Ist meditation gefährlich?

liebes forum,

ich bin 23 jahre alt, student. ich habe vor 2 jahren eine psychotherapie (verhaltenstherapie) gemacht aufgrund meines mangelnden selbstbewusstseins. ich bin damals zum ersten mal in kontakt mit meditation gekommen, ich sollte bewusst auf meinem atem achten, meine füße etc. spüren, um mir meiner selbst bewusster zu werden. darüber hinaus habe ich mir literatur besorgt (eckhart tolle: jetzt) ich muss sagen, dass ich dies nicht hätte kaufen sollen. in meiner damaligen naivität habe ich fast alles geglaubt, was im buch stand, z.b. man solle seine gedanken ständig beobachten. das hat mit der zeit dazu geführt, dass ich meine eigenen gedanken mehr und mehr unterdrückt (auch beim meditieren) habe und bin dann nach gewisser zeit auf so eine seltsame metaebene gestoßen, sodass ich über mein eigenes denken angefangen habe nachzudenken. (ich weiß es klingt ziemlich verrückt und komisch)
heute meditiere ich nicht mehr und habe dieses wirre zeug hinter mich gelassen. nur manchmal kommt es vor, dass ich noch von selbst auf diese metaebene komme und mein eigenes denken in frage stelle (z.b. sollte ich diesen gedanken jetzt haben?)
ich weiß, das alles klingt befremdlich, aber manchmal macht es mir noch angst und ich denke, ich könnte verrückt sein, obwohl ich eigentlich ein ganz gewöhnlicher mensch bin. kennt sowas in der art jemand von euch? ich wäre dankbar für ein paar antworten
(ich persönlich glaube, dass mich diese art von gedanken nicht weiter bringen)

Viele Grüße

Philip

Hi Philip,

in meiner damaligen naivität habe ich fast alles geglaubt, was im buch stand, z.b. man solle seine gedanken ständig beobachten. das hat mit der zeit dazu geführt, dass ich meine eigenen gedanken mehr und mehr unterdrückt (auch beim meditieren) habe

Warum du die Gedanken unterdrückt hast, hat ja so erstmal nichts mit der Meditation zu tun, außer in dem Sinne, dass du beobachten konntest, dass du sie unterdrückt hast. Warst du dir dessen vorher bewusst? Wenn du dies allerdings beobachtet hast, dann frage ich mich, warum du dich nicht gefragt hast, warum du denn diese Gedanken unterdrückt hast? Dies hat allerdings mit Meditation dann vielleicht nur noch am Rande etwas zu tun. Dennoch solltest du dir diese Frage ja stellen. Für mich stellt sich folgendes Bild dar:
Du wirst zum allerersten mal durch Meditation mit deinen Gedanken konfrontiert. Du kannst damit nicht umgehen und deshalb hast du sie verdrängt. Kannste ruhig korrigieren das Bild, falls es für dich nicht stimmig ist.

und bin dann nach gewisser zeit auf so eine seltsame metaebene gestoßen, sodass ich über mein eigenes denken angefangen habe nachzudenken. (ich weiß es klingt ziemlich verrückt und komisch)

Das hört sich für mich eifnach nur nach einer ganz normalen gedanklichen Reflektion an.

heute meditiere ich nicht mehr und habe dieses wirre zeug hinter mich gelassen. nur manchmal kommt es vor, dass ich noch von selbst auf diese metaebene komme und mein eigenes denken in frage stelle (z.b. sollte ich diesen gedanken jetzt haben?)

Es wäre vielleicht auch ganz gut zu wissen, bei welchen Gedanken soetwas kommt? So, wie du schreibst, sehe ich da eher einen Abwehrmechanismus, dass dir irgendetwas nicht erlaubt, diesen Gedanken zu haben. Einen Zensor. Generell ist eigenes Denken in Frage stellen eine wichtige Sache, denn nur so kann man auch „falsches Denken“ korrigieren.

Was die Meditation anbetrifft würde sie eher sagen: Schau: Du fragst dich selbst, ob du diesen Gedanken haben solltest?

Um auf die Frage zu kommen: Es gibt sehrviele Meditationstechniken. Deshalb ist das pauschal auch überhaupt nicht zu beantworten. Bei manchen Techniken in denen gefährliches unterbewusstes Material ins Bewusstsein schwimmen können, kann Meditation durchaus gefährlich sein.

Hallo,

mit dieser Erfahrung bist du nicht allein. Wenn man sich antrainiert, den Focus auf die eigene Befindlichkeit zu richten oder seine Gedanken zu beobachten, zeigt dieses Training nach einiger Zeit auch Erfolge. Man automatisiert die entsprechenden Techniken und ist immer einfacher in der Lage, bestimmte Zustände zu erreichen.

Solange das gewollt ist, kann das hilfreich sein, um beispielsweise Entspannungszustände zu erreichen. Es kann sich aber auch verselbstständigen und dabei zum Zwang entwickeln und/oder Ängste auslösen, weil es nicht mehr ohne Weiteres willentlich kontrollierbar ist.

Der Weg, um aus diesem Zustand wegzukommen, ist ebenso simpel wie schwierig: Man muss es sich wieder abtrainieren. So, wie man vorher Energie darauf verwandt hat, sich bestimmte Zustände anzueignen, braucht man nun Energie, um sie wieder loszuwerden. Ein Weg, der immer wieder als erfolgreich beschrieben wird ist, ein inneres Stoppschild hochzuhalten, sobald die Gedanken in eine bestimmte Richtung gehen und sich zu verbieten, in dieser Richtung weiterzudenken. Hilfreich ist, sich eine Alternative zu suchen, mit der man sich gedanklich beschäftigen kann - oder sich körperlich anzustrengen, indem man z.B. rennt oder Treppen rauf und und runter läuft. Starke körperliche Anstrengung und Denken funktionieren nicht zusammen.

