Ist Deregulierung sinnvoll?

Guten Abend,

Gesetze dienen simpel gesagt dazu die Schwachen vor den Starken zu schuetzen.

Gesetze welche die Teilnehmer der Wirtschaftswelt beschraenken dienen genau diesen Zweck.

Wenn die starken Elemente der Wirtschaftswelt eine Deregulierung fordert ist das m.E. so als ob Kriminelle die Abschaffung bzw. Restriktion von Gesetzen fordern mit der Begruendung dass sie ihren Geschaeften dann besser nachgehen koennen.

Was findet ihr davon? Ist Deregulierung sinnvoll?

Gruss

Desperado

Hallo,

Was findet ihr davon? Ist Deregulierung sinnvoll?

Deregulierung ist sehr sinnvoll, unter der Voraussetzung,
dass man es mit ethisch denkenden, reifen und
verantwortungsbewußten Leuten zu tun hat und nicht
mit egoistischen, habgierigen Kindern, die sogar vor
der Selbstzerstörung keinen Halt machen.

Gruß
Powenz

guten tag,

unser ehemaliger innenminister schäuble,ist so ein verfechter des staatsdirigismus.
er hat die überzeugung, dass man leichter und schneller über die straße kommt wenn einem eine videokamera beobachtet und man das strafgesetzbuch in der manteltasche hat.

es ist ein gewaltiger irrtum zu glauben der staat würde mit seiner allgegenwart und generalzuständigkeit eine gerechte und solidarische gesellschaft garantieren können. im gegenteil, es schafft abhängigkeiten die noch nie einem volke zur ehre gereicht haben.

bartholomäus

Gesetze dienen simpel gesagt dazu die Schwachen vor den
Starken zu schuetzen.

In der Tat, seeehr simpel. Wer ist denn der Schwache, den das Einkommensteuergesetz schützt? Und wer ist der geschützte Schwache bei den Bestimmungen, die der zuständigen Behörde beim Bau von Infrastrukturvorhaben das Recht zur Enteignung geben? Wen schützen die Gesetze, wonach Unternehmen bestimmte Geschäftsvorfälle regelmäßig für statistische Zwecke dem statistischen Bundesamt zu melden haben? Können wir Ladendiebstahl legalisieren, weil Ladendiebe in der Regel schützenswerte arme Teufel sind, die lediglich die großen, bösen Handelskonzerne beklauen? Ist der große Stromerzeuger ein Schwacher, weil das Gesetz ihm erlaubt, seine Stromrechnungen zwangsweise mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen?

Da muß man die Welt doch ein klein wenig differenzierter sehen …

Gesetze welche die Teilnehmer der Wirtschaftswelt beschraenken
dienen genau diesen Zweck.

siehe oben.

Wenn die starken Elemente der Wirtschaftswelt eine
Deregulierung fordert ist das m.E. so als ob Kriminelle die
Abschaffung bzw. Restriktion von Gesetzen fordern mit der
Begruendung dass sie ihren Geschaeften dann besser nachgehen
koennen.

Das mag man am Stammtisch fern der Wirtschaftswelt so sehen. Wenn man sich aber mal die Mühe macht, sich einen Moment in die Perspektive eines „starken Elements der Wirtschaftswelt“ zu versetzen, das eine Investition jahrelang nicht realisieren kann, weil das Genehmigungsverfahren für die neue Fabrik, die neue Rohrleitung, den neuen Bahnanschluß oder das neue Kraftwerk Jahre dauert, weil noch eine 17. Behörde „ins Benehmen gesetzt“ werden muß, weil ein Beamter die zahlreichen Windungen des Genehmigungsverfahren zu nutzen versucht, um das Vorhaben aus Gründen politischer Opportunität zu verhindern, oder weil irgendein Karnickelzüchter die 7. Teilgenehmigung grundlos bis zum Bundesverwaltungsgericht zerrt, dann sieht man das womöglich etwas anders.

Was findet ihr davon? Ist Deregulierung sinnvoll?

Wie gesagt: das muß man differenziert sehen. Manches ist entbehrlich, das kann man deregulieren und sollte man deregulieren, wenn der Nutzen den Aufwand, den es verursacht, nicht rechtfertigt. Anderes ist nicht entbehrlich, das muß bleiben, wie es ist. Keinesfalls aber ist die Frage einer pauschalen Antwort zugänglich.

Hallo atn,

Gesetze dienen simpel gesagt dazu die Schwachen vor den
Starken zu schuetzen.

In der Tat, seeehr simpel. Wer ist denn der Schwache, den das
Einkommensteuergesetz schützt? Und wer ist der geschützte
Schwache bei den Bestimmungen, die der zuständigen Behörde
beim Bau von Infrastrukturvorhaben das Recht zur Enteignung
geben? Wen schützen die Gesetze, wonach Unternehmen bestimmte
Geschäftsvorfälle regelmäßig für statistische Zwecke dem
statistischen Bundesamt zu melden haben? Können wir
Ladendiebstahl legalisieren, weil Ladendiebe in der Regel
schützenswerte arme Teufel sind, die lediglich die großen,
bösen Handelskonzerne beklauen? Ist der große Stromerzeuger
ein Schwacher, weil das Gesetz ihm erlaubt, seine
Stromrechnungen zwangsweise mit gerichtlicher Hilfe
durchzusetzen?

