Ist die neue Rechtschreibung 1996/2006 grausam?

Guten Tag!

Von manchen Leuten hört man immer wieder, die neue Rechtschreibung sei grausam, sie widerspreche den Schreibgewohnheiten und so fort.

Statt „müßen“ schreibt man nun „müssen“.

Nach kurzem Vokal schreibt man nun also immer ss.

Statt Schiffahrt schreibt man nun Schifffahrt.

Das Wort Schifffahrt setzt sich zusammen aus „Schiff“ und „Fahrt“. Ich brauche also dreimal den Buchstaben f.

Statt rauh schreibt man nun rau.

schlau, Bau, Tau …

Sehr viel wurde durch die neue Rechtschreibung vereinfacht und verallgemeinert.

Warum wird die neue deutsche Rechtschreibung dennoch so stark kritisiert? Worauf spielen die Leute mit diesen Äußerungen an?

Hallo honeyman!

Statt „müßen“ schreibt man nun „müssen“.

Das stimmt übrigens nicht, „müssen“ schreibt man schon immer so, aber früher schrieb man „muß“, „mußte“, „gemußt“ etc. (Frag mich nicht nach der genauen Regel - ich habe sie nie gelernt.)

Nach kurzem Vokal schreibt man nun also immer ss.

So ist es, also eine phonologische Schreibung. Meiner linguistischen Meinung nach ein sinnvoller Schritt.

Warum wird die neue deutsche Rechtschreibung dennoch so stark
kritisiert? Worauf spielen die Leute mit diesen Äußerungen an?

Sprache ist etwas sehr persönliches. Wir alle haben ein „Lexikon“ und eine „Grammatik“ im Kopf, in der wir gespeichert haben, was „richtig“ (grammatisch) ist und was nicht. Wenn jemand gegen unsere internen Regeln verstößt, fällt uns das auf. Daher kann es sehr unangenehm und widerstrebend sein, beim Lesen und Schreiben einer Konvention zu folgen, die den bisherigen Regeln (Lerninhalten, Erfahrungswerten) widerspricht. Umlernen ist immer eine schwierige Sache, und wenn man nicht überzeugt ist, dass man es überhaupt tun sollte, ist es doppelt unangenehm. Insofern kann ich die Menschen, die Probleme mit der Rechtschreibreform haben, durchaus verstehen.

Was ich selber an der Reform auszusetzen hatte, wurde 2006 wieder rückgängig gemacht: die Getrennt- und Zusammenschreibung. Das war selbst für mich, der ich es von Anfang an in der Schule gelernt habe, absolut kontraintuitiv, weil es der Prosodie (Betonung, Sprachmelodie) widersprach.

Auch bei einigen Wechseln zum Umlaut (Quäntchen, Quarkkäulchen) bezweifle ich die Sinnhaftigkeit, aber das sind Einzelfälle.

Viele Grüße,
Kronf

Hi,

ach wie schön, jemand, der meinen Widerwillen gegen die neue Getrennt- und Zusammenschreibung nachvollziehen kann! Früher hörte man tatsächlich, wie man es schreiben musste und wie es gemeint ist - heute hört man es zwar noch, sieht es aber nicht mehr.
Früher hätte die Presse gemeldet, dass Kohl uznd Mitterrand zusamenkommen. So weit, so langweilig. Heute liest man in der Zeitung, dass Frau Merkel und Hollande zusammen kommen. Immer noch wundert sich keiner - für mich ein Affront. Frau Merkel ist verheiratet!

die Franzi,
die sich wundert, wie jemand Recht haben kann.

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Hallo,

ich habe mich daran gewöhnt, obwohl ich auch nicht wüsste, welche wirklichen Verbesserungen die neue Rechtschreibung gebracht haben sollte.

