Isolierte Nullstellen

Hi, ich hab gerade folgende Aussage in meinem Funktionentheorieskript gelesen:

„Nullstellen holomorpher Funktionen sind isoliert“

Genauer:
Sei M Untermenge C offen und zusammenhängend sowie f:M->C eine nicht konstante holomorphe Funktion. Dann gibt es zu jeder Nullstelle von f eine Umgebung in der keine weiteren Nullstellen liegen.

Etwas macht mich an der Aussage stutzig: Was ist wenn ALLE Ableitungen von f an der Nullstelle verschwinden, also 0 werden? Dann kann ich eine Taylorentwicklung um diese Nullstelle machen die identisch der Nullfunktion ist. Nichtsdestotrotz lässt sich aber f in einer Umgebung von der Nullstelle durch diese Reihe darstellen. Das hiesse aber, dass es keine Umgebung gibt, in der es nur diese eine Nullstelle gibt.
Schliesst die Bedingung, dass f nicht konstant sein darf diesen Fall aus? Wenn ja, warum schliesst sie diesen Fall aus?

Gruss,
Timo

Moin,

Etwas macht mich an der Aussage stutzig: Was ist wenn ALLE
Ableitungen von f an der Nullstelle verschwinden, also 0

Ich mag mich irren, aber nenne mir eine Funktion f(x): ∃ x mit f(x) ≠ 0, für die an einer beliebigen Stelle alle Ableitungen verschwinden (mit Ausnahme von Funktionen, wo die Menge der Funktionswerte f(x) ≠ 0 das Maß einer Nullmenge hat).

Beste Grüße,
Ingo

Hallo,

Etwas macht mich an der Aussage stutzig: Was ist wenn ALLE
Ableitungen von f an der Nullstelle verschwinden, also 0
werden?

In diesem Fall wäre f ≡ 0

und damit konstant. (Beweis-Skizze nach Anfrage)

Schliesst die Bedingung, dass f nicht konstant sein darf
diesen Fall aus?

ja.

Wenn ja, warum schliesst sie diesen Fall aus?

ähm… weil sie für diesen Fall nicht gilt…?

Gruß
Oliver

Moin,

Ich mag mich irren, aber nenne mir eine Funktion f(x): ∃
x mit f(x) ≠ 0, für die an einer beliebigen Stelle
alle Ableitungen verschwinden (mit Ausnahme von
Funktionen, wo die Menge der Funktionswerte f(x) ≠ 0 das
Maß einer Nullmenge hat).

Och, da gibt es jede Menge. Eine unter vielen wäre z.B.

 0, x = 0
f(x) = 
 e<sup>-1/x²</sup>, sonst

an der Stelle Null sind alle Ableitungen Null, die Talorreihe dieser Funktion ist somit identisch Null und hat den Konvergenzradius unendlich.

Gruß
Oliver

Die Behauptung, dass dann f die Nullabbildung ist, kann mit dem Identitätssatz bewiesen werden, richtig?
Damit hätte sich die Frage erledigt.
Vielen Dank euch beiden!

Gruss,
Timo

Hallo Timo,

Die Behauptung, dass dann f die Nullabbildung ist, kann mit
dem Identitätssatz bewiesen werden, richtig?

richtig, richtig, pupichtig.

Sind nämlich alle Ableitungen von f an einem Punkt z1 Null, so verschwinden alle Koeffizienten in der Taylorentwicklung um z1. f ist daher identisch 0 in einer Umgebung von z1 und damit verschwinden auch alle Ableitungen von f in dieser Umgebung.
Jetzt kannst du das Spiel für einen anderen Punkt z2 in dieser Umgebung wiederholen und vergrößerst so den Bereich von dem du weißt dass dort f ≡ 0 ist. Da das Definitionsgebiet G von f zusammenhängen ist, folgt damit f ≡ 0 auf ganz G.

Eigenschaften holomorpher Funktionen auf einer nichtdiskreten Teilmenge M ⊂ G pflanzen sich also gewissermaßen auf ganz G fort. Kennst du also die Funktion nur auf einem winzigen Bereich, kennst du sie überall. Diese Eigenschaft analytischer Funktionen nennt man übrigens Permanzprinzip.

Gruß nach Trippstadt
Oliver

Hi,

Och, da gibt es jede Menge. Eine unter vielen wäre z.B.

0, x = 0
f(x) =
e-1/x², sonst

Das Beispiel ist überzeugend, beliebig differenzierbar und „schön“.

Merci & Gruß,
Ingo