Jobsprache vs Normalsprache

Hallo Allerseits,

ich könnte mir Vorstellen, dass es dafür eine Schublade oder spezifischen Begriff besteht.

Es geht um eine Beobachtung bei Arbeitkollegen. Wenn man sich mit ihnen in der Pause oder um nicht arbeitsspezifische Themen geht, kann man sich mit ihnen normal und ohne Mißverständnisse unterhalten.
Wenn es aber offiziell wird, besonders in Meetings, wird die Kommunikation schwierig.
Der eine Kollege, spricht dann sehr langsam und stockend lange komplizierte möglichst exakte Sätze.
Der andere Kollegen, wird sehr weitschweifend und abstrakt.
Die Diskrepanz wird deutlich, wenn man beide hört, wie sie mit ihrer Familie sprechen. Das klingt dann völlig normal.

Ich komme zu Schluß, dass die Kollegen zwei unterschiedliche Sprechweisen haben, eine normale und eine Formale für den Job.

Gibt es dafür einen Begriff?
Wo wird das in der Psychologie oder Kommunikationstheorie beschrieben?

Gruß
Carlos

Moin,

Ich komme zu Schluß, dass die Kollegen zwei unterschiedliche
Sprechweisen haben, eine normale und eine Formale für den Job.

kommt wohl zu einem guten Stück auf den Beruf an.
Juristen werden da ev. anders anders sein als z.B. Designer und die wieder anders als Naturwissenschaftler.

1,5-Diamino-3-hydroxypentan werde ich beim Mittagessen auch eher selten sagen :wink:

Gandalf

Hallo,

ich würde es dem Begriff Akkommodation (übergeordnet hier noch „Verhalten“ aus der Allgemeinpsychologie) zuordnen: Anpassung des Verhaltens an soziale Erwartungen. Erwartungen der Gesellschaft, des Arbeitsumfeldes, des Freundeskreises, der Familie, des Partners, usw.

cumc

Hallo Carlos!

Gibt es dafür einen Begriff?
Wo wird das in der Psychologie oder Kommunikationstheorie
beschrieben?

Ich denke, es handelt sich um diaphasische Sprachvariation. Das bedeutet, das Sprache in Abhängigkeit von der Kommunikationssituation (formell vs. informell) variiert. Stichwort Varietäten nach Coseriu.

Liebe Grüße,
Polymnia

Hallo,
wo und wie man das einordnet, weiß ich auch nicht.
Ein Aspekt, der die Sache evtl. auch etwas erklärt,
ist das Abstraktionsniveau beim Denken und Sprechen.

Einfache und triviale Dinge im täglichen Leben brauchen
kein hohe Abstraktion. Das Gehirn verarbeitet es quasi
automatisch im Blindflug.

Bei den Beispielen, wo du es als JOB-Sprache bezeichnest,
handelt es sich sicher um ein sehr hohes Abstraktionsniveau.
Da ist es aber auch bei Texten oft so, dass die Klarheit
und Verständlichkeit sehr leidet, weil wir einfach damit
überfordert sind, hoch komplexe Zusammenhänge in einfacher
Form und leicht verständlicher Sprache darzulegen.

Zwischem dem inneren Vorstellen von sehr komplexen Dingen
zum kompetenten Darstellen dergleichen liegt eben eine Hürde,
die nur mit viel Übung zu meistern ist.
Deshalb haben z.B. Juristen oder Dozenten einen Vorteil,
weil die das regelmäßig tun.

Viele Menschen sind nicht in der Lage dazu, weil ihnen
bestimmte sprachliche Fähigkeiten fehlen, was aber
gar nichts mit den Fähigkeiten auf technischen oder
wissenschaftlichen Gebiet oder allg. mit Intelligenz
zu tun hat.
Gruß Uwi

