Hallo,
hier und und anderen Foren wurde schon öfters nach dem Grund des Judenhasses bzw. -verfolgung gefragt.Oft wurde auf allgem. Fremdenhass und/oder Neid auf Materielles verwiesen, meißt wurde auch gleich auf die heutige Zeit verwiesen und versucht, für die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen.Das sind nicht die Antworten, die ich hier suche, also spart sie euch. Ich suche Antworten, warum die Generation unserer Groß- & Urgroßeltern zu den ( doch aus unserer heutigen Sicht unvorstellbaren) Taten fähig war. Wie konnten überhaupt jemand zu diesen Greultaten in der Lage sein, was haben sie während dieser Taten gedacht.
Wir kennen unsere Omas & Opa
s, lieben sie um ihrer selbst willen. Aber es müssen viele Täter gewesen sein, noch mehr müssen Bescheid gewußt haben. Was hat sie dazu bringen können, was ging in ihnen vor ? Die Antwort ist nicht Fremdenfeindlichkeit oder Judenhass, daß reicht nicht!
Mir ist klar, daß mir dies niemand in diesm Forum beantworten kann ( schon aufgrund des Alters ); aber vielleicht kennt jemand Adressen/Quellen wo man solche Infos bekommen kann. Gibt es vielleicht Täter-Erlebnisberichte,- Protokolle,-Tagebücher o.Ä.?
Gibt es vielleicht Täter-Erlebnisberichte,-
Protokolle,-Tagebücher o.Ä.?
Gibt es. Aber mir gefällt es nicht, wie du hier mit uns redest. So nach dem Motto, „das sind nicht die Antworten die ich suche, also spart sie euch.“
Hallo Helmfried,
in den Erzählungen meines Großvaters über das Dritte Reich und den Weltkrieg kristallisierte sich immer wieder das Paradoxon heraus: Der Jude an sich ist schlecht und unser Unglück, aber alle Juden, die ich gekannt habe, waren Ehrenmänner. Diese Überzeugung hielt er auch nach dem Krieg aufrecht bis zu seinem Tod. Ich weiß nicht, warum er, sonst ein wirklick kluger Mann, nicht zu einer besseren Einsicht gelangte, die ja wirklich auf der Hand liegt. Vielleicht die Nachwirkung der nationalsozialistischen Propaganda, vielleicht, und das ist es, was ich glaube, der unbeholfene Versuch, die eigene sehr bereitwillige Unterstützung des Hitler-Regimes vor sich selbst zu rechtfertigen.
Gott sei Dank war mein Großvater mangels Gelegenheit nicht direkter Täter. Aber durch seine Überzeugung war er bis zu einem gewissen Grad sicher schuldig. Auch wenn er in Frankreich einzelnen Juden half, was ihm bei der Entnazifizierung zugute kam. Diese einzelnen Juden waren also wert, dass er Probleme riskierte, obwohl ALLE Juden die Schlechtigkeit der Welt zu verantworten hatten und zurecht verfolgt wurden.
Gruß
Hardey
Hallo,
Ich suche Antworten, warum die Generation unserer Groß- &
Urgroßeltern zu den ( doch aus unserer heutigen Sicht
unvorstellbaren) Taten fähig war.
wenn man eines aus dieser Geschichte lernen kann, dann dies: jede Generation ist zu so etwas fähig. Was nicht heisst, jeder Mensch sei dazu fähig. Der Lack der Zivilisation und der Kultur ist dünn und blättert schnell ab. Das spezifisch deutsche am Holocaust war eigentlich nur die Gründlichkeit, die organisatorische und bürokratische Effizienz mit der die Vernichtung durchgeführt wurde.
Die von dir angedachten Quellen sind wenig ergiebig - nirgendwo wird so viel verschwiegen und gelogen wie in Tagebüchern oder Erlebnisberichten. Sinnvolle Lektüre zum Thema:
ISBN 3423345195 Buch anschauen
ISBN 3492203086 Buch anschauen
ISBN 3746214742 Buch anschauen
ISBN 3596218853 Buch anschauen
Freundliche Grüße,
Ralf
P.S.: Götz Aly nenne ich bewusst nicht, wie gesagt möchte ich sinnvolle Lektüre empfehlen.
