Jeden früh

Hallo,
Habe im Online-Duden auf die Schnelle gerade keine Antwort darauf finden können, aber gilt eigentlich folgender Satz als hochsprachlich:

Ich fahre jeden Früh mit dem Bus zur Uni.

Hier in Sachsen sagt man selten „Morgen“ für die Zeit nach dem Aufstehen, wir sagen da eher „früh“ bzw. „frühs“. Zumindest ersteres ist ja ein akzeptables Synonym (Montag früh = Montag Morgen).
Nun steht im Duden, dass „Früh“ als Nomen feminin ist, „in der Früh“. Das klingt für mich sehr süddeutsch und wir sagen das so nicht.

Egal. Ist „jeden Früh“ normales Hochdeutsch oder ein Regionalismus (Sächsismus ^^), und würde man hier Früh auch großschreiben?

Danke,

  • André

Hallo André

aber gilt eigentlich folgender Satz als
hochsprachlich:

Für mich klingt er ziemlich „krumm“ - aber ich komme auch aus Süddeutschland. Ich sage „jeden Morgen“ oder „jeden Tag in der Früh“ und kenne das auch nicht anders.

Soll „Früh“ in der Konstruktion denn Adverb oder Nomen sein? „Jede Früh“ kann ich mir noch vorstellen, bei „Jeden früh“ weiß ich nicht, was das sein soll.

Nun steht im Duden

Das Stilwörterbuch sieht das auch so.

Gruß,
Max

Soll „Früh“ in der Konstruktion denn Adverb oder Nomen sein?
„Jede Früh“ kann ich mir noch vorstellen, bei „Jeden früh“
weiß ich nicht, was das sein soll.

Das weiß ich auch nicht genau. Der Satz klingt für mich völlig natürlich. Grad wollte ich ihn aber mal schreiben und habe gestutzt, offenbar zu Recht.
Eventuell ist es wirklich ein regionaler Ausdruck. Würde mich übrigens auch interessieren, wo der noch verbreitet ist…

Eigentlich sieht’s aus, als ob „Früh“ in dem Fall ein maskulines Nomen wäre. Aber „der Früh“ sagen wir Sachen ganz bestimmt nicht. :smile:
Interessantes Phänomen.

Viele Grüße,

  • André

Hallo André,

Eventuell ist es wirklich ein regionaler Ausdruck. Würde mich
übrigens auch interessieren, wo der noch verbreitet ist…

„jeden früh“ habe ich noch nie gehört.

Eigentlich sieht’s aus, als ob „Früh“ in dem Fall ein
maskulines Nomen wäre. Aber „der Früh“ sagen wir Sachen ganz
bestimmt nicht. :smile:

Im Schwäbischen ist der Ausdruck „in der Früh’“ völlig normal,
das Nomen „Frühe“ ist feminin.
(das e wird nicht gesprochen, deswegen Apostroph)

Guck hier „unser“(!) Mörike:

In der Frühe
Kein Schlaf noch kühlt das Auge mir,
Dort gehet schon der Tag herfür
An meinem Kammerfenster.
Es wühlet mein verstörter Sinn
Noch zwischen Zweifeln her und hin
Und schaffet Nachtgespenster.

  • Ängste, quäle
    Dich nicht länger, meine Seele!
    Freu dich! schon sind da und dorten
    Morgenglocken wach geworden.

http://www.zgedichte.de/gedicht_2387.html

Interessantes Phänomen.

Ja, find ich auch.

Gruß G.

Hallo!

Das ist nicht nur Schwäbisch - oder war Paul Celan auch Schwabe? (http://www.celan-projekt.de/todesfuge-deutsch.html).

Allerdings kann „die Frühe“ nicht das sein, wonach Andre gefragt hat, denn (mir fällt der Fachausdruck nicht ein) „die Frühe“ kommt stets nur im Singular vor. Es ist jeden Tag dieselbe „Frühe“. Sie lässt sich nicht zählen. Von daher macht „jeden Früh“ oder auch „jede Früh“ keinen Sinn.

Michael

Hallo,

könnte es sein, dass das eine Verkürzung von „jeden Morgen früh“ (zugegeben: doppelt gemoppelt) ist? Besser vielleicht noch: von „jeden Tag früh“?

