Ja
Hallo Helmut,
Fukushima ist schon einiges her !
ja - um Jod 131 brauchst Du dir da keine Sorgen zu machen, das hat nur eine Halbwertszeit von 8 Tagen. Cäsium 137 allerdings von 30 Jahren - und in diesem Maßstab kann man nicht gerade von „schon einiges her“ sprechen.
Der Unfall war im März - und das bedeutet, dass die diesjährige Ernte der Teebüsche potentiell durch radioaktiven Fallout belastet ist. Dabei kann man davon ausgehen, dass die Belastung um so höher ist, je näher das Anbaugebiet am Ort der Katastrophe liegt. Die mengenmäßig bedeutendsten Anbaugebiete liegen in den Präfekturen Shizuoka, Mie und Kagoshima. Von besonderer Bedeutung ist noch die Präfektur Kyoto mit dem renommierten Anbaugebiet um die Stadt Uji.
Als Indikator für die Belastung verdient der Shizuoka-Tee besondere Aufmerksamkeit. Shizuoka ist (von kleineren, für den internationalen Handel unbedeutenden Gebieten in den Präfekturen Saitama und Ibaraki abgesehen) das nördlichste Teeanbaugebiet Japans (westlich von Tokyo) und liefert etwa 40% der japanischen Teeproduktion. Kagoshima hingegen ist das südlichste; die Präfektur ist auch die südlichste der südlichen Hauptinsel Kyushu. Auf Kyushu (wenn auch im Norden der Insel) liegt außerdem noch die für den Export von Tee bedeutende Präfektur Fukuoka.
Die radioaktive Belastung wird bekanntlich in Becquerel (Bq) gemessen. Gemessen wird die Belastung bei dem Halbfertigprodukt Aracha (getrocknetem Tee), das als Faustregel einen ca. fünffach erhöhten Belastungsgrad aufweist als das frische Blatt. Der aufgegossene Tee wiederum ist dann etwa ein Zehntel so stark belastet. Der international festgelegte zulässige Grenzwert für Aracha liegt bei 1000 Becquerel pro Kilo (Bq/kg). Da Amerikaner bekanntlich hart im Nehmen sind, sind die da großzügiger - die akzeptieren noch 1200 Bq/kg. Die japanischen und die EU-Grenzwerte sind hingegen deutlich strenger - jeweils 500 Bq/kg. Nach der oben genannten Faustregel entspräche das ca. 50 Bq/l Teeaufguss. Zum Vergleich: ca. 7% des deutschen Trinkwassers weisen eine (natürliche) Radon-Belastung von mehr als 100 Bq/l auf.
In Teilen Shizuokas wurden Partien gefunden, die den Grenzwert von 500 Bq/kg überschritten; der weitaus größte Anteil der Ernte liegt jedoch darunter. Für ein gewisses Aufsehen hatte eine nach Paris gelieferte Partie von 162 kg gesorgt, die einen Wert von über 1000 Bq/kg aufwies und die natürlich aus dem Verkehr gezogen wurde. Hätte man die jedoch in die USA geliefert, hätte sie dort ohne weiteres im Einzelhandel verkauft werden dürfen.
Wie gesagt - der weitaus größte Teil der in Shizuoka geernteten Tees liegt unter dem Grenzwert von 500 Bq/kg, z.T. deutlich darunter. Falls das nicht ausreichend beruhigend klingt - bei den für den Export besonders bedeutenden Tees aus Kagoshima und aus dem Uji-Distrikt wurden nach meiner Kenntnis bislang überhaupt keine radioaktiven Belastungen gemessen. Ich persönlich würde keinen Tee aus Shizuoka kaufen, der 2011 geerntet wurde - bei Uji, Kagoshima und Fukuoka hätte ich keine Bedenken.
Um noch kurz auf die anderen Antworten einzugehen: wenn man ganz vorsichtig sein will, kann man bei dem einen oder anderen (Internet-)Händler sicher auch noch Tees des Jahrgangs 2010 kaufen, insbesondere von der 2. Lese. Da hat sich nach meiner Beobachtung das Preis/Leistungsverhältnis aufgrund der Nachfrage freilich unerfreulich entwickelt. Sodann: selbstverständlich wird auch in China und selbst in Darjeeling qualitativ hochwertiger Grüntee (neben viel billiger Massenware) erzeugt - das ist jedoch ein völlig anderer Geschmackstypus. Die hier genannten Pai Mu Tan und Silver Pearls sind ohnehin keine Grüntees, sondern weiße Tees - noch einmal eine ganz andere Kategorie. Das gilt natürlich erst recht für sog. ‚Früchtetees‘ oder sonstige Aufgüsse von allen möglichen Unkräutern - das wäre Knaddeldaddel Äppelwoi statt Chablis … Nichts gegen einen guten Äppelwoi, aber als ‚Ersatz‘ geht der wohl kaum durch.
Freundliche Grüße,
Ralf