nichts zu widerrufen
, aber du solltest korrekterweise
auch den widerruf dazugeben, oder?
Nein, ich widerrufe gar nichts, und die untenstehende Mitteilung ist diesmal länger als drei Zeilen. Natürlich ließen die betroffenen Regierungen (Österreich) dementieren, aber Du hast ein selektrives Wahrnehmungsvermögen.
Aus:KURIER, Online-Ausgabe datiert mit 3.2.2000
Förderten Klestil und Klima Auslandsprotest?
Dänemarks Premierminister soll sie als Betreiber der EU-Initiative genannt haben
haben Bundespräsident Klestil und Übergangs-Kanzler Viktor Klima den internationalen Protest gegen eine schwarzblaue Regierung „bestellt"?
Diese schwere Anschuldigung tauchte am Dienstag in zwei großen, gewöhnlich gut informierten dänischen Tageszeitungen, Jyllands-Posten und Ekstra Bladet, auf.
Demnach soll der dänische sozialdemokratische Premier Poul Nyrup Rasmussen eine entsprechende Erklärung im Außenpolitischen Ausschuss des Parlaments in Kopenhagen abgegeben haben.
Der Auschuss tagte am Dienstag streng vertraulich. Dennoch sollen, so die Jyllands-Posten, Informationen durchgesickert sein.
Die betroffenen österreichischen Politiker ließen dementieren. Aus dem Kanzleramt hieß es: „Das ist eine absurde Erfindung." Bundespräsident Klestil ließ wissen: „Diese Meldungen sind unrichtig. Der Bundespräsident hat seit vielen Tagen keinen Kontakt und keine Telefonate mit dänischen Politikern gehabt." – Ähnlich lautend eine Erklärung des dänischen Premiers: „Ich kann entsprechende Pressemeldungen nicht bestätigen. Ich hatte in dieser Angelegenheit keinen Kontakt mit dem österreichischen Präsidenten oder Bundeskanzler."
Nach Darstellung der Präsidentschaftskanzlei wurde Klestil von Frankreichs Staatspräsident Chirac am 27. Jänner über eine „gemeinsame Reaktion" informiert. Dass diese Reaktion verschärft worden sei, hänge allerdings ursächlich mit den „verbalen Entgleisungen" Jörg Haiders (vor allem gegenüber Chirac) am 29. Jänner zusammen.
Recherchen des KURIER in Dänemark ergaben folgendes Bild: Demnach hat Rasmussen die Sitzung mit dem Hinweis auf „besondere Vertraulichkeit" eröffnet. Die Parlamentarier zeigten sich über die Vorgangsweise des Regierungschefs erbost; man habe sie nicht zeitgerecht über den EU-Protest informiert. Einige brachten auch Bedenken gegen die Sanktionsdrohungen vor. Rasmussen rechtfertigte sich mit dem Zeitdruck, dem er vom portugiesischen Premier Guterres ausgesetzt worden sei.
Rasmussen berichtete, er habe am Freitag – er hielt sich beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf – eine erste Vorinformation über die geplante Aktion von portugiesischer Seite erhalten. Am Sonntagabend wurde ihm der ausformulierte Text übermittelt.
Zu diesem Zeitpunkt blieben Rasmussen als einem der sehr spät informierten EU-Regierungschefs nach eigenen Angaben „nur Minuten", um seinen Sanktus zu geben.
Schließlich soll Rasmussen den dänischen Volksvertretern gesagt haben, dass Bundespräsident Klestil die „treibende Kraft" hinter den Protesten gewesen sei. In eine ähnliche Richtung – Hilfe Europas gegen FP-Chef Haider – soll laut Rasmussen auch Klima vorgefühlt haben. Klima war vergangenen Mittwoch auf einer Holocaust-Konferenz in Stockholm. Sein Ansprechpartner soll Frankreichs Premier Lionel Jospin gewesen sein.
In Österreich schlägt diese Angelegenheit – die auch ausländische Medien auf Hochtouren recherchieren – hohe Wellen. FP-Generalsekretär Peter Westenthaler verlangt Aufklärung. Sollten sich die Gerüchte bewahrheiten, wäre dies ein „handfester Staatsskandal". SP-Geschäftsführer Gusenbauer wies die FP-Attacken als „Verschwörungstheorien" zurück. Spätestens seit dem EU-Gipfel im Dezember sei klar gewesen, dass die EU bei einer FP-Regierungsbeteiligung reagieren werde.
