Jahwist - Elohist - Priesterschrift

Hallo,

ich bin etwas irritiert. Meines Wissens ist der El-Glaube in der jüdischen Religion älter als der Jahwe-Glaube, der erst von Moses eingeführt wurde. Trotzdem ist der Elohist, eine der drei Quellen der Bibel, angeblich jünger als der Jahwist. Wurde nun der Elohist trotz des älteren Ursprungs nur später aufgeschrieben (schließlich war den Priestern nach Moses der jahwistische Teil der nächste und wichtigste, darf ich vermuten)? Wurden die beiden Strömungen vielleicht auch erst zu einem späteren Zeitpunkt kombiniert, da ja wohl nur ein Teil des jüdischen Volkes sich in Ägypten befand, während der andere noch dem El-Kult anhing? Oder bringe ich da irgendetwas total durcheinander?

Gruß,
Ulrich

Hallo.

ich bin etwas irritiert.

Ich auch. Was meinst Du, es handelt sich hierbei doch um den selben G’tt? Oder anders gesagt, was ist dann u.a. dem Sch’ma (5. B. Mos. 6:4)? Dort steht beides nebeneinander.

>da ja wohl nur ein Teil des jüdischen Volkes sich in Ägypten
>befand

Jetzt wird es immer merkwürdiger. Wie kommst Du darauf? Nach der Tora ist das jüdische Volk durch Jakow gegründet und dessen Familie ist nach der Tora wegen der Hungersnot und Josefs Amt nach Mitzrajim ausgewandert (bis Mosche nur sieben Generationen).

Welche andere Schrift ausser der Tora „definiert“ zum einen, was das jüdische Volk ist und wo zum anderen steht obiges?

Schalom,
Eli

J-E-P
Hi Ulrich

über die Einteilung der Torah in Jahwist und Elohist und Priesterschrift hatten wir kürzlich schon eine intensive Diskussion - ist bereits im Archiv, hier das Link dorthin:

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

…Meines Wissens ist der El-Glaube in
der jüdischen Religion älter als der Jahwe-Glaube, der erst
von Moses eingeführt wurde.

Das kommt drauf an, ob du es als reine religionshistorische Frage meinst: dann wäre dies (wie Elimelech zu Recht bemerkt) eine Frage nach der semitischen, nicht nach der jüdischen Religionsgeschichte.

Rein historisch fragst du also, welche Kulte dem möglicherweise durch eine historische Person „msh“ in einer sich konsolidierenden Gruppe semitischer Stämme eingeführten „jhwh“-Kult vorausgingen… und diese Frage kann man nur so beantworten, daß man das nicht genau weiß. Unter semitischen Stämmen, zu denen nicht nur die später „Israeliten“ genannten gehörten, sondern auch die Akkader, die Babylonier, die Ugarit-leute… und übrigens auch die Kanaanäer… gab es unter vielen anderen auch „el“-Kulte (el, il, ilu…), aber eben auch andere (wie man noch an der Auseinandersetzung zwischen Moses und Aaron erkennen kann)

Trotzdem ist der Elohist, eine der
drei Quellen der Bibel, angeblich jünger als der Jahwist.

Tatsächlich wird den „J“ genannten Textteilen das 10./9. Jahrdt. zugeschrieben, die „P“-Teile datiert man in die nachexilische Zeit. Aber auch in den Teilen der Torah, die man als „J“ von anderen unterscheidet, wird häufig Jahwe-Elohim geschrieben… so z.B. in 1. Moshe 2.4. Dabei ist aber zu beachten, daß 'eloah im althebräischen nicht nur ein Eigenname war, sondern auch den Gattungsbegriff „Gott“ wiedergab…

Wurde nun der Elohist trotz des älteren Ursprungs nur später
aufgeschrieben (schließlich war den Priestern nach Moses der
jahwistische Teil der nächste und wichtigste, darf ich
vermuten)?

