Kann das Jugendamt helfen?

Hallo zusammen,
ich habe eine etwas schwer zu beantwortende Frage, doch ich hoffe, dass ihr mir helfen könnt.
Ich wäre auf jeden Fall sehr dankbar für Hilfe, denn ich weiß langsam nicht mehr weiter.

Meine beste Freundin ist gerade mal 15 Jahre alt, hat aber schon keine richtige Kindheit mehr. Bzw. hatte nie eine.
Ihre Eltern arbeiten Nachmittags, sodass meine Freundin täglich mit ihrer neunjährigen Schwester allein zu Hause ist. Dann muss sie den Haushalt machen, sich um ihre Schwester kümmern, sich mit dem Hund der Familie beschäftigen und ganz nebenbei auch noch für die Schule lernen.
Dafür zeigen ihre Eltern keinerlei Dankbarkeit und behandeln meine Freundin auch sonst sehr schlecht.

Dazu kommt, dass ihre Eltern ihr jetzt auch noch ihre Zukunft zerstören wollen:
Meine beste Freundin ist sehr intelligent und hat das Potenzial ihr Abitur zu machen um später einen guten Job zu bekommen.
Doch ihre Eltern wollen sie jetzt zwingen die Schule (im Moment macht sie die neunte Klasse in einer Realschule) abzubrechen und einen Ausbildungsplatz zu suchen, damit sie Geld in die Haushaltskasse bringen kann.
Meine Freundin ist sich bewusst, wie schwer es für sie später sein wird, zuerst einen Realschulabschluss nachzuholen und dann auch noch ein Abi zu machen. Zudem sie das erst machen kann, wenn sie bei ihren Eltern ausgezogen ist, was sie auch nicht gleich mit 18 Jahren tun kann, da ihr das Geld für eine Wohnung fehlen wird.
Dürfen ihre Eltern sie dazu wirklich zwingen?

Leider ist das noch nicht alles. Das ganze Ignorante Verhalten ihrer Eltern gegenüber meiner Freundin, macht sie seelisch kaputt. Liebe erfährt sie sowieso nie.
Dazu kommen noch die ganze Menge Kleinigkeiten, mit denen die Eltern meiner besten Freundin bei dieser immer wieder psychischen Schaden anrichten und das wissen sie auch noch.

Meiner besten Freundin macht das sehr zu schaffen, sie ist mit ihren Nerven schon seit langer Zeit am Ende und ich habe vor kurzem von ihr unter Tränen erfahren, dass sie sich manchmal wünscht, einfach mit ihrem Leben abzuschließen und sich umbringen.
Meine Freundin ist stark, aber ich weiß nicht, ob sie stark genug ist, dass noch lange durchzuhalten.

Ich helfe meiner Freundin schon so gut es geht, doch da ihre Eltern schon immer etwas gegen unsere Freundschaft einzuwenden hatten, sehe ich sie eigentlich nur in der Schule, oder wenn ich heimlich mit zu ihr nach Hause komme, wenn ihre Eltern arbeiten sind.

Meine Freundin hat sich jetzt überlegt sich an das Jugendamt zu wenden, aber kann das wirklich etwas machen?
Wir beide wissen, dass das Jugendamt Kinder nicht einfach so aus Familien reißt, auch wenn meine Freundin sich nichts sehnlicher wünscht.
Und falls das Jugendamt die Familie immer wieder kontrollieren sollte, würden die Eltern meine Freundin ihr das Leben noch mehr zu Hölle machen und ich zweifle nicht daran, dass sie dazu auch handgreiflich werden würden.
Ob meine Freundin dann noch die Kraft zum Weiter machen hat, kann ich nicht sagen.

Es wäre wirklich eine große Hilfe für mich, wenn mir jemand sagen könnte, ob das Jugendamt etwas ausrichten könnte oder wie ich meiner Freundin sonst helfen kann.

Ich danke schon einmal im Voraus!

lg

Hallo,

theoretisch kann sich Deine Freundin vom Jugendamt in Obhut nehmen lassen.

Aaaaaaber, nicht jeder Jugendamtsmitarbeiter macht das gerne. Manche haben auch Vorschriften den städtischen „Geldverwaltern“ die Kohle zu sparen.

Mir ist selber schon passiert, als ich ein 16-Jähriges Mädchen, dass von der Mutter verprügelt worden war, zum JA begleitete, dass der Chef der Abteilung die Inobhutnahme durch die Mitarbeiterin verweigerte und zwar mit den Worten: dann fällt sie aber dem Staat zur Last.

Zugegeben, das macht nicht jedes Jugendamt so. Aber in Zeiten der leeren Kassen, sparen die auch wo es geht.

Bei Deiner Freundin gibt es ja keine wirklich gefährliche (körperliche) und sichtbare Gewalt. Da ist die Chance in Obhut genommen zu werden doch etwas geringer.

