Liebe Community,
Reparieren statt neu kaufen: Erste Unternehmer und Ökonomen arbeiten an einer neuen Unternehmensstrategie, die nicht auf Wachstum sondern auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist. So gibt es beispielsweise einen Jackenhersteller, der hochwertige Produkte und lebenslangen Service verspricht, wenn sich der Kunde im Gegenzug verpflichtet, nur zu kaufen, was er wirklich braucht und das Produkt im Schadensfall reparieren zu lassen statt wegzuwerfen.
Was denkt ihr, kann das funktionieren?
Das ist ja wohl weniger eine Wissensfrage, sondern eher eine Meinungsumfrage.
Ich würde ein solches Wirtschaften begrüßen, und weiter fragen: Welche politischen Kräfte sind bereit, diesen Nachhaltigkeitsgedanken im Konsumverhalten der Bevölkerung zu verankern?
Außerdem: Warum sollten Nachhaltigkeit und Wachstum Gegensätze sein? Umbau auf Nachhaltigkeit wird zunächst zusätzliches Wachstum erzeugen. Wenn dann erst das Ressourcen verschwendende Wachstum überwunden ist, werden sich gewiss andere Betätigungen finden, die ein Verarmen der Menschheit vermeiden. Da bin ich völlig angstfrei.
Gute Idee, eigentlich nicht neu, denn so haben frühere Generationen gelebt. Der Konsumrausch der neueren Zeit hat uns im reichen Norden davon abgebracht. Zu meiner Jugendzeit in den 50ern und 60ern gab es zum Beispiel viele Schuster, die unsere Schuhe reparierten, wenn die Absätze schief gelaufen waren oder Nähte verstärkt werden mussten. Während heute Mikrowellengeräte und Plasmabildschirme (immer die neueste) zum Standard zu gehören scheinen (bei uns zu Hause übrigens nicht!), gab es früher Nähmaschinen.
Neu kaufen, also steiges Wachstum, steigert zwar das Bruttosozialprodukt, macht uns aber nicht glücklicher, oder? In Bhutan gilt als Maßstab das „Bruttosozialglück“. Davon sind wir ganz weit weg. Aber da müssen wir wieder hinkommen. Das ist nachhaltig. Die Predigt für mehr Wachstum führt uns ins die Irre. Eine andere Welt ist möglich!
In diesem Sinne: Bewahren wir uns den nötigen Optimismus.
Da ihr ja eine Redaktion seit, wisst ihr sicher, wie man recherchiert. Und da werdet ihr sicher auf einige Ansätze und Ausführungen stoßen, die schlüssig darlegen, dass es gar nicht anders geht.
Mit begrenztem Ressourcenangebot ist kein unbegrenztes Wachstum möglich - leuchtet ein, oder???
Bevor wir uns hier also an die Kleinarbeit von Begriffsdefinitionen (Was ist Wachstum? Wachstum in welchen Bereichen?) machen, schaut doch bitte mal unter Begriffen wie Postwachstumsökonomie nach und recherchiert ein bisschen zu Social Business (Yunus) und Social Entrepreneurship.
Solltet ihr lediglich ein Stimmungsbild brauchen, empfehle ich eine Facebook-Umfrage, für gehaltvolle, lösungsorientierte Debatten würde ich die Software unter http://echo.to empfehlen. (da gibts auch Fragestellungen aus dem letzten VisionSummit, die eventuell weiterhelfen könnten).
In diesem Sinne, viel Spaß bei der Recherche ;o)
sören
Liebe Galileo-Redaktion,
natürlich kann das funktionieren! Es geht um die Frage, warum es DERZEIT NICHT zu klappen scheint.
Darauf habe ich i.w. zwei Antworten. Erstens, die Arbeitskosten. Sie sind in Deutschland, wie in vielen anderen Industrieländern, seit den 60er und 70er Jahren dramatisch gestiegen. So gut wie alle Sozialkosten (Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung) wurden dem Faktor Arbeit aufgebürdet. Gleichzeitig erleben wir seit ca 20 Jahren eine beispiellose Niedrigzinspolitik. Folge: die Produktion neuer Jacken, TV-Geräte etc ist relativ zur Reparatur derselben überaus preiswert.
Zweitens, wir haben viele Produktionen nach China verlagert (wo ich übrigens 2 Jahre lang an einer Universität lehrte).China ist - u.a. - deswegen billig, weil es seine Währung künstlich niedrig hält. Ein für 2500 yuan produzierter Fernsehapparat kostet bei uns knapp 300€,da der Wechselkurs in den letzten Jahren ca 8,5:1 betrug (sicherlich auch schwankte, aber nicht viel). Würde der Yuan - wie es die Big-Mac-Theorie nahelegt- mit 4,3 yuan pro Euro bewertet, wäre die Neuanschaffung schon doppelt so teuer: 2500: 4,3 = 581€
Reparaturen werden ja durchgeführt, und zwar bei Autos. Hier ist eine Neuanschaffung relativ zur Reparatur schlicht zu teuer, meistens jedenfalls.
Leider haben viele Firmen den Anreiz, Billigprodukte herzustellen, um eine schnelle Ersatzinvestition auszulösen.
Was müsste getan werden?
