Ist die neue Rechtschreibung 1996/2006 grausam?

Hallo Kubi!

„Die letzte französische rechtschreibreform datiert von 1990, ist also nicht wesentlich älter als unsere.“

Ja, schon. Aber soweit ich weiß, wurde sie nach Protesten nur als Empfehlung und nicht als Pflicht eingeführt. Weder Schulen noch Printmedien benutzen sie. Kann auch sein, daß es sich inzwischen geändert hat. Ich finde nichts Aussagekräftiges darüber im Netz.

Gruß, Manuela

Aber sicher doch!
Hallo Honigmann!

Von manchen Leuten hört man immer wieder, die neue
Rechtschreibung sei grausam, sie widerspreche den
Schreibgewohnheiten und so fort.

Sie widerspricht den Gepflogenheiten, die man nicht unbedingt gutheißen muss, aber nun mal so üblich sind. Und nicht nur im Deutschen

Statt „müßen“ schreibt man nun „müssen“.
Nach kurzem Vokal schreibt man nun also immer ss.
Statt Schiffahrt schreibt man nun Schifffahrt.
Das Wort Schifffahrt setzt sich zusammen aus „Schiff“ und
„Fahrt“. Ich brauche also dreimal den Buchstaben f.
Statt rauh schreibt man nun rau.
schlau, Bau, Tau …

Das sind doch wirklich Kleinigkeiten. Dass man das SZ nach kurzen Vokalen ""ss schreibt, nach langen „ß“, das ist wenigstens konsequent und von mir übernommen.

Dass das Das überhaupt in 2 Versionen existiert, das ist lächerlich. Egal in welche Sprache man schaut, es ist that und that.

Ich weiß das: du bist blond (selten, aber korrekt)
Ich weiß das: du blond bist (seltener, aber nur vom Satzbau falsch)
Ich weiß das du blond bist (unverzeihlicher Rechtschreibfehler)

Schon da zeigt sich das: Alte Zöpfe bleiben, und auf dem Altar des Kompromisses werden andere geopfert, als Kompromiss.

So hieß es früher Du und Sie, nicht unbedingt sinnvoll, aber daraus du und Sie zu machen, da fragt man sich nur, war es Hessen gegen MacPomm, oder Österreich gegen die Schweiz. Gib du mir ein Groß, dann geb ich dir dir einen Umlaut und eine halbe Getrenntschreibung.

Nirgends ist eine Vereinfachung oder gar ein System erkennbar. Quentchen schreibt sich jetzt mit „ä“, hat aber mit den Quanten gar nichts zu tun. Potential mit „z“. Wenn da ein System wäre, würden alle Worte mit lateinisch Entungen „tio“, „tia“ usw. nach den selben Regeln behandelt. Aber nein, man pickt sich ein Wort raus.

Und absolut grausam wird es bei der Getrenntschreibung. Mag auch die Deutsche Sprache da extrem sein, Wortverknüpfung ist in anderen Sprachen durchaus bekannt, v.a. im Russischen.

Nehmen wir mal das Wort „vielversprechend“. Oder neudeutsch „viel versprechend“. Dann muss man aber auch konsequent sein, und der 2. Bewerber ist dann nicht „vielversprechender“, sondern „mehr versprechend“. Und Bewerber 3 der „am meisten versprechende“. Man kann sicher auch bessere Beispiele finden.

So wird aus einer angeblichen Rechtschreibreform eine von der Obrigkeit erzwungene Änderung der Sprache. Und das war nur ein Beispiel. Gerade die neuen Regeln zur Getrennt-/Zusammenschreibung vergewaltigen die Grundfesten des Sprachempfindens, meines jedenfalls.

Sehr viel wurde durch die neue Rechtschreibung vereinfacht und
verallgemeinert.

Ach was? Und wo ist die Vereinheitlichung von wider und wieder geblieben. Kommt beides von „weiter“. OK, Wiederholung und Widerstand sind einfach. Aber wird etwas widergespiegelt (also gegen) oder wieder gespiegelt. Wenn man nachdenkt, wird es widergespiegelt, aber Zweck von Sprache und Schrift ist nicht die Schulung des Denkens.

Warum wird die neue deutsche Rechtschreibung dennoch so stark
kritisiert? Worauf spielen die Leute mit diesen Äußerungen an?

Weil es viele einfach zum Kotzen bringt. Bis auf ss/ß hab ich noch keine Vebesserung, Verallgemeinerung, Vereinfachungen oder andere Vorteile entdeckt. Sie macht alles nur krank. Und solange ich privat schreibe, lehne ich die Reform (bis auf SS/ß) komplett ab.

Zur Vertiefung diene http://www.stupidedia.org/stupi/Deppen_Leer_Zeichen, Zoelomat

Hallo André!

Na, da bin ich aber froh, daß wir uns hier nicht streiten.

„Von wann den beibehalten?“
Noch aus meiner Schulzeit.

„Schreibst du dann auch auf’s und in’s…“
Klar doch.

