Ist meine Flasche 1989er Pallhuber Wein wertvoll?

Hallo, ich habe gerade eine volle Flasche eines 1989er Pallhuber Weins im Keller gefunden. Auf dem Etikett steht folgendes:
abfüller: heinrich maximilian pallhuber einkellerei gmbh D-6536 langenlonsheim
1989er Rheinhessen
Alsheimer Rheinblick
Kanzler u. Ortega Auslese
Qualitätswein mit Prädikat
Amtliche Prüfungsnummer 4 907 222 1392
9,0%vol 0,75l
Leider habe ich nur eine Flasche aber da sie nächstes Jahr 20 Jahre alt wird möchte ich trotzdem fragen, ob sie vielleicht etwas Wert ist.

Gruß
Xaver

Hi Xaver.

Leider habe ich nur eine Flasche aber da sie nächstes Jahr 20
Jahre alt wird möchte ich trotzdem fragen, ob sie vielleicht
etwas Wert ist.

Wenn’s ne Pfandflasche ist…
SCNR.

Grüße,
Grünblatt

P.S.: „Abgefüllt und original verkorkst von: Pallhuber&Söhne“ (Loriot, der Saugblas-Sketch)

Servus,

die Entfernung zwischen

Langenlonsheim

und

Alsheimer Rheinblick,

und diese beiden Rebsorten:

Kanzler u. Ortega

und dann noch diese Technik:

9,0%vol

durch Stoppen der Gärung dem Ganzen eine Traubensaftnote zu geben, die einen eher an Pils-plus-Kurzen Gewöhnten entfernt an ernst gemeinte Auslesen erinnern könnte

lässt davon abraten, den Inhalt der Flasche zum Kochen zu verwenden. Dann lieber doch trinken, falls es nicht zu schwer fällt. Wobei der Stoff in diesem Alter mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit eh schon hinüber ist. Falls nicht, halt einen Schluck Sprudel mehr dazu tun, dann wirds schon gehen.

Schöne Grüße

MM

Hallo Xaver,

dazu fällt mit folgende Anektote ein.

Helmut Kohl hatte Giscard d’Estaing zu Besuch im Kanzlermt. Der Herr ist ein bekannter Weinkenner und man wollte sich natürlich nicht blamieren. Das man sich mit den von Kohl geliebten Süßgetränken rheinlandpfälzischer Herkunft nur blamieren würde, war dem Protokollchef soweit klar, also wurde der Keller des Kanzleramts gesichtet. Dort fand man noch einige Flaschen eines recht alten Weines und servierte ihn.
Giscard d’Estaing kostete ihn, schon das Glas zur Seite und meinte nur: ‚oh, ein sehr alter Wein‘

Ob Kohl begriffen hat, was Giscard d’Estaing eigentlich meinte, ist nicht überliefert.

Gandalf

Pälzer: Das beste, was ein Mensch werden kann
Servus Gandalf,

zugegeben ist die Trefferquote beim Durchqueren der Keller im Blindflug auf der rechten Rheinseite höher als Linkerhand. Aber wenns die Leber mitmacht, kann man in RHP insgesamt und sogar im von früher her noch in Verruf befindlichen Rheinhessen ganz ergötzliche Stöffcher finden.

z.B. im Odinstal bei Wachenheim:

http://www.odinstal.de/deutsch.html

oder, für das nicht so pralle Scheckbuch:

http://www.niederkirchener-weinmacher.de/

und weiter südlich

http://www.weingutroessler.de/html/weingut.htm

und aus dem Pälzer Rothenburg auch

http://www.winzerverein-freinsheim.de/

usw. usw.

Und gleich hinter Langenlonsheim liegen die Wingerte des Nahetals: Wer da heute überhaupt noch Wein baut, kann sich Massenproduktion gar nicht mehr leisten, das machen andere billiger. Auch die Nahe ist eine Degustationstour wert, da hat es u.a. recht feine Steillagen auf Schiefer, „Mosel grüßt Rhein“ sozusagen.

Wohl bekomms!

MM

2 Like

Hallo Xaver,
einen Wein anhand des Etiketts zu analysieren hat immer etwas von Kaffeesatzleserei, kann aber durchaus spannend sein. Dabei macht selbstverständlich 90% des Spasses die anschließende Verkostung aus, die zeigt, ob man richtig gelegen hat.

abfüller: heinrich maximilian pallhuber einkellerei gmbh D-6536 langenlonsheim

Zunächst: Pallhuber - da dürfte schon das größte Problem liegen. Die Bezeichnung ‚Abfüller‘ wird bei Pallhuber gelegentlich gerne mit einem Augenzwinkern benutzt, da diese Firma regelmäßig mit einem Stab redegewandter (um nicht zu sagen: aufdringlicher) Verkäufer auf Messen präsent ist, wo potentielle Kunden schon mal ‚unverbindlich‘ aber idR umsatzfördernd ‚abgefüllt‘ werden.

Kleine Geschichte aus dem Nähkästchen - ich hatte an einem solchen Messestand (Mannemer Maimess) einmal interessehalber einen Weisswein aus dem französischen Jura verkostet (Pallhuber vertreibt auch ausländische Weine) und war über die deutlichen Sherrynoten erstaunt. Ein Blick auf die Flaschenbatterie am Nachbartisch ließ mich u.a. eine Flasche Sherry entdecken, woraufhin ich um ein anderes Probierglas bat. Und richtig - die ‚Sherrynoten‘ entpuppten sich als ungespültes Probierglas eines unbekannten Vorgängers. Da wendet sich der Gast mit Grausen …

Sicher ist nicht alles schlecht, was Pallhuber verkauft - jedenfalls aber handelt es sich bei Deinem Wein um keine Erzeugerabfüllung, was keinen wirklich großen Wein erwarten lässt. Vielmehr dürfte es sich um einen Wein handeln, der vom Erzeuger über das Fass vermarktet wurde, also eher Massenware. Darauf lässt auch die

Amtliche Prüfungsnummer 4 907 222 1392

schließen. Der letzten Zifferngruppe ist zu entnehmen, dass es sich um die Partie Nr. 13 handelt, die im Jahr 1992(!) von Pallhuber zur Prüfung vorgestellt wurde. Das ist eher ungewöhnlich - es ist zu vermuten, dass dieser Wein tatsächlich auch erst 1992 abgefüllt (auf Flaschen gezogen) wurde. Längerer Fassausbau als Grund ist sicherlich auszuschließen - eher, dass es sich um Massenware handelt, die zur Abfüllung auf freie Kapazitäten warten musste. Kein gutes Zeichen.

