Kann man diese verhalten hund lehren?

hallo
ich will es kurz machen: bekannter hat einen hund - mischling - ,der folgende geniale eigenschaft hat.

er spielt mit jedem, ist total lieb verspielt und verschmust.
wenn er mit seinem herrchen zu besuch kommt, darf jeder an die tasche oder jacke vom herrchen gehen, der hund macht nichts. aber nur solange das herrchen dabei ist.

geht das herrchen weg, darf keiner an die tasche, jacke, er würde sofort beissen. er droht auch vorher. ich finde dieses verhalten genial und ich frage mich ob man einem hund so ein verhalten antrainieren könnte. wenn ja, wie?

Hallo

wieso genial?
Der Hund passt nur auf die Sachen seines Herrchens auf!

Gruss

Hallo.

und ich frage mich ob man einem hund so ein verhalten antrainieren könnte. wenn ja, wie?

Theoretisch lässt sich das antrainieren. Die dabei anzuwendenden Methoden wären allerdings eher fragwürdig, und der Hund würde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in seinem Gesamtverhalten beeinflusst werden.

So, wie du es schilderst, halte ich es eher für ein eigenständiges Verhalten des Hundes. Und zwar eines sicheren und gut untergeordneten Hundes: In Gegenwart seines Menschen überlässt er diesem vollständig die Führung. Signalisiert sein Herrchen, dass alles in Ordnung ist, verhält sich der Hund entspannt und freundlich.

Geht der Besitzer weg, übernimmt der Hund die Verantwortung. Er entscheidet dann eigenständig, dass Dinge, die zu seinem Besitz gehören, nicht von Fremden angefasst werden dürfen. Möglicherweise hat der Besitzer dieses eigenständige Verhalten unterstützt, indem er den Hund positiv verstärkt hat. Ich vermute aber fast eher, dass er da gänzlich unbeteiligt daran war.

Schöne Grüße,
Jule

schade
hallo jule
ja, es ist so wie du es sagst: der hund macht es von allein. ein echter glücksgriff. schade dass es so schwer ist, das einem hund ohne „nebenwirkungen“ beizubringen.

danke
bruno

Hallo Bruno,

schade dass es so schwer ist, das einem hund ohne „nebenwirkungen“ beizubringen.

Das Problem ist, dass man dabei über den Wehrtrieb des Hundes arbeiten müsste. Man müsste den Hund so lange provozieren, bis er aggressives Verhalten zeigt und dieses dann belohnen. Das birgt logischerweise einiges an Risiken und Nebenwirkungen.

Die größte Gefahr wäre, dass der Hund nicht den Besitz, sondern sich selbst verteidigt. Besonders bei unsicheren Hunden entsteht dieses Verhalten sehr schnell. „Schisser“ sind die besten Wachhunde, denn sie sind leicht erregbar, verfallen schnell in Abwehrdrohung und haben meist eine eher niedrige Beißschwelle. Für den Laien ist der Unterschied nicht ohne weiteres zu erkennen.

Zudem müsste die Aggression von fremden Menschen ausgelöst werden, was dazu führen kann, dass der Hund ein grundsätzliches Misstrauen gegen fremde Personen entwickelt.

Fehlt dem Hund zudem noch die sichere Führung durch den Besitzer, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Hund zukünftig in jeder bedrohlichen Situation erst mal nach vorne geht - auch wenn sein Mensch dabei ist. Dass es deutlich mehr Hundebesitzer gibt, die von sich glauben, gut zu führen, als solche, die es tatsächlich tun, potentiert dieses Risiko.

Die Gefahr, bei einem Hund unerwünscht aggressive Verhaltensweisen zu erreichen, wäre viel höher als die Möglichkeit, ihm „nur“ das Verteidigen des Besitzes anzutrainieren.

Schöne Grüße,
Jule

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o.T. Nachfrage


Dass es deutlich mehr
Hundebesitzer gibt, die von sich glauben, gut zu führen, als
solche, die es tatsächlich tun, potentiert dieses Risiko.

Hallo Jule,

was du schreibst, klingt insgesamt stimmig.

Könntest du mal genauer erläutern, was du unter guter Führung verstehst und worauf Hundebesitzer achten sollten, um ihrem Hund zu signalisieren, dass sie nicht der Führung duch ihn bedürfen?

Interessierte Grüße,
sine

Hallo Sine,

Könntest du mal genauer erläutern, was du unter guter Führung verstehst und worauf Hundebesitzer achten sollten, um ihrem Hund zu signalisieren, dass sie nicht der Führung duch ihn bedürfen?

Ich versuch’s gerne mal:

Gute Führung heißt, dass der Hund zu jeder Zeit jede Entscheidung des Menschen akzeptiert und sich unterordnet. Das heißt z.B. dass er ohne Widerstand seinen Liegeplatz (auch die Couch :smile:) verlässt, wenn ihm das gesagt wird UND (wichtig!) auch keinen weiteren Versuch unternimmt, diesen wieder einzunehmen. Es heißt auch, dass ein Hund nicht an der Leine zieht, angeleint keine anderen Hunde anmacht oder in Anwesenheit seines Besitzers bellt, wenn dieser das nicht wünscht.

Es bedeutet dabei nicht zwangsläufig, dass der Mensch diese Unterordnung permanent einfordert. Entscheidend ist, dass sie dann funktioniert, WENN sie eingefordert wird. Dann kann der Hund auch problemlos diverse Freiräume genießen.

