Jugendliche & Ausbildung - was tun?

Hallo Ihr!

Ich suche die ein oder andere Anregung zu dem folgenden „Problem“:

Mein Patenmädchen (demnächst 15) besucht - leider nicht sehr erfolgreich und mit Schwierigkeiten in einigen Fächern - die Realschule. Möglicherweise wird sie dieses Schuljahr wiederholen.

Sie ist ein nettes, normal begabtes Mädchen, hat nur leider nie die notwendige Unterstützung und Förderung erhalten (Problemem in der Familie (Scheidung), Probleme mit dem Finanziellen, mehrere Umzüge mit Schulwechsel usw.). Vor diesem Hintergrund bin ich ganz froh, dass sie noch so lebenslustig und freundlich ist.

Leider sieht man bei ihr und den Geschwistern ganz deutlich, wie sehr in Deutschland der familiäre und soziale Hintergrund Auswirkungen auf die Bildung und Chancen hat :frowning:

Ich selbst bin seit Jahren zu weit weg (> 100 KM), um mich regelmäßig zu kümmern.

Hinzu kommt, dass sie sehr, sehr ländlich wohnt und in der Umgebung kaum Chancen auf eine Ausbildung bestehen. Wenn ich mal mit ihr darüber spreche, kommen auch immer nur die „üblichen Verdächtigen“ als Ausbildungsberufe, z.B. Erzieherin, Krankenpflegerin usw.

Der Horizont ist da wirklich sehr begrenzt und sie weiß (noch) nicht, was sie möchte. Ich wünschte mir wirklich sehr, ihr irgendwie mehr Möglichkeiten eröffnen zu können.

Eine Idee war z.B., dass sie - sofern sich was findet - (Berufs)Praktika in unserer Nähe (Rhein-Main-Gebiet) macht und in dieser Zeit bei uns wohnt.

Was könnte ich tun, um ihr zu helfen? Natürlich wird sie das Thema auch in der Schule angehen, mir geht es aber um mehr.

Danke,

Daisy

Hallo,

aus meiner Erfahrung: Du schilderst einen typischen Fall. Dieser war in den vergangenen Jahren er die Ausnahme, heute ist er schon die Regel: Schulabgänger wissen nicht, was sie gern machen wollen, was sie können, welche Begabungen sie haben usw. Haben keinen Bock, auf gut deutsch, und haben mit „Problemen“ (SCheidung, Umzüge usw.) zu kömpfen (hatte ich auch, bin Mitte 20). Und heute werden die „Kleinen“ auch so weich eingepackt, vor der harten Realität bewahrt.
Auch wenn sowas sicher kaum gut ankommt: Klartext reden, die Realität zeigen, ohne Vorwürfe zu machen. An einigen Schulen gibt es Mentorenprograme, das heißt Paten nehmen sich Problemschüler an, unterstützen sie bei Bewerbungen, Jobwahl usw.). Und: heute haben die Eltern soooo viel Verständnis (oder ist es Gleichgültigkeit) für den Lebenswandel der „Kleinen“.

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Hallo Daisy,

ich halte es für eine sehr gute Idee, wenn dein Patenkind (am besten gleich für ein paar Wochen) zu dir kommt und einige Praktika macht. Sie sollte sich dann am besten im Vorfeld schon um Plätze kümmern. Du könntest sie dabei unterstützen, aber ihr nicht zuviel abnehmen. Sie sollte da schon selber anrufen und nachfragen, ob sie ein Praktikum machen kann. Wenn sie selber denkt, dass Erzieherin oder Krankenpflegerin sie interessieren würde, sollte sie auf jeden Fall ein Praktikum im sozialen Bereich machen. Manchmal stellt man sich so einen Beruf ja ganz anders vor, als er dann ist. Ich finde, ein Praktikum hat seinen Sinn auch dann erfüllt, wenn man dabei rausfindet, dass einem der Beruf doch nicht so liegt.

Vielleicht gibts in der Nähe ja auch irgendwo ein sogenanntes BIZ (Berufs-Informations-Zentrum). Aber meistens organisiert sowas eh die Schule.

Bei uns in der Umgebung wird z. B. jedes Jahr ein Girls-Day organisiert. Da werden den Mädels Berufe nahe gebracht, die eben immer noch „typisch Jungs Berufe“ sind. Z.B. Mechatroniker/in oder Schreiner/in. Vielleicht ist auch sowas mal ganz interessant.

Manchmal können auch die Lehrer sehr gute Tipps geben. Aber da müsstest du wohl mit ihren Eltern reden, damit sich die da mal erkundigen.

Ich denke, dass es deinem Patenkind auch schon hilft, wenn sie einfach mal mit dir drüber sprechen kann, was sie denn gerne möchte. Manchmal ist das mit Lehrern und Eltern schwerer. Du solltest ihr das Gefühl geben, dass sie mit dir auch über scheinbar unrealistische, ja verrückte Berufswünsche reden kann. Da kann auch sehr viel dabei rauskommen. Du darfst auf keinen Fall einen Vorschlag von ihr mit den Worten „Das ist doch nichts für dich“ (oder ähnliches) abwürgen. Auch Sachen, die auf den ersten Blick unmöglich scheinen, in Erwägung ziehen und versuchen Möglichkeiten oder Alternativen zu finden. Ich würde an deiner Stelle erstmal nicht fragen, welcher Beruf ihr gefallen würde, sondern sie soll sich überlegen, welche Tätigkeiten ihr gefallen würden. Auch wenn die total unterschiedlich sind. Klar, kann man die kaum alle unter einen Hut bringen, aber es ist ein guter Anhaltspunkt.

