Es gibt meines Erachtens keine treffendere Beschreibung für die Notwendigkeit von Philosophie, als die von Seneca in Briefe an Lucilius, Brief 16 ,und das ist absolut zeitlos:
Ein kleiner Auszug:
Nicht ist die Philosophie eine Allerweltskunst noch für die Zurschaustellung geeignet; nicht auf Worten beruht sie, sondern auf Handlungen. Und nicht wird sie dazu angewandt, damit bei einer angenehmen Unterhaltung der Tag vergehe, damit dem Müßiggang der Überdruß genommen werde: Sie formt und prägt den Geist, ordnet das Leben, regelt die Handlungen, zeigt, was man tun und lassen muß, sitzt am Steuerruder, und durch die Gefahren der Fluten lenkt sie den Kurs. Ohne sie kann niemand furchtlos leben, niemand unbesorgt. Unzählige Dinge passieren zu jeder einzelnen Stunde, die Rat erfordern, den man sich bei ihr holen muß.
Man wird einwenden: Was nützt mir die Philosophie, wenn es ein Schicksal gibt, was nützt sie, wenn ein Gott ein Lenker ist, was nützt sie, wenn der Zufall herrscht? Denn das Gewisse läßt sich nicht ändern, und keine Vorkehrungen können getroffen werden gegen das Ungewisse; sondern entweder ist Gott meiner Entscheidung zuvorgekommen und hat verfügt, was ich tun soll, oder der Zufall gewährt meiner Entscheidung keinen Spielraum.
Was auch von alledem zutrifft, oder wenn alles zutrifft - philosophieren muß man; sei es daß Gott als Gebieter über das Universum alles wohl geordnet hat, sei es, daß der Zufall die menschlichen Angelegenheiten willkürlich antreibt und durcheinanderwirbelt, die Philosophie muß unser Schutz sein. Diese wird uns ermuntern, Gott willig zu gehorchen, dem Geschick unbeugsam: sie wird dich lehren, Gott zu folgen, den Zufall zu ertragen.
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