Nur ist Dein Beispiel falsch, Franzi. Nach wie vor heißt es „zusammenkommen“ im Sinne von „sich treffen“. Und „zusammen kommen“ hätte dann eben die Bedeutung, von der Du im Zusammenhang mit Merkel gesprochen hast …

„Recht haben“, „recht haben“ - ich hätte die Änderung nicht gebraucht, aber sie ist nicht sinnlos. „Wer Recht hat“, ist eben im „Recht“.

Es mag sein, dass es bezüglich des „Zusammenkommens“ fragwürdige Übergangs- oder Doppellösungen zwischen 1996 und 2006 gegeben hat; die hatte ich mir wegen Sinnlosigkeit erst gar nicht verinnerlicht. Und die Rekonstruktion möchte ich zukünftigen Doktoranden überlassen.

Wie gesagt: Vieles ist Gewöhnungssache, manches in der Tat verschlimmbessert, manches vereinfacht, und gerade bei der Getrennt- und Zusammenschreibung gibt es mittlerweile oft erlaubte Doppellösungen. Also halb so schlimm (und vor allem aber halb so wichtig, auch bei der Korrektur von Schülerarbeiten).

Die Kinder in der Grundschule und an weiterführenden Schulen machen jetzt nicht weniger und nicht mehr Fehler als vor fünfzehn Jahren - ja, sie machen im Prinzip noch immer die gleichen - ich weiß, wovon ich rede.

Gruß, Wolfgang

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Ewiggestrige
=HALLO()

das sind halt die Leute, die mit Erwerb des Abiturs ihren Verstand abgegeben haben. Alles was danach passiert ist, ist per se „grausam“, denn man müsste ja mal die Veränderlichkeit der Welt in das eigene Weltbilt einfügen oder gar umdenken (was für eine Zumutung!).

Lass sie weiterhin Beatles und Rolling Stones hören. lass sie weiterhin auf Papier gedruckte Bücher für „besser“ halten, lass sie weiter an das Ideal der vergammelten Jeans glauben…

Sie tun ja keinem weh, sie sind halt nur Ewiggestrige…

=TSCHÜSS()

Danke!

=HALLO()

==HALLOO()

du weißt schon, dass das Wort „Ewiggestrige“ ein gruseliges „G’schmäckle“ hat, das ich in diesem Zusammenhang nicht so locker flockig verwenden würde! Könnt dich ins falsche Eck stellen…

Ganz ohne vergammelte Jeans,

==TSCHÜSS()

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Hallo honeyman!

Naja, grausam ist Krieg, Gewalt, Mord, Folter etc.

Aber die „Neue Unrechtschreibung“ - wie ich sie gerne nenne - ist einfach nur schlecht gemacht. Und man bedenke: Die Umsetzung wurde schon Anfang der 80er Jahre begonnen. Das weiß ich von einer damaligen Lehramtsstudentin, die Rechtschreibreform stand schon auf ihrem Stundenplan. Ich finde, in dieser langen Zeit hätte etwas Besseres dabei rauskommen können. Boah, und wenn ich daran denke, wieviele „Spezialisten“ da jahrelang gut bezahlt wurden, um etwas so Unnötiges und Mangelhaftes abzuliefern…

Ich will mich jetzt nicht in Einzelheiten verlieren, hunderte Beispiele könnte ich auflisten. Aber Tatsache ist: Inzwischen ist das Falschschreiben zu Routine geworden. Die Meisten schreiben „ß“ oder „ss“ wie es ihnen gerade paßt, Zusammen- oder Getrenntschreibung wird nach gutdünken angewendet (ob sinnvoll oder nicht ist dann egal), Groß- und Kleinschreibregelungen scheinen abgeschafft, auch sonstige Schreibfehler werden immer mehr. Den Leuten ist es schlichtweg egal. SMS / E-Mail / Chatrooms etc. tun ein Weiteres dazu. Mir fällt es inzwischen positiv auf, wenn ich 'mal etwas lese, was KEINE Schreibfehler enthält.