Hallo,
Der Jude an sich ist schlecht und unser Unglück, aber
alle Juden, die ich gekannt habe, waren Ehrenmänner.:
daran hat sich ja bis heute nichts geändert.
„Die Kanaken sind alle scheiße, aber meine Kumpels Mehmet und Ali sind echt superkrasse Freunde für mich.“
Gruß
Lawrence
Hallo,
ich empfehle Dir mal das Buch „Der Gelbe Fleck“ von Rudolf Hirsch und
Rosemarie Schuder zu lesen.
Dies behandelt die Wurzeln und Wirkungen des Judenhasses in der Deutschen Geschichte.Bemerkenswert daran ist,das dieses Buch zu „DDR Zeiten“ in der DDR erschienen ist und das m.E. die Buchautoren in der DDR viel zu Aufklärung beigetragen haben.
Ich war jedenfalls über die damalige Offenheit ganz schön erstaunt.
mfg Bollfried
Hallo.
Ich suche Antworten, warum die Generation unserer Groß- &
Urgroßeltern zu den ( doch aus unserer heutigen Sicht
unvorstellbaren) Taten fähig war. Wie konnten überhaupt jemand
zu diesen Greultaten in der Lage sein, was haben sie während
dieser Taten gedacht.
Hierzu ist fast jeder in der Lage, wenn er nur der Überzeugung ist, dass sein Gegenüber kein Mensch mehr ist. So ist die Geschichte des Holocaust auch eine über eine Entmenschlichung einer Gruppen von Menschen. Juden wurden systematisch entmenschlicht, entrechtet und hatten vor dem Holocaust einen Status unter dem von Tieren. Und so wie wir gedankenlos Tiere abschlachten, kann dieses dann auch mit „Unmenschen“ passieren.
In diesem Sinne hast du Recht, dass dieses nicht alleine im Judenhass, im Fremdenhass zu finden ist, was zu solchen Taten führt, aber selbiges ist eben der erste Schritt der Entmenschlichung. Wer Juden bzw. Fremde hasst, entmenschlicht sie, stellt sie unter seine Mitbürger. Und dann kann man „endlich“ all dieses ausleben, was man vorher sich nicht einmal zu träumen wagte. Die schlechte Seite von uns allen, findet ihr Opfer.
Den selben Mechanismus kann man überall auch im Kleinen beobachten. Gefolterte Mitarbeiter, Mobbing, Ausgrenzung, Kinder welche Kinder schänden… überall ging dem eine Entmenschlichung bevor.
Gruss,
Eli
Du musst dabei berücksichtigen, daß da nicht ein Hitler hergekommen ist, der mal so gesagt hat: „Nun lasst und alle Juden in Gaskammern werfen“. Das war ein langsamer Prozess.
Generelle Abneigung und auch Hass gegen Juden gab es schon immer. Judenverfolgungen sind schon aus dem Mitttelalter belegt. Auch wenn diese natürlich ein deutlich geringeres Ausmaß hatten, schon wegen der technischen Möglichkeiten. Später um 1500 und danach haben viele Städte Juden ausgewiesen. Die wurden einfach aus den Städten vertrieben, wo die dann leben sollen, danach wurde nicht gefragt.
Judenhass war also in der Gesellschaft durchaus verwurzelt. Es war eben immer so. Wobei in manchen Zeiten die Juden eher toleriert wurden, und in anderen weniger. Aber es gab keinen (zumindest keinen längeren) Zeitraum vor dem WKII in dem Juden der übrigen Bevölkerung 100% gleichgestellt waren.
Darauf konnte Hitler nun aufbauen. Auch hier wurde zuerst ein negatives Image aufgebaut. Juden waren im allgemeinen Händler oder waren an Geld-Kreditgeschäften beteiligt. Das lag unter anderem daran, daß Juden keine anderen Berufe ausüben durften. Diese Regel/das Gesetz gab es schon seit dem Mittelalter, wobei auch das Zeitweise mehr Zeitweise weniger streng ausgelegt wurde. Vor dem 3.Reich war es Juden zwar freigestellt, welchen Beruf sie ausüben, aber aus der früheren zeit waren eben viele Juden immer noch Händler oder Banker. Man wechselte damals seinen Beruf nicht einfach so wie heute.
