Job ablehnen trotz ALG II (lang)

Hallo,

angenommen man bezieht ALGII und bewirbt sicheigenständig bei einer Zeitarbeitsfirma.
Man wird zum Gespräch eingeladen.
Während man knapp 40 Minuten nach Termin auf eben diesen wartet und einen Fragebogen ausfüllt (unter anderem wird nach Straftaten, chronischen Erkrankungen und Lohnpfändungen gefragt). hört man gezwungenermaßen Gespräche der hauseigenen Angestellten mit.
Dort wird über Bewerber mit chronischen Erkrankungen gespottet (" Hat Arthritis und erwartet wirklich eine Einstellung. Mannomann?!"), ein Telefonat bei dem ein Leiharbeiter gefragt wird ob er sich denn auch nicht mehr im eigenen (Leiharbeitsfirma) Haus wohl fühlt um ihm dann telefonisch zu kündigen.
Als der Gesprächspartner endlich kommt, schnauzt dieser einen an ob man mit dem Fragebogen schon fertig sei, man wird in ein Gemeinschaftsbüro geführt, dort wird telefoniert, der Gesprächspartner schaut einem nie in die Augen und schreibt nebenbei Mails oder sucht bei Google Fachbegriffe. Der Job, auf den man sich beworben hatte, sei im Übrigen nicht mehr verfügbar (er steht zwei Tage später wieder auf der Webseite), bietet ihm aber eine andere Stelle an (45 km einfache Wegstrecke, 16 cent pro Kilometer bis maximal 132 €). Sonstiges Gehalt wird trotz Nachfrage nicht mitgeteilt.

Der ALG II Empfänger hat Diabetes und ist im Insolvenzverfahren.
Es ist ihm klar, dass er eventuell zwar eingestellt würde, aber spätestens bei Kenntnis der Leiharbeitsfirma von diesen „NoGos“ wäre er wieder auf der Straße.

Kann man unter diesen Umständen ein Angebot ablehnen??!?!

Gruß
Bori

Hallo,

der ALG2 Empfänger muss jede zumutbare Aufgabe annehmen. Diese wirkt als Zumutbar für mich. Allerdings kann man mit gewissen Aussagen den AG dazu bewegen einen abzulehnen. So hat man nicht selbst abgelehnt und keine Nachteile.

Gruß

Hallo!

bietet ihm aber eine andere Stelle an (45 km einfache
Wegstrecke, 16 cent pro Kilometer bis maximal 132 €).

In diesem Zusammenhang stellt sich die Fragen nach Höhe des Lohns und mit welchem Verkehrsmittel die Arbeitsstelle erreicht wird/erreichbar ist. Ist der Arbeitnehmer bei niedrigem Lohn auf ein Auto angewiesen, ist er bei der erstbesten Reparatur nicht mehr in der Lage, seinen Arbeitsplatz zu erreichen, weil das Geld fehlt, das Auto umgehend instandsetzen zu lassen. Mir sind in McPomm Fälle mit Stundenlöhnen von 6 € und irgendwas bekannt und die Beschäftigten kommen nur per Auto zum Gewerbepark direkt an der Autobahn. Die Leute verarmen durch die Arbeit. Bevor man sich in solche Situation begibt und sich hinterher Repressalien der Arbeitsagentur gefallen lassen muss, erscheint mir die Ablehnung eines Hungerlohn-Jobangebots vertretbar. Die Betroffenen brauchen natürlich einen Ablehnungsgrund, der von der Arge ohne Sanktionen geschluckt wird. Zur Not wird eben behauptet, das Auto sei gerade defekt.

Sonstiges Gehalt wird trotz Nachfrage nicht mitgeteilt.

Dann muss man eben deutlich genug nachfragen.

Der ALG II Empfänger hat Diabetes und ist im
Insolvenzverfahren.
Es ist ihm klar, dass er eventuell zwar eingestellt würde,
aber spätestens bei Kenntnis der Leiharbeitsfirma von diesen
„NoGos“ wäre er wieder auf der Straße.

Inkompetenz und Dummheit gibt es überall. Eine Diabetes, die medikamentös unter Kontrolle ist, muss keinerlei Einschränkungen am Arbeitsplatz mit sich bringen. Vom Insolvenzverfahren eines Mitarbeiters hat dessen Arbeitgeber keine Nachteile. Wenn auf der anderen Seite des Schreibtisches kein vollkommen ahnungsloser Trottel sitzt, ist ein Inso-Verfahren kein Negativmerkmal. Es wäre vielmehr ein Negativmerkmal, wenn ein Bewerber wegen drückender Schulden nicht mehr zur Ruhe kommt, Nebenjobs annehmen muss, seine Post nicht mehr öffnet, ein Leben hinter hohler Fassade führt und nicht mehr er selbst ist. Aber genau das ist bei Bewerbern im Inso-Verfahren ganz gewiss nicht der Fall. Da ist nämlich alles geordnet.

Dies vorausgeschickt sollte der Bewerber die Karten offen auf den Tisch legen. Der Bewerber kann nichts daran ändern, wenn er auf einen Idioten trifft, der in Inso-Verfahren und Diabetes Ablehnungsgründe sieht. Ist die Arbeitsstelle bei geringem Lohn zu weit vom Wohnort entfernt, ist genau das der Ablehnungsgrund für den Bewerber. Das Auto ist dann eben gerade kaputt. An der Stelle könnten offene Karten gegenüber dem Jobcenter zu Problemen führen. Schon zu viele Menschen mussten die Erfahrung machen, dass Jobcenter bei einer Kilometerpauschale stur von der Deckung aller Kosten ausgehen. Und dann sitzen die Leute mit 4 € netto verzeifelt auf dem Amt, werden mit Sperren überzogen und wissen nicht, wovon sie eine Reparatur oder die Winterreifen bezahlen sollen.

Gruß
Wolfgang