Ist Pfarrblatt Werbung?

Hallo!

Nehmen wir an, eine Pfarre bringt ein regelmäßiges Pfarrblatt heraus, das an alle Haushalte in der Diözese verteilt werden soll. Aus Kostengründen wird das Pfarrblatt von ehrenamtlichen Mitarbeitern ausgetragen. Müssen diese sich an „Bitte keine Werbung“-Aufkleber an Briefkästen und Haustüren halten? Wie ist „Werbung“ in diesem Zusammenhang eigentlich definiert?

Hinweis: Ich beziehe mich auf österreichisches Recht, aber vermutlich bestehen in diesem Punkt kein großer Unterschied zu Deutschland.

mit freundlichen Grüßen,
Birgit

Hi Birgit,

niemand muss sich an „Bitte keine Werbung“-Aufkleber an Briefkästen und Haustüren halten.

ist „Werbung“ in diesem Zusammenhang eigentlich definiert?

In welchem Zusammenhang? Unsere Kirchenblätter werben nicht, sondern informieren über das Gemeindeleben. Allerdings werden - schon aus Kostengründen - nur Gemeindemitglieder bedient.

Die Jugend in Sport-, Angel-, Gesangs- und Schützenvereinen sammelt alle 3 Monate Altpapier, das bringt bei uns (400 Seelen) 1200 Euro im Jahr. So nutzen wir die Werbung :smile:))

Gruß Ralf

Nehmen wir an, eine Pfarre bringt ein regelmäßiges Pfarrblatt
heraus, das an alle Haushalte in der Diözese verteilt werden
soll. Aus Kostengründen wird das Pfarrblatt von ehrenamtlichen
Mitarbeitern ausgetragen. Müssen diese sich an „Bitte keine
Werbung“-Aufkleber an Briefkästen und Haustüren halten? Wie
ist „Werbung“ in diesem Zusammenhang eigentlich definiert?

Es gibt - sogar in Deutschland - keine Gesetze oder Paragraphen, die sich ausdrücklich mit der Verteilung von Haushaltswerbung und Wurfsendungen befassen. Es gibt aber ein höchstrichterliches Urteil, wonach dem Empfänger unerwünschter Werbung ein Unterlassungsanspruch aus
Eigentum und Besitz sowie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
gegenüber dem Werbetreibenden zusteht. (BGH, Urteil vom 20.12.1988 - AZ: 6 ZR 182/88)

Anders sieht es nach einem Urteil des OLG Stuttgart aus, wenn es sich bei der Wurfsendung um ein Anzeigenblatt mit redaktionellem Teil handelt. Solche fallen nicht unter den Begriff „Werbung“, der Einwurf ist somit erlaubt. (OLG Stuttgart, Urteil vom 12.11.1993 - AZ: 2 U 117/93)

Aus diesem Urteil lässt sich aber rückschliessen, dass Hinweise auf dem Briefkasten, die dem Einwurf derartiger Anzeigenblätter ausdrücklich widersprechen, zu berücksichtigen sind. Da aber das Pfarrblatt einem Anzeigenblatt i. d. R. nicht gleichzusetzen sein dürfte, dürfte auch dieser Rückschluss hier nicht greifen.

Gruss
Schorsch

Hallo!

Mitarbeitern ausgetragen. Müssen diese sich an „Bitte keine
Werbung“-Aufkleber an Briefkästen und Haustüren halten? Wie

Ich würde ein Pfarrblatt nicht als Werbung einstufen, da dort ja weder zum Kauf von Produkten und Dienstleistungen aufgerufen wird und wohl auch kaum zum Eintritt in die Kirche (das Pfarrblatt bekommen ja nur Kirchenmitglieder).

