uns heute und somit war meine Frage durchaus berechtigt und es war von dir unangebracht sie zu mindern.
Ich danke trotzdem. Gruß.

Hallo, Werner!

Ich gehe davon aus, dass der göttliche Inzest wie so manches
Andere (z. B. Kinder verschlingen) nicht als Rechtfertigung […]
gesehen wurde.

Sonst wäre ja hier auch nicht der Ausgangspunkt für Tadel, Spott und Kritik am Treiben der Himmlischen.

So anthropomorph die griechischen Götter uns erscheinen,
dürfen wir wohl doch davon ausgehen, dass die Menschen sie
nicht einfach als Superhelden gedacht haben und die mythischen
genealogischen Eskapaden eben auch mythisch verstanden haben.

Zweifellos war das so - bis eben die Sophisten kamen und Ernst machten und dann der Spielverderber Platon. Aber die Gebildeten hatten da eh schon ihren philosophischen Monotheismus und/oder interpretierten die Mythen allegorisch: Ares IST Krieg und Gewalt, Athene IST die Weisheit, Aphrodite IST die Liebe usw.
Schönen Gruß!
Hannes

Hi!

Für diese Menschen damals war es nicht nur ein
Mythos, wie für uns heute.

Bei uns wird Mythos meistens als vorwissenschaftliche Sagen und vorwissenschaftliches Raunen verstanden.
Im wirklich mythischen Verständnis ist Mythos Erklärung und Deutung der Welt in Geschichten, oder vielleicht besser: in Bildern.
Gruß!
H.