'k'-lauer Brief aus Brüssel

Tag zusammen,

heute in der Rheinischen Post und auch direkt in den „heute“-Nachrichten gewürdigt: Die EU verzichtet angeblich auf einen blauen Brief, in dem man die Deutsche Regierung darauf hinweisen würde, daß die aktuelle Neuverschuldung am Rande dessen liegt, was von den Maastrichter Kriterien noch akzeptiert wird. Begründung: Deutschland betrachte sich bereits als ermahnt, was man an der öffentlichen Diskussion zu dem Thema erkennen könne.

Allmählich frage ich mich wirklich, was hier eigentlich los ist. Da wird seit 3 Wochen darüber diskutiert, daß die Zahlen für 2001 schlecht sind. Das ist also anerkannt. Das sieht Brüssel, und denkt sich: Och, die haben schon genug gelitten und zeigen Reue, da lassen wir das mal mit der offiziellen Ermahnung.

Mit anderen Worten, nur weil ein Kind davor Angst hat, nicht versetzt zu werden, hat es genug gebüßt und wird versetzt.

Ich wußte doch immer schon, daß die EU ein kindischer Haufen ist.

Gruß
Christian

P.S.
Im Umkehrschluß kann das ja nur bedeuten: Da wochenlang darüber diskutiert wurde, gibt es keinen CDU/CSU-Kanzelerkandidaten. Interessanter Gedanke.

Hallo Christian,

meine Interpretation íst hier etwas anders: ich denke eher daß man es nicht gewagt hat, den Hauptzahler derart zu brüskieren.
Die Zahlen, welche zur Bewertung herangezogen werden lassen m.E. auch keinen echten Vergleich zu.
Wenn Deutschland beispielsweise ein geringeres Wachstum bei etwas höherer Neuverschuldung hat, steht es doch immer noch deutlich besser da als z.B. Griechenland, das sicherlich bessere Wachstumszahlen und evtl. auch eine geringere Neuverschuldung hat, vom Niveau her allerdings deutlich hinter Deutschland liegt.

Seitens der EU ist also vollkommen unangebracht, irgendwelche blauen Briefe an Deutschland zu schicken.
Dies sollte vielmehr die deutsche Bevölkerung selber tun…

Grüße,

Mathias

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi Mathias,

meine Interpretation íst hier etwas anders: ich denke eher daß
man es nicht gewagt hat, den Hauptzahler derart zu brüskieren.

ist schonklar, daß das er eigentliche Grund ist. Ob es nur auf den Hautzahler abgestellt wird, oder darauf, daß man Deutschland allgemein nicht brüskieren will, ist dabei sekundär.

Wahrscheinlich ist man bei der EU einfach nur froh, einen Grund gefunden zu haben, den Brief nicht zu verschicken (wenn die Meldung denn stimmt).

Seitens der EU ist also vollkommen unangebracht, irgendwelche
blauen Briefe an Deutschland zu schicken.

Das sehe ich nicht so. Wenn die Deuzschen einen derartigen Warnschuß nicht erhalten, ist die Gefahr groß, daß man das bei Diskussionen an die Anforderungen an die EU-Kandidaten vorgehalten bekommt. So sah das auch der haushaltspolitische Sprecher der Grünen heute morgen im ZDF-Morgenmagazin. Natürlich nicht ohne darauf zu verweisen, daß man die große Schuldenlast ja aus CDU-Zeiten geerbt hat.

Gruß
Christian

Hallo Christian,

ich sehe es ähnlich wie du.

Nur was nüzt der "sch"laue Brief? Er bewirkt zunächst mal gar nichts. Außer dass er es dem Herrn Stoiber schwer machen würde mehr Geld für alles über die Neuverschuldung zu investieren, wie dieser es ja immer predigt.

Sollte sich die EU wirklich in den Wahlkampf einmischen :wink:

mfg Ivo

Hallo Christian!

Wozu ein blauer Brief aus Brüssel? Die Stabilitätskriterien sind doch eh’ ein Auslaufmodell. Schon wird laut darüber nachgedacht, aus den Kriterien „konjunkturelle Einflüsse herauszurechnen“. Das käme faktisch einer Abschaffung gleich.

Wie soll es auch anders gehen? Leute mit Visionen gibt es in unserer politischen Kaste nicht. Der politische Wille zur Verschlankung des Staates, zur Entrümpelung sämtlicher Gesetzes- und Vorschriftenwerke fehlt. Es wird verwaltet und wenn es nichts zu verwalten gibt, verwalten wir uns eben selbst. Die Fähigkeit zu Reformen ist nicht existent. Kleinere Tarifänderungen und Einführung neuer schwarzer Löcher für beliebige Geldbeträge werden als Reformen verkauft. Unser Schul- und Ausbildungssystem ist das beste der Welt wurde so lange gebetet, bis es jeder glaubte. Nur kosten darf das alles nichts.

