Als Landschaftsarchitektin
Hi!
Ich bin zwar nicht in meinem Beruf tätig, werde aber natürlich oft von Menschen zum Thema Garten und Natur angesprochen.
Das wird sich ja bald geben, dann ist nicht mehr soviel Natur
Unordnung ringsrum 
Der Satz war ein bißchen ein Testballon. Aus dem Ursprungsposting spricht für mich auch hauptsächlich die Sorge um die Kinder, das mit dem unordentlichen Brachgrundstück klang so am Rande ein wenig durch.
Ganz klar, darum gehts.
Ja, es geht wirklich erschreckend häufig um die „Ordnung“ im Garten. Ich bin inzwischen schon fast froh, dass ich keine Gärten planen muss, in denen sich alles diesem Aspekt unterordnen muss.
Die neuen abgekärcherten Schotterflächen mit 2 Edelstahlkugeln drauf, umgeben von möglichst glattem und fugenfreien Stein- und Betonwüsten sind für mich die allgegenwärtige Krönung dieser Einstellung. Dampfdruckreiniger, Motosensen, Besen, Fugenfüllmaterial, Unkrautvernichter usw. - die Baumärkte kommen gar nicht mehr hinterher mit dem Geld zählen 
Auch in meiner Familie kämpfe ich immer wieder für ein wenig Natürlichkeit im eigenen Garten - es ist ganz erstaunlich, welche Energie verwendet wird, auch das letzte Gräslein in der hintersten Ecke abzuschnippeln…
Ich verstehs halt nicht, was stört da eigentlich wirklich
dran?
Ist das irgendeine Urangst?
Hast Du mal den Homo Faber von Max Frisch gelesen. Diese Angst und dieser Ekel vor dem üppigen Wachstum in den Tropen? Ich denke, er hat da schön ins Schwarze getroffen.
Wir sind technisiert, wir meinen, alles kontrollieren zu müssen und kontrollieren zu können - mit Maschinen, mit Materialien, mit Chemie, mit Gentechnik uvm.
Und da ist etwas, was unkontrolliert und lebendig (fast mit eigenem Willen) wächst einfach unheimlich und störend und wirklich beängstigend.
Hat denn wirklich noch nie jemand gesehen, wie schön eine
blühende Brennnessel ist?
Kann man im blühenden Löwenzahn wirklich ein ärgerliches
Unkraut sehen?
Alles was krabbelt ist ja auch igitt…
Man müsste bei den Kindern anfangen…
Sind das nun die Städter, die so denken, oder die Bauern, die
auf den Ertrag angewiesen sind?
Beide wollen Kontrolle über die Natur, die ganze Gesellschaft. Schon die Jahreszeiten sind ja eine Zumutung und eine lästige Störung in unserem schönen Leben: Ein Baum stürzt bei Sturm auf die Telefonleitung, Eis macht die Straßen glatt, im Somme wird’s dem ICE zu heiß.
Das sind alles Niederlagen, die nicht alle gut verkraften
Für mich ist sowas logisch naturwissenschaftlich erklärbar, ich empfinde diese Vorgänge alle als großes Wunder und als Geschenk (ganz ohne religiös zu werden) und als Aufforderung, es zu verstehen und die Natur nicht herauszufordern und als Gegner zu sehen.
Wir leben ja in der Natur, das geht ja gar nicht anders auf diesem Planeten. Die Natur gibt die Gesetzmäßigkeiten vor und wir Menschlein sollten sehn, dass wir uns danach richten. Der Erde und der NAtur als Ganzes ist nämlich völlig wurscht, wenn der Erdball mal zwischendurch 2 mio Jahre nur von Kakerlaken bewohnt wird. Die Natur hat Zeiträume zur Verfügung, die für uns kleinen „Fliegenschiss“ (zeitlich gesehen) auf diesem Planeten unvorstellbar sind.
Deshalb ich verstehe nicht, warum wir gegen die Natur arbeiten, versuchen sie zu „bändigen“ und zurückzudrängen, anstatt Nutzen aus ihren Mechanismen zu ziehen und uns ihre Funktionsweisen zu eigen zu machen.
Vielleicht sollte man mal in >:stuck_out_tongue_winking_eye:sychologie