Es geht um eine Beobachtung bei Arbeitkollegen. Wenn man sich
mit ihnen in der Pause oder um nicht arbeitsspezifische Themen
geht, kann man sich mit ihnen normal und ohne Mißverständnisse
unterhalten.
Wenn es aber offiziell wird, besonders in Meetings, wird die
Kommunikation schwierig.
Der eine Kollege, spricht dann sehr langsam und stockend lange
komplizierte möglichst exakte Sätze.
Der andere Kollegen, wird sehr weitschweifend und abstrakt.
Die Diskrepanz wird deutlich, wenn man beide hört, wie sie mit
ihrer Familie sprechen. Das klingt dann völlig normal.
Ich komme zu Schluß, dass die Kollegen zwei unterschiedliche
Sprechweisen haben, eine normale und eine Formale für den Job.
Gibt es dafür einen Begriff?
Wo wird das in der Psychologie oder Kommunikationstheorie
beschrieben?:

Profilierung(ssucht)
Hallo Carlos,

ich könnte mir Vorstellen, dass es dafür eine Schublade oder
spezifischen Begriff besteht.

Unter Profilierung(ssucht) würde ich das ganz unfachmännisch einordnen.

Immer wenn ich im Raucher/Pausen-Raum Gespräche unter Kollegen mitgehört habe, zwar vom gleichen Beruf aber unterschiedlichen Fahrichtungen, habe ich zwar kein Wort verstanden, aber auch nichts an Gehabe festgestellt.

Es geht um eine Beobachtung bei Arbeitkollegen. Wenn man sich
mit ihnen in der Pause oder um nicht arbeitsspezifische Themen
geht, kann man sich mit ihnen normal und ohne Mißverständnisse
unterhalten.
Wenn es aber offiziell wird, besonders in Meetings, wird die
Kommunikation schwierig.
Der eine Kollege, spricht dann sehr langsam und stockend lange
komplizierte möglichst exakte Sätze.
Der andere Kollegen, wird sehr weitschweifend und abstrakt.
Die Diskrepanz wird deutlich, wenn man beide hört, wie sie mit
ihrer Familie sprechen. Das klingt dann völlig normal.

Das ist ja der momentane Trend, perfekter Lebenslauf, ja keine Lücke, gute Zeugnisse, perfekt im „Konzeptionieren“. Und da werden dann syntaktische Ungetüme freigesetzt, die einen blass werden lassen. Ob’s das Abfackeln statt Abarbeiten ist oder wir IN 2004 mehr Umsatz hatten als IN 2005 - berechnet AUF Dienstag - man passt sich der Mode an, auch wenns der 64-Megabit-Prozessor ist, oder das Halbbit.

Ich komme zu Schluß, dass die Kollegen zwei unterschiedliche
Sprechweisen haben, eine normale und eine Formale für den Job.

Gibt es dafür einen Begriff?
Wo wird das in der Psychologie oder Kommunikationstheorie
beschrieben?

Ganz laienhaft, der fängt mit A… an und hört mit …errei auf. Will nicht sagen, dass der Weg falsch ist, hab nur meine Vermutungen.

Zoelomat

Hallo,

ich würde es dem Begriff Akkommodation (übergeordnet hier noch
„Verhalten“ aus der Allgemeinpsychologie) zuordnen: Anpassung
des Verhaltens an soziale Erwartungen. Erwartungen der
Gesellschaft, des Arbeitsumfeldes, des Freundeskreises, der
Familie, des Partners, usw.

Hi,
würde mal behaupten es ist die Entwicklungspsychologie (nach Piaget). Er spricht von Anpassung von Mensch und Umwelt. Piaget nannte das Adaption.
Ich assimiliere, also kann meine Umwelt in das Schema das ich schon habe, anpassen.
Also ich passe meine Normalsprache der Jobsprache an. Ein kognitiver Konflikt sozusagen. Zunächst ein Lernprozess.

Akkommodation wäre ja, wenn ich was ganz neues Lerne (z.B. Fahrschule: 18 jährige fährt das erste mal Auto)

Gruß
Armin

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Hallo Carlos,

ob es dafür einen Fachbegriff gibt, kann ich dir leider nicht sagen, aber mir sind ganz spontan beim Lesen deines Textes meine zwei „Lieblingsphrasen“ eingefallen, die sehr gern gesagt werden und mich jedesmal sprachlos zurücklassen, weil sie sich einfach so fortpflanzen und leider nicht tot zu kriegen sind:

Herr Blabla ist zu Tisch.

Herr Blabla ist aushäusig.