Da muß man die Welt doch ein klein wenig differenzierter sehen

Wie gesagt, ich habe es natuerlich simplifiziert, aber im Grunde ist meine These nicht so verkehrt, auch wenn man Deine Beispiele betrachtet: Das Einkommenssteuergesetzt gewaehrleistet dass (fast)jeder Steuern bezahlen muss - sonst koennten Schlaegertrupps „Steuern“ von den Gering- und Mittelverdienern eintreiben und Reiche leisten sich einfach eine eigene Schlaegertruppe um davon sicher zu sein, der Ladendieb wird geschuetzt indem man sicher stellt dass der Ladenbesitzer ihn nicht einfach schlaegt oder ermordet, der Stromkonzern darf den zahlungsunfaehigen Kunden nicht einfach in die Prostitution zwingen… aber die Diskussion wird zu theoretisch und wuerde am Thema vorbei gehen.

Wenn die starken Elemente der Wirtschaftswelt eine
Deregulierung fordert ist das m.E. so als ob Kriminelle die
Abschaffung bzw. Restriktion von Gesetzen fordern mit der
Begruendung dass sie ihren Geschaeften dann besser nachgehen
koennen.

Das mag man am Stammtisch fern der Wirtschaftswelt so sehen.
Wenn man sich aber mal die Mühe macht, sich einen Moment in
die Perspektive eines „starken Elements der Wirtschaftswelt“
zu versetzen, das eine Investition jahrelang nicht realisieren
kann, weil das Genehmigungsverfahren für die neue Fabrik, die
neue Rohrleitung, den neuen Bahnanschluß oder das neue
Kraftwerk Jahre dauert, weil noch eine 17. Behörde „ins
Benehmen gesetzt“ werden muß, weil ein Beamter die zahlreichen
Windungen des Genehmigungsverfahren zu nutzen versucht, um das
Vorhaben aus Gründen politischer Opportunität zu verhindern,
oder weil irgendein Karnickelzüchter die 7. Teilgenehmigung
grundlos bis zum Bundesverwaltungsgericht zerrt, dann sieht
man das womöglich etwas anders.

Oft sind Regeln sinnlos - ich wuerde sogar so weit gehen zu behaupten dass einige Regeln verhindern wollen dass weniger finanzstarke Unternehmen bestimmte Vorhaben realisieren koennen und der Markt den Grossunternehmen ueberlassen wird.

Oft stellen Regulierungen aber auch sicher das der Schwaechere nicht einfach uebergangen wird, wenn jemand gegen ein Vorhaben ist hat das meist auch (gute) Gruende die man nicht einfach den Interessen der Staerkeren unterordnen sollte.

Was findet ihr davon? Ist Deregulierung sinnvoll?

Wie gesagt: das muß man differenziert sehen. Manches ist
entbehrlich, das kann man deregulieren und sollte man
deregulieren, wenn der Nutzen den Aufwand, den es verursacht,
nicht rechtfertigt. Anderes ist nicht entbehrlich, das muß
bleiben, wie es ist. Keinesfalls aber ist die Frage einer
pauschalen Antwort zugänglich.

Stimme ich vollkommen zu.

Gruss

Desperado

Oft sind Regeln sinnlos - ich wuerde sogar so weit gehen zu
behaupten dass einige Regeln verhindern wollen dass weniger
finanzstarke Unternehmen bestimmte Vorhaben realisieren
koennen und der Markt den Grossunternehmen ueberlassen wird.

Hast Du da Beispiele? Ich sehe aus dem Stand keinen Fall, wo das so ist.

Jedes grosse Unternehmen hat Juristen und Manager die sich mit der Regelflut herumschlagen, Kleinunternehmen koennen sich das gar nicht leisten. Allein die Buchhaltung und die Beschaeftigung eines Arbeitnehmers erfordern eine Unmenge an buerokratischen Aufwand, wie soll man da groessere Dinge bewerkstelligen? Ich hab gelesen dass man z.B. in der Ukraine als auslaendisches Unternehmen zu 11 Aemtern muss bevor man ein ganz normales Bankkonto eroeffnen kann, in EU-Laendern ist es teilweise auch nicht viel besser.

Beispiele gibt es endlos viele: Wie soll ein kleines Familienunternehmen es organisieren Bauteile fuer ein Produkt aus Italien, Finnland und Zypern zu kaufen, es in Rumaenien zusammenbauen zu lassen und es in der gesamten EU zu vertreiben?

Das wuerde alles ohne weiteres funktionieren wenn es nicht ueberall eine Regelflut gaebe mit der Grossunternehmen leicht fertig werden da es sich fuer sie lohnt einen Manager zu beschaeftigen der sich damit befasst, fuer Kleinunternehmen hingegen kaum.

Hallo,

>…wuerde sogar so weit gehen zu
>behaupten dass einige Regeln verhindern wollen dass weniger
>finanzstarke Unternehmen bestimmte Vorhaben realisieren
>koennen und der Markt den Grossunternehmen ueberlassen wird.

>Hast Du da Beispiele? Ich sehe aus dem Stand keinen Fall, wo das so ist.

ein Bespiel wäre der Bankenmarkt. Die existierenden Regeln haben offensichtlich erhebliche Lücken was den Schutz der Anleger betrifft aber bewirken sehr wohl, dass die Neugründung einer Bank in D faktisch sehr schwer ist.

Grundsätzlich kann man getrost davon ausgehen, dass große Märkte mit wenigen Anbietern durch gegenseitige Absprachen und erhebliche Lobbyarbeit geprägt sind, die unter anderem auf Markteintrittsbarrieren abzielen.

Gruß

Udo