Ach ja, noch was. Du schreibst, sie weiß (noch) nicht, was sie möchte. Vielleicht weiß sie aber, was sie nicht möchte (so wars bei mir) Das hilft ja auch schon weiter.

Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen helfen.

Gruß
Michaela

Hallo!

Ich danke Dir für Deinen konstruktiven Beitrag :smile:

Wenn sie selber denkt, dass Erzieherin oder Krankenpflegerin sie
interessieren würde, sollte sie auf jeden Fall ein Praktikum
im sozialen Bereich machen.

Das denke ich auch. Da ich beruflich quasi "in der Nähe " angesiedelt bin, habe ich ausnahmsweise auch mal die entsprechenden Kontakte.

Ich habe schon versucht, ihr auch mal andere Berufe näher zu bringen, z.b. die für Männer typischen. Mein Freund hat einen nicht überall vorkommenden, typischen Männerberuf (Flugzeugmechaniker). Da hat sie das Reinschnuppern allerdings gleich abgelehnt. Schade!

Ach ja, noch was. Du schreibst, sie weiß (noch) nicht, was sie
möchte. Vielleicht weiß sie aber, was sie nicht möchte (so
wars bei mir) Das hilft ja auch schon weiter.

Zwei Menschen, ein Gedanke :smile:

Sie möchte nicht den ganzen Tag im Büro sitzen. Als ich sie fragte, ob sie auch bei Stress (inkl. kurzer Erklärung) und Tohuwabohu um sie herum die Nerven behalten kann meinte sie nur: Ich habe drei Geschwister! Das habe ich als „ja“ gewertet. Wir haben auch darüber gesprochen, ob sie sich vorstellt freundlich bleiben zu können, wenn ihr jemand blöd kommt.

Bei manchen Ideen meinte sie zu Recht, dass sie dafür sehr viel besser Englisch können müsste (sie ist da sehr unsicher). Ich wüsste aber keinen Grund, warum sie das nicht lernen könnte, wenn sie es möchte.

Ich frage mich hier nur wieder: Warum streben Mädchen so oft die schlecht bezahlten Frauenberufe an?
Ist mir unerklärlich …

Danke!

Hallo !

Ich frage mich hier nur wieder: Warum streben Mädchen so oft
die schlecht bezahlten Frauenberufe an?
Ist mir unerklärlich …

Das ist in der Tat eine sehr gute und zugleich wichtige Frage. Leider stellen sich diese Frage die Betroffenen aber nur all zu selten. Bei den Jung’s ist es ja der Kfz-Mechaniker. Sicherlich sind das keine schlechten Jobs, nur muss man einfach sehen, dass sich die Welt um diese Jobs gewandelt hat.

Nehmen wir mal das Beispiel Kranken- bzw. Altenpflegerin. Das sind Jobs, die sicherlich immer wichtiger werden und den dort arbeitenden Personen enorm viel abverlangen - also geistig und körperlich. Das kann meiner Meinung nicht jeder machen. Für alle Beteiligten wäre es aber besser, wenn derjenige der sich dafür bewirbt, schon vorher weiss, ob es etwas für ihn ist oder eben nicht. Dann kommt erschwerend hinzu, dass diese Jobs absolut unzureichend bezahlt werden.

Man kann nicht nur weil einem nichts Besseres einfällt einen Job nehmen, der zwar zukunftssicher ist und wo man sich sonst keine weiteren Gedanken machen muss, der aber nicht entsprechend entlohnt wird. Außerdem macht man keinen Job richtig, der einem nicht Spass macht. Da muss man nur mal in die Zukunft denken. Der Wettbewerb unter den Anbietern solcher Dienste wird weiter zunehmen, was zur Folge hat das diese Unternehmen ihre Kosten senken müssen. Gleichzeitig wird aber um einen herum alles teurer. Was daraus folgt, kann man sich leicht denken.

Ich finde es ist extrem wichtig, dass Du ihr vor allem auch die negativen Folgen von Berufen die (ungerechterweise) nicht so hoch angesehen sind, bzw. die vermeintlich nicht so hohe Anforderungen stellen, klar machst.
Für Mädchen führen solche Berufe meiner Meinung direkt wieder in die Abhängigkeit zu einem Mann, sprich einem zweiten Verdiener der dann auch noch besser verdient. Und davon wollen wir in der heutigen Zeit ja weg. Da musst Du auch an ihren Ehrgeiz appellieren, ihr eigenes Ding als Frau durchzuziehen. Das solltest Du ihr auch mal aufzeigen. Sie wird ja vielleicht schon konkretere Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben abseits des Berufs haben (Familie, Kinder, etc.).
Werden diese Vorstellungen durch einen schlechteren Job eher gefördert oder gehemmt ?

In Amerika gehen viele, die nach der Schule nicht wissen, was sie machen sollen oder können, in die Armee.
Da sich unser Land ja lobenswerter Weise nicht an Kriegen beteiligt, wäre der Arbeitgeber Bundeswehr -gerade auch für Mädchen- sicherlich nicht das Schlechteste. Dort könnte sie eine Ausbildung in nahezu jedem Bereich machen. Der Vorteil, wenn man erst einmal in der BW drin ist, kann man auch fast immer Berufe erlernen, die man in der freien Wirtschaft so nicht hätte machen oder wählen können.
Gerade im Sanitätsbereich, oder aber auch etwas Technisches.

Viele Grüße
goodwill25