Diese Fixierung auf Finazgeschäfte konnten die Nazis ausnutzen, und Juden als Betrüger etc diffamieren. Man muss dabei berücksichtigen, daß es damals noch keine Medien wie Internet etc gab. Alle (fast alle) Informationen die man hatte stammten aus Radio oder Zeitung. Selbst Fernsehen gab es noch nicht bzw nur bei sehr reichen Leuten. Und diese Medien konnten die Nazis gut kontrollieren, weil sie Einseitig waren.
Wenn nun über eine Volksgruppe schon von alters her negatives Berichtet wurde (Judendiffamierungen waren ja keine Erfindung der Nazis) dann glaubt man auch das was zu der Zeit berichtet wurde. Warum auch nicht, es steht ja schließich sogar in der Zeitung. Und so konnten die Nazis die Juden langsam unter Druck setzen.
Nachdem die Juden nun in der Bevölkerung noch weiter herabgesetzt worden waren, gab es ein (gescheitertes) Attentat eines Juden auf Hitler. Obwohl dieses Attentat vermutlich die Tat einer Einzelperson war, konnten die Nazis das für sich Instrumentalisieren, und die Juden als Mörder hinstellen. Dies führte dann zu den angeblich spontanen in wirklichkeit aber genau geplanten Angriffen auf Juden in ganz Deutschland, die man später als Reichskristallnacht, heute treffender als Reichsprogromnacht bezeichnet.
Es ging also langsam aber sicher immer weiter. Schließlich konnten die Nazis das so weit bringen, daß die meißten Menschen keine Juden mehr in der Nachbarschaft, im Ort oder im Statteil mehr haben wollten. Wie schon in früherer Zeit wieder nach dem Prinzip: Wo die leben wollen ist mir egal, nur nicht hier!
Damit konnte man Juden gut in Ghettos oder später in KZs abschieben. Die Bevölkerung wusste davon wohl wirklich nur wenig. Zeitungen und Radio/Fernsehen berichteten über solche Dinge natürlich nicht. Und wer nicht in direkter Nähe von solchen orten wohnte, bekam man davon nur wenig mit. Und ein KZ wurde natürlich nicht direkt neben einer Großstadt gebaut, sondern eher abseits, so daß die Leute noch weniger mitbekommen haben.
Von KZs und ähnlcihem haben daher (außer denen die dort als Wächter etc gearbeitet haben natürlich) also wohl wirklich nur wenige gewusst, und die haben das möglichst nicht weitererzählt, weil sie zum einen Angst hatten, zum anderen auch andere Probleme. Und man darf natürlich nicht vergessen, daß es trotz allem nur Juden waren. Da lohnte es auch nicht, was großes zu unternehmen.
Gerade dieses Vorgehen, die Juden nach und nach, immer mehr ins Abseits zu drängen, und die gleichschaltung der Medien führte dazu, daß die Nazis das so erfolgreich durchführen konnten. Hätten die Nazis von Fleck weg, sofort alle Juden in KZs eingeliefert, hätte es vermutlich einen Aufstand in der restlichen Bevölkerung gegeben.
Hallo!
Die Bevölkerung wusste davon wohl wirklich nur wenig.
Diese fromme Lüge ist so alt wie die „Entnazifizierung“ nach dem Krieg. Das systematische Drangsalieren der jüdischen Bevölkerung kann niemandem entgangen sein. Restlos alle wussten, dass Menschen gegen ihren Willen abgeholt wurden und nie wieder kamen. Und zahllose brave Bürger waren Nutznießer des staatlichen Raubzugs. Für manchen ging es um die billige Immobilie, den arisierten Betrieb oder den endlich verschwundenen Konkurrenten und für sehr viele um Profanes wie etwa Hausratsgegenstände. Es gab Millionen Nutznießer.
Nach dem Krieg war Deutschland ein nazifreies Land. Die Täter und die einzigen Leute, die überhaupt etwas wussten, waren doch in Nürnberg längst verurteilt… na, was für ein Glück! Es gab nur ahnungslose, ganz und gar überrascht-entsetzte Menschen. Und wo sich beim besten Willen nichts vertuschen ließ, sind die Betroffenen natürlich nur als Befehlsempfänger und kleinstes, unbedeutendes Rad zum Mitlaufen gezwungen worden. Eine einzige verlogene Mischpoke!
