Ist es vorbei mit der Liebe?

Liebe/-r Experte/-in,

diesen Satz hast du wahrscheinlich schon zu genüge gehört, aber ich bin neu hier. Und erlaube mir mal, dich als Du zu bezeichnen.

Vielleicht kannst du mir so tolle Tipps geben, wie so manch anderen Usern hier! Darüber würde ich mich sehr freuen!

Also fang ich mal an: Mein Freund und ich sind jetzt gut 10 Monate zusammen und bisher lief immer alles perfekt. Wir verstehen uns gut und unternehmen viel zusammen.

Und darin liegt genau das Problem. Nach unserem gemeinsamen Urlaub, hat es sich eingespielt, dass wir uns fast ununterbrochen sehen. Er wohnt in einer ein Zimmerwohnung (die sehr klein ist) und da bin ich den ganzen Tag.

Du kannst dir vorstellen, dass das auf Dauer eng wird. Desöffteren hat er durchsickern lassen, dass er mehr Zeit für sich braucht, doch ich hab das ignoriert. (Frauen können das gut )

Naja und nun merke ich, wie er lieber Dinge alleine unternehmen möchte, an sich ist dies ja keine Schandtat und steht ihm zu, nur leider bin ich eine Person, die sich gleich Horrorszenarien ausmalt. Wie z.B. er macht bald schluss.

Gestern sagte er dann zu mir, er brauche einfach mal wieder Zeit für sich, damit unsere Liebe noch lange anhält.

Aber nun habe ich so die Befürchtung, dass ich alles zerstört habe, wenn es einmal bröckelt ist es vollbracht.

Was sagst du? Hast du einen Rat?
Vielen Dank
Miri

Liebe Miri,

das „Geheimnis“ (es ist ja eigentlich keins) guter und lebendiger Beziehung ist authentische Kommunikation. Was meine ich damit?

Authentische Kommunikation kommt da zustande, wo Menschen sich begegnen und aus dem innersten heraus alles sagen, was in ihnen gerade lebendig ist. Sie sprechen nur Dinge aus, die wirklich wesentlich sind und hören die anderen das aussprechen, was ihnen wesentlich ist. Wenn man sich dann auf eine Weise zuhört, die den anderen wohlwollend und nicht urteilend gegenübertritt, ist es möglich über alles zu sprechen. Und dann entsteht da ein Raum, wo Liebe einziehen kann. Im übrigen funktioniert das auch alleine mit sich selbst.
Liebe wäre dann nicht einfach nur ein Gefühl, aus dem Bauch heraus (die berühmten Schmetterlinge), sondern eine Haltung dem anderen (und sich selbst) gegenüber.

Wenn du das jetzt nimmst und vor diesem Bild deine Frage betrachtest, könntest du schnell herausfinden, was jetzt das Richtige für dich ist.

Meine Frage an dich: Weiß dein Freund von deinen Gedanken und Ängsten, die du hier schilderst? Wenn nein, warum nicht?
Und: Gibt es zwischen euch einen solchen Raum, wo jeder angstfrei von und über sich selbst sprechen kann? Wenn nein, warum nennst du es dann Liebe? Wenn ja, dann trefft euch und redet miteinander über die Dinge. Er scheint sich dir ja schon ein wenig mitgeteilt zu haben.

Und noch etwas: Deine Ängste müssen auch nicht beurteilt werden, ob sie berechtigt, falsch, zu groß oder sonstwas sind. Wenn Ängste auftreten, geben sie uns ein Signal, dass hier etwas im wahrsten Sinne des Wortes im Busche ist. Im Busch war früher der Säbelzahntiger, der das Leben bedroht hat. Heute sitzen da meist alte (Bedrohungs-)Erfahrungen, die uns nicht mehr bewusst sind, die aber unser Leben/Handeln beeinflussen. Das nennt man auch Konditionierung, da das Ganze oft wie automatisch abläuft. -> Schlüsselreiz -> Angstemotion -> angelernte Reaktion

Wenn du dich bereit findest, da mal dahinter zu schauen, wirst du einiges über dich erfahren können. Du siehst daran auch, dass dein Freund lediglich der Auslöser deiner Ängste aber nicht der Grund dafür ist.
Eine solche Konditionierung sind auch sogenannte Glaubenssätze wie der: „Wenn es einmal bröckelt, dann ist es vollbracht.“ Ein solcher Glaubenssatz ist ein Satz, an den du glaubst, den du also nicht mehr hinterfragst. In dem Fall heißt er soviel wie: wenn es einmal ins Rollen gekommen ist, kann ich nichts mehr machen. Glaubenssätze entheben uns unserer Verantwortung, da sie ja wahr sind und man nix dagegen machen kann. Die Wahrheit zwischen zwei Menschen wird aber stets von neuem in jeder Begegnung lebendig. Das heißt, es liegt ganz bei euch, wie ihr eure Begegnung gestaltet.

Richtig ist aber auch, dass Liebe ein Geschenk ist. Man kann alles „richtig“ machen und hat dennoch keine Garantie auf Liebe. Daher kann und darf Liebe auch vergehen. Sie dann dennoch mit Macht festhalten zu wollen ist sinnlos und ein hoffnugsloses Unterfangen, was oft in Krampf und Kampf endet.

Das heißt: Freilassen ist ein wesentliches Element der Liebe. Und das heißt auch den anderen frei zu lassen. Denn nur dann hat er/sie die Freiheit sich in Liebe dir zuzuwenden. Dein Freund zeigt sich als fürsorglich für eure Liebe, denn er bittet dich, ihn frei zu lassen, damit die Liebe lebendig bleiben kann. Wohin die Freiheit euch führt, weiß niemand, sonst wäre es keine Freiheit. Vielleicht führt sie euch zu neuer und tieferer Liebe, vielleicht auch auseinander. Erwachsen sein heißt auch, diese Offenheit zu leben und zu halten, ohne in den Reflex des „Festhaltenwollen“ zu verfallen.

So weit mal für jetzt.
Ich wünsche dir ein offenes Herz für eure Begegnungen

Falls du mehr über gelungene Kommunikation und lebendiges Miteinander erfahren möchtest, hier zwei Links:
http://www.eckhard-schwarzenberger.de/gemeinschaftse…
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