Viele Grüße,

Jule

könnte es sein, dass das eine Verkürzung von „jeden Morgen
früh“ (zugegeben: doppelt gemoppelt) ist? Besser vielleicht
noch: von „jeden Tag früh“?

Wäre möglich, aber ein bisschen komisch, da „jeden Tag früh“ hier auch nicht gesagt wird. Vielleicht ist’s ja nur eine Analogiebildung zu jeden Tag, jeden Abend, jeden Morgen, jeden Nachmittag usw.

Hallo,

Vielleicht ist’s ja nur eine Analogiebildung zu jeden Tag, jeden Abend, jeden Morgen, jeden Nachmittag usw.

ja, das kam mir nach dem Abschicken auch noch in den Sinn. Dazu passt ja auch die Bildung „frühs“ parallel zu „morgens, mittags, abends, nachmittags“.

Grüße nochmal,

Jule

Hallo,

Ich fahre jeden Früh mit dem Bus zur Uni.

Ist „jeden Früh“ normales Hochdeutsch oder ein
Regionalismus (Sächsismus ^^), und würde man hier Früh auch
großschreiben?

man würde es großschreiben.
Bei Grimm ist „der Früh“ zu finden mit der Erläuterung: das wort ist das adj. früh substantivisch gebraucht und hat das männliche geschlecht im gedanken an der morgen.

Erhalten blieb diese Form anscheinend nur in der Wendung „jeden Früh“ - „letzten Früh“ oder „am nächsten Früh“ o. Ä. sind ungebräuchlich. (Auch „die Früh“ kommt nur in festen Verbindungen vor: „in der Früh“ / „in aller Früh“ - nicht aber „jede Früh“ / „letzte/nächste Früh“.)

Um einen Regionalismus handelt es sich wohl nicht, denn der Ausdruck „jeden Früh“ wird in vielen Gegenden verwendet; ich kenne ihn aus Schwaben, Oberbayern und Mittelfranken.

Im Duden ist übrigens auch Montagfrüh zu finden als Substantiv ohne Artikel; besonders österreichisch.

Mit dem Genus-Problem bei „Früh“ befassen sich auch einige der Kommentare auf http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show…

Gruß
Kreszenz

Lieber André,

ich glaube, den Ausdruck gibt es wirklich nur bei uns dorheeme. Ich verwende ihn auch, allerdings nicht im Schriftlichen. Einzige Ausnahme: wenn ich vom Vortag schreibe. Die Wendung „gestern morgen“ ist einfach beknackt. Gestern früh - da weiß jeder, was gemeint ist. Jedenfalls dorheeme, aber das hatten wir ja schon.

Machs guhd, de Sara

Hallo,

das scheint normales Sächsisch zu sein, aber keine Hochsprache. Beim Lesen dachte ich mir grad „Ach endlich hör ich das mal wieder!“… Aber schreiben würde ich das nicht. Schriftsprachlich heißt es „Morgens bin ich nie ganz zurechnungsfähig“, sächsisch „Frühs binsch immor dornähm“, und warum soll der Sachse im Dialekt nicht „der Früh“, also maskulin, sagen dürfen, wenn in Bayern „der Butter“ und „das Cola“ gang und gäbe sind?

die Franzi

2 Like

Superklasse, Kreszenz!
Das ist ja wirklich interessant. :smile:

Vielen Dank und ein Stern für dich.

  • André

Hallo,

Das ist nicht nur Schwäbisch -

ich weiß, daß es auch in Ösiland verwendet wird, wollte diese Mitteilung aber den Ösitaniern überlassen. :wink:

oder war Paul Celan auch
Schwabe? (http://www.celan-projekt.de/todesfuge-deutsch.html).

Nein, war er nicht. Er kannte es aus Wien und/oder von Ingeborg.

Allerdings kann „die Frühe“ nicht das sein, wonach Andre
gefragt hat,

André hatte nach weiteren Gegenden gefragt und da dachte ich, daß es vielleicht zur „Ausgrenzung“ hilfreich sein könnte, ihm zu erzählen, wo sein Ausdruck keinesfalls vorkommt, aber dennoch für „morgens/Morgen“ auch ein anderes Wort existiert.

denn (mir fällt der Fachausdruck nicht ein) „die
Frühe“ kommt stets nur im Singular vor. Es ist jeden Tag
dieselbe „Frühe“. Sie lässt sich nicht zählen. Von daher macht
„jeden Früh“ oder auch „jede Früh“ keinen Sinn.

