Julisch-Claudische Dynastie - welche Kaiser?

Hallo,
ich frage deshalb, weil ich mir nicht sicher bin, ob Augustus (Octavius) wirklich dazu gehörte, weil ich in einigen Artikeln (u.a. Heft G-Geschichte) gelesen haben, dass nur Tiberius, Caligula, Claudius und Nero dazu gehörten.
In Wikipedia wird zum Beispiel Augustus aufgeführt.

Habt Ihr eine Erklärung?

Danke.

Hallo Klaus,

natürlich war Augustus de facto der Begründer der julisch-claudischen Dynastie (auch wenn es Livia so arrangiert hat, dass letztendlich nicht seine, sondern ihre Nachkommen ihm in der Herrschaft folgten), er selbst hat sich aber nicht als irgendeine Form von oberstem Herrscher gesehen, sondern sich als „Erster unter Gleichen“ bezeichnet.

Grüße

=^…^=

Hallo,

natürlich war Augustus de facto der Begründer der
julisch-claudischen Dynastie

und natürlich der erste Kaiser Roms, weswegen er selbstverständlich zu den Kaisern des iulisch-claudischen Hauses zu zählen ist. Anmerkungen zu Blättern wie G/Geschichte, PM History usw. verkneife ich mir hier. Nun ist Wikipedia zweifellos auch nicht seröser als diese Heftchen, aber hier liegt sie richtig. Wer Zweifel hat, kann ja mal im Standardwerk ‚Lexikon der Alten Welt‘ nachschlagen, was die Zeitschriftenredakteure offensichtlich versäumt haben. Autor des Eintrags ‚Julisch-claudisches Haus‘ ist übrigens Karl Christ, einer der renommiertesten (nicht nur deutschen) Althistoriker des 20. Jahrhunderts.

auch wenn es Livia so arrangiert
hat, dass letztendlich nicht seine, sondern ihre Nachkommen
ihm in der Herrschaft folgten

Livia brauchte da nichts zu „arrangieren“. Die beiden Enkel Augustus’ und der Scribonia - Gaius Julius Caesar und Lucius Julius Caesar - starben lange vor Augustus. Der dritte männliche Enkel, Agrippa Postumus, wurde nach C.J. Caesars Tod ebenso wie Augustus’ Stiefsohn Tiberius von Augustus adoptiert, aber drei Jahre später verbannt - er war als Nachfolger offensichtlich völlig ungeeignet. Unmittelbar nach Augustus’ Tod (7 Jahre später) wurde er aus Gründen der Staatsraison ermordet, so dass er nicht als Prätendent gegen den designierten Nachfolger Tiberius benutzt werden konnte - der einzige Punkt, wo Tacitus’ Ausfälle und Unterstellungen gegen Livia tatsächlich Substanz haben.

Möglicherweise - falls Tiberius’ Bruder Drusus tatsächlich ein außerehelich (noch während der ersten Ehe der Livia Drusilla mit Tiberius Claudius Nero) gezeugter Sohn Augustus’ war - war dessen Sohn Germanicus ein weiterer Enkel des Augustus. Dass Augustus die Adoption des Tiberius mit der Bedingung verknüpfte, dass dieser wiederum seinen Neffen Germanicus adoptierte, deutet darauf hin. Wenn dem so wäre, wären mit Caligula und Claudius dann doch noch leibliche Nachkommen des Augustus auf den Kaiserthron gelangt - ein Urenkel und ein Enkel. Das waren sie aber ohnehin schon, denn auf jeden Fall waren sie Urenkel und Enkel von Augustus’ und seiner ersten Frau Scribonia - über Germanicus’ Frau Agrippina maior.

er selbst hat sich aber nicht
als irgendeine Form von oberstem Herrscher gesehen,

Das hat er zweifellos doch - schließlich hat er, um in diese Position zu gelangen, einige blutige Bürgerkrieg geführt.

sondern sich als „Erster unter Gleichen“ bezeichnet.

Das war nichts als Proganda, die auf den noch aus republikaischer Zeit stammenden Ehrentitel des ‚princeps senatus‘ (den beispielsweise auch Cicero geführt hatte) zurückgriff. Auch Augustus’ Nachfolger benutzten diesen Euphemismus - insofern unterscheidet sich Augustus auch hier in keinster Weise vor ihnen.

Herschaftsinstrument war in erster Linie die Verbindung von imperium proconsulare und tribunicia potestas - eine Formel, die den eigentlichen Machtgehalt des Principats (also des römischen Kaisertums) beschreibt. Diese Formel wurde von Augustus entwickelt - als ein ideologisch akzeptableres Gegenmodell zu dem des dictator perpetuus seines Adoptivvaters Gaius Iulius Caesar, das dem Inhaber de facto die gleiche Machtfülle bescherte, aber die überlieferten republikanischen Formen zumindest dem Namen nach respektierte.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Ralf,
vielen Dank für Deine ausführlichen Kommentare, jedoch scheint es nicht eindeutig zu sein. Auch hier ist nur von 4 Kaisern die Rede . In anderen Berichten wird z.B: Nero als 4. Kaiser …

Hallo!

ich frage deshalb, weil ich mir nicht sicher bin, ob Augustus
(Octavius) wirklich dazu gehörte

Wieso soll er nicht dazugehört haben? Er hieß doch seit der Adoption durch Cäsar (mit allen rechtlichen Folgen eines Sohns)
C. Iulius Caesar Octavianus
mit dem Beinamen Augustus.

Gruß!
H.

Hallo Klaus,

vielen Dank für Deine ausführlichen Kommentare, jedoch scheint
es nicht eindeutig zu sein.

es ist eindeutig.

Auch hier ist nur von 4 Kaisern
die Rede .

Und das vorangegangene Kapitel ist Augustus gewidmet. Die Trennung in zwei Kapitel macht auch Sinn, und zwar

  1. weil Augustus 41 Jahre lang Princeps war - länger, als Tiberius, Caligula und Claudius zusammen sowie
  2. weil er schon vor der Begründung des Principates eine beachtenswerte politische Karriere als Bürgerkriegsgeneral und Angehöriger einer Militäjunta (Triumvir) hatte. Zählst Du diese gut 17 Jahre zu seinem Prinzipat hinzu, dann stand er länger an der Spitze des römischen Staates (wenn auch nur teilweise als Alleinherrrscher) als der ganze Rest seiner Dynastie zusammen.

In anderen Berichten wird z.B: Nero als 4. Kaiser
der Julisch Claudischen Dynastie beschrieben.

Das ist Blödsinn.

In G/Geschichte
zum Beispiel wird auch Augustus als Begründer genannt, aber
hervorgehobenn wurden nur die 4 anderen Kaiser.

Meine Meinung zur Seriosität dieses Blatts habe ich ja schon angedeutet.

Warum kann es deiner Meinung so unklar sein?

Ich sehe da keine Veranlassung zur Unklarheit. Den einzigen Grund, Augustus gesondert zu behandeln, ist der schon von mir genannte - seine Geschichte ist eben nicht nur Kaisergeschichte und an historischer Bedeutung übertrifft er seine Nachfolger bei weitem.

Freundliche Grüße,
Ralf

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