JSB: Magnificat

Hallo!
Vor der Schlussfuge steht der H-Dur-Akord.
Das Fugenthema beginnt mit dem Ton D und steht in D-Dur.
Wie wird in der Literatur diese querständige Harmonik erklärt oder gerechtfertigt?
Hat Bach einfach eine schon vorhandene Fuge da dran gehängt? Ich kann’s nicht glauben.
Dank und Gruß!
Hannes

recordatus

Hallo!

Hallo Hannes

Vor der Schlussfuge steht der H-Dur-Akord.
Das Fugenthema beginnt mit dem Ton D und steht in D-Dur.
Wie wird in der Literatur diese querständige Harmonik erklärt
oder gerechtfertigt?

Zunächst wäre keine Schwierigkeit, wenn Fis-Dur stünde (Parallelbeispiele zu Hauf, da Fis Dominante zu h-moll ist und einen Halbschluss bilden kann, auf den dann die Durparallele der Tonika folgt, sogenannter phrygischer Schluss).

Drei Dinge werden getan: 1. der phrygische Schluss wird überraschend neu gestaltet. 2. Die sonstige Abfolge bleibt sich gleich, also wie üblich ein Schlusssatz in der Durparallele. 3. Bach arbeitet wieder einmal mit dem Text: Recordatus est misericordiae suae. (Der Herr denkt an Sein Erbarmen.) Wie kann „Erbarmen“ bzw. misericordia auf einem Halbschluss aufhören, der wie ein Fragezeichen klingt? Nein, das kann und darf nicht sein. Statt dessen gehört ein süsser Ganzschluss hierhin - folglich H-Dur als Überraschung. Vermutlich wird ein geschickter Interpret darauf eine Pause folgen lassen dürfen, da ja jetzt der Schlusssatz daherkommt.

Hat Bach einfach eine schon vorhandene Fuge da dran gehängt?

Es gibt in der Tat noch eine Fassung der gleichen Fuge „Psallite Deo nostro in Laetitia“, aber Bach hat trotzdem bewusst komponiert, auch wenn er die einzelnen Noten der Fuge nicht erst gerade erfunden hat. Er hat das Gesamtwerk konzipiert und das sehr bewusst, genau deswegen der H-Dur-Akkord.

Ich kann’s nicht glauben.

Mich freut die Stelle ausserordentlich - Dich nicht auch?

Dank und Gruß!

Gruss

Hannes

Mike

…aber Bach hat trotzdem
bewusst komponiert, auch wenn er die einzelnen Noten der Fuge
nicht erst gerade erfunden hat. Er hat das Gesamtwerk
konzipiert und das sehr bewusst, genau deswegen der
H-Dur-Akkord.
Mich freut die Stelle ausserordentlich - Dich nicht auch?

Ja,

Mike,

ganz außerordentlich.
(Wenn nicht, wie ich in einer Aufführung einmal gehört habe, die Bassstimmen die Fuge mit Dis beginnen und die Orchesterbässe mit D. War nahe am Schmiss!)

Übrigens:
Hat man sich schon einmal Gedanken über des Anfang des Nagnificat von JSB gemacht? Ich meine: darüber, dass es mit den beiden Frauenstimmen beginnt, mit einem fröhlichen Melisma auf dem Vokal „a“: Sind das Maria und Elisabeth, die beiden werdenden Mütter, bei ihrer Begegnung, die ja das Magnificat als Text hervorruft? Ich höre diese Stelle immer als eine Art komponiertes Gelächter („Mahahahahaha…gnificat“)
Weißt Du darüber was?
Für die vorige Antwort besten Dank!
Gruß!
Hannes

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ganz außerordentlich.
(Wenn nicht, wie ich in einer Aufführung einmal gehört habe,
die Bassstimmen die Fuge mit Dis beginnen und die
Orchesterbässe mit D. War nahe am Schmiss!)

Verzeih ihnen. Es gibt in der Tat eine vom Magnificat unabhängige Fassung der Fuge in Es-Dur. Vielleicht hatten die Leute daran geübt.

Übrigens:
Hat man sich schon einmal Gedanken über des Anfang des
Nagnificat von JSB gemacht? Ich meine: darüber, dass es mit
den beiden Frauenstimmen beginnt, mit einem fröhlichen Melisma
auf dem Vokal „a“: Sind das Maria und Elisabeth, die beiden
werdenden Mütter, bei ihrer Begegnung, die ja das Magnificat
als Text hervorruft? Ich höre diese Stelle immer als eine Art
komponiertes Gelächter („Mahahahahaha…gnificat“)
Weißt Du darüber was?

Das Magnificat ist in seiner ursprünglichen Fassung für „Mariä Heimsuchung“ geschrieben worden (7./8. September). Bach schrieb für die Weihnachtsaufführungen einzelne Sätze um oder setzte sie neu. Einer davon, „omnes generationes“, entspricht genau einem Satz der Kantate „Unser Mund sei voll Lachen“. Offenbar ist für Bach bzw. die Bach-Symbolik das Magnificat etwas, was bei den Psalmen und Kantaten eingeordnet werden muss, die mit Lachen zu tun haben. So gesehen ist der Sprung bis zu Deinem Anfangslachen nicht mehr weit.

Gruß!
Hannes

Gruss
Mike