In der EU gibt es so viele Armeen wie Mitgliedsstaaten. Davon will niemand lassen. Die brauchen wir angeblich. Wir brauchen aber tatsächlich jährlich einen mehrstelligen Milliardenbetrag für Forschung und Entwicklung, statt just dieses Geld in den volkswirtschaftlichen Schwachsinn, der Militär heißt, zu stecken.

An der Spitze dieses Staates sitzen Schwächlinge. Sie haben sich in meinen Augen als rückgratlose Figuren erwiesen, u. a. weil sie den amerikanischen Unsinn der Aufrüstung mittragen, obwohl die angeblich angestrebte Sicherheit so nicht herstellbar sein kann. Jede ins Militär gesteckte Mark fehlt an anderer Stelle der Volkswirtschaft. Außer dem kurzfristigen Push für die Rüstungsindustrie sind militärische Investitionen volkswirtschaftlich ein Sumpf. Das Geld bewirkt nichts, schiebt nichts Selbsttragendes an, initiiert nichts.

Die Staatsausgaben liegen in der Hauptsache fest. Gehälter und Pensionen für das Millionenheer öffentlich Bediensteter, Zuschüsse für ein ineffizientes Sozialsystem, Zinsen, Militär. Wer in diesem Land etwas bewegen will, darf sich nicht zufrieden geben, per Erhöhung der Tabaksteuer noch ein paar Euro abgegriffen zu haben. Wer in diesem 80-Millionen-Volk etwas bewegen will, muß an die großen Töpfe gehen und deren Struktur nicht nur ankratzen, sondern umkrempeln. Wer dauerhaft etwas bewegen will, kann das in diesem Land nur in Bildung und Forschung tun. Nicht mit 100 Millionen, sondern mit 100 Milliarden. Euro und pro Jahr. Mag sein, daß man (ich) für solche Forderung als Spinner abqualifiziert wird. Aber die gleichen Kritiker werden an 8 Milliarden für ein paar Militärflieger nichts Ungewöhnliches finden. Übrigens kostet jeder schwimmende Alu- und Stahlhaufen, der regelmäßig in irgendeiner Werft für die Marine zusammengeschweißt wird, auch in der Größenordnung einer Milliarde. Kein Hahn kräht danach.

Weil an dieser groben und hartnäckig fortgesetzten politischen Fehlleistung keine Änderung beabsichtigt ist, werden wir weiter ein Millionenheer an Arbeitslosen haben. Deshalb wird weiter Spitzentechnologie in anderen Ecken der Welt entwickelt, während wir landwirtschaftliche Überproduktion und Steinkohlebergbau subventionieren.

Ich beschaffe inzwischen auf abenteuerlichen Wegen, die ich hier lieber nicht beschreibe, einzelne Produkte der Spitzentechnologie (Halbleitersektor) direkt aus USA. Europäische Distributoren, speziell deren deutsche Niederlassungen, halten Spezielleres hierzulande nicht mehr bereit. Es läuft doch nichts oder viel zu wenig. Das ist eine üble Spirale nach unten.

Weder die aktuell Regierenden noch der bayerische Strauß-Verschnitt wollen und werden daran etwas ändern. Es sind phantasielose Verwaltungsapparatschiks, die mit dem alten Stiefel weitermachen wollen und das werden sie auf Pump machen, wenn das Geld nicht reicht. Deshalb werden die Stabilitätskriterien kippen. In offizieller Lesart heißt das „an die konjunturelle Entwicklung angepaßt“. Und deshalb ist es völlig wurscht, ob jetzt ein blauer Brief aus Brüssel kommt oder nicht.

Gruß
Wolfgang

.-.

Dazu eine Frage…
Servus Wissende®

Jetzt würd mich interessieren: Was passiert mit Ländern die sich nicht an solche blauen Briefe halten? Was wäre die letzte Konsequenz?

Servus
Herbert

Hi,

Jetzt würd mich interessieren: Was passiert mit Ländern die
sich nicht an solche blauen Briefe halten? Was wäre die letzte
Konsequenz?