„… vielleicht sogar a’m?“
Das gibt mir zu denken. Aber „am“ und „im“ wurde auch schon zu meiner Schulzeit so geschrieben.

Damals hieß es auch noch Photo und Telephon. Irgendwann im Laufe der Jahre habe ich dann immer wieder gelesen Foto und Telefon, das kam mir schon sehr seltsam vor. Da wußte ich noch nichts von Rechtschreibreform - war ja auch noch lange davor, aber da fing die Veränderung wohl schon schleichend an.

Vor ein paar Tagen habe ich ein Gesundheitsbuch gekauft, darin wird tatsächlich das „ß“ nicht mehr verwendet. Sieht schon seltsam aus. Über „Fussschweiss“ habe ich mich köstlich amüsiert. Ebenso im Fernsehen über „Rossschlächterei“. Irgendwie geht das doch garnicht, oder? Naja, wenigstens trägt es zur Erheiterung bei.

Achsoja. Ich sehe ein, daß Du viel mehr von Sprache verstehst als ich. Ich bin nur „Userin“ :wink:

Nochmals Grüße von Manuela

Hallo :smile:

„Von wann den beibehalten?“
Noch aus meiner Schulzeit.

Nee, da täuschst du dich. Oder man hat es dir damals falsch beigebracht. Das Wort mal wurde noch nie mit einem Apostroph geschrieben.

„Schreibst du dann auch auf’s und in’s…“
Klar doch.

Dir ist hoffentlich klar, dass das falsch ist, und auch zu deinen Schulzeiten falsch war? Deswegen nennt man den ja auch Deppenapostroph (auch wenn’s böse klingt) — weil er dort nicht reingehört, auch wenn er eine Auslassung ist. Orthographie ist eben nicht immer logisch. Aber zumindest irgendwo festgelegt. :smile:

„… vielleicht sogar a’m?“
Das gibt mir zu denken. Aber „am“ und „im“ wurde auch schon zu
meiner Schulzeit so geschrieben.

Ja. Genau wie auch mal, ans, aufs, übers, ins usw. :wink:

Vor ein paar Tagen habe ich ein Gesundheitsbuch gekauft, darin
wird tatsächlich das „ß“ nicht mehr verwendet. Sieht schon
seltsam aus. Über „Fussschweiss“ habe ich mich köstlich
amüsiert. Ebenso im Fernsehen über „Rossschlächterei“.
Irgendwie geht das doch garnicht, oder? Naja, wenigstens trägt
es zur Erheiterung bei.

Guck mal nach, vielleicht ist das Buch ja in der Schweiz gedruckt worden. Dort gibt es ja schon lange kein „ß“ mehr. Gerade gestern hab ich mich bei einem alten Buch (ein Ido-Wörterbuch!) über das Fehlen vom „ß“ gewundert, und siehe da: es war in Bern gedruckt. Aber das machen wirklich auch hier in Deutschland viele falsch mit dem „ß“… ich denke, die Anzahl der Leute, die einfach immer „ss“ schreiben hat schon zugenommen seit der Reform, das kann ich wohl nicht bestreiten.

Liebe Grüße,

  • André

Moin,

„Die letzte französische rechtschreibreform datiert von 1990,
ist also nicht wesentlich älter als unsere.“

Ja, schon. Aber soweit ich weiß, wurde sie nach Protesten nur
als Empfehlung und nicht als Pflicht eingeführt. Weder Schulen
noch Printmedien benutzen sie.

In Frankreich ist die Reform weitgehend unbeachtet, aber in der Schweiz und Belgien wird sie mehr und mehr angewendet.

Gruß

Kubi

aufs etc
Hallo mitenand

Orthographie ist eben nicht immer logisch. Aber zumindest irgendwo festgelegt.

Das mit dem Apostroph war allerdings schon immer logisch (zumindest seit 1901): Nur wenn genau ein Laut bzw. Buchstabe ausfällt, gibt’s einen Apostroph.

Also:

ein Buchstabe --> mit Apostroph
Wie geht e s dir? --> Wie geht’s dir?
Das ist Thomas s Vater --> Das ist Thomas’ Vater
Im Frühtau zu Berge wir zieh e n, fallera --> Im Frühtau zu Berge wir zieh’n, fallera

zwei oder mehr Laute --> ohne Apostroph
in da s Haus --> ins Haus
i n de m Haus --> im Haus
noch ein mal --> noch mal

Deswegen auch beim Genitiv im allgemeinen kein Apostroph, weil da schliesslich nichts ausfällt (Ausnahme siehe oben Namen auf -s, bei denen eben eins der beiden s ausfällt.)

Beste Grüsse aus der Eidgenossenschaft
A.S.

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zum ss statt sz
Hallo Manuela

Ich hab schon vor Jahrzehnten gern die NZZ gelesen, weil ich das ss statt dem sz mochte, damals noch als exotisches Lokalkolorit. Heute, nach fast acht Jahren in der Schweiz, ist es für mich absolut normal. Obwohl ich heute noch deutsche Buchausgaben vor dem allfälligen Kauf nach „daß“ (