Gruß

Nordlicht

Hallo!
Frage und Antwort zum österreichischen Recht:
Wenn man durch einen Aufkleber zu erkennen gibt, dass man keine Werbung wünscht, kann die weitere Zustellung von Werbematerial als Besitzstörung angesehen werde. Dagegen kann man mit Besitzstörungsklage vorgehen. Die Herausgeber und Verteiler eines Pfarrblattes werden sich auf den Standpunkt stellen, ihr Blatt sei keine Werbung. Ob dem Kläger der Beweis gelingt, dass das Pfarrblatt von dem „Bitte keine Werbung“-Aufkleber mitumfasst ist, bezweifle ich. Wenn man beim Pfarrblatt mit Aussicht auf Erfolg klagen will, wird der Hinweis an der Tür daher derart gestaltet sein müssen, dass auch das Pfarrblatt zweifelsfrei als unerwünscht erkennbar ist.
Weiter unter in diesem Thread wurde danach unterschieden, ob es sich bei den hinterlassenen Schriftstücken um Werbung handelt oder nicht, und wenn es keine Werbung ist, sei der Einwurf erlaubt. Das ist meines Erachtens nicht richtig (und lässt sich aus dem dort zitierten Urteil des OLG Stuttgart 12.11.1993, AZ 2 U 117/93, so auch nicht ableiten), weil es hier zivilrechtlich um die Sicherung des ruhigen Besitzes bzw. Eigentums und um die Unterlassung von Störhandlungen geht. Wenn der Besitzer der Wohnung keine Werbung will, hat man sich daran zu halten, und wenn er kein Pfarrblatt will, auch daran.
Nur um Missverständnisse zu vermeiden: die Besitzstörungsklage birgt wie alle rechtlichen Schritte Risiken und will wohl überlegt sein. Es wäre sicher empfehlenswert, eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Im Ergebnis werden es aber die Herausgeber und Verteiler zu respektieren haben, wenn jemand dieses Blatt nicht haben will.
Für Spezialisten: Der OGH hat sich in seinem Urteil vom 24.1.1996, 3 Ob 509/96 mit dem Anspruch auf Unterlassung der Verteilung von Werbematerial in einem Wohnhaus beschäftigt und wesentliche Aussagen zu in diesem Zusammenhang stehenden Fragen der Eigentumsfreiheitsklage, aktiven und passiven Klagslegitimation, mittelbaren Störung u.a. getätigt.
Grüße, Peter

Weiter unter in diesem Thread wurde danach unterschieden, ob
es sich bei den hinterlassenen Schriftstücken um Werbung
handelt oder nicht, und wenn es keine Werbung ist, sei der
Einwurf erlaubt. Das ist meines Erachtens nicht richtig (und
lässt sich aus dem dort zitierten Urteil des OLG Stuttgart
12.11.1993, AZ 2 U 117/93, so auch nicht ableiten),

Das war nicht, was ich abgeleitet hatte. Vielmehr hatte ich aus der Begründung, dass zur Verweigerung des Empfangs redaktionell gestalteter Anzeigenblätter eine über „Keine Werbung“ hinausgehende deutliche und konkrete Willensbekundung vorliegen müsse, fälschlicherweise den Rückschluss gezogen, dass eine solche Bekundung wirkungsvoll einen Anspruch auf Unterlassung begründen könne.

Gruss
Schorsch

Mit den nötigen Aufklebern (in Österreich deren zwei - von der Post und von der Werbewirtschaft). Außerdem gibt’s noch die Robinson-Liste - dort wird man aus Adressen-Listen von personalisierten Sendungen gestrichen. Adressen werden gehandelt, d.h. verkauft, und das von einer Institution (wie dem ÖAMTC) an andere (z.B. österr. Tierschutzbund - der vielleicht an den Samariterbund, weil Tierfreunde vielleicht auch Menschenfreunde sind …). Das nur grundsätzlich.

Im gegenständlichen Fall: Wenn sonst der Großteil der Werbung nicht mehr im Postkasten landet, ist ja schon viel gewonnen! Aus der Mücke eines Pfarrblattes würde ich nicht den Elefanten einer Besitzstörungsklage machen. Außer ich habe meine Freunde an Streitereien - soll es ja geben, solche Leute …

Und wenn ab und zu mal Werbung im Postkasten liegt: Es könnte sein, dass ungelernte Ausländer, die vielleicht nicht mal in ihrer Sprache lesen können, diese (mies bezahlten!) Verteilerdienste gemacht haben.

Gruß, Dietmar