Zitat: „Sollten sich diese Informationen als unbestritten herausstellen, wäre das ein Staatsskandal.„Peter Westenthaler, FPÖ
Zitat: „Diese Meldungen sind falsch. Es gab seit vielen Tagen keine Kontakte mit dänischen Politikern.„Kommunique aus der Hofburg
Autor: Christian Thonke
Aus: Die PRESSE Online, Mittwoch 2.2.2000
„Völlig undenkbar, aber genau das, was Klestil und Klima taten“
Laut dänischer Presse suchten der österreichische Bundespräsident und der Bundeskanzler die Hilfe ihrer Kollegen gegen die FPÖ.
Der Außenpolitische Ausschuß ist eines der mächtigsten und geheimsten Gremien im dänischen Parlament. Unter den 17 Mitgliedern sind die Schwergewichtler der Opposition allesamt vertreten. Von den Sitzungen des Komitees, das gemeinsam mit der Regierung Dänemarks außenpolitische Linie festlegt, gibt es nicht nur keine schriftlichen Protokolle. Das Gesagte ist so vertraulich, daß sich Mitglieder, die ausplaudern, was sie im Ausschuß gehört haben, strafbar machen.
Wenn dennoch hin und wieder Informationen daraus an die Öffentlichkeit dringen, muß es sich daher um Themen handeln, die manchen Politikern so wichtig erscheinen, daß sie ihren Informationsauftrag ernster nehmen als ihre Schweigepflicht. So geschehen bei der Sondersitzung des Ausschusses am vorgestrigen Dienstag: Da bestätigten anschließend mehrere Politiker anonym, aber unabhängig voneinander den Parlamentsjournalisten der rechts-liberalen „Jyllands-Posten“ und der Boulevardzeitung „Ekstra-Bladet“, daß Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen „eine Bombe platzen ließ“, als er das Gremium über den Verlauf der EU-Aktion gegen Österreich informierte.
Was Rasmussen erzählte, deutete „Jyllands-Posten“, Dänemarks auflagenstärkste Zeitung, in ihrer Mittwoch-Schlagzeile als „Notruf aus Österreich“: „Österreichs Präsident und der abtretende Regierungschef spielten eine aktive Rolle, als die EU-Staaten ihre Warnung gegen eine Regierung mit der rechtsextremen Freiheitspartei ausschickten.“ Härter noch formulierte es „Ekstra-Bladet“: „Österreich bat selbst um den EU-Boykott“.
Schauplätze waren Stockholm, wo in der Vorwoche das internationale Forum über den Holocaust stattfand, das Weltwirtschaftsforum in Davos, und intensive Telephondiplomatie zwischen Wien und auserwählten EU-Hauptstädten. In Stockholm sei das Terrain sondiert worden, heißt es. Bundeskanzler Viktor Klima war am Mittwoch in die schwedische Hauptstadt gereist, wo er am Abend seine Rede auf dem Holocaust-Forum hielt, die als scharfe Kritik an Jörg Haider und dessen unzureichender Verurteilung des „monströsesten Verbrechens des 20. Jahrhunderts“ interpretiert wurde. Vor seinem Auftritt hatte Klima zahlreiche bilaterale Gespräche, und beim Abendessen im Rathaus war die Sitzordnung so bestimmt, daß die anwesenden EU-Regierungschefs bei Lachs und Kalbsfilet ungestört verhandeln konnten. Gastgeber war Schwedens Premier Göran Persson. Mit Klima zu Tisch saßen auch der deutsche Kanzler Gerhard Schröder, Frankreichs Premier Lionel Jospin, der Holländer Wim Kok, der Finne Paavo Lipponen, Italiens Massimo D’Alema und Rasmussen.
Haiders Regierungsambitionen hätten dem Forum „erschreckende Aktualität“ gegeben, heißt es in Stockholm, und unter den Teilnehmern sei die Überzeugung gewachsen, sie müßten reagieren. Jospin sei dabei wortführend gewesen. Doch auch Klima war „außerordentlich aktiv“, berichtete Rasmussen seinen dänischen Politikerkollegen.
Laut „Ekstra-Bladet“ mit einem „ganz klaren politischen Interesse“: Da er durch die blau-schwarze Allianz auf eine Nebenspur gedrängt wurde, habe er seine Kontakte unter den sozialdemokratisch dominierten EU-Partnern genützt, „um seine eigenen Interessen zu pflegen“. Doch Klima stand nicht allein. Zwar hätten schon letzten Freitag EU-Präsident Antonio Guteres und seine Kollegen aus Deutschland, Frankreich und Belgien an einem Maßnahmenkatalog gewebt, und die Konsultationen seien auch in Davos weitergeführt worden. Doch erst auf Druck von Bundespräsident Thomas Klestil und dessen französischem Amtskollegen Jacques Chirac soll am Sonntag der Beschluß gefaßt worden sein, wie hart die EU-Aktion ausfallen solle.
