Kann ein Krankenhaus Betreuung beantragen?

Meine Tante leidet an leichtem Alzhemer und wird in der Familie gut versorgt. Alle sind zufrieden.
Nun wurde sie wegen eines Oberschenkelhalsbruchs in eine Rehaklinik eingeliefert. Dort hat man, ohne uns mit einzubeziehen, beim nächsten Amtsgericht eine Betreuung beantragt. Auf meinen wütenden Protest wies mich das Krankenhaus darauf hin, ich könne ja Einspruch erheben. KEIN Wort der Entschuldigung!
Ich halte dies für eine extreme Verletzung unserer Privatsphäre.

Es geht hier bei meiner Frage NICHT um Betreuung/oder nicht, sondern lediglich darum ob das Krankenhaus dies ohne unser Wissen tun durfte.

Mit freundlichem Grß
Michael Straub

Hallo Mike !

Kurzum: Selbstverständlich darf das Krankenhaus eine Betreuerbestellung anregen. Es wäre ja absurd, wenn bsp.ws. nur der Betroffene eine Betreuerbestellung anregen dürfte !

Eine Verletzung Deiner Privatsphäre sehe ich nicht.

Selbst wenn das Krankenhaus in seiner Anregung das Blaue vom Himmel heruntergelogen hat, so besteht lediglich die Gefahr, dass das Krankenhaus für die Kosten des Verfahrens aufkommen muss.

Mein Tip: Sofern Deine Tante noch geschäftsfähig ist, lass’ sie eine Betreuungsverfügung treffen oder eine Vorsorgevollmacht erstellen. Notariell versteht sich.

Grüße,
speedofthoughts

Hi Mike!

Was Speedo gesagt hat, stimme ich voll zu.

Es ist eine gängige Vorgehensweise in den Krankenhäusern, daß ohne weiteres eine Betreuung beantragt wird, sobald fest steht, daß auf kurz oder lang (und bei Alzheimer ist es leider so)der Patient nicht mehr in der Lage sein wird, wichtige Entscheidungen, die nur ihn betreffen, zu treffen.

So wie Speedo auch, sehe ich keine Verletzung Deiner Privatsphäre.

Wer Bevollmächtiger wird per Gericht beantragt und entschieden. Also, ich, an Deiner Stelle, würde mich bemühen, selber für diese Posten als „Bevollmächtigen“ zu bewerben und gewählt zu werden. Solange Deiner Tante gut geht und selbst entscheiden kann, wird sie auch vor Gericht sagen dürfen, ob sie mit der Entscheidung einverstanden ist (also sie wird sagen dürfen ob sie dich als Bevollmächtigte für die Zeit wo sie nichts mehr entscheiden kann, auch akzeptiert). Somit sehe ich kein problem, daß Du diese sehr verantwortungsvolle Posten erhälts.

Diese Prozedur ist idR auch kostenlos.

Alles Gute und ärgere Dich nicht! Es ist hier in Deutschland ein ganz normales Vorgang!

Schöne Grüße
Helena
*diesehroftberuflichmitsoeinevorgehensweisekonfrontiertwurde*

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Vorsorgliche Regelung der Betreuung möglich?
Hallo, Helena,
soweit ist es mir klar. Meine zusätzliche Frage geht dahin, ob es möglich ist, solange der Betroffene noch voll geschäftsfähig ist, er für den eventuellen Fall eine Betreuungsregelung vorab treffen kann.
Nehmen wir an ich sage bereits jetzt: „Falls für mich eine Betreuung erforderlich wird, möchte ich, dass XY meine Geschäfte für mich regelt.“?
Wäre eine solche Willenserklärung dann für eine Anstalt im Falle eines Falles bindend?

Grüße
Eckard.

Hallo Eckhard,

Du musst unterscheiden zwischen „Vorsorgevollmacht“ und „Betreuungsverfügung“.

Eine Vollmacht muss prinzipiell von niemandem anerkannt werden. Eine gerichtliche Betreuerbestellung schon. Wenn der geschäftsfähige Betroffene eine Betreuerverfügung trifft („Sollte nach 1896 BGB die Bestellung eines Betreuers für mich notwendig werden, so möchte ich, dass meine Tochter Isabell zu meiner Betreuerin bestellt wird. Ich möchte auf keinen Fall, dass mein Sohn Karl-Heinz zu meinem Betreuer bestellt wird.“), wird diese i.d.R. vom Gericht auch berücksichtigt.

