Hallo,
Hi
- der Messias soll Nachkomme von David sein, Josef ist zwar
ein Nachkomme Davids (Mt 1,1ff), aber der ist doch nicht der
leibliche Vater von Jesus?
Das ist vor allem die Schuld von Maria, die in der christl. Kirche ja hoch geschätzt wird (besonders ab dem 2. Jahrhundert) und neben der die Gestalt von Joseph stark vernachlässigt wird.
In den Geburts- und Kindheitserzählungen Jesu besaß Joseph eigentlich einen fest Platz, im Gegensatz zu Maria. Vor allem aus der Zeit der Gegenreformation der kathl. Kirche stammt das Bild von Joseph/Maria/Jesus als Familie, nach der abendländischen Überlieferung wurde Josephs Rolle als Jesus Vater, sowie als Vater überhaupt, getilgt.
Seit ende des 11. Jahrhunderts dient die Virga Jesse (Wurzel/Stamm Jesse) zur bildl. Darstellung Jesu als abstämmig von König David, Sohn des Jesse (Isai.) Dieser Stammbaum hat aber keine feste Form, zwischen David und Jesus können 4-15 Personen stehen, die meisten Könige, aber alle beinhalten: Jesse, David Maria und Jesus.
Joseph, der in den Evangelien für die Abstammung von Jesse steht, taucht in ihnen nicht auf.
Ausnahme ist der Stammbaum Jesse aus Canterbury im 12. Jahrhundert, aber auch nur bei der Heirat mit Maria.
In der christl. Genealogie steht also Maria im Mittelpunkt, in der bibel ist dies jedoch nicht verbürgt. Die Gestalt Marias ist es also, die Joseph als richtigen „Vater“ Jesu und damit seine Verbindung zu König David verdrängt, was seltsam erscheint in einer patriarchalen Umgebung, und das eine Frau im Stammbaum vorkommt ist mWn für diesen Kulturkreis auch nicht üblich.
Kurzgefasst, die davidische Abstammung basiert nur auf den Geschlechtsregistern im Matthäus und Lukasevangelium. Diese widersprechen sich allerdings, außerdem sind beide Stammbäume Josephs und nicht Marias. Wenn Joseph also der Vater Jesu war gibt es kein Problem mit der davidischen Herkunft, aber er ist eben auch nicht göttlicher Herkunft, wenn Joseph aber nicht der Vater war ist Jesus evtl. göttlich, stammte aber nicht nachweisbar von David ab.
Apologeten und Exegeten versuchten jahrhundertelang, dieses Problem zu lösen und kamen u.a. zu dem Gedanken, dass es den Evangelisten nicht um die biologische Abstammung ging, sondern um rechtliche Kontinuität, welche sich aber nur über die männliche Linie verfolgen lässt.
Matthäus wollte vor allem zeigen, dass Jesus der Sohn Davids war, und Lukas, dass er der Sohn Gottes war.
Kurz, wurde das bildlich-methaphorische der Abstammung für Wichtiger gehalten.
Das Problem, dass du ansprichst, ist also schon eines über das sich länger der Kopf zerbrochen wird. Leider funktioniert Religion nicht so, dass sich die Leute sagen: oh, das woran wir glauben macht grad keinen Sinn, dann liegen wir wohl falsch XD
Soviel zum Grundproblem, eine viel viel längere Abhandlung findest du, in Zusammengefasster, leicht verdaulicher Form in „Am Anfang waren die Frauen“ von Patrick J. Geary, letztes Kapitel.
- der Messias soll Frieden bringen (z.B. Jes 11), allerdings
kann man wohl bezweifeln, ob die Welt n.Chr. soviel
friedlicher ist als v.Chr.
Da könnte man damit argumentieren: Wenn alle Leute sich an das, was er predigte, halten würden, hätten wir den Frieden schon längst!
- Aufhebung des jüdischen Exils, auch dazu hat Jesus wohl
nichts beigetragen
Dazu kann ich leider nichts beitragen.
Sind diese Punkte aus christlicher Sicht irrelevant?
Wie du erkennen kannst, ist vor allem die erste Frage von extremer Wichtigkeit für das Christentum, nur evtl. unlösbar, denn mehr als die widersprüchlichen NT-Texte haben wir ja nicht.
Eine zusätzliche Frage: Ist es aus christlicher Sicht möglich,
dass Jesus zwar Gottes Sohn war bzw. eine „Person“ der hl.
Trinität ist, aber nicht der von den Propheten im AT
prophezeite Messias?
Meines Wissens nach ist die Trinität ein Gedanke der erst sehr spät in das Christentum eingeflossen ist und schon im 15. Jahrhundert für Kontroversen sorgte.
Ursprünglich war sie jedenfalls nicht vorgesehen, insofern würde ich diesen Ansatz als schwierig sehen, weil es sich, nach meinen Informationen, um einen Anachronismus halten würde, wenn man Jesus in seinem Ursprung als Teil der Trinität sähe.
lg
Kate