1989er Rheinhessen

Guter, wenn auch kein großer Jahrgang - allerdings nicht so gut wie der 88er und der 90er. Wenn es sich ansonsten um einen handwerklich gut gemachten, edelsüßen Wein handelt, der sachgerecht gelagert wurde, dürfte er jetzt und auch noch nächstes Jahr optimale Trinkreife haben.

Alsheimer Rheinblick

Schöne Lage mit tief in den Löß eingegrabenen Hohlwegen - ich kenne die Ecke von etlichen Mountainbiketouren. Alsheim liegt an der Rheinfront und hat gute Lagen, die allerdings mit den Spitzenlagen um Oppenheim, Nierstein und Nackenheim nicht ganz konkurrieren können. Allerdings ist der Rheinblick keine der besseren Einzellagen Alsheims, sondern eine Großlage - auch ein Indiz, das eher mittelmäßige Qualität erwarten lässt.

Kanzler u. Ortega Auslese

Rebsorten und Prädikat lassen deutlich auf einen edelsüßen Wein schließen. Die Cuvée ist ungewöhnlich aber nicht abwegig. Kanzler ist eine Rebe mit mittleren Lageansprüchen (eigentlich ist nur auf Frostgefährdung zu achten) und hohem Mostgewicht (85°-95° Oechsle) sowie fülligem, ‚stoffigem‘ Aroma. Ortega ist eine frühreife Rebe mit vergleichbar hohem Mostgewicht (oft 100° Oechsle), ebenfalls mit voluminösem, pfirsichartigem Aroma. Einen schlanken, spritzigen, eleganten Wein kann man da nicht erwarten - aber einen edelsüßen Dessertwein.

9,0%vol

Zumal die Gärung offensichtlich frühzeitig abgestoppt wurde. Interessant für eine Geschmacksprognose wäre hier natürlich der Restzuckergehalt und noch interessanter die Restsäure - ohne ausreichende Säure ist nur ein flacher, klebrig-süßer Wein zu erwarten. Der Restsäuregehalt ist wegen der unbekannten anteiligen Zusammensetzung der Cuvée (wieviel Kanzler, wieviel Ortega) kaum abzuschätzen - Kanzler hat idR ordentliche Werte um 10 g/l (Riesling typisch um 12,5), Ortega lediglich um 6 g/l (was sie auch als Tafeltraube geeignet macht). Die zu erwartende hohe Restsüße macht es wahrscheinlich, dass der Wein die Lagerung gut überstanden hat - der schwachbrüstige Alkoholgehalt spricht allerdings wieder dagegen. Wenn der Wein dunkel, kühl und liegend gelagert wurde, sollte er eigentlich trinkbar sein - vorausgesetzt, der Korken ist noch in Ordnung. Eine Geschmacksoffenbarung würde ich allerdings nicht erwarten und „wertvoll“ im Sinne eines hohen Marktwertes ist der Wein aus den oben genannten Gründen sicher nicht.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Gandalf,

dazu fällt mit folgende Anektote ein.

und ist es nicht wahr, so ist es doch schön erfunden … :wink:

Des Exkanzlers persönliche Weinpräferenzen kenne ich nicht - aber ich denke, dass der Keller des Kanzleramtes (gibt es so etwas?) ggf. mit Pfalzwein ‚besserer‘ Produzenten bestückt war/ist, die schon seit vielen Jahrzehnten für Qualität bürgen. Vor allem die notorischen Doppelnamen wären da zu nennen: Bürklin-Wolf, Müller-Catoir, Bassermann-Jordan oder Reichsrat von Buhl. Diese Betriebe hatten schon zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts einen guten Klang - als Pfälzer Weine auf dem internationalen Markt höhere Erlöse erzielten als Bordeaux-Weine.

Ansonsten hätte Herr Kohl sicher auch auf den hervorragend bestückten Weinkeller der BASF in seiner Heimatstadt zurückgreifen können (doch, doch - die BASF handelt auch mit Wein). Und dass bei einem Staatsbankett ein Sommelier für die Getränke zuständig ist, was Missgriffe mit überlagertem Wein ausschließt, sollte man schon annehmen können.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Ralf,

dazu fällt mit folgende Anektote ein.

und ist es nicht wahr, so ist es doch schön erfunden … :wink:

Des Exkanzlers persönliche Weinpräferenzen kenne ich nicht -

persönlich kenne ich sie auch nicht, habe aber von mehreren Begebenheiten gelesen, daß er süße Weine bevorzugt, die mehr unter Tafelweine einzuordnen sind.

Die Geschichte soll wohl auch eher seine Art beschreiben, die etwas gutsherrenhaftes hat und mehr auf die Quantität denn auf die Qualität der Speisen achtet.

Gandalf

passt scho … :wink: (owT)
.

Alsheimer

…vielleicht hilfts dagegen und Du wirst reich…

Gruß
K.

Dann kannst Du von mir ein „Z“ kaufen.