… und möchte zur Datierung etwas beitragen.
Verhandelt Groß-Reken, am 15 ten October 1800
fünfundachtzig
… ist eindeutig nicht als 15.10.1885 (wie von Blumepeder vorgeschlagen) zu lesen, sondern so, wie es da steht: 15.10.1800. Das „fünfundachtzig“ ist nach meiner Vermutung eine Registernummer des Notars o.ä.
Zum geschichtlichen Hintergrund muss ich etwas weiter ausholen, da die Jahre zwischen 1800 und 1885 in territorialgeschichtlicher Hinsicht äußerst ereignisreich waren. Groß-Reken gehörte 1800 noch zum Fürstbistum (Hochstift) Minden; der letzte Fürstbischof starb 1801, worauf die Preußen unter General Blücher das Territorium besetzten. Im Reichsdeputationshauptschluss am 24.03.1803 wurde das Fürstbistum Minden offiziell aufgelöst und zum größten Teil preußisch, das Amt Ahaus (zu dem Groß-Reken gehörte) fiel jedoch zusammen mit dem Amt Bocholt an das Fürstentum Salm. 1806 kam dann Napoleon, was zur Gündung des Grand-Duché de Berg (Großherzogtum Berg) führte, das von Frankreich annektiert wurde. 1808 wurde dann auch das französische Verwaltungssystem eingeführt und Reken wurde Mairie im Canton Haltern, Arrondissement Münster im Département Lippe. Nach der Niederlage Napoleons gehörte das Territorium zum preußischen Generalgouvernement als Teil des provisorischen Zentralverwaltungsdepartements der Alliierten. 1815 (Wiener Kongress) wurde die Provinz Westfalen als Teil des Königreichs Preußen eingerichtet.
Was war sonst noch zwischen 1800 und 1885 passiert - mal beschränkt auf Punkte, die für ein Grundstücksgeschaft von Interesse sind? Zunächst einmal hatte Napoleon 1808 in den annektierten Reichsgebieten die Anlegung eines Grundsteuerkatasters und der erforderlichen Vermessungsarbeiten angeordnet (bereits 1790 in Frankreich begonnen). Eine Maßnahme, die so sinnvoll war, dass sie nach 1815 von den Staaten des Deutschen Bundes übernommen und fortgeführt wurde, insbesondere von Preußen. Die preußische Katastrierung war 1834 abgeschlossen (sog. Urkataster) und 1839 wurde in den westlichen preußischen Provinzen die Grundsteuererhebung auf dieses Kataster umgestellt. Mit der Katastrierung konnten Parzellen nicht nur eindeutig bezeichnet werden (Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer), es konnte auch die Größe der Parzelle in m² angegeben werden. In dem vorliegenden Vertrag ist jedoch lediglich eine Flurnummer angegeben.
Zweiter Punkt - 1872 wurde in Preußen die Grundbuchordnung eingeführt, die bis heute mit nur unwesentlichen Änderungen in Deutschland gilt. Dem Steuerkataster folgte damit ein Eigentumskataster, mit identischen Bezeichnungen der Parzellen (Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer). Es fällt auf, dass in dem vorliegenden Vertrag kein Bezug auf ein Grundbuch und das Grundbuchblatt genommen wird - auch nicht in Bezug auf die im Vertrag angegebenen Belastungen und dinglichen Rechte (die nach Einführung der Grundbuchordnung im Grundbuch urkundlich gesichert waren). Auch ein wesentlicher Bestandteil notarieller Beurkundungen von Grunstücksgeschäften nach 1872 fehlt: die Vereinbarung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch.
Eindeutige Schlussfolgerung: der Vertrag kann unmöglich aus dem Jahr 1885 stammen. 15.10.1800 ist richtig.
Freundliche Grüße,
Ralf