Ist Wettrüsten Chickengame oder Taube-Falke-Spiel?

Hallo!

Ich habe mal eine Frage.

Das Wettrüsten der Supermächte soll spieltheoretisch erklärt werden. Ist es dafür eher sinnvoll das Chicken Game oder die Variante des Taube-Falke-Spiels zu nehmen?

Danke schon mal für die Antwort.

Hallo,

da du die Begriffe Chicken Game etc selbst ansprichst, gehe ich davon aus, dass du die Modellierungen also kennst.

Wettrüsten ist ein klassisches Beispiel für das Gefangenendilemma.

(Wenn dieser Satz nicht ausreicht, erläutere ich das noch näher.)

Viele Grüße

Wenn der Wert der Ressource, um die gekämpft wird, grösser ist als die gesamten Verletzungen, die sich die Falken im Kampf zufügen, dann ist die Falkenstrategie dominant.
Im umgekehrten Fall ist das Taube-Falken-Spiel isomorph zum Chicken-Spiel.

Gruss,
Peter

Dabei handelt es sich prinzipiell um das gleiche Spiel (strategisch äquivalent: http://en.wikipedia.org/wiki/Hawk-dove, bzw. Hawk-Dove ist die Verallemeinerung). Ich würde sagen das eine Hawk-Dove Varainte mit C>V (chicken game) am besten geeignet ist, da die beiden Supermächte ja nur Ausgaben haben und keinen Gewinn beim gegeseitigen Wettrüsten.

Servus!
Worin siehst du den Unterschied zwischen FTS und Chichenspiel? Hast Du da eine Quelle? Ich kenne die Ausdrücke nur synonym.
Gruß, Ferri

Danke für Deine Antwort.

Für das Gefangenendilemma habe ich bereits das Beispiel der Internetauktion. Was wäre denn dann ein Beispiel für das Chicken Game?

LG

Ein klassisches Beispiel für das Chicken Game sind die Autorennen wie aus dem Film „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ mit James Dean.
2 Autofahrer rasen auf einen Abrund zu. Die Autos können nicht gebremst werden.
Zu irgendeinem Zeitpunkt springt jeder Autofahrer aus seinem Auto. Wer zuerst rausspringt, verliert das Spiel. Er ist das „Chicken“ - der Angsthase.
Klar ist aber: Wenn beide nicht rausspringen, rasen sie in den Abgrund und sterben. Das ist dann der größte Verlust. Also Rausspringen ist immernoch besser als nicht rausspringen.

Ein etwas alltäglicheres Beispiel: In einem Betrieb hat eine Abteilung einen Fehler gemacht. Wer den Fehler dem Vorstand gesteht, wird zur Rechenschaft gezogen (und zb. gekündigt oder muss mit seinem Namen gradestehen). Wenn aber niemand den Fehler gesteht und alle wie die Angsthasen schweigen, kommt der Fehler bei der nächsten Betriebsprüfung raus, und die ganze Firma geht baden.

(Rückfrage zur Internetauktion = PD: Was ist in dem Beispiel die Entsprechung für das ‚punishment‘?)

Grüße

Also ich bräuchte schon eine alltägliche Situation, auf die ich das Chicken Game anwenden könnte.

Die Situation der beiden Autos stellt ja eigentlich nur das Grundmodell des Spiels dar.

Das Beispiel aus der Firma ist nicht schlecht, aber hättest du noch ein anderes?

Danke für die Antwort.

Ich hab allerdings in der Literatur nachgelesen, dass es sich dabei um ein Chicken Game bzw. Taube-Falke Spielvhandeln soll.

Je länger ich darüber nachdenke, würde natürlich auch das Gefangenendilemma in Frage kommen. Kann es sein, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, die komplexe Situation in eine simple theoretische Spielsituation zu pressen?

Wenn es sich wirklich nur um ein Gefangenendilemma handelt, dann nützt mir das Beispiel des Wettrüsten nichts. Ich brauch ein alltägliches Beispiel für das Chickengame. Hast du da ein Idee?

Welches Fach studierst du? Benötigst du das Beispiel für Ökonomie, für Psychologie oder Soziologie?.

Wettrüsten als Gefangenendilemma oder Taube-Falke-Spiel:

Taube-Falke ist mit Gefangenendilemma nicht direkt vergleichbar. Das Gefangenendilemma ist eine einmalige Interaktion zwischen Akteuren, hier ist das Ziel, eine Handlung rational zu erklären oder mittels des Nash-Gleichgewichts vorherzusagen.
Taube-Falke iteriert die Spiele und vergleicht zwei Strategien: Die dauerhaft Kooperierenden (Tauben) und die dauerhaft nicht-kooperierenden (Falken.) Die Fragestellung von Taube-Falke gehört zur evolutionären Spieltheorie - hier ist die Frage, welche Strategie langfristig Erfolg hat. Tauben und Falken spielen ja nicht gegeneinander, sondern miteinander innerhalb ihrer Population.

Wettrüsten kann man sowohl als das eine als auch das andere betrachten, je nachdem, welche Frage man verfolgt. (Hier wäre deine Aufgabenstellung hilfreich.)

  1. Wettrüsten als Gefangenendilemma
    Wettrüsten bedeutet, dass zwei Akteure -politische Systeme- sich entscheiden müssen, ob sie in die Rüstung investieren (‚nicht kooperieren‘) oder nicht (‚kooperieren‘). Die Entscheidung des einen hängt von den Entscheidungsmöglichkeiten des anderen ab, das ist mit Interdependenz gemeint.
    Wer nicht investiert (‚kooperiert‘), hat am Ende möglicherweise den ‚sucker’s payoff‘, wenn er vom anderen überfallen wird. Der andere freut sich darüber, denn er konnte den Feind besiegen. Er erhält die Auszahlung ‚temptation‘.

