Iwan Demjanjuk - was ist zu erwarten

Hallo,

nachdem Demjanjuk nun nach München
überstellt wurde, wäre meine Frage,
was hier zu erwarten wäre. Oder -
falls nichts zu erwarten ist, was
die Aktion dann soll.

Liegt es daran, daß er möglicherweise
an der Ermordung *Deutscher* in Sobibor
beteiligt war? IIRC hatte er den niedersten
Dienstrang der Trawniki-Wachleute.

Vergleichen wir (http://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Streckenbach):
Bruno Streckenbach, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS

  • Einsatzgruppenführer in Polen (1939)

  • Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD Krakau (1939)

  • RSHA Amtschef (1940)


    Ein erstes deutsches Ermittlungsverfahren wurde im
    September 1956 von der Hamburger Staatsanwaltschaft mit
    der Begründung eingestellt, „daß auch die weiteren Ermittlungen
    nicht den Nachweis erbracht haben, der Beschuldigte habe unter
    der Herrschaft des Nationalsozialismus strafbare Handlungen
    begangen, deren Verfolgung noch nicht verjährt wären“.

und

 ...
 Ein erneutes Ermittlungsverfahren mündete in einer Anklage-
 schrift vom 30. Juni 1973, in der Streckenbach wegen Mordes 
 an mindestens einer Million Menschen beschuldigt wurde. 
 Aufgrund eines letztinstanzlichen Gutachtens des Gerichts-
 ärztlichen Dienstes der Hamburger Gesundheitsbehörde lehnte 
 das Hanseatische Oberlandesgericht am 20. September 1974 
 die Eröffnung des Hauptverfahrens ab
 ...

Was ist also an Demjanjuk so bedeutsam?

Grüße

CMБ

Hallo, du vergleichst die beiden doch nicht ernsthaft und fragst dich was da anders ist?

der erwähnte Bruno war also ein recht hohes Tier, aber offenbar eher ein Papiertiger, der Millionen in den Tod schickte, per Kugelschreiber (so kam es mir beim überfliegen des Artikels vor). Also insgesamt ein Nazi durch und durch und zu Amt und Würden gekommen.
Hinzu kommt, dass es kurz nach dem Krieg in der justiz, die die betroffenen zu richten hatten, durchaus immer noch dieselben Speichellecker gab, die ihr möglichstes taten, um den alten GEnossen ein Leben nach dem 1000jährigen Reich zu ermöglichen.
Vielleicht gibts dazu ja nen Tagungsband http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=9175
http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/8632/

Demjanjuk dagegen war im Lager dabei und hat die LEute beim sterben „begleitet“. Dabei hätte er es besser wissen müssen, denn er selbst war eigentlich Kriegsgefangener und damit eigentlich auch im weitesten Sinne Zwangsarbeiter. So nun stell dir mal vor, wenn er damit durchgekommen wäre, dann hätte er sich womöglich auch in die Reihen der ausgenutzten Zwangsarbeiter stellen können, die Entschädigung verlangen. Bitt schön nicht falsch verstehen, Entschädigung für unmenschliche Arbeitsbedingungen ist ja ok, aber wenn man sich offenbar oder angeblich meldet um „solche“ Arbeiten zu verrichten, dann ist das was anderes als in einer Munitionsfabrik zu arbeiten oder bei der IG FArben Giftgas abzufüllen. HAt zwar den selben ZWeck erfüllt, sprich die Tötung von MEnschen, aber er war nun eben wesentlich direkter dabei.

Und im wesentlichen ist derzeit offenbar das Problem (wenn man wiki glauben kann, ich bin nicht sicher inwieweit Infos zu diesen Zeiten und solchen PErsonen nicht von braunen Schreiberlingen infiltriert sind) eher eine Abschiebung aus den USA gewesen, da er seine Staatsbürgerschaft durch seine Tätigkeit in diversen KZs verlor und durch die Verbindung mit Iwan dem Schrecklichen, die wohl als unwahr geklärt ist, aber eben immer noch an ihm klebt. Aber die Schieben natürlich ins Ursprungsland ab und das wollte er nicht, denn was soll er heute in der Ukraine.

Sprich so wirklich will ihn keiner haben, das ist vermutlich alles, und da wo er hingehört, will er nicht hin.
Bleibt also abzuwarten, dann erledigt sich die Sache von selbst.
Gruß Susanne

Die US-Staatsbürgerschaft
Was mich in diesem Fall eher interessiert:
Offensichtlich ist diesem Demjanjuk wiederholt die US-Staatsbürgerschaft aberkannt worden. Aufgrund welcher Rechtslage ist das nach US-Recht möglich? Hat er die Behörden bei der Einbürgerung getäuscht oder kann man als Einwanderer niemals vollwertiger US-Bürger werden?

