Von meiner Meinung über die Neue Unrechtschreibung lasse ich
mich nicht abbringen. Dafür habe ich mich schon zu oft darüber
geärgert. Hab’ sogar 'mal bei eBay etwas gekauft, was ich
nicht wollte, nur weil es in zwei Worten statt in einem
geschrieben war und somit einen anderen Sinn bekam.
Naja… ich glaube, du hast mein Posting vielleicht falsch verstanden. Ich wollte dich nicht davon abbringen. Ich wollte dir nur zeigen, dass man früher oder nach alter Schreibung eben nicht weniger Fehler gemacht hat. Und das beweise ich dir an deinen eigenen Worten.
Die Sache mit ß oder ss ist nicht mein Problem. […] Letztlich ist
es nicht einfacher geworden, also wozu dann neue Regelungen.
Schreibst Du auch: Eine ss/ß-Schwäche gab es ja schon immer.
Ja, eine gänzliche Abschaffung fände ich auch sehr schade, aber es würde wohl nicht objektiv der Sprache oder Lesbarkeit schaden. Genauso denke ich auch über die Groß- und Kleinschreibung. Da würden sich die beschwerden, die sich umstellen müssten. Man hört ja immer mal, es würde die Lesbarkeit oder -geschwindigkeit verbessern, aber das stimmt natürlich nicht (es liegt nur an unserer Gewohnheit).
Und was soll eigentlich der Deppenapostroph bei 'mal?
Der Deppenapostroph hieß früher 'mal „Auslassungszeichen“. Das
habe ich beibehalten weil ich es gut finde.
Von wann den beibehalten? Nach der alten Rechtschreibung wurde dort keiner gesetzt. Ich glaube, hier übergeneralisierst du. Wann hat man dort denn einen Apostroph gesetzt? Schreibst du dann auch auf’s und in’s und vielleicht sogar a’m? Schließlich handelt es sich hier ja auch um Auslassungen.
Vielleicht doch eine ewig Gestrige? Was ist
daran übrigens falsch? Selbst Schiller schrieb „das ewig
Gestrige“. Und wenn Du „die Ewiggestrige“ oder „die ewig
Gestrige“ aussprichst, dann wirst Du merken, daß die zweite
Möglichkeit sich schöner und - meinem Sprachgefühl nach - auch
richtiger spricht. Solche kleinen Freiheiten erlaube ich mir
einfach.
Naja, er schrieb eben das ewig Gestrige (damals gab es aber auch keine fixe Rechtschreibung, glaube ich), also um etwas Abstraktes. Was du meinst, sind die konkreten Personen, laut Duden schreiben die sich zusammen, da sie lexikalisiert sind, daher die Zusammenschreibung heute. Aber gut.
Und nochmals: Grausam ist anders, lassemer dochma de Kirch im
Dorf, gelle.
Ja. Hast Recht. Ist ja alles Geschmacks- bzw. Gewohnheitssache.
Übrigens war ich in Rechtschreibung in der Schule durchweg gut
bis sehr gut - auch wenn nicht immer alles richtig war. Hatte
später auch Deutsch als Leistungskurs.
Joa, das glaub ich dir gerne. Viele Fehler machst du ja auch nicht. Wahrscheinlich mach ich auch nicht weniger. In Deutsch war ich (dank Literatur u.ä.) immer Mittelmäßig, aber in Rechtschreibung eigentlich immer sehr gut. Vielleicht ein erstes Anzeichen, dass ich mal Sprach- und nicht Literaturwissenschaftler werden würde. 
André klingt französisch, deshalb noch eine Bemerkung. Die
Franzosen haben die Rechtschreibreform nicht mitgemacht, die
wissen ihre Sprache mehr zu schätzen als die Deutschen und
haben auch besser gelernt, Widerstand zu leisten.
Ja, mein Name ist französisch, aber ausgesprochen wird er deutsch (also [ˈʔandʁeː] bzw. sogar [ˈʔantʁeː]). Französische Wurzeln habe ich allerdings nicht.
Die Franzosen haben unsere Rechtschreibungsreform natürlich nicht mitgemacht, aber sie hatten m.W. auch ihre eigenen Reformen, wie z.B. auch Spanisch, Isländisch, Chinesisch, Azeri, Russisch und weitere Sprachen. Daran kann man nicht ablesen, wie sehr die Leute ihre Sprache schätzen. Heraus kommen dann eben so unregelmäßige und schwer zu erlernende Orthographien wie eben im Englischen oder Französischen*, gefolgt von ähnlich unphonemischen Systemen wie Irisch, Dänisch, Tibetisch, Birmanisch, usw. Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Man könnte vielleicht mal untersuchen, ob es nur hierzulande so viel Protest gegen eine Rechtschreibreform gab, und ob das nur bei dieser Reform der Fall war. Ich denke mir, die Leute haben ähnlich über die Reform um 1901 (oder wann das war) gedacht, nur gab’s damals kein Internet, über das jeder schnell seine Meinung kundtun konnte. Man müsste dafür also in ältere Sprachratgeber gucken… (Bastian Sicks Urgroßvater, o Graus!)
*) Du würdest dich wundern, wie völlig anders die französische Grammatik ist, wenn du sie nur auf der Aussprache basierst, statt auf der Orthographie. [ʒu, ʒu, ʒu; ʒuɔ̃, ʒue, ʒu], Verben haben gewöhnlich also nur 3 Formen im Präsens, der Plural wird meist nur am Artikel ausgedrückt, nicht am Verb. Das, was wir in der Schule als Pronomen gelernt haben (je, tu, il…) sind eigentlich fast schon Affixe geworden: ʒøʒu, tyʒu, ilʒu, nuʒuɔ̃, vuʒue, ilʒu. Bei der dritten Person unterscheidet man also nicht zwischen Singular und Plural am Verb. Okay, okay, ich schweife ab. Ich würde zu gerne mal eine Referenzgrammatik des heutigen Französisch lesen, die nicht auf der Schrift, sondern rein auf der Standardaussprache basiert. Viel würde sich stark vereinfachen. Einiges seltsame würde allerdings hinzukommen: Von vielen Adjektiven bildet man die maskuline Form, indem man von der femininen Grundform den letzten Konsonanten weglässt: vɛʀt > vɛʀ.
Viele Grüße 