Viele Grüße

Gesine

nee du irrst dich.

Der Gedanke dahinter ist, gegenüber Auftraggeber, Chef oder Partner möglichst keinen Raum für Mißverständnisse zu lassen oder möglichst keinen Raum für negative Eindrücke zu lassen.

2 Like

Sozialverhalten
Hallo Carlos!

Es handelt sich dabei wirklich nur um Sozialverhalten. Der Sprechende versucht sich seinem Gegenüber anzupassen.

Vor dem Chef will der Kollege nicht als der Vollkoffer dastehen, daher bemüht er sich, sich gewählt auszudrücken.

Im Rahmen meiner Ausbildung haben wir dieses Thema auch behandelt, ohne allerdings einen Begriff dafür zu definieren.
Als Beispiel für die unterschiedlichen „Sprachen“ hat uns die Lehrerin eine Kindergeschichte (übrigens eine wahre Begebenheit!) vorgelesen.
Sie erzählt von einem kleinen Mädchen, das feststellt, dass der Papa, Zahnarzt seines Zeichens, mit jedem anders redet. Die ältere Patientin, die Ehefrau, der Zeitungsmann, der Nachbar … mit JEDEM redet er anders! Tonfall, Wortwahl, …

Ich habe das auch bei uns zu Hause festgestellt. Oft, wenn mein Mann ans Telefon gegangen ist und den Anrufer NICHT namentlich genannt hat, habe ich allein an der Art der Sprache feststellen können, wen er gerade an der Strippe hat.

Wir Menschen sind als „Rudeltiere“ angelegt und haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Deshalb versuchen wir, uns auf unser Gegenüber einzustellen.

Das ist das ganze Geheimnis :wink:))

Hanna

grüß dich,

ich nenne es „Anpassen“.

Bei uns daheim durfte ich nur „Hochdeutsch“ sprechen, mit den Kindern im Ort sprach ich den örtlichen Dialekt / Plattdeutsch, später im Gymnasium Hochdeutsch wie die anderen auch, im Beruf kamen die Fachausdrücke dazu, Gespräche wurden also zur „Fachsimpelei“, heute in Rente spreche ich mit den anderen Dorfbewohnern zwar Hochdeutsch, aber gefärbt mit deren Dialekt, also immer angepaßt an meine Umgebung - tut mir nicht weh und die Dialekt-Sprecher freuen sich über meine „Dorf-Integrierungsbemühungen“. Mit ausländisch Sprechenden bemühe ich mich um kurze aussagekräftige Sätze ohne viel drumrum. Dabei gibt es in der deutschen Sprache so viel Nuancen. Aber mit diesen Feinheiten wissen die meisten, die nur wenig Deutschkenntnisse haben, meist nichts anzufangen.

Mein Fazit: Anpasssung.

LG, Hannelore

Hallo,

Akkommodation wäre ja, wenn ich was ganz neues Lerne (z.B.
Fahrschule: 18 jährige fährt das erste mal Auto)

Der Begriff Akkommodation findet in Kommunikationstheorie durchaus Verwendung:
http://de.wikipedia.org/wiki/Parasprache#Anpassung_u…

Dennoch bleibt der Begriff Akkommodation übergeordnet. Es verändern sich nicht nur die „Sprache“ alleine, auch Gestik, Mimik, geäußerte Emotion, Gesprächsinhalt usw.
Hannas Telefonbeispiel, dass sie den unbekannten Gesprächspartner erkennt, wird erst durch die Summe mehrerer dieser Faktoren möglich.

Ein Klassiker hinsichtlich Sprachstil (Wortwahl, Tonlage etc.), welchen die meisten von uns schon erlebt haben: Wenn man frisch verliebt ist.

cumc

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Danke für eure Beiträge (o.w.T.)

Buchtipp
Hallo Hanna,

das hört sich interessant an. Hast Du zufällig noch den Titel von dem Buch?

Viele Grüße
Sarah

Nein, leider
Hallo Sarah!

Hast Du zufällig noch den Titel
von dem Buch?

Nein, leider. Das ist jetzt auch schon mehr als dreißig Jahre her, ich weiß gar nicht, ob es dieses Buch noch auf dem Markt gibt.

Hanna