Diese J-E-P-Einteilung ist erst ein Produkt der neueren religionshistorischen Forschung. Sie ist eine rein textanalytisch gefundende Rekonstruktionsmöglichkeit - Textfunde aus dieser Zeit gibt es nicht (siehe dazu die Diskussion in dem oben zitierten thread). Sie wurde hauptsächlich nach den unterschiedlichen Schreibstilen vorgenommen, die man im Pentateuch zu finden meint. Sie ist außerdem nur EINE Möglichkeit, die offenbar sehr verschiedenen Quellen des Pantateuch zu deuten. Die Uppsala-Schule z.B. vertritt die Auffassung, daß die J-E-P-Quellen keine selbständigen Urkunden gewesen seien, sondern nur die Spuren verschiedener Schulen mündlicher Überlieferung… Andere Interpretationen neuerer Zeit sehen die Sammlung als aus einer großen Menge von Einzelstücken kompiliert an…

Welche Texte real einer Priesterschaft des 9. oder 5. Jhdts vorgelegen hat, ist dagegen bis heute unbekannt…

Gruß
M.G.

etc…
…vielleicht ist dir auch unten im aktuellen Brett
im thread „Ursprünge des Judentums“ (von nada)
der Artikel „Israel und der Monotheismus“ noch weiter nützlich…

Lieber Eli, liebe(r?) Metapher,

Vielen Dank für eure Antworten bzw. auch Fragen. Ich möchte zunächst einmal Eli antworten. Bei dem, was ich Dir antworte, berufe ich mich dabei im wesentlichen auf
R. Albertz, Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit, 1. Band, Vandenh. u. R., Göttingen, 1992.

Die Frage nach einem Gott oder zweien ist vielleicht nicht ganz so einfach zu beantworten. Nach Albertz (und hier steht er sicher nicht allein) hatte auch Abraham im Prinzip den gleichen üblichen Glauben, wie er im semitischen Bereich üblich war, wonach der anzubetende Gott ein Gott der Familie war (oder auch des Ortes z.B.). Wechselte man den Ort oder auch die Familie, so fand man nichts dabei, nun eben den anderen (Schutz-)Gott anzurufen. Der „Gott meiner Väter“ war eben nur einer unter vielen, eben der „Familiengott“. Eine klare Trennung zwischen diesen Göttern war allerdings wohl (hier: nach meinem Verständnis) nicht unbedingt gegeben oder bedeutungslos. Dies ist vielleicht zu vergleichen mit der Maria von Lourdes und der von Fatima. Wie die Bibel auch mehrfach sagt, wurden sogar auch nach Moses auch andere Götter angebetet und zwar ganz „legal“. Siehe z.B. nach in Ex. 22,27[28], wo zur Achtung vor den Göttern aufgerufen und deren Urteil in juristischen Streitfällen gesucht wird (Ex.22,8[9]). Und dies sogar nur zwei Kapitel nach der Nennung der 10 Gebote. Es handelte sich dabei (hier müßte ich noch mal genauer nachlesen) um sogenannte Teraphim, die so etwas wie untergeordnete Götter waren oder vielleicht auch Ahnengeister symbolisierten. Auch David hatte offensichtlich solche Götter in seinem Haus. Seine Frau steckte jedenfalls einen dieser Götzen unter seiner Bettdecke, bevor er vor Sauls Schergen floh, um diese zu täuschen (1.Sam.19,13). Dergleichen Beispiele gibt es in der Bibel mehrere (s. a. Jakobs Frau Rahel in Gen.31,19-34). Diese Nebengötter meinte ich jedoch nicht, sie zeigen aber, wie auch die zahlreichen Auseindersetzungen der Bibel mit dem Götzendienst, daß auch der damalige Glaube nicht so streng monotheistisch war, wie viele Leute glauben.