Wenn beide gleich viel investieren, so dass keiner den anderen überfallen kann, kriegt niemand die ‚temptation‘, aber beide müssen das ‚punishment‘ zahlen.

Wenn beide kooperieren, also das Rüsten einfach sein lassen, sparen sie das ganze Geld für die Rüstungsindustrie (‚reward‘). Keiner kann den anderen überfallen und keiner erhält somit die ‚tempation‘.

Das Nash-Gleichgewicht liegt bei beidseiter Nicht-Kooperation.

  1. Wettrüsten als Taube-Falke-Spiel
    Ich halte den Begriff „Wettrüsten“ nicht für geeignet, um ein Taube-Falke-Spiel damit zu beschreiben. Denn Wettrüsten beschreibt eine 1x-Situation.

Aber man kann Wettrüsten auch als aggressive Strategie einer Falken-Population nehmen. ZBsp indem ein Land in seiner Außenpolitik immer die militärische Lösung betont. (Soll’s ja geben… :wink: Oder wenn man mal in die antike Geschichte schaut… )
Während es andere Länder gibt, die sich immer aus allem raushalten und ihr Geld nicht für Militär ausgeben (Tauben).

Jetzt könnte man betrachten, welche der Strategien evolutionär erfolgreicher war oder ist.

Antwort zu Chicken folgt.

Danke für die Antwort.

Ich hab allerdings in der Literatur nachgelesen, dass es sich
dabei um ein Chicken Game bzw. Taube-Falke Spielvhandeln soll.

Je länger ich darüber nachdenke, würde natürlich auch das
Gefangenendilemma in Frage kommen. Kann es sein, dass es
mehrere Möglichkeiten gibt, die komplexe Situation in eine
simple theoretische Spielsituation zu pressen?

Wenn es sich wirklich nur um ein Gefangenendilemma handelt,
dann nützt mir das Beispiel des Wettrüsten nichts. Ich brauch
ein alltägliches Beispiel für das Chickengame. Hast du da ein
Idee?

Ich studiere Soziologie.

Universitäre oder sonstige wissenschaftliche Herausforderungen kann ich nicht parieren.

Ein guter Artikel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Brinkmanship
Mein persönlicher Kommentar:
In einem Lied heißt es: „Die Liebe ist ein Spiel der Ewigkeit“.
Die Kuba-Krise wurde nur durch das Eingreifen der Ewigkeit beigelegt.
Im Spiel Hitlers an mehreren Spieltischen (Westen, Osten) hat die Mutter des Mannes aus Nazareth geschummelt (also auch hier das Eingreifen der Ewigkeit): an der Front im Osten erschien sie nachts, für beide Spielteilnehmer sichtbar, am Himmel - sodass, wie glaubwürdig berichtet wird, selbst Hardlinern Tränen in die Augen traten… Das, was in den Männern dann vorgegangen sein mag, hat den weiteren Verlauf der Kämpfe sicherlich mitgeprägt… Ich habe einen Rosenkranz gesehen, den sich ein Soldat aus der Kriegsmunition angefertigt hat.
Wenn es stimmt, dass es keine Zufälle gibt, dann muss der Begriff „Spiel“ meines Erachtens neu definiert werden. Hat es also Sinn zu singen: Die Liebe ist ein Spiel der Ewigkeit?
Und wer ist der Gegenspieler, sodass es Spiele gibt, in denen die Angst mitmotiviert - egal ob sie nun Chicken Game oder Taube-Falke-Spiel heißen?

Das Wettrüsten der Supermächte … spieltheoretisch:
Chicken Game oder Taube-Falke-Spiel?

Hi,

sorry für die späte Antwort, ich hoffe, sie bringt dir jetzt noch was…

Das ist eine sehr interessante Frage, wobei ja Taube-Falke mit geeigneter Wahl der Parameter ein chicken game darstellt. insofern könnte ich mich da schonmal nicht entscheiden.
Von der Modellierungslogik her würde ich sagen, dass Taube-Falke besser passt, wenn man die REINE Aufrüstung betrachtet:
Dass zwei Falken aufeinandertreffen bedeutet also, dass zwei (benachbarte?) Staaten aufrüsten, aber noch nicht unbedingt, dass es auch zum Krieg kommt. In diesem Fall verlieren beide und sie müssen auch immer weiter aufrüsten bis sie schwer verletzt (=pleite, diplomatisch isoliert, o.ä.) sind.
Zwei Tauben fliegen halt mal bissl mit irgendwelchen Sonden übereinander drüber, spionieren sich aus etc. (=anstarren), haben dadurch aber keine allzu hohen Verluste.
Wenn Taube und Falke aufeinander treffen, gibt die Taube das, worauf der Flake scharf ist, ohne Kampf preis (Land, Rohstoffe, Geld, Einfluß…).
Wobei hier die Frage ist, ob die Taube sich so einfach zurückziehen kann… die Länder sind ja danach immernoch benachbart und das Falkenland kann dieses Spielchen ewig so weitertreiben…

Wie gesagt: das würde ich nur für die Aufrüstung so modellieren, sobald es tatsächlich zum bewaffneten Konflikt kommt, muss man denke ich anders modellieren und es geht v.a. auch darum, wie gekämpft wird (Atomwaffen ja/nein: die Frage, ob mein eigenes Land noch da ist, wenn ich den Krieg „gewonnen“ habe, beeinflusst die Auszahlungsmatrix denke ich nicht unerheblich ^^).

Hoffe, ich konnte helfen - wenn auch spät.
Sebastian