Erreichen tut man sowas nur durch eine gute Bindung des Hundes an den Menschen und durch konsequente Erziehung.

Ein Hund ohne positive Prägung und Sozialisation auf den Menschen wird auch bei bester Erziehung niemals wirkliches Vertrauen zu seinem Besitzer entwickeln. Damit gerät gleichzeitig auch Führung an ihre Grenzen. Das sollten alle Menschen wissen, die solche Hunde zu sich holen. Es erspart unter Umständen viel Frust und Enttäuschung, wenn man sich von Anfang an klar macht, dass man mit diesbezüglichen Handicaps leben muss.

Konsequente Erziehung bedeutet, dass man vom ersten Moment des Zusammenseins mit seinem Hund deutliche Grenzen setzt. Ein „Sitz“ bedeutet niemals, sich nur mal eben auf den Popo fallen zu lassen, sein Leckerchen zu kassieren und dann wieder aufzustehen. Es bedeutet, so lange auf dem Popo sitzenzubleiben, bis der Mensch etwas anderes sagt - auch wenn der Hund das grade ziemlich blöd findet. Das macht den Unterschied zwischen dem Lernen von Tricks und echter Erziehung aus.

Beigebracht wird dem Hund dabei das Meiste über rein positive Verstärkung. Auch das Sitzenbleiben lernt der Hund z.B. darüber, dass er nicht mehr fürs Hinsetzen, sondern eben fürs Sitzenbleiben belohnt wird. Wenn er das aber grundsätzlich begriffen hat, hat ein selbstständiges Auflösen des Kommandos auch negative Konsequenzen wie z.B. ein strenge „NEIN!“ und ein erneutes Hinsetzen ohne folgende Belohnung. Für den Besitzer heißt das, dass er niemals zulassen darf, dass der Hund ein Kommando selbstständig auflöst. Das ist ziemlich anstrengend :smile:.

Ich schreibe „das Meiste“, weil es Dinge gibt, die ein Hund nicht unbedingt über rein positive Verstärkung lernen kann. Das sind die Dinge, die der Hund lassen muss. Vom Tisch klauen oder jagen sind Verhaltensweisen, die der Hund (zumindest bei mir) nicht darf. Versucht er es trotzdem, wird er bestraft. Die Art der Strafe hängt vom Hund und den Umständen ab.

Gleichzeitig ist es wichtig, bindungsfördernde Dinge mit dem Hund zu tun: Viel Körperkontakt, bei denen der Hund spielerisch auch in Positionen gebracht wird, die ihm unangenehm sind und lernt, diese zu akzeptieren. Spiele die darauf ausgelegt sind, dass der Hund vom ersten Moment an lernt, dass jede Beute seinem Menschen gehört (was bedeutet, dass der Hund niemals etwas vom Menschen wegträgt und erwartet, dass man ihm nachläuft). Spiele, die die (räumliche) Nähe zum Menschen fördern (also nichts vom Menschen weg werfen) - und ähnliche Dinge mehr.

Diese Bindungsförderung bedarf auch immer des Gegengewichts, dass der Hund lernt, Zeiten ohne seinen Menschen zu sein.

So, das ist ganz sicher nicht vollständig :smile:

Schöne Grüße,
Jule

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Hallo Jule,

ganz herzlichen Dank und einen Stern für deine Erläuterungen.

In unserem Umfeld gibt es derzeit viele Menschen, die m. E. diverse Probleme mit ihren Hunden haben, obwohl sie Hundeschulen/Hundetrainer etc. durchlaufen haben.

Gibt es ein Buch oder evtl. mehrere, die du insoweit empfehlen könntest?

Auch wir hatten über 14 Jahre einen Airedale-Rüden als Begleiter. Obwohl wir jung und hunde-unerfahren waren und keine Hundeschule besuchten (war damals nicht so üblich), sind wir in jeder Hinsicht prima miteinander ausgekommen. Daher grüble ich oft darüber nach, warum heutzutage nicht nur so viele Kinder, sondern auch so viele Hunde Verhaltensauffälligkeiten aufweisen und bin für aufschlussreiche Einsichten in mögliche Zusammenhänge dankbar.

Liebe Grüße,
sine

Hallo Sine,

das Problem ist, dass Erwachsene zunehmend weniger Verantwortung übernehmen wollen. Sie wollen so viel lieber „Partner“ ihrer Kinder und Haustiere sein, dass sie ausblenden, dass diese genügend Partner in ihrem Leben haben. Was ihnen fehlt, sind Menschen, die sie erziehen. Weiter möchte ich allerdings den Vergleich zwischen Kindern und Haustieren nicht ausweiten :smile:.

Haustiere werden in ihren Verhaltensweisen stark vermenschlicht, weil das viel bequemer ist, als sich ihre tierische Herkunft bewusst zu machen und sie dementsprechend zu behandeln. Wenn ich behaupte, dass mein Hund jedes Wort versteht, muss ich mir keine Gedanken darüber machen, wie ich mich ihm verständlich machen kann.

Literatur gibt es eine Menge. Bloch und Feddersen-Petersen als Basis ist immer gut, für die Praxis mag ich Thomas Baumann, Petra Führmann und Anton Fichtelmeier. Letzterer ist aber durchaus nicht jedermanns Fall :smile:.

Schöne Grüße,
Jule

Danke Jule,

ich werde mir die empfohlenen Autoren bzw. deren Werke mal näher ansehen.

Liebe Grüße,
sine