Etwa 15 Jahre später hatte sich das Leben weitgehend normalisiert. In den 60er Jahren waren Nazi-Nachfolgeparteien in 7 oder 8 Landtagen vertreten und gewöhnliche Bürger hatten ihre Vorsicht im Sprachgebrauch längst abgelegt. „An die Wand stellen“ oder „ins Gas schicken“ waren alltäglich zu hörende Sprüche gegenüber unliebsamen Zeitgenossen. Bei schlechten Eigenschaften hieß es „…wie ein Jude“, eine Lecknase in einer Lackierung wurde als Jude bezeichnet und Aussagen wie „Hitler war gar nicht so schlecht“, stießen auf zustimmendes Geraune.
In der Schule hörte ich Lehrer, die 2 Weltkriege hinter sich hatten, vom ehrlich kämpfenden deutschen Landser schwadronieren. Auf die Frage, was deutsche Soldaten in den Nachbarländern zu suchen hatten, kam allerdings nichts, es wurde schlichtweg überhört. Der Geschichtsunterricht hörte beim Kaiserreich auf und weil noch ganze Schuljahre irgendwie zu überbrücken waren, fing der Geschichtsunterricht in der Steinzeit (allen Ernstes!) von vorne an. Was ablief, bekamen junge Menschen mit, ich hatte es jedenfalls bemerkt. Hartnäckige und konkrete Fragen z. B. zu Verfolgungen und Konzentrationslagern an Eltern, Großeltern und Lehrer wurden regelmäßig brüsk abgebürstet. „Ihr könnt euch das nicht vorstellen … es waren eben andere Zeiten … euch geht’s zu gut … geht doch in die Zone (so wurde damals in Westdeutschland die DDR genannt) … Nestbeschmutzer“ war alles, was an Antworten zu bekommen war. Ansonsten litt die Bevölkerung unter selektiver Amnesie. Kein Mensch konnte sich an irgend etwas Genaues erinnern und hatte sowieso nie etwas gewusst. Aber die Zahl der Abschüsse des Stadtrats und des Fernsehhökers in der Kleinstadt kannten alle und niemand hatte vergessen, wer Ritterkreuzträger in der Gemeinde war.
Inzwischen hat die Geschichtswissenschaft einiges aufgearbeitet und die allgemeine Ahnungslosigkeit als Schutzbehauptung entlarvt. Es gibt umfangreiche Literatur zum Thema, für empfehlenswert halte ich u. a. von Götz Aly, Hitlers Volksstaat, ISBN 978-3-596-15863-8 Buch anschauen.
Gruß
Wolfgang
Ich habe von den Dingen im KZ geschrieben. Von diesen Greultaten wusste die Bevölkerung wohl wirklich nur wenig.
Daß Juden abgeholt wurden, und nie wieder kamen etc. wusste man sicher, aber wie ich vorab schon schrieb, wurde das ja nicht vom Fleck weg begonnen sondern langsam in dem Juden zuerst immer mehr diffamiert und schlecht gemacht wurden.
Daß in den 60 und 70 er Jahren und zum Teil auch noch in den 80ern ein Mäntelchen des schweigens über die Zeit gebreitet wurde, ist wohl allgemein bekannt, aber ein anderes Thema.
Hallo Hardey,
in den Erzählungen meines Großvaters über das Dritte Reich und
den Weltkrieg kristallisierte sich immer wieder das Paradoxon
heraus: Der Jude an sich ist schlecht und unser Unglück, aber
alle Juden, die ich gekannt habe, waren Ehrenmänner. Diese
Überzeugung hielt er auch nach dem Krieg aufrecht bis zu
seinem Tod. Ich weiß nicht, warum er, sonst ein wirklick
kluger Mann, nicht zu einer besseren Einsicht gelangte, die ja
wirklich auf der Hand liegt.
Das war sicher eine verbreitete Haltung, in vielen Familien zu hören,
vielleicht nicht unbedingt paradox, aber pauschalisierend.
„Der Jude an sich“, damit war „das Jüdische“ gemeint, also gemäss
verbreiteter Ansicht: der Börsenjobber, Geldhändler, Asphaltliterat,
Rechtsverdreher, Schmock, Schieber usw., der auf unanständige Weise
reich und einflussreich geworden ist.
In der Propaganda hatte man da auch immer konkrete Personen parat.