Doch nun zu Jahwe. Moses entdeckte Jahwe erst bei seinem Schwiegervater, einem midianitischen Priester. Seinen Namen muß er, angesichts der bis dahin üblichen Konkurrenz der Götter, auch erst erfragen, um ihn an seine Landsleute weiterzureichen. Dieser Gott ist vermutlich auch nur einer der vielen örtlichen Götter, ähnlich El, nach der Interpretation von Albertz aufgrund mehrerer Hinweise in der Bibel und evtl. auch im Namen ein Berg- oder Wettergott. Dieser wurde nun übernommen, vielleicht auch als der gleiche vermutet und für die nun Hebräer genannten Juden vom Familiengott zum Volksgott gewandelt (entstammten sie doch entsprechend ihrer Genealogie (angeblich) alle einer Familie), der nun aber auch ganz andere Charakteristiken aufzeigt. Z.B. erscheint er jetzt nicht mehr dem einzelnen, sondern weitestgehend nur über Propheten oder andere Führer (Moses) und legt politische Ziele fest (hier z.B. die Befreiung der Hebräer). Auch der Alleinvertretungsanspruch Gottes tritt erst jetzt auf, vermutlich im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, eine politische Einigkeit im Volk zu erreichen. Und die gemeinsame Nennung von El und Jahwe, im Deutschen übersetzt als „Gott der Herr“ ist sicherlich dem Bemühen zu verdanken, die alleinige Person dieses Gottes hinter den zwei Namen zu verdeutlichen.
Und nun zur Aufteilung des jüdischen Volkes: Hier habe ich mich einfach auf Albertz verlassen, der dies auch wohl begründet, ich habe aber diese Begründung leider vergessen und sie auch noch nicht wiedergefunden. Ich hätte vielleicht besser schreiben sollen:“ da sich ja eventuell nur ein Teil des jüdischen Volkes in Ägypten befand.“
Die exakten Angaben der Bibel zu den Generationen von Adam und Eva bis zu Moses würde ich übrigens zumindest zum Teil in Frage stellen wollen. Schließlich wurden diese Angaben doch zunächst über Jahrhunderte mündlich tradiert (oder konnte bereits Kain persönlich aufschreiben, wo er seine Frau hernahm?). Sicher, nach religiöser Sichtweise wurden diese Dinge Moses von Gott mitgeteilt. Aber ich neige da nun eher zu einer etwas weltlicheren Sicht. Diese allzu wörtliche Interpretation der Bibel wird doch heute auch von kaum einem ernsthaften Theologen noch aufrechterhalten (die amerikanischen Kreationisten und auch einige jüdische ebenso wie islamische Orthodoxe nehme ich hiervon einmal aus).

Nun zu Metapher.
Ich hätte in meiner Anfrage anmerken sollen, daß ich die für mich neue Angabe dieser zeitlichen Reihenfolge letztlich aus Deinen kürzlichen Angaben entnommen habe. Dies ist ohne böse Absicht passiert und hätte Dir vielleicht ein paar Zeilen erspart. Ich war nur, wie gesagt, irritiert, weil ich - offensichtlich aus eigener Vermutung heraus statt aus eigenem Wissen - die andere Reihenfolge als natürlich ansah und mich fragte, ob denn all das, was ich gelesen hatte, evtl. nur die Meinung eines irrigen Exoten sei. Diesbezüglich habe ich mich aber mittlerweile etwas beruhigt, wenn auch nicht alles bereits letzter Stand der Wissenschaft sein muß/wird. Das obige Buch, das als wissenschaftliches Buch und nicht als populärwissenschaftliches Buch zu verstehen ist, ist in meinen Augen übrigens sehr zu empfehlen, wenn ich auch anfänglich einige Probleme hatte, da vieles als bekannt vorausgesetzt wurde, was mir noch unbekannt war.
Wenn Du an der obigen Darstellung, in der ich mich ausdrücklich auf Albertz beziehe, über das von Dir bereits geschriebene hinaus etwas anzumerken hättest, wäre mir das eine sehr große Hilfe.
Also nochmals: vielen Dank!

MfG,

Ulrich

Hallo Ulrich,

habe ich doch richtig vermutet, dass es hier um angeblich wissenschaftliche Forschung geht. Ich habe meine Probleme damit, wenn irgendwer meint, aus einem Text seine Entstehung herauslesen zu können. Zu viel subjektive ‚Erkenntnisse‘ gewinnen hier die Oberhand und herauskommt nicht mehr, als ein „so könnte es auch gewesen sein“.

Ich möchte hier nicht dem Versuch widersprechen, die Bibel wissenschaftlich zu analysieren, aber dabei muss jeder ernsthafte Wissenschaftler genau trennen und schreiben was er wirklich weiss und wo die Spekulation anfängt. Wenn dabei nicht viel herauskommt, dann ist mir das lieber, als wenn jemand schreibt, wissenschaftlich erwiesen ist …

Die subjektiven Einflüsse sehe ich alleine schon in dem, was du geschrieben hast. Vieles davon ist so christlich geprägt, dass ich denn ursprünglichen Inhalt kaum wiedererkenne.