Ich gehöre sicherlich nicht zu den „ewig Gestrigen“, aber man muß ja auch nicht alles gutheißen, was neu ist. Es gibt „Verbesserungen“ und „Verschlimmbesserungen“. Die Neue Deutsche Unrechtschreibung gehört für mich zur zweiten Kategorie.

Gruß von Manuela

PS: Ich schreibe immer noch mit der Guten Alten Rechtschreibung, aber ich bin auch der Neuen Unrechtschreibung mächtig.

2 Anmerkungen:

Das Wort „Ewiggestriger“ stammt von Schiller („Wallenstein“)

Die Beatles und die Rolling Stones gehören immer noch zu den besten Bands überhaupt. Viel besseres ist nicht nachgekommen.

Das alles hat wenig mit der Rechtschreibreform zu tun.

Hi,

Ich will mich jetzt nicht in Einzelheiten verlieren, hunderte
Beispiele könnte ich auflisten. Aber Tatsache ist: Inzwischen
ist das Falschschreiben zu Routine geworden. Die Meisten
schreiben „ß“ oder „ss“ wie es ihnen gerade paßt, Zusammen-
oder Getrenntschreibung wird nach gutdünken angewendet (ob
sinnvoll oder nicht ist dann egal), Groß- und
Kleinschreibregelungen scheinen abgeschafft, auch sonstige
Schreibfehler werden immer mehr. Den Leuten ist es schlichtweg
egal. SMS / E-Mail / Chatrooms etc. tun ein Weiteres dazu. Mir
fällt es inzwischen positiv auf, wenn ich 'mal etwas lese, was
KEINE Schreibfehler enthält.

Und das war alles (bis auf das mit den Chatrooms; SMS und E-Mail dürften keinen negativen Einfluss haben), liebe Manuela, auch früher schon so. Da hast du es nur nicht so stark bemerkt, weil eben nicht die Reform als scheinbar offensitlicher Sündenbock da war.

Ich weiß tatsächlich noch, dass ich selbst früher, vor der Reform, Probleme mit der unintuitiven vorreformatorischen ss/ß-Regel hatte, und dass viele andere das gleiche Problem hatten. Wenn ich alte Schilder, Bücher oder Aufschriften sehe, oder Texte von älteren Leuten, die von sich behaupten, sie würden die Reform ignorieren, fallen mir genau so viele Fehler auf, wie in heutigen Texten oder Aufschriften. Kein Unterschied.
Es ist ein häufiges und typisches Phänomen, erkennen zu glauben, das etwas „immer schlimmer“ wird, obwohl das gar nicht nachweisbar ist. Deswegen fangen auch die meisten Rechtschreib-Beschwerden an mit „In letzter Zeit lese ich immer häufiger…“

Wenn man Leuten, die noch nach alter Schreibung schreiben, ihre eigenen Fehler aufzeigt, heißt es dann meist: Ja, das ist, weil die Reformschreibung mich schon ganz kirre gemacht hat. Und siehe da, auch du schreibst nicht fehlerlos nach alter Schreibung: „die Meisten“ lese ich oben, „nach gutdünken“ ist so natürlich auch nicht korrekt. Mit der Kommasetzung hapert es auch bei dir. Und was soll eigentlich der Deppenapostroph bei 'mal?
Um es mal polemisch auszudrücken: es scheint für dich auch schwer zu sein, etwas zu schreiben, was keine Rechtschreibfehler enthält. Nach neuer, sowie nach alter Schreibung. Auch ich schreibe bestimmt nicht fehlerlos (über das Komma vor „sowie“ bin ich mir unsicher, aber zu faul, nachzugucken). Es geht mir aber nicht darum, dass du nur meckern darfst, wenn du auch richtig schreiben kannst — ich kann ja auch einen guten von einem schlechten Klavierspieler unterscheiden, obwohl ich’s selbst nicht besser könnte. Aber du siehst an dir selbst, dass die Leute (z.B. du) auch der alten Rechtschreibung nicht vollends mächtig waren.

