Kalkulation im Einzelhandel Spielwaren

Guten Abend,
ich werde vorraussichtlich im Juni einen Spielwarenladen eröffnen. Meine Finanzplanung steht fast, bzw. stand bis gestern abend. Denn als ich ins 2. Jahr ging, war ich nicht mehr liquide.:frowning:

Meine Gewinnspanne steht (wie es im Buche steht) felsenfest. Dort liegt der Fehler mit Sicherheit nicht. Und drücken kann ich dort natürlich auch nicht, denn ich muss davon leben und tilgen.

Ich hab einen Denkfehler beim HKZ. Ich weiß, dass ich alle Gemeinkosten (hab vereinfacht anstatt fix & variabel) zwar anteilmäßig verteilen muss. Jeder Artikel muss seinen Teil dazu beitragen.

Wie ist dies aber am sinnvollsten zu verteilen bei unterschiedlichen Preisen? Zumal ich noch dazu als Gründerin einen Anfangsbestand habe (5 versch. Hersteller) und noch keine vergleichbaren Daten aus vergangenen Zeiten. Der Wareneinsatz (Einstanspreis) der untersch. Artikel läßt sich sehr schwer für mich kalkulieren.

Ich kann mit meinem notwendigen Umsatz ja entweder 10 Teile für 300 Euro verkauft haben oder 100 Teile für 30 Euro.
Ist es sinnvoll, unterteilt in Artikelgruppen jeden Einstandspreis einzeln zu kalkulieren um zu wissen, wieviel ich davon verkaufen muss um meinen notwendigen Umsatz zu erhalten?

Oder ist es sinnvoller, die Gemeinkosten anteilig auf die gesamten Sortimente der Hersteller A, Hersteller B u. Hersteller C zu verteilen?
Ich würde mich über einen guten Tipp sehr freuen.:smile:

Liebe Grüße Jana

Hallo Jana,

natürlich muss man die Preise gemäß seinen Kosten festlegen, da man sonst drauflegt. Und man sollte sich auch nicht durch „politische“ Kalkulationen selbst bescheissen…
ABER: ich kann natürlich auch nicht beliebig am Markt vorbei kalkulieren, da ich sonst nichts verkaufen werde.

Daher schlage ich beide Vorgehensweisen vor:

  1. bottom-up: was müsste ich auf den Artikel durchschnittlich draufschlagen, damit alle meine Kosten (einschl. notwendigem Gewinn) gedeckt sind ?

  2. top-down: wie gut sind meine Kosten abgedeckt, wenn ich für die Artikel jeweils den marktüblichen Preis erziele ?
    Marktüblicher Preis = Preise bei der lokalen Konkurrenz, im Internet und unverbindliche Preisempfehlungen der Hersteller.

Mit der Methode nach 2. wirst Du feststellen, dass Deine nach 1. ermittelten Kosten manchmal unter dem Marktpreis, manchmal darüber liegen (und somit erheblich unterschiedliche Deckungsbeiträge generieren). Das macht erstmal gar nichts aus, solange der MIX stimmt.
Natürlich musst Du dann schauen, wie sich Dein Sortimentmix entwickelt und ggf. die Preise anpassen (oder schlecht laufende Artikel rauswerfen).

Grüsse

Sven

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Danke Sven für die schnelle Antwort.
Okay, ich verstehe das und hab es auch schon durchgerechnet. Aber mein Denkfehler steckt in folgendem:
Ich hab ein Warenlager voller Artikel zum Preis von 1,20 bis 11,00 Euro. Es beläuft sich auf 13000 Euro.

Zu Punkt 1)
Müßte ich in der Kalkulation jedes einzelnen Artikels erst einmal unterstellen, ich würde den ganzen Monat nur diesen einen Artikel verkaufen und dann dementsprechend anteilig meine Kosten draufrechnen? Somit hätte ich den HKZ für diesen einen Artikel und rechne das ganze mit allen anderen genauso aus?

Zu Punkt 2)
Das werde ich auf jeden Fall zusätzlich auch machen.