Schalom,
Eli

Hallo Eli,

es stimmt, ich möchte gern ein wissenschaftlich möglichst abgesichertes Bild des Ursprungs des Judentums und damit auch des Christentums und des Islams haben. Daß das von mir wiedergegebene Bild christlich sei, mag in sofern stimmen, als einige der jüdisch-religiösen Vorstellungen aufgrund der auseinanderlaufenden Entwicklung im Christentum verlorengingen und somit auch in der versuchten wissenschaftlichen Interpretation nicht enthalten sein mögen. Auf keinen Fall will ich dabei ausschließen, daß manche jüdischen Interpretationen aufgrund der direkteren Tradition in der Tat den Inhalt besser wiedergeben in dem Sinne, wie er bei Schriftlegung verstanden wurde. Beim Lesen der von mir zu Rate gezogenen Literatur habe ich aber den Eindruck gewonnen, daß hier eine sehr ernsthaftes und auch sehr kompetentes Bemühen vorliegt.
In jedem Fall muß auch die Bibel wissenschaftlich hinterfragt werden (können). Ich will dabei gern zugeben, daß ich aufgrund meiner atheistischen Haltung gewisse Interpretationen für mich ausschließe. Ich hoffe, daß Dich diese „Voreingenommenheit“ nicht von möglichen weiteren Diskussionsbeiträgen abhält.

Mit freundlichen Grüßen und Dank für Dein Interesse,

Ulrich

Hi Ulrich

Was du von Albertz zitiert hast, scheint mir weniger nur seine Interpretation zu sein, vielmehr besteht darüber weitgehend Konsens in den vgl. Religionswissenschaften…

… sie zeigen aber, wie auch die zahlreichen
Auseindersetzungen der Bibel mit dem Götzendienst, daß auch
der damalige Glaube nicht so streng monotheistisch war, wie
viele Leute glauben.

Das war er mit ziemlicher Sicherheit nicht… siehe unsere Diskussionen über Mono- und Polytheismus…

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Aber man muß wohl rein immanent-religiöse von religionshistorischen Denkweisen sorgfältig unterscheiden…

…Auch der
Alleinvertretungsanspruch Gottes tritt erst jetzt auf,
vermutlich im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, eine
politische Einigkeit im Volk zu erreichen.

Das ist häufig wohl der Hintergrund für die Einführung von Staatsreligionen…

Und die gemeinsame
Nennung von El und Jahwe, im Deutschen übersetzt als „Gott der
Herr“ ist sicherlich dem Bemühen zu verdanken, die alleinige
Person dieses Gottes hinter den zwei Namen zu verdeutlichen.

Nicht nur, denn das hebräische „eloah“ kann in nachexilischen Literaturen auch die Bedeutung eines Gattungsbegriffs haben. „jhwh-älohim“ kann dann auch einfach Gott-JHWH heißen…

Und nun zur Aufteilung des jüdischen Volkes: Hier habe ich
mich einfach auf Albertz verlassen, der dies auch wohl
begründet…

Es ist ziemlich sicher, daß man fast nichts historisch rekonstruieren kann, wer diese Völker waren, die sich in Ägypten vermutlich eine Art Gastarbeiterexistenz aufbauten… auch ob die in Ägypten erwähnten „habiru“, ein räuberisches Volk, das die Grenzen des Landes verunsicherte, mit den Hebräern identisch waren, ist nicht gesichert…

Die exakten Angaben der Bibel zu den Generationen von Adam und
Eva bis zu Moses würde ich übrigens zumindest zum Teil in
Frage stellen wollen.

Das wurde unten ja auch schon mal diskutiert.
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Ich sehe keine andere Möglichkeit, als die, diese Texte als Mythen zu interpretieren (ggf. mit völlig verlorenen historischen Reminiszenzen), wobei ich allerdings Mythen für einen enorm wichtigen Bestandteil von Religionen halte (von Entmythologisierung halte ich dagegen gar nicht, man sollte die Mythen vielmehr „verstehen“ - vor allem in ihrer Rolle, einen Begriff vom Menschen zu fundieren).

Zur Literatur hatte ich hier

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

schon mal was zusammengestellt, vielleicht ist das hilfreich?

Gruß
M.G.