Kein Beweis, aber zumindest das Fehlen eine Korrelation zeigen übrigens auch z.B. Suchen nach „Straße“ und „Strasse“ in der deutschen Google-Ngram-Suche zwischen den Jahren 1900 und 2008:

http://books.google.com/ngrams/graph?content=Stra%C3…

Zu erwarten wäre (bei der Annahme, dass sich ss/ß-Rechtschreibfehler ab 1996 häufen, aber das tun sie offensichtlich nicht. Die geringe und konstante Anzahl von ss-Schreibungen könnten schweizer Publikationen sein, oder vielleicht Worte in GROSSBUCHSTABEN, das hab ich nicht getestet.

Auch nicht bei „großen“ vs. „grossen“ (ich habe eine Flexionsform gewählt, um das englische Wort „gross“ auszuschließen):

http://books.google.com/ngrams/graph?content=gro%C3%…

Das gleiche bei „reißen“ vs. „reissen“:

http://books.google.com/ngrams/graph?content=rei%C3%…

Damit kann man aber nur Bücher testen. Keine Zeitungen und keine Schüleraufsätze. Ich denke, eine Korrelation dürfte es wohl nur geben, weil im Vergleich zu früher weniger (bzw. keine) Korrekturleser mehr beschäftigt werden. Eine Korrelation zur Rechtschreibreform sehe ich dort nicht. Denkbar wäre nur ein kleinerer „Einbruch“ an Rechtschreibkompetenz bei denen, die sich umstellen mussten. Aber die Kinder, die nach 1996 die Rechtschreibung gelernt haben, bzw. die die Änderungen sehr früh mitgemacht haben, dürften mutatis mutandis in etwa auf dem gleichen Niveau wie die damaligen Schüler sein. Eine ss/ß-Schwäche gab es ja schon immer.

Ich gehöre sicherlich nicht zu den „ewig Gestrigen“, aber man
muß ja auch nicht alles gutheißen, was neu ist. Es gibt
„Verbesserungen“ und „Verschlimmbesserungen“. Die Neue
Deutsche Unrechtschreibung gehört für mich zur zweiten
Kategorie.

Hier sind noch mehr Fehler drin, wie ich sehe, „ewig Gestrige“? Grausam…

Gruß von Manuela

Gruß zurück von André (der sich um korrekte Rechtschreibung und um eine realistischere Darstellung des „Problems“ bemüht)

PS: Ich schreibe immer noch mit der Guten Alten
Rechtschreibung, aber ich bin auch der Neuen Unrechtschreibung
mächtig.

Nein, das tust du nicht.

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Gruß,

Das Wort „Ewiggestriger“ stammt von Schiller („Wallenstein“)

und der gute Friedrich hat’s genauso gemeint:smile:

„Das ganz
Gemeine ist‘s, das ewig Gestrige,
Was immer war und immer wiederkehrt
Und morgen gilt, weil‘s heute hat gegolten“

und ich denke, du weißt, wie ich es gemeint habe.

Die Beatles und die Rolling Stones gehören immer noch zu den
besten Bands überhaupt. Viel besseres ist nicht nachgekommen.

Sprach ich von denen…und wenn, dieses?

Das alles hat wenig mit der Rechtschreibreform zu tun.

Nein, aber ich darf in einem Wissens- und speziell Deutschforum auf den Gebrauch einer Redewendung hinweisen, die schon vom „Erfinder“ nicht positiv besetzt war und sich im Laufe der Geschichte nicht zum Besseren gewandelt hat sondern im Gegentum eben zusätzlich noch ein „G’schmäckle“ bekommen hat. Gell?

Gruß.

=HALLO()

du weißt schon, dass das Wort „Ewiggestrige“ ein gruseliges
„G’schmäckle“ hat,

Ja, denn es bezeichnet Menschen, die nicht mit der Zeit gehen, sondern unreflektiert der Vergangenheit anhängen. Das ist natürlich nicht schön. Solche Leute können auch Unheil anrichten.

das ich in diesem Zusammenhang nicht so
locker flockig verwenden würde! Könnt dich ins falsche Eck
stellen…

Wieso mich? Ich hänge ja nicht an der Vergangenheit.