Aus meinem Ehrenamt kenne ich zwei Fälle, da hat sich das jeweilige „Kind“ selbst Pflegeeltern gesucht. In dem einen Fall, hatte sich das Kind auch einen Anwalt besorgt, der dann die Inobhutnahme durchgeboxt hat. Im anderen Fall waren die Eltern - nach Vermittlung des Jugendamtes - damit einverstanden, dass das Mädchen bei den Pflegeeltern lebt.
In einem anderen Fall hat ein etwa gleichaltes Mädchen, das schon bei Pflegeeltern lebte, aber dort auch nur ausgenutzt wurde, die Eltern ihrer Freundin davon überzeugt, dass diese sie zusätzlich bei sich aufnehmen.

Hat Deine Freundin denn eine Patentante oder ähnliches, die ihr helfen würde und bei der sie notfalls auch leben könnte?

Auf jeden Fall solltet Ihr vorab im Internet schon nach betreuten Wohngruppen, Lehrlingsheimen usw. in Eurer Nähe suchen.

Da auch Deine Freundin das Recht auf bestmögliche Förderung hat, kann sie sich vielleicht einen eigenen Anwalt suchen. Informiert Euch doch mal bei http://www.v-a-k.de und fragt dort nach, ob sie auch Nichtscheidungskindern helfen können.

Ein etwas „eigenartiger“ Weg wäre, wenn sie sich selber wegen ihrer Selbstmordgedanken stationär in die Psychiatrie begibt. Normalerweise setzt sie damit automatisch eine Maschinerie in Gang, die im Normalfall mit der Inobhutnahme durch das Jugendamt endet.

Wichtig ist bei allen Wegen, dass Du Ihr wie bisher so supergut zur Seite stehst. Ihr bei den Recherchen und den Gängen zu den Ämtern, Ärzten, Anwälten usw. hilfst.

Schön, dass sie so eine gute Freundin hat.

Gruß
Ingrid

Hi

ich möchte nur noch ergänzen dass man deiner Freundin vielleicht bei der „Nummer gegen Kummer“ weiterhelfen kann.

http://www.nummergegenkummer.de/

viele Grüße
Susanne

Hallo,
ich finde es ganz toll wie Du Deine Freundin unterstützt. Hut ab!

Ihre Eltern dürfen ihr natürlich nicht verbieten ihren gewünschten Schulabschluss zu machen, aber sie können es ihr verdammt schwer machen.

Ich bin mir nicht sicher, ob das Jugendamt der richtige Weg ist. Ich würde zunächst den Weg über einen Lehrer des Vertrauens gehen, der das Gespräch mit den Eltern sucht. Der nächste Weg wäre die Familienberatung (kostenlos), wo Sozialpädagogen und Psychologen als Mediatoren auftreten. Die können dann auch einen ganz praktischen Rat geben und dieser kann auch in Richtung Vernunftsetzung bei den Eltern oder als letzte Instanz auch Auszug in eine WG gehen.

Was aber ganz wichtig ist, ist dass sie nicht den Glauben an ihre Fähigkeiten und ihr Selbstwertgefühl verliert.

Was meinst Du - wäre das eine Möglichkeit? Habt ihr einen Lehrer, den ihr vertraut und/oder eine Familienberatung in der Nähe?

Viele Grüße

Nur mit Beschränkung!
Hallo,
das ist ein Sorgentelefondienst mit ehrenamtlichen Mitarbeitern. Das ist zwar schön, aber in ernsten Lebenslagen nur akut und kurzweilig hilfreich.

Warum sich nicht direkt an die Instanzen wenden, die einem effizient helfen können: Lehrer oder Familienberatung?

Viele Grüße

1 Like

Hi,

für Kinder die sich nicht gleich einen grossen Schritt - also das Jugendamt oder die Schule einschalten - zutrauen kann das Kinder und Jugendtelefon eine Hilfe sein um die Gedanken zu ordnen und herauszufinden was der nächste Schritt sein könnte.
Ausserdem werden den Kindern auch ganz konkret Ansprechpartner in ihrer Region genannt. Es gibt ja ausser dem Jugendamt auch noch andere Hilfsangebote über die die Kinder aber häufig nicht Bescheid wissen.
Es ist eine Beruhigung für die Kinder dass sie erst mal anonym bleiben, mit jemandem sprechen und dann darüber nachdenken können ohne dass es sofort grosse Folgen hat.

viele Grüße
Susanne

Hallo,

das ist ein Sorgentelefondienst mit ehrenamtlichen
Mitarbeitern. Das ist zwar schön, aber in ernsten Lebenslagen
nur akut und kurzweilig hilfreich.

Was Sue schreibt, stimmt schon: diese ehrenamtlichen Helfer sitzen nicht völlig ungeschult am Telefon. Und was ihnen am meisten eingebleut wird, ist nicht nur simples Zuhören, sondern Weiterverweisen an lokale Hilfsmöglichkeiten.

Ansonsten unterstütze ich deinen Rat, dass sie sich an einen Lehrer, zu dem sie Vertrauen hat, wenden soll.

Gruß
Elke