Mit Verrücktwerden hat das Ganze nichts zu tun. Leute, die Wahnvorstellungen entwickeln, wissen nicht, dass diese wahnhaft sind. Sie halten sie für real.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,

ich danke euch für eure Antworten und Tipps. Dass ich die Gedanken sofort unterdrückt habe stimmt zunächst erstmal so nicht. ich habe damals bei meinen sitzungen mit einfachen techniken begonnen wie beobachten des eigenen atems, fokussierung der aufmerksamkeit auf einzelne bereiche des körpers (spüren der füße). nach einiger zeit habe ich mir besagtes buch gekauft, in dem die rede davon war, dass unser denken etwas schlechtes sei und dass es nur darauf ankomme im hier und jetzt zu verweilen. diese message habe ich wohl falsch aufgefasst im sinne von man solle keine gedanken mehr haben/zulassen bzw. unterdrücken und nur noch im hier und jetzt verweilen.
es stimmt auch, dass sich die übung stets gegenwärtig (mit hilfe von meditation und anleitungen aus dem buch) zu sein mit der zeit zu einer gewissen zwanghaftigkeit entwickelt hat, da ich ja anfangs geschrieben habe, dass mein selbstwertgefühl damals niedrig war und es somit sicherlich ängste in mir ausgelöst hat.
Ich werde den Weg, den Jule beschrieben hat verfolgen. Mich stimmt es im Nachhinein traurig, dass man sich in so etwas stark verfangen kann und weshalb man mich in der therapie nicht stärker darauf aufmerksam gemacht hat, dass ich irgendwo etwas ganz deutlich missverstanden habe.

Gruss Philip

Philip

Hi Robinson,

Ja, da hast du Tolle wohl missverstanden. Ich habe das Buch vor langer Zeit mal gelesen. Viele Meditationen stellen das Denken als „böse“ dar. Man müsse in einem gedankenfreien Zustand verweilen. Ich weiß warum sie das sagen. Sie haben ihren guten Grund. Allerdings kann das auch nach hinten in die Hose gehen.

Im Jetzt zu sein würde aber ja auch bedeuten, dass du eben Jetzt Gedanken/Gefühle hast.

Hier jetzt das Lustige: Wenn du Jules Weg verfolgst, dann tust du das ja auch wiederrum nur im Jetzt…An einem anderen Zeitpunkt kannst du es gar nicht machen. Du kannst nicht in der Vergangenheit und auch nicht in der Zukunft handeln. Sondern nur Jetzt. So wie du auch nur Jetzt denken kannst und auch nur Jetzt fühlen kannst. Ich hab keine Ahnung ob Tolle das so gemeint hat. Aber so sehe ich das.

1 Like

Hallo Philip,

unter Umständen kann Meditation für bestimmte Menschen Risiken bergen. So würde ich es beispielsweise für problematisch halten, Menschen mit einer Neigung zur Schizophrenie bestimmte Meditationstechniken zu empfehlen.

Was Du schilderst klingt aber nicht wirklich gefährlich. Ich kenne das Buch, das Du seinerzeit gelesen hast, nicht. Was ich kenne, ist die allgemeine Zielsetzung bei der Meditation, das Bewusstsein von Gedanken möglichst zu „befreien“. Diese sollen aber keineswegs hinterfragt oder unterdrückt werden, sondern sie werden wahrgenommen und dann - was immer das genau heißen mag - losgelassen. Ich denke das jetzt. Und dass ich das tue, ist nicht gut und nicht schlecht.

Das Unterdrücken von Gedanken ist ohnehin ein Problem (siehe: Denken Sie jetzt nicht an einen blauen Elefanten). Anstatt sich zu instruieren „Ich will nicht mehr an meine Schwächen / mein Versagen / meine Ängste denken“, kann es unter Umständen hilfreich sein, die Aufmerksamkeit ganz gezielt auf sinnliche Wahrnehmungen zu richten: „Was kann ich jetzt gerade hören? (Den Gesang der Vögel, die Fahrgeräusche der Autos, den Rascheln des Laubes) Was kann ich gerade riechen? Was kann ich gerade spüren? Was kann ich gerade sehen?“

Beste Grüße
Prokrustes

Lies das Buch noch einmal! Das scheint mir für dich die beste Therapie zu sein. Bist du mit deinen Gedanken identifiziert? Wenn ja, wer bist du dann? Woher kommen die Gedanken, wessen Gedanken sind das? Deine eigenen oder die der anderen? Wessen Leben lebst du?

Tolle hat u.a. noch ein Buch geschrieben: „Stille spricht“. Allein der Titel deutet auf die eigentliche Herausforderung hin. Stille zu ertragen! Es geht dir vielleicht nicht wirklich um die Meditation, sondern um die Stille. Stille macht etwas mit uns!

Mache deinen Verstand zu deinem Werkzeug und habe Spass daran.

Gruß Ralf

Hi Ralf,

„Ich“ musste grinsen als „ich“ deinen Beitrag gelesen habe :smiley:
Sehr erheiternder Beitrag.

Hallo
Frage:
Was möchtest Du denn?
MfG