=TSCHÜSS()

Schiller, Ewiggestrige und Rechtschreibreform 1876
=HALLO()

Das Wort „Ewiggestriger“ stammt von Schiller („Wallenstein“)

Schön erkannt. Aber deine Vorrednerin will vielleicht auch Schiller in irgendeine diffuse Ecke Stellen, von wegen „G’schmäckle“ und so. Schließlich hat Schiller VOR den Rechtschreibreformen von 1876 und 1901 geschrieben. Also sei vorichtig!

Die Beatles und die Rolling Stones gehören immer noch zu den
besten Bands überhaupt. Viel besseres ist nicht nachgekommen.

Stellt ja auch keiner in Abrede, dass Beatles und Rolling Stones gute Bands waren. Aber wenn du jetzt undifferenziert sagen würdest, alles andere seitdem sei nur noch „grausam“, dann würde ich dein Urteilsvermögen schon in Frage stellen.

Das alles hat wenig mit der Rechtschreibreform zu tun.

Ein Einwand, über den man nachdenken könnte…

=TSCHÜSS()

Servus,

lassen wir mal den politischen Aspekt und das „G’schmäckle“ des Ausdrucks außen vor.

Du unterstellst Leuten, die die alte Rechtschreibung verteidigen oder sie gar - horribile dictu - weiterverwenden, Verstandesverlust nach dem achtzehnten Lebensjahr (wieso eigentlich gerade dann?), also der Unfähigkeit, zu denken.

Findest du nicht, dass das mit Kanonen auf Spatzen geschossen ist in dem Zusammenhang?

Ich kenne ganz junge Leutz, die der NDR - obwohl mit ihr aufgewachsen - durchaus kritisch gegenüberstehen und eben genau deshalb ihren Verstand nach dem Abitur gebrauchen.

Sich mit einer Sprache auseinanderzusetzen, eventuell nicht alles grenzgenial zu finden, was oktroyiert wird, spricht doch eher für Verstand, als gegen ihn - oder?

Übrigens, ich habe ziemlich schnell umgelernt, benütze mittlerweile überwiegend die NDR, und wo ich nicht sicher bin, gibt es zwei Möglichkeiten: ist was offiziell, schau ich nach, ist es das nicht, schreib’ ich eher der Schnauze nach:smile:)

Und ich urteile nicht so fanatisch…*lächel*

Gruß, Maresa

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Hallo André!

Von meiner Meinung über die Neue Unrechtschreibung lasse ich mich nicht abbringen. Dafür habe ich mich schon zu oft darüber geärgert. Hab’ sogar 'mal bei eBay etwas gekauft, was ich nicht wollte, nur weil es in zwei Worten statt in einem geschrieben war und somit einen anderen Sinn bekam.

Diese Getrenntschreibung ist in heutigem Ausmaß sicherlich eine Folge der Reform. Man liest ja selbst so etwas wie „Aus Wahl“ „vor geformt“ „zu sammen“ „Auto Schlüssel“. Immer öfter muß ich Sätze zwei- bis dreimal lesen - und manchmal bin ich dann immer noch nicht sicher, ob ich es wirklich richtig gedeutet! habe. Ich meine nicht in Büchern, da ist die Rechtschreibung meist in Ordnung, sondern vor allem in Zeitungen und Zeitschriften, im Internet, auf öffentlichen Aushängen, in Internetforen, in E-Mails etc.