Und da es natürlich auch Nichtjuden gab, die jenen Geschäften
nachgingen, gab es den Begriff des „weissen Juden“.
Andererseits kannten viele persönlich Juden, die einem anständigen Gewerbe nachgingen,
was aber offenbar in der Masse nicht zu einer differenzierten Sicht führte.
Da kam vieles zusammen, und ich fürchte, dass die ganze Problematik
trotz aller „Vergangenheitsbewältigung“ etc. bis heute noch nicht wirklich
aufgearbeitet und verstanden ist.
Gruss
Nescio
Hallo Hardey,
das von Dir beschriebene Phänomen ist auch heute noch weit verbreitet.
Nach den Ausländern sind die derzeitigen Lieblingshassobjekte der Deutschen die Bezieher von Alg 2 („Hartzler“). Selbst gebildete Menschen hängen dem von den Medien gepflegten Bild an, dass ein Großteil der Arbeitslosen saufende und rauchende Asoziale seien, die es sich in der sozialen Hängematte gut gehen lassen - nur diese eine Alleinerziehende, nur jener eine gesundheitlich Eingeschränkte natürlich nicht.
Auch hier in diesem Forum lässt sich wunderbar beobachten, wie sehr Leute an dieser Vorstellung festhalten, selbst wenn ihnen eine Studie einer Forschungsanstalt der Bundesagentur für Arbeit vorgelegt wird, die deutlich besagt, dass nur ein äußerst geringer Teil der Alg-2-Bezieher arbeitsscheu und faul ist.
Beste Grüße
=^…^=
Hallo,
ich habe mich das auch lange gefragt und immer noch keine richtige Antwort. Lies mal „Anmerkungen zu Hitler“ von Sebastian Haffner. Ich meine, in dem Buch hat er gesagt, dass Hitlers Antisemitismus in Wien gebildet wurde, wo ein bisschen der brutale Ost-Antisemitismus wirkte. In Russland fanden in den 1880er Jahren ja schwere Judenverfolgungen statt. Dieser war mörderisch (wenngleich nicht mit dem Holocaust zu vergleichen! Bitte mir keine Relativierung unterstellen!). Tatsache ist, dass es Antisemitismus/-judaismus in ganz Europa seit langer Zeit gibt. Und der ist christlich begründet - so traurig das ist, das sagen zu müssen. Lies nur nach, was schon von Augustinus bis hin zu Luther über die Juden gesagt wurde. Ja, schon Jesus sagt „Euer Vater ist der Teufel“ (Johannes hat’s ihm in den Mund geschoben?). Lies nach, wie es den Mendelssohns ging und was Wagner über Felix sagte. Natürlich hat es auch immer wieder kirchliche Leute gegeben, die die Juden versucht haben zu schützen. Z.B. am Beginn des 1. Kreuzzuges. Die aus Nord-Frankreich kommenden Kreuzzügler fielen in Köln ein und tracktierten die Juden. Die flüchteten in das Haus/Palais des Bischofs, der ihnen auch schutz gewährte. Als dann die Horden den Bischof selbst bedrohten, flüchtete er. „Kurz darauf war Köln judenfrei“ (Quelle: ein Hörfunkbericht vor div. Jahren). Als Frankreich im WK2 besetzt wurde flüchteten viele Juden in den italienisch besetzten Teil F’s. Dort waren sie relativ sicher.
Langer Rede kurzer Sinn: Es gibt eine lange Vorgeschichte, und Hitler konnte auf ein recht gutes Fundament aufsetzen. Er konnte dann all seine möderischen Phantasien umsetzen, was ja bekanntlich nicht nur die Juden betraf.
Gruss
Laika
Liebe Petra ein Sternchen für Dich vom Steinpilz72.
Du stellst eine richtige und wichtige Frage, die schnell formuliert ist, aber wohl niemals zufriedenstellend beantwortet wird. Möglicherweise ist eine stetige Beschäftigung mit und der immerwährende Versuch einer Verarbeitung von diesen Zusammenhängen die Antwort auf die Suche nach dem „warum“.
Es gibt nach meiner Einschätzung keine Dokumente der Art, wie Du sie suchst. Auch die verbliebenen Alten bleiben in der Regel stumm und nehmen die Geschehnisse mit ins Grab.