Daß es dabei unterschiedliche Auffassungen gab, hatte Rasmussen auch öffentlich zugegeben und dabei nichts getan, um den Eindruck zu widerlegen, daß er selbst eher zu den Zauderern zählte. Manche Länder hätten ihre Botschafter aus Wien abziehen wollen, sagte der dänische Premier. Er selbst rechtfertigte den Plan damit, daß die EU eine Wertegemeinschaft sei und daher zum Handeln gezwungen, wenn ihre Grundwerte in Frage gestellt würden. Daß die Initiative der 14 gekommen sei, ohne zuvor ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel zu informieren, bestreitet das Stockholmer „Svenska Dagbladet“ unter Hinweis auf gut unterrichtete Quellen. Schüssel sei vor den Folgen seiner Zusammenarbeit mit Haider gewarnt worden.
Rasmussen selbst, sagt er, sei erst Sonntag spätabends als einer der letzten von Guterres über das fertige Papier informiert worden und konnte nur ja sagen oder nein. In Wirklichkeit nur ja: Wie hätte es ausgesehen, wenn sich Dänemark abgesondert hätte? Das wäre als Unterstützung Haiders angesehen worden und war daher ausgeschlossen, darin gibt selbst der stets regierungskritische liberale Oppositionschef Anders Fogh dem Ministerpräsidenten recht.
Streng vertraulich verriet Rasmussen dann im Außenpolitischen Ausschuß, warum es so eilte: Klestil habe auf eine gemeinsame Resolution gedrängt, in der die 14 EU-Partner Österreich mit Konsequenzen drohen. Ob Klestil sich dabei direkt an Guterres wandte oder Chirac oder einen anderen als Mittelsmann einschaltete, sagte Rasmussen zufolge der Ausschußmitglieder nicht. „Unerhört aktiv“ sei der Bundespräsident in den Kulissen gewesen, soll Rasmussen berichtet haben. Er habe, schreibt „Ekstra-Bladet“, „einen für einen Präsidenten völlig unerhörten Weg gewählt: das Ausland um Hilfe bei der Lösung innerer Angelegenheiten zu bitten“. Das sei so, erläutert das Blatt seinen Lesern, „wie wenn in Dänemark Königin Margrethe und Nyrup Rasmussen die EU bitten würden, uns zu boykottieren“, wenn es hier zur Bildung einer bürgerlichen Regierung mit der Rechtspopulistin Pia Kjärsgaard käme. „Völlig undenkbar aber laut Rasmussen genau das, was Österreichs Präsident und Kanzler getan haben“, schreibt „Ekstra-Bladet“.
Seltene Indiskretion
Daß die beiden Zeitungen Rasmussens Darstellung des Sachverhalts korrekt wiedergaben, ließ sich am Mittwoch auch der Dänische Rundfunk bestätigen. Wie die Informationen darüber aber an die Öffentlichkeit dringen konnten, obwohl der Premier den Ausschußmitgliedern extra noch einmal ihre Schweigepflicht eingeschärft hatte, war tags darauf in Kopenhagen ein Rätsel. „Schweigsam wie Austern“ seien die Mitglieder, wenn dänische Interessen auf dem Spiel stünden, sagt Pieter Raunwe, der Radio-Chefkommentator. Doch in diesem Fall gehe es nur indirekt um Dänemark, daher seien die Schotten wohl nicht gar so dicht gewesen.
Im Gegenteil: In Hinblick auf die dänische politische Debatte mag es im Interesse der Regierung liegen, die Auffassung von einer EU-Aktion gegen ein kleines Mitgliedsland zu zerstreuen und ihr das Bild von einer Wiener Auftragsarbeit entgegenzustellen. Gegen die supranationalen Tendenzen der EU waren die Dänen immer schon allergisch, und die Boykottdrohung war Wasser auf die Mühlen der EU-Gegner. Als unangemessen, überhastet und gefährliches Präjudiz hatten dänische Kommentatoren und Oppositionelle das Eingreifen der EU-Staatschefs fast einhellig kritisiert. Ob es freilich realistisch ist, daß 14 EU-Staatschefs reagieren, nur weil sie einen Wink aus Wien bekommen, sei dahingestellt.