Schöne Grüße,

RH

Moin Moin

Was ist zu erwarten…
Einersetis erwarte ich, daß es der wahrscheinlich letzte Kriegsverbrecherprozess des zweiten Weltkrieges ist, denn der Rest dürfte sich auf biologische Weise erledigt haben.
Andereseits wird dieser Prozess noch einmal die Ereignisse von Damals an die Oberfläche holen und beleuchten, daß es nicht nur die Deutschen waren, die an diesen Verbrechen beteiligt waren, sonder vielfach auch die Einheimischen der besetzten Gebiete, die teilweise schlimmer waren als die Besatzer selbst.
Ich will hier weder eine Lanze für die deutschen Besatzer brechen, noch eine Rechtfertigung für den Holocaust versuchen, bevor das irgendwer falsch Versteht, sich ist aber, daß ein Völkermord diesen Ausmaßes nicht möglich gewesen wäre ohne Leute wie Demjanjuk oder den zahlreichen anderen „Trawnikis“
Im aktuellen Spielgel ist gerade ein sehr interessanter Artikel hierzu erschienen.

Iwan (John) Demjanjuk ist einer der letzten Kriegsverbrecher, die abgeurteilt werden können, auch wenn ich stark vermute, daß er nicht Verhandlungsfähig sein wird, geschweige denn das Ende des Prozesses erleben wird. Immerhin ist der Mann 1920 geboren…

In Meinen Augen geht es ums Prinzip, und das ist auch gut so.

Ich weiß nicht wie wir reagiert und gehandelt hätten wenn wir in dieser Zeit gelebt hätten, und ich bin wirklich froh, daß ich es nie herausfinden muß (hoffe ich mal), aber wer wegen Verbrechen an der Menschlichkeit angeklagt ist, wie hier wegen 29000 (!) fachen Totschlags, der muß vor Gericht gestellt werden.

Es ist für die Hinterbliebenen und die Überlebenden von unendlicher moraliscger Wichtigkeit, daß diese Prozesse geführt werden, auch wenn es nichts ungeschehen machen kann. Es ist also ein hoher symbolischer Charakter, der in diesen Prozess mit reinspielt und der nicht zu verleugnen ist.

Iwan Demjanjuk ist ein Schuldiger, der auch selbst getötet hat und dann seelenruhig als DP, als displaced Person, die Amerikaner in Deutschland unterstütz hat und schließlich nach Amerika ausgewandert ist, wo er als angenehmer Kollege und netter Nachbar bekannt war, und das muß wie ein Schlag ins Gesicht für seine Opfer und ihre Familien sein.

Seine Taten dürfen nicht ungesühnt bleiben und seine Rolle in der Geschichte darf nicht unbeachtet und ungestraft bleiben.

Gruß
der Nemrod

Moin Roland…

Er hat die Behörden definitiv bei der Einwanderung getäuscht. Wenn man in die USA reist, muß man im Flugzeug ein ellenlanges Formular mit teilweise irrwitzigen Fragen ausfüllen (eine ist z.B. ob man vorhat, in den USA einen terroristischen Anschlag zu verüben),
und ebenfalls steht dort die Frage : „Sind oder waren Sie/Angehörige Ihrer Familie Nationalsozialisten und ware an Kriegsverbrechen beteiligt“.
Den genauen Wortlaut krieg ich nicht mehr zusammen, aber so in der Art ist diese Frage. Kreuzt man das mit „Ja“ an, kann die Einreise in die USA verweigert werden und ich denke mal, genauso verhält es sich bei der Einbürgerung. Er muß also bewußt falsche Angaben gemacht haben, und das allein reicht eigentlich schon aus.

Das erste mal wurde ihm die Staatsbürgerschaft aberkannt, weil man der Meinung war er wäre unter dem Namen „Iwan der Schreckliche“ Aufseher in einem KZ gewesen und hätte dort greultaten an Gefangenen begangen. Dieser Vorwurf stellte sich allerdings als falsch heraus, und da seine anderen Verbrechen in Sobibor und anderen KZ´s zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt waren, erhielt er die Staatsbürgerschaft zurück.
Er hat also, wenn man so will, zweimal die gleiche Lüge gebraucht, und die USA behalten sich das Recht vor jedem, dem sie die Staatsbürgerschaft verliehen haben, diese auch wieder abzuerkennen, wobei es nach dem 11.09. sowieso fast unmöglich geworden ist, die Staatsbürgerschaft zu erhalten.
Die meisten Ausländer, die in den USA leben sind „Aliens“…
Sie habe die sogenannte GreeCard oder auch AlienVard, die befristete Aufenthalts-und Arbeiterlaubniss, die in regelmäßigen abständen, ich glaube alle drei Jahre, erneuert werden muß.
Als eine Freundin von mir in die USA auswandern und einen Amerikaner heiraten wollte, waren die Formulare und Fragebögen so zahlreich, daß sie drei Leitzordner füllten und sie Mußte in die Amerikanisch Botschaft in Frankfurt zu einem persönlichen Gespräch. Und obwohl sie mit einem Amerikaner Verheiratet ist, hat sie nur eine befristete Erlaubiss und die muss regelmäßig erneuert werden.
Das ganze ist zwar leicht schizophren, aber die Amerikaner sind halt so… :wink:

Ich hoffe, ich konnte etwas helfen.

Gruß
der Nemrod…

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