Prinzipiell gilt, dass das Gericht bei der Hörung des Betroffenen auf dessen Wünsche eingehen soll. ( Wenn man aber unfallbedingt im Koma liegt, ist eine Anhörung nicht mehr möglich. --> Sinn von Verfügungen )

Nehmen wir an ich sage bereits jetzt: „Falls für mich eine
Betreuung erforderlich wird, möchte ich, dass XY meine
Geschäfte für mich regelt.“?

Das wäre eine unklare Formulierung - möchtest Du XY bevollmächtigen oder XY als Betreuer haben ?

Wäre eine solche Willenserklärung dann für eine Anstalt im
Falle eines Falles bindend?

Nein. Wäre es eine Betreuerverfügung, so wäre dies eine Willenserklärung gegenüber dem Familienrichter. Wäre es eine Vollmacht, so ist „das regeln der Geschäfte“ sicherlich nicht mit der Wahrnehmung der Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge ( 1904 BGB ), der Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht, dem Aufenthaltsbestimmungsrecht (1907 BGB), dem Recht zur Freiheitsentziehung nach 1906 BGB, kurzum: alles, was ein Betreuer mit und ohne Einwilligung des Vormundschaftsgerichts dürfen kann, gleichzusetzen.

Aber auch eine qualifizierte Vorsorgevollmacht ( umfasst, wenn gut und umfassend gemacht 3 bis 5 Seiten ) ist für die Anstalt nicht zwangsweise bindend. Der Bevollmächtigte müsste u.U. mit einstweiligen Verfügungen seinen/deinen Willen durchsetzen.

Gemäß meinen Erfahrungen sind es aber meistens Banken, die bei der Anerkennung von Vollmachten Schwierigkeiten machen. In Krankenhäusern ist man meist froh, wenn jemand da ist, der sich um den Patienten kümmert.

Die Frage ob Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht hängt von vielen Faktoren ab und kann nicht pauschal beantwortet werden.

Grüße,
speedofthoughts

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Du musst unterscheiden zwischen „Vorsorgevollmacht“ und
„Betreuungsverfügung“.

jein, eine Vorsorgevollmacht kann durchaus auch eine Betreuungsverfügung beinhalten, und zwar für den Fall, dass die Vollmacht angegriffen wird, oder dass aufgrund eines Angriffs der Vollmacht ggf. festgestellt werden sollte, dass sie für eine bestimmte Maßnahme nicht ausreichend ist und deshalb trotz vorhandener Vollmacht eine Betreuung notwendig wird.

Eine Vollmacht muss prinzipiell von niemandem anerkannt
werden.

Nein, eine Vollmacht ist rechtlich bindend. D.h. niemand kann sich hinstellen und sich weigern nur aufgrund der Tatsache, dass ein Vollmachtnehmer und nicht der Vertragspartner in persona vor ihm steht, dessen Anweisungen Folge zu leisten. Es kann höchstens die Vollmacht an sich angegriffen werden, hierzu besteht aber üblicherweise kein Anlass, erst recht nicht, wenn die Vollmacht notariell beglaubigt ist (notwendig aber nur bei Grundstücksgeschäften).

Zudem sollte man immer § 1896 II Satz 2 BGB im Auge haben, der da ausführt: „Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.“

D.h. das Gesetz erkennt die Vollmacht als vorgehend an und sperrt sogar ausdrücklcih durch die Vollmacht den Gang zum Vormundschaftsgericht wegen einer Betreuung, soweit die Vollmacht ausreichend ist. Dies hat weitreichende Konsequenzen. Ist die Vollmacht ordentlich ausgestattet und auf dem Stand der Gesetzgebung bleibt kaum Platz für eine Betreuung mehr.

Die Frage ob Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht hängt
von vielen Faktoren ab und kann nicht pauschal beantwortet
werden.