Die Sache mit ß oder ss ist nicht mein Problem. Damit könnte ich mich anfreunden, aber halt nicht mit dem Gesamtpaket. Obwohl ich froh bin, daß es das ß immer noch gibt - aber sinnvoll scheint das heutzutage nicht mehr zu sein. Die ganze Welt ist über Tastaturen verbunden, aber nur deutsche Tastaturen haben dieses Zeichen (AFAIK - außer man fummelt es irgendwie aus dem System). Zudem wird bei Großbuchstaben immer SS geschrieben, eine zusätzliche Verwirrung. Die Schweizer und Liechtensteiner schreiben sowieso alles mit ss. Letztlich ist es nicht einfacher geworden, also wozu dann neue Regelungen. Schreibst Du auch: Eine ss/ß-Schwäche gab es ja schon immer.

Und was soll eigentlich der Deppenapostroph bei 'mal?

Der Deppenapostroph hieß früher 'mal „Auslassungszeichen“. Das habe ich beibehalten weil ich es gut finde. Daran sieht man, daß es ein unvollständiges Wort ist. Und ich schreibe auch immer noch z.B. Photo, Telephon, Graphik. Naja, halt weeche de Etymologie :wink:. Vielleicht doch eine ewig Gestrige? Was ist daran übrigens falsch? Selbst Schiller schrieb „das ewig Gestrige“. Und wenn Du „die Ewiggestrige“ oder „die ewig Gestrige“ aussprichst, dann wirst Du merken, daß die zweite Möglichkeit sich schöner und - meinem Sprachgefühl nach - auch richtiger spricht. Solche kleinen Freiheiten erlaube ich mir einfach.

Und nochmals: Grausam ist anders, lassemer dochma de Kirch im Dorf, gelle.

Übrigens war ich in Rechtschreibung in der Schule durchweg gut bis sehr gut - auch wenn nicht immer alles richtig war. Hatte später auch Deutsch als Leistungskurs. Der Faust in der neuen Unrechtschreibung – schüttel. Wer sich nie etwas aus Sprache gemacht hat, dem isses ja wurscht, ob Alte oder Neue Rechtschreibung. Und ich muß lernen, dies zu akzeptieren. „Alte Frau ist halt kein D-Zug“ sagte meine Oma schon.

CU et bonne nuit, Manuela

André klingt französisch, deshalb noch eine Bemerkung. Die Franzosen haben die Rechtschreibreform nicht mitgemacht, die wissen ihre Sprache mehr zu schätzen als die Deutschen und haben auch besser gelernt, Widerstand zu leisten.

Schön erkannt. Aber deine Vorrednerin will vielleicht auch
Schiller in irgendeine diffuse Ecke Stellen, von wegen
„G’schmäckle“ und so.

Nein, ich wollte auf die Unverhältnismäßigkeit deines Vokabulars im Zusammenhang mit dem Thema hinweisen…

Schließlich hat Schiller VOR den
Rechtschreibreformen von 1876 und 1901 geschrieben. Also sei
vorichtig!

Und wird verblüffenderweise nicht nur von Beatles und Rolling Stones Liebhabern verstanden, sondern sogar von jungen Leuten, die der NDR mächtig sind…egal, was für Jeans sie tragen…*lach*

So, und nun ist das Thema für mich ausgereizt, ich mach ein Knickserl, sag’ küss’ die Handerln für den Dischkurs und begeb mich zwischen Bücherseiten, die auch noch nach der alten Schreibe zu lesen sind:smile:

Maresa

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Nichts Neues

Statt „müßen“ schreibt man nun „müssen“.

War schon immer so.

Nach kurzem Vokal schreibt man nun also immer ss.

Ja. Und. Ist doch logisch.

Statt Schiffahrt schreibt man nun Schifffahrt.

Habe ich schon immer so gemacht, wie im Ísländischen.

Statt rauh schreibt man nun rau.

Ja und.

Warum wird die neue deutsche Rechtschreibung dennoch so stark
kritisiert? Worauf spielen die Leute mit diesen Äußerungen an?

Weil wir blöde sind. Deswegen werden wir auch alle aussterben. Nicht mein Problem.

Sprache ist unlogisch, weil sie von Menschen gemacht wird.