Gruß G.

Hallo Franzi,

wenn in Bayern „der Butter“ und „das
Cola“ gang und gäbe sind?

der Artikel „der“ bei der Butter kommt von Napoleon, der Bayern zum Königreich gemacht hat. Daraufhin haben die ersten bayerischen Könige auch sich selbst als „Franzosen“ gesehen (was natürlich objektiv ein Quatsch war). Frz. ist es ja LE beurre.

das Cola

ja wie soll es denn sonst bitte heißen? Jetzt sage bloß, dass das nicht schriftsprachlich sei… *verblüfft guck*

Viele Grüße

Alexander

Hallo André,

für mich gibt es einen inhaltlichen Unterschied zwischen „früh“ und „Früh(e)“.

Es ist früh am Morgen (Uhrzeit, nicht spezifiziert, aber Zeitpunkt)
In der Früh hat es geregnet (Zeitraum, Tagesbereich, unspezifisch; Gegensatz zu Nachmittag, Mittag, Abend, Nacht).

Somit ist für mich in dem Satz

  1. Ich fahre früh mit dem Bus zur Uni

inhaltlich etwas anderes als
2)Ich fahre in der Früh(e) mit dem Bus zur Uni

  1. ich uhrzeitmäßig früh unterwegs - weil da der Bus noch nicht so voll ist oder ich vor der Vorlesung noch was vorbereiten muss

  2. Morgens fahre ich mit dem Bus, nachmittags laufe ich zu Fuß.

„Jeden Früh“ klingt in meinen Ohren haarsträubend falsch. Aber schließlich komme ich ja aus Bayern und Du aus Sachsen. *grins*

Schönes Wochenende wünscht

Alexander

Hallo, Alexander,

das Cola

ja wie soll es denn sonst bitte heißen?

laut Duden: auch die Cola.

Gruß
Kreszenz

Hallo,
Den Unterschied kann ich nachvollziehen. Ich denke, im Allgemeinen ist „Frühe“ klar (Morgens), während „früh“ zweideutig ist. Das heißt entweder auch „morgens“ oder eben „zeitiger als erwartet“ (so in etwa). Erst vorgestern habe ich erfahren, dass ich im Thailändischen bisher immer das falsche Wort für „spät“ benutzt habe, wenn ich sowas sagen wollte wie „Ich bin etwas spät zum Unterricht gekommen“, tja. :wink:

für mich gibt es einen inhaltlichen Unterschied zwischen
„früh“ und „Früh(e)“.

Es ist früh am Morgen (Uhrzeit, nicht spezifiziert, aber
Zeitpunkt)
In der Früh hat es geregnet (Zeitraum, Tagesbereich,
unspezifisch; Gegensatz zu Nachmittag, Mittag, Abend, Nacht).

Interessant. Nee, den Unterschied macht man hier in Leipzig nicht, und ich denke, im deutschen Sprachgebiet ist diese Aufspaltung auch eher selten. Aber in Leipzig sagt man auch nicht „in der Früh“, sondern eher mal „frühs“ (was auch nur „am Morgen“ bedeuten kann).

„Jeden Früh“ klingt in meinen Ohren haarsträubend falsch. Aber
schließlich komme ich ja aus Bayern und Du aus Sachsen.
*grins*

Hehe. :smile:
Ja, weil mir nie einer gesagt hat: „Hääh, jeden Früh?!“, hab ich nie wahrgenommen, dass das eigentlich nicht allgemeindeutsch sein könnte.

Gruß,

  • André (in Leipzig hat’s nun endlich auch geschneit!!!)

das Cola

ja wie soll es denn sonst bitte heißen?

laut Duden: auch die Cola.

Interessant, hier hätte ich „die Cola“ als die Hauptform im Duden eingeschätzt. Aber ich weiß auch, dass der Duden oftmals nicht den Weg der Mehrheit geht, was den Artikel anbelangt.