Nach aktueller Gesetzeslage schon. Man sollte eine Vorsorgevollmacht errichten, die zudem den klaren Vorteil hat, sofort im Falle des Falles Wirkung zu entfalten, ohne dass erst ein Betreuungsverfahren durchlaufen werden muss, und in diese einen Passus zur Betreuungsverfügung aufnehmen nach dem Motte: „Sollte aufgrund von Umständen, die diese Vollmacht nicht ausreichend erscheinen lassen, eine Betreuung notwendig werden, soll … zum Betreuer bestellt werden (mit allen Möglichkeiten die es hierzu gibt).“

Gruß vom Wiz

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Herzlichen Dank Euch beiden!
Hallo, Speedo, hallo Jörg,
ihr habt mir beide weitergeholfen.
Dann werde ich also mal vorsorglich zum Notar dackeln, solange ich noch klar bei Sinnen bin :smile:
Grüße und Dank!
Eckard.

Es

kann höchstens die Vollmacht an sich angegriffen werden,
hierzu besteht aber üblicherweise kein Anlass, erst recht
nicht, wenn die Vollmacht notariell beglaubigt ist (notwendig
aber nur bei Grundstücksgeschäften).

Soweit keine Einrede. Nur die Ergänzung, das „ältere“ Menschen prinzipiell mit einer notariellen Vollmacht besser fahren - sonst kommt der Einwand, dass der Vollmachtgeber die Vollmacht nicht verstanden hat, dass der Vollmachtgeber nicht geschäftsfähig war, etc. pp.

Zudem sollte man immer § 1896 II Satz 2 BGB im Auge haben, der
da ausführt: „Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die
Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten,
der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 bezeichneten Personen
gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher
Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer
besorgt werden können.“

Aber genau hier liegt doch der Hase im Pfeffer. Bsp: Ärztlicher Eingriff mit der begründeten Gefahr des Todes oder des Erleidens schwerer Schäden. Selbstverständlich kannst Du eine Vorsorgevollmacht mit den dazugehörigen Befugnissen ausstatten. Divergieren nun die Meinungen des Arztes mit der des Bevollmächtigten (oder gar des Vollmachtgebers) so verweigert der Arzt den Eingriff mit der Begründung der Erforderlichkeit der Betreuung ( und der damit verbundenen Klärung durch das Gericht; für derartige Eingriffe wird die Zustimmung des Gerichts benötigt ), da hier -und das kann schlüssig dargestellt werden- die Hilfe durch den Bevollmächtigten nicht ausreichend sei.

D.h. das Gesetz erkennt die Vollmacht als vorgehend an und
sperrt sogar ausdrücklcih durch die Vollmacht den Gang zum
Vormundschaftsgericht wegen einer Betreuung, soweit die
Vollmacht ausreichend ist.

„ausreichend“ … gem. schlüssigem Vortrag der Bank, von Ärzten ???

Die Frage ob Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht hängt
von vielen Faktoren ab und kann nicht pauschal beantwortet
werden.

Nach aktueller Gesetzeslage schon. Man sollte eine
Vorsorgevollmacht errichten, die zudem den klaren Vorteil hat,
sofort im Falle des Falles Wirkung zu entfalten, ohne dass
erst ein Betreuungsverfahren durchlaufen werden muss, und in
diese einen Passus zur Betreuungsverfügung aufnehmen nach dem
Motte: „Sollte aufgrund von Umständen, die diese Vollmacht
nicht ausreichend erscheinen lassen, eine Betreuung notwendig
werden, soll … zum Betreuer bestellt werden (mit allen
Möglichkeiten die es hierzu gibt).“

Naja, evtl. ist es ja auch so, dass sich der Vollmachtgeber sicher und besser fühlt, wenn sein „Bevollmächtigter“ durch das Gericht kontrolliert wird. Letztendlich ist es sicherlich sinnvoll für den kurzfristigen Zeitpunkt zumindest eine Vorsorgevollmacht für die Gesundheitsfürsorge auszustellen. Der Rest bleibt aber m.E. einzelfallabhängig. Zusammenfassend: Die Vollmacht ist flexibler, kann aber sowohl als solche als auch in der Person des Bevollmächtigten angegriffen werden.

Grüße,
speedofthoughts

Hallo Mike,

ein Rat aus eigener Erfahrung:

Versucht unbedingt die Betreuung selbst zu beantragen. Also jemand aus der Familie ( falls ihr das wollt ).
Falls Du weitere Fragen hast, mail mich kurz an.
Nachdem wir eine Menge Probleme mit dem Betreuer meines Schwiegervaters haben, bin ich ziemlich informiert.