Gruß

Stefan

Von meiner Meinung über die Neue Unrechtschreibung lasse ich
mich nicht abbringen. Dafür habe ich mich schon zu oft darüber
geärgert. Hab’ sogar 'mal bei eBay etwas gekauft, was ich
nicht wollte, nur weil es in zwei Worten statt in einem
geschrieben war und somit einen anderen Sinn bekam.

Naja… ich glaube, du hast mein Posting vielleicht falsch verstanden. Ich wollte dich nicht davon abbringen. Ich wollte dir nur zeigen, dass man früher oder nach alter Schreibung eben nicht weniger Fehler gemacht hat. Und das beweise ich dir an deinen eigenen Worten.

Die Sache mit ß oder ss ist nicht mein Problem. […] Letztlich ist
es nicht einfacher geworden, also wozu dann neue Regelungen.
Schreibst Du auch: Eine ss/ß-Schwäche gab es ja schon immer.

Ja, eine gänzliche Abschaffung fände ich auch sehr schade, aber es würde wohl nicht objektiv der Sprache oder Lesbarkeit schaden. Genauso denke ich auch über die Groß- und Kleinschreibung. Da würden sich die beschwerden, die sich umstellen müssten. Man hört ja immer mal, es würde die Lesbarkeit oder -geschwindigkeit verbessern, aber das stimmt natürlich nicht (es liegt nur an unserer Gewohnheit).

Und was soll eigentlich der Deppenapostroph bei 'mal?

Der Deppenapostroph hieß früher 'mal „Auslassungszeichen“. Das
habe ich beibehalten weil ich es gut finde.

Von wann den beibehalten? Nach der alten Rechtschreibung wurde dort keiner gesetzt. Ich glaube, hier übergeneralisierst du. Wann hat man dort denn einen Apostroph gesetzt? Schreibst du dann auch auf’s und in’s und vielleicht sogar a’m? Schließlich handelt es sich hier ja auch um Auslassungen.

Vielleicht doch eine ewig Gestrige? Was ist
daran übrigens falsch? Selbst Schiller schrieb „das ewig
Gestrige“. Und wenn Du „die Ewiggestrige“ oder „die ewig
Gestrige“ aussprichst, dann wirst Du merken, daß die zweite
Möglichkeit sich schöner und - meinem Sprachgefühl nach - auch
richtiger spricht. Solche kleinen Freiheiten erlaube ich mir
einfach.

Naja, er schrieb eben das ewig Gestrige (damals gab es aber auch keine fixe Rechtschreibung, glaube ich), also um etwas Abstraktes. Was du meinst, sind die konkreten Personen, laut Duden schreiben die sich zusammen, da sie lexikalisiert sind, daher die Zusammenschreibung heute. Aber gut.

Und nochmals: Grausam ist anders, lassemer dochma de Kirch im
Dorf, gelle.

Ja. Hast Recht. Ist ja alles Geschmacks- bzw. Gewohnheitssache.

Übrigens war ich in Rechtschreibung in der Schule durchweg gut
bis sehr gut - auch wenn nicht immer alles richtig war. Hatte
später auch Deutsch als Leistungskurs.

Joa, das glaub ich dir gerne. Viele Fehler machst du ja auch nicht. Wahrscheinlich mach ich auch nicht weniger. In Deutsch war ich (dank Literatur u.ä.) immer Mittelmäßig, aber in Rechtschreibung eigentlich immer sehr gut. Vielleicht ein erstes Anzeichen, dass ich mal Sprach- und nicht Literaturwissenschaftler werden würde. :smile:

André klingt französisch, deshalb noch eine Bemerkung. Die
Franzosen haben die Rechtschreibreform nicht mitgemacht, die
wissen ihre Sprache mehr zu schätzen als die Deutschen und
haben auch besser gelernt, Widerstand zu leisten.