Vielleicht hat ja jemand eine Beispielrechnung für mich. Die Kalkulationsschemen sind mir bekannt. Wenn ich beim Verkaufspreis anfange runter zu rechnen, komme ich jedoch nur bis zum Selbstkostenpreis. Und wenn ich hochrechne, dann komme ich mit der Verteilung der Kosten nicht klar, um auf meinen Selbstkostenpreis zu kommen. Es wäre auf jeden Fall einfacher mit nur einem Produkt. Aber bei unterschiedlichen Preisen …

LG Jana

Hallo Jana,

Danke Sven für die schnelle Antwort.
Okay, ich verstehe das und hab es auch schon durchgerechnet.
Aber mein Denkfehler steckt in folgendem:
Ich hab ein Warenlager voller Artikel zum Preis von 1,20 bis
11,00 Euro. Es beläuft sich auf 13000 Euro.

Zu Punkt 1)
Müßte ich in der Kalkulation jedes einzelnen Artikels erst
einmal unterstellen, ich würde den ganzen Monat nur diesen
einen Artikel verkaufen und dann dementsprechend anteilig
meine Kosten draufrechnen? Somit hätte ich den HKZ für diesen
einen Artikel und rechne das ganze mit allen anderen genauso
aus?

nein, Du rechnest einfach:
(Gesamtkosten + geplanter Gewinn) / Ø Einstandspreis Warenlager

Danach erhälst Du, wieviel Du je Artikel durchschnittlich benötigst. Du kannst das Ganze natürlich verfeinern, wenn Du weitere Infos wie z.B. durchschnittliche Lagerdauer, bzw. -fläche oder angenommene Beratungsdauer (z.B. je Produktkategorie) hast.

Zu Punkt 2)
Das werde ich auf jeden Fall zusätzlich auch machen.

Vielleicht hat ja jemand eine Beispielrechnung für mich. Die
Kalkulationsschemen sind mir bekannt. Wenn ich beim
Verkaufspreis anfange runter zu rechnen, komme ich jedoch nur
bis zum Selbstkostenpreis. Und wenn ich hochrechne, dann komme
ich mit der Verteilung der Kosten nicht klar, um auf meinen
Selbstkostenpreis zu kommen. Es wäre auf jeden Fall einfacher
mit nur einem Produkt. Aber bei unterschiedlichen Preisen …

LG Jana

Grüsse

Sven

Hi Herzblume,
cih komme zwar aus einem anderen Bereich (Musikinstrumente+Zubehör)aber grundsätzlich mit ähnlichen Problemen:
Es gibt Saisonzeiten, bei denen bestimmte Artikelgruppen super laufen und andere Zeiten in denen sich alles schleppend anlässt.

Dann hast du Markenware, bei denen die UVP allen bekannt sind und andere Artikel , die dann selbst frei kalkulieren darfst.

Nur grundsätzlich:
Mit der Markenware, bei der du nur einen vorbestimmten Maximalertrag hast, kannst du deine Firma nicht auf Dauer halten, wenn der vorbestimmte Ertrag deine Kosten nicht decken kann.
Du brauchst Produkte, die du frei kalkulieren kannst und die den Minderertrag der anderen wieder aufheben.

Du hat 1 Jahr Erfahrung mit deinem Betrieb.
Deine gut geführten Umsatz- und Artikelstatistiken zeigen dir nun für das 2. Jahr, welche Artikelgruppe in welchem Zeitraum besonders gut gegangen ist.
Statistik ist keine Garantie. OK? Sie kann aber hilfreich sein.

Um das entstandene Minus auszugleichen, kannst du dich z.B, jetzt auf die Artikelgruppe konzentrieren, die im jeweiligen Zeitraum den meisten Umsatz gemacht hat.
„Im Einkauf liegt der Segen“
Suche dir günstigere Lieferanten für die benötigten Artikel, handele dann nochmal besondere Konditionen aus, forciere die Artikel an denen du am meisten „übrig hast“.

Im Musikbereich ist es mit dem Weihnachtsgeschäft ein Vabanque-Spiel:
Man sieht im März neue Produkte (teilweise nur als funktionsuntüchtige Placebos) und muss dann für die Monate November und Dezember bestellen.
Man muss die kundschaft beurteilen und die Wünsche erraten können.Und dann muss man lange vorher für die (noch unbekannten Produkte werben und auf die Neuerung hinweisen)
In diesen 2 Monaten werden 60% des Jahresumsatzes getätigt.
Jeder Fehler ist fatal, jedes Zögern auch.