Liebe Grüsse
Tanja

Hallo Eckhard!

Ja es wäre bindend, vorausgesetzt der Bevollmächtigter damit einverstanden ist. IdR. wird ihm vorgelesen welche Pflichten und Aufgaben er hat (zB daß der Kranke ein würdiges Leben führt; daß jemand dafür sorgt, daß der Pat. tgl. gewaschen und ggbflls gefüttert wird,…); wird überhaupt geprüft ob er diese Posten überhaupt inne haben kann (zB. ein 85-Jähriger wird aus altersgrunden vermutlich abgelehnt; ein geistig kranke oder jemand der wg Diebstahl im Gefägnis mal saß, genauso).Schließlich, sollte der Patient selber damit einverstanden sein. Danach entscheidet der Richter wer bevollmächtigt wird.

Im Normalfall, ist es, glaube ich, nicht möglich abzutreten (was ich allerdings nicht so 100%-ig weiß, denn ich habe noch nie so ein Fall erlebt, indem der Bevollmächtiger abtreten wollte).

Solange der Mensch noch voll geschäftsfähig ist, kann er alle möglichen Entscheidungen treffen. Allerdings nur die, die ihm persönlich betreffen. Und sollten diesen Fällen tatsächlich vorkommen, ist man versucht, darauf einzugehen und sie zu erfüllen.

Ich hoffe ich habe Deine Frage geantwortet. Wenn nicht (oder bei weiteren Fragen) stehe ich sehr gerne zu Verfügung!

Alles Gute und schönen Gruß
Helena

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Hi Speedo!
Wollte nur anmerken, daß ich keinen einzigen Fall kenne, wo der gesetzliche Betreuer nicht identisch wäre mit dem Bevollmächtigte.
Vermutlich ist es aber möglich, aber sehr selten.
Gruß Helena

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Erst mal vielen Dank für die Tips!
In einem bin leicht mißverstanden worden, denn ich habe die Notwendigkeit einer Betreuung nicht angezweifelt.
Ich habe mich nur aufgeregt, daß dies OHNE unser Zutun geschehen ist.

Eine Folge davon ist, daß wir den amtlichen Betreuer teuer für seine Dienste bezahlen müssen, obwohl ich das ohne Probleme selbst hätte machen können! Kann man da vielleicht etwas machen (verklagen auf Schadenersatz???)

Einer von Euch werde ich eine Mail schicken. Danke nochmals!

Danke, Helena,
du hast mir sehr geholfen und mich darin bestärkt, in dieser Hinsicht eine vorsorgliche Regelung zu treffen. Man möchte ja im Falle eines Falles nicht so ohne Weiteres wildfremden Menschen ausgeliefert sein.

Wie ich a.a.O schon einmal gesagt habe: was man rechtzeitg ordnen kann soll man ordnen, um vor späteren Überraschungen gefeit zu sein.
Danke Dir und den beiden Mitstreitern noch einmal.
Eckard.

Hallo Mike!

Als erfahrene Krankenschwester mit Schwerpunkt häusliche Pflege möchte ich Dir meine volle Anerkennung für das, was Du zu Deiner Tante machen möchtest.

Trotzdem wollte ich Dich darauf aufmerksam machen, daß es eine ungeheure psychische Belastung darstellt, einen Menschen zu pflegen, die an Parkinson leidet. Und wenn der Pflegende auch noch mit dem Kranke verwandt ist, steigert sich die seelische Belastung um vielfaches.

Bitte Mike, verstehe mich nicht falsch! Aller Achtung für das was Ihr jetzt macht. Aber nichts mit dem zu vergleichen was Euch bevorsteht, wenn die Erkrankung weiter fortgeschritten ist.

Ich denke es war meine Pflicht als w.w.w.-Forum-Teilnehmer Dir das mitzuteilen. Denn sogar für Pflegende ist das alles andere als einfach.

Alles, alles Gute und schöne Grüße
Helena

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Hallo, Speedo, hallo Jörg,
ihr habt mir beide weitergeholfen.
Dann werde ich also mal vorsorglich zum Notar dackeln, solange
ich noch klar bei Sinnen bin :smile:

Hallo Eckard,

Deine vorsorgliche Weitsicht ist begrüßenswert !

Grüße,
speedofthoughts