Ich rate Dir stattdessen, zunächst die bekannten Quellen zu studieren. Nimm z.B. die Tagebücher der Anne Frank. Schau Dir die guten Filme zum Thema an, die entweder von den Opfern und auch von den Tätern erzählen (z.B. die Serie „Holocaust“, „Schindlers Liste“), oder Dich einfach nur in die Zeit versetzen (z.B. „Zündschnüre“, „Tadellöser & Wolff“). Einen sehr guten Einblick in die Zeit, aus der die Verbrechen geboren wurden, gibt auch Joachim Fest in seiner Hitler-Biographie. Besuche alte Städte und die Stätten der Verbrechen - dort, wo es noch etwas zu sehen gibt. Schau dir die Wochenschauen aus der Zeit an. Setze dich auch vorurteilsfrei und ergebnisoffen mit heutigen Zeiterscheinungen auseinander. Erst, wenn Du ein bißchen ein eigenes Gefühl für die Zeit und die Menschen von damals entwickelst, bist Du bereit, dir selbst diese elementaren Sachfragen zu stellen und sie dir auch selbst möglicherweise beantworten zu können. Die aus dieser Situation gefundenen Antworten werden kostbarer sein als jede von fremder Hand geschriebene Geschichte.
Hallo,
meiner Meinung nach hätte (und hat) jede beliebige andere Gruppe den Platz der Juden einnehmen können. So wurden nicht nur Juden vernichtet, sondern auch geistig Kranke, Behinderte, Homosexuelle (sowie wie immer die Andersdenkenden und die Unpassenden).
Es ging im dritten Reich gar nicht per se um die Juden, sondern um einen deutlich auszumachenden Feind, der den „Marionetten“ ein klares Ziel vor Augen führte. Das sollte das Regime bei der Verwirklichung seiner Ziele unterstützen, weil die Menschen so auch auf etwas ganz anderes geeicht wurden: Der „Feind“ sollte und musste bekämpft werden, weil er „gefährlich“ war, und angesichts einer solchen Aufgabe springt die menschliche Psyche gerne mal auf Automatik, in der nichts mehr hinterfragt wird (zum Beispiel den Sinn und Unsinn eines Krieges…).
Das Regime sprach Grundbedürfnisse in den Menschen an, und packte sie so bei der richtigen Stelle: Sicherheit, Identifikation, Gemeinschaft und gab die Schuld an allem Unbill das da herrschen mochte einfach dem Feind. So war zum einen klar, dass alle Probleme schnell gelöst werden konnten, wenn der „Feind“ vernichtet oder vertrieben wurde (denn er war ja der Schuldige).
Ein nettes Buch, über ein Experiment, das wieder einmal belegt, dass viele Menschen in einer Horde ganz anders funktionieren: Die Welle von Morton Rhue (http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Welle_%28Roman%29).
Das beschriebene Experiment fand tatsächlich statt.
Ein weiteres, in diesem Fall fiktives Buch, das sich aus meinen Augen sehr gut mit den damaligen Gegebenheiten, Einstellungen und psychischen Vorgängen auseinander setzt ist von Jonathan Littel: Die Wohlgesinnten. (http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Wohlgesinnten#Reale…)
Das Buch ist sehr hart, ist aber in meinen Augen ein sehr gutes Gegengewicht zu dem üblichen Schrei, dass die Nazis einfach das personifizierte Böse waren. Sie werden hier nicht als psychologische Opfer entschuldigt, sondern als Mittäter in einem System beschrieben, gegen das sie vielleicht doch nicht ganz so machtlos gewesen wären. Allerdings gibt es in diesem Buch sehr heftige Szenen und auch teilweise ärgerliche Klischees. Trotzdem: Unbedingt lesen, wenn du an der Sicht „von Innen“ interessiert bist. Ich hatte bisher noch kein Buch in der Hand, das sich so gut (und überhaupt) mit dieser Perspektive auseinander gesetzt hat.
Hoffe, ich konnte helfen
Hallo,
So wurden nicht
nur Juden vernichtet, sondern auch geistig Kranke, Behinderte,
Homosexuelle (sowie wie immer die Andersdenkenden und die
Unpassenden).
zu diesen Andersdenkenden und Unpassenden gehörten auch - was leider immer wieder vergessen wird - Sinti und Roma sowie Kommunisten.
Grüße
=^…^=