Damit man aber selbst bei Fehleinschätzung noch gut über die Runden kommt, werden frei kalkulierbare Artikel eingekauft, die dann eventuelle Verluste ausgleichen oder für Zusatzgewinne sorgen.
Gitarre ? (jetzt alles alte Werte) EK 90, VK 210-390 je nach Optik und Klang
Verstärker ? EK 80 - VK 190

Ich kenne viele sehr gute Einzelhändler, die erfolgreich ihr Geschäft betreiben.
Fragt man sie aber nach einfachen Begriffen wie Handelsspanne, Aufschlagfaktoren, Roherlös usw… so können sie nicht antworten und wissen teilweise nichts damit anzufangen. Und trotzdem expandieren ihre Unternehmen immer weiter und die Banken bekommen von ihnen keine Kreditkosten.

Ich kenne aber auch andere. Die perfekten Experten in Kalkulation, Buchführung, BWL…
Die bekommen einfach kein Bein auf den Boden. Die Berechnungen stimmen doch alle… und trotzdem komtm kein geschäftserfolg rein.

Ratschlag:
Wenn du der „ideale Kaufmann“ bist, die Wünsche deiner Kunden schon vorausahnen kanst, deine Kunden gut beraten und auch an sie verkaufen kannst… aber keine Ahnung von Zahlen hast:
Hole dir einen Finanzfachmann ins Boot und rudere zusammen mit ihm zum großen Erfolg.

Wenn du der Finanzexperte par Excellence bist, aber dein Laden trotzdem nur „rummuckelt“:
Ein Partner oder auch Mitarbeiter, der Kundengefühl und Marketingerfahrung hat, wird dir sehr hilfreich sein und dafür mitsorgen können, dass der „Motor wieder läuft“.
Oder hole dir professionelle Hilfe durch einen Unternehmensberater, der die gemachten Fehler aufzeigen und Lösungen anbieten kann.

Gruß
BJ

nein, Du rechnest einfach:
(Gesamtkosten + geplanter Gewinn) / Ø Einstandspreis
Warenlager

Danach erhälst Du, wieviel Du je Artikel durchschnittlich
benötigst. Du kannst das Ganze natürlich verfeinern, wenn Du
weitere Infos wie z.B. durchschnittliche Lagerdauer, bzw.
-fläche oder angenommene Beratungsdauer (z.B. je
Produktkategorie) hast.

Hallo und vielen lieben Dank für die Antworten. Big John … du hast mir auch echt weitergeholfen und super Weitermachmut gemacht.:smile:

Sven, du hast Recht ich muss einen Durchschnitt nehmen. Mein Plan ist folgender. Ich habe alle Artikel von 0-1 Euro, 1-2 Euro, 2-3 Euro etc. sortiert und von ihnen in dann in dieser Kategorie einen Durchschnitt genommen in Durchsch.-preis, -materialkosten, -gemeinkosten u.s.w.
Jetzt kann ich zumindest ein wenig über einen Kamm scheren in meiner Kalkulation. Nur nach Hersteller zu sortieren hatte wenig Sinn und war zu ungenau. Ich werd in den nächsten Tagen hoffentlich meinen Finanzplan fertigstellen können.
Also wenn ich es schaffe, pünktlich im Juni/Juli zu eröffnen, geb ich hier ein Glas Sekt aus.:smile:

Schönen Abend noch!
Jana

BJ kramt seine Kristallgläser raus f.Eröffnungsekt
Viel Erfolg

BJ

Hallo Jana,

mein Vorredner hat es ja auch schon gesagt. Kalkulation ist schön und gut, aber keine Garantie für Erfolg.

Ob Du mit Deinem Geschäft bestehen kannst, hängt ausschließlich davon ab, ob Du mit den Kunden umgehen kannst und ob Du verkaufen kannst. Die Kalkulation wird durch die Marktsituation bestimmt. Du wirst Artikel haben, an denen Du viel verdienst und solche, an denen es weniger ist. Das kannst Du nicht rechnerisch kalkulieren, denn das bestimmt ausschließlich die Konkurrenzsituation. Man braucht einfach ein Gespür für das, was man verlangen kann.

Auf der anderen Seite kann ich Dir aus eigener Erfahrung aber auch garantieren, daß Du nur ein bißchen besser als die Konkurrenz sein mußt, um Erfolg zu haben.

Und den wünsche ich Dir
Ebi