Ja, mein Name ist französisch, aber ausgesprochen wird er deutsch (also [ˈʔandʁeː] bzw. sogar [ˈʔantʁeː]). Französische Wurzeln habe ich allerdings nicht.
Die Franzosen haben unsere Rechtschreibungsreform natürlich nicht mitgemacht, aber sie hatten m.W. auch ihre eigenen Reformen, wie z.B. auch Spanisch, Isländisch, Chinesisch, Azeri, Russisch und weitere Sprachen. Daran kann man nicht ablesen, wie sehr die Leute ihre Sprache schätzen. Heraus kommen dann eben so unregelmäßige und schwer zu erlernende Orthographien wie eben im Englischen oder Französischen*, gefolgt von ähnlich unphonemischen Systemen wie Irisch, Dänisch, Tibetisch, Birmanisch, usw. Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Man könnte vielleicht mal untersuchen, ob es nur hierzulande so viel Protest gegen eine Rechtschreibreform gab, und ob das nur bei dieser Reform der Fall war. Ich denke mir, die Leute haben ähnlich über die Reform um 1901 (oder wann das war) gedacht, nur gab’s damals kein Internet, über das jeder schnell seine Meinung kundtun konnte. Man müsste dafür also in ältere Sprachratgeber gucken… (Bastian Sicks Urgroßvater, o Graus!)

*) Du würdest dich wundern, wie völlig anders die französische Grammatik ist, wenn du sie nur auf der Aussprache basierst, statt auf der Orthographie. [ʒu, ʒu, ʒu; ʒuɔ̃, ʒue, ʒu], Verben haben gewöhnlich also nur 3 Formen im Präsens, der Plural wird meist nur am Artikel ausgedrückt, nicht am Verb. Das, was wir in der Schule als Pronomen gelernt haben (je, tu, il…) sind eigentlich fast schon Affixe geworden: ʒøʒu, tyʒu, ilʒu, nuʒuɔ̃, vuʒue, ilʒu. Bei der dritten Person unterscheidet man also nicht zwischen Singular und Plural am Verb. Okay, okay, ich schweife ab. Ich würde zu gerne mal eine Referenzgrammatik des heutigen Französisch lesen, die nicht auf der Schrift, sondern rein auf der Standardaussprache basiert. Viel würde sich stark vereinfachen. Einiges seltsame würde allerdings hinzukommen: Von vielen Adjektiven bildet man die maskuline Form, indem man von der femininen Grundform den letzten Konsonanten weglässt: vɛʀt > vɛʀ.

Viele Grüße :smile:

  • André
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…nicht alles, was der Zeitgeist vorgibt ist auch durchgeistigt…
…und ob nicht viel eher jene, die kritik- und gedankenlos sich der Mode von Tattoo und gepierctem Bauchnabel hingeben an einer „Abschaltung des Verstandes“ kränkeln als jene, welche diesen „zeitgeistigen Torheiten“ nicht frönen, das sei einmal dahingestellt.
Doch wessen Ohren bereits mit dem Mobiltelephon verschmolzen sind und wessen Kommunikation sich primär über „Fratzenbücher“ abspielt, dem mag vielleicht ein wenig das Verständnis dafür fehlen, daß es Menschen gibt, die nicht mit jeglicher Modetorheit zugange sind…

Gruß
nicolai

p.s. : denn für wen es kein „gestern“ gibt, für den gibt es noch viel weniger ein „morgen“ (allwo sich das heutige zum gestrigen wandelt) !

Moin,

vorab: auch ich ignoriere die neue Rechtschreibung weitgehend, und ich finde die alte ss/ß-Regel genauso einfach wie die neue. Ich wollte aber hierzu noch etwas sagen:

André klingt französisch, deshalb noch eine Bemerkung. Die
Franzosen haben die Rechtschreibreform nicht mitgemacht, die
wissen ihre Sprache mehr zu schätzen als die Deutschen und
haben auch besser gelernt, Widerstand zu leisten.

Die letzte französische rechtschreibreform datiert von 1990, ist also nicht wesentlich älter als unsere. Nicht, daß du da auf falsche Gedanken kommst.

Gruß

Kubi