Der EU-Vetrag sieht folgende Schritte vor, wenn ein Euro-Teilnehmerland gegen die gegen die Verschuldungsvorschriften verstößt (Art. 104 Abs. 3-11):

Die Kommission kann einen Bericht verfassen.
Der Währungsauschuß gibt dazu eine Stellungnahme ab.
Der Rat entscheidet, ob es eine überhöhte Verschuldung gibt.
Der Rat kann Empfehlungen abgegeben, wie sich das sündige Land verfahren soll.
Werden die Empfehlungen nicht umgesetzt, können die Empfehlungen veröffentlicht werden.
Anschließend werden können Strafen verhängt werden:

  • Vor der Emission von Staatsanleihen ist der Rat zu informieren.
  • Die Europ. Investitionsbank kann ersucht werden, ihre Darlehnspoltik ggü. dem betreffenden Mitglied zu überprüfen.
  • Vom Mitglied kann verlangt werden, eine unverzinste Einlage bei der Gemeinschaft zu hinterlegen.
  • Geldbußen.

Und Ende.

Gruß
Christian

P.S.
Nachzulesen hier:
http://europa.eu.int/eur-lex/de/treaties/dat/treatie…

Aha und danke
Servus Herbert

Warum ist das so? Wo liegt eine Lösung?
Hallo Wolfgang,

mit hohem Interesse habe ich dein Statement gelesen. Ich möchte dich auch nicht kritisieren. Ich frage mich nur, was nützt es uns, wenn wir Kritik üben ohne Lösungsvorschläge zu bringen?
Und wenn wir Lösungsvorschläge haben, wer soll sich die anhören und dann damit etwas anfangen?
Ich bin echt ratlos und kämpfe oft gegen eine gewisse Mutlosigkeit an!

Leute mit Visionen gibt es in unserer politischen Kaste nicht.

Warum nicht? Wie können wir das ändern?

Der politische Wille zur Verschlankung des Staates, zur
Entrümpelung sämtlicher Gesetzes- und Vorschriftenwerke fehlt.

Warum fehlt der Wille? Ist es überhaupt möglich?

An der Spitze dieses Staates sitzen Schwächlinge.

Die haben wir gewählt! Wen hätten wir denn wählen sollen?

Weder die aktuell Regierenden noch der bayerische
Strauß-Verschnitt wollen und werden daran etwas ändern. Es
sind phantasielose Verwaltungsapparatschiks, die mit dem alten
Stiefel weitermachen wollen und das werden sie auf Pump
machen, wenn das Geld nicht reicht.

Sind wir unserer düsteren Zukunft machtlos ausgeliefert?

Gruss
Fred

Hi!

meine Interpretation íst hier etwas anders: ich denke eher daß
man es nicht gewagt hat, den Hauptzahler derart zu brüskieren.

ist schonklar, daß das er eigentliche Grund ist. Ob es nur auf
den Hautzahler abgestellt wird, oder darauf, daß man
Deutschland allgemein nicht brüskieren will, ist dabei
sekundär.

Wahrscheinlich ist man bei der EU einfach nur froh, einen
Grund gefunden zu haben, den Brief nicht zu verschicken (wenn
die Meldung denn stimmt).

Möglicherweise.

Seitens der EU ist also vollkommen unangebracht, irgendwelche
blauen Briefe an Deutschland zu schicken.

Das sehe ich nicht so. Wenn die Deuzschen einen derartigen
Warnschuß nicht erhalten, ist die Gefahr groß, daß man das bei
Diskussionen an die Anforderungen an die EU-Kandidaten
vorgehalten bekommt.

Weshalb?
Es ist doch nichts passiert. Es wurde noch kein Kriterium gebrochen.

So sah das auch der haushaltspolitische
Sprecher der Grünen heute morgen im ZDF-Morgenmagazin.
Natürlich nicht ohne darauf zu verweisen, daß man die große
Schuldenlast ja aus CDU-Zeiten geerbt hat.

Diese Argumentation ist gefährlich, denn es gibt zwei Möglichkeiten dagegen zu halten:

1.) Wenn man dieses Problem nach 3 Jahren eigener Regierung nicht im Griff hat, liegt es wohl an einem selbst.

und 2.), wenn man darauf abzielt, in 3 Jahren könne das alles nicht repariert werden:
die Regierung Koh´l hat die Schulden wiederum von der Regierung Schmidt geerbt.

Daher wäre es seitens der Grünen, die übrigens aufgrund ihrer jahrelangen Sperrungen wichtiger Infrastrukturprojekte und der Unterstützung des Terrors an den Castor-Bahntrassen dem Bund ohnehin bereits Milliardensummen schulden, besser gewesen, zu solchen Themen zu schweigen…

Grüße,

Mathias

Hallo Fred,

ja, möglich ist eine Änderung, und zwar am Währungssystem. danach kann man die Wirtschaft bis zu 0-Arbeitslosigkeit schnell wieder aufbauen. siehe auch: futuremoney.de

Frank