(1) Runter mit der Besteuerung von Dienstleistungen! Keine Umsatzsteuer für Handwerks- und Reparaturbetriebe! Würde auf einen Schlag Kosteneinsparungen von 19% bringen
(2) Zinsen rauf! Das wäre die Aufgaben der Notenbanken, die aber zurzeit die Welt mit Geld fluten, um Banken, Staaten etc. zu „retten“. Leider begünstigt die Niedrigzinspolitik Kapitalverschwendung.
(3) Wachstum würde nicht beschädigt! Ganz im Gegenteil: da (fernöstliche) Produktion durch einheimische Dienstleistung ersetzt würde, würde sich sogar ein positiver Effekt für das Bruttoinlandsprodukt ergeben - und für den Arbeitsmarkt!
(4) Gegen übertriebenes Profitstreben der Unternehmer hilft nur konsequente Wettbewerbspolitik. Dem Verbraucher muß transparent dargelegt werden, welche Produkte aus welcher Schmiede was taugen und welche nicht. Wir brauchen noch viel mehr Infos von stiftung warentest & Co.
Liebe Galileo-Redaktion, ich hoffe euch damit ein wenig geholfen zu haben und wünsche euch viel Spaß bei der Produktion eurer Sendung.
Prof. Dr. Reiner Osbild, Heidelberg
Liebe Galileo-Redaktion,
erst eimal wäre es nett gewesen,wenn unter der Anfrage ein Name gestanden wäre. Transparenz ist ein wesentlicher Bestandteil der Nachhaltigkeit, und abgesehen davon zeugt es von Anstand.
Wachstum kann auf Dauer nicht gutgehen, das ist klar. Allerdings würde das Herstellen von Produkten, die nicht mehr kaputt gehen, neue Probleme hervorrufen, wie z.B. Beschäftigungsrückgang. Das wurde bereits in einem Film aus den 50er Jahren mit einem weißen Anzug aus einem Faden, der niemals verschmutzt und nicht kaputt geht, thematisiert.
Bei vielen Produkten wird die Lebensdauer künstlich begrenzt.Man nennt das „geplante Obsoleszenz“. Abgesehen davon: nur weil ein Betonbunker ewig hält, ist er deshalb noch nicht nachhaltig.
Auch wenn ich ein Freund des Reparierens bin, kann ich diese Philosophie nicht uneingeschränkt für gut heißen. Ich sehe wenig Sinn darin, energiefressende Kühlschränke oder Autos zu reparieren oder ewig mit unkonfortablen Zügen aus den 60er Jahren herumzufahren. Manche Produkte lassen sich auch aus diversen Gründen nicht mehr reparieren. Meiner Meinung nach sollte der Fokus darauf gelegt werden, Produkte so zu erzeugen, dass sie restlos wieder verwertet werden können. Dazu gehört auch, die notwendigen Systeme für das Recycling zu schaffen.
Ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit wäre auch, wenn Produkte aus Drittländern nur dann importiert werden dürften, wenn sie nachweislich unter den gleichen Bedingungen erzeugt werden, wie es unserer Gesetzgebung in Europa entspricht. Das heißt: keine Kinderarbeit, gerechte Löhne, 40 Stundenwoche, keine Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz etc. Die Produkte würden dadurch automatisch teurer und eine Reparatur ökonomisch rentabel werden.
Mit freundlichen Grüßen aus Österreich,
Sausewind
Hallo!
Ja, auf jeden Fall.
Wir müssen lernen unsere Ressourcen zu schützen. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, vergessen dabei, dass dies wieder mehr Müll bedeutet, außerdem viel Energie und Geld kostet.
Beim Essen ist es erschreckend, wieviel jeden Tag weg geworfen wird und keine Strategie da ist, um dieses Essen Armen zu geben.
In allen Lebensbereichen kann und sollte „Nachhaltiges“ getan werden.
Wir sollten wieder lernen, die Dinge des täglichen Lebens zu wertschätzen. Deshalb ist es lobenswert und sinnvoll, wenn es in Zukunft mehr solcher nachhaltiger Unternehmen gibt.
Es gibt z.B. auch andere nachhaltige Unternehmen, Anbieter wie „Netcycler“. (http://www.monero.de/geld-sparen/verbrauchertipps/ta…) Bei dieser Tauschbörse kann man Dinge tauschen gegen etwas, was man selbst gebrauchen kann.
Man kann auch leere Tintenpatronen über die Aktion „Sammel mit“(http://www.monero.de/geld-sparen/verbrauchertipps/dr…) kostenlos recyceln lassen und dabei sogar bis zu 13 Euro pro Stück verdienen.
Hallo Galileo redaktion,
ich finde die Idee sehr interessant.
Ich denke, das ganze hat eine hohe Wahrscheinlichkeit zu scheitern, weil viel zu wenige Menschen bereit sind, die hohen Reparationskosten zu bezahlen, da ja das Wegschmeissen und Neuproduzieren aufgrund der niedrigen Rohstoff- und Energiepreise wesentlich billiger sind.
Ausserdem werden global viel zu wenig fuer die Gesundheitsbelastung und die Umweltverschmutzung durch die Herstellung der Produkte beahlt.
Wie soll sich da eine Firma geschweige denn die Wirtschaft veraendern.
Mein Vorschlag: Hohe Steuern (weltweit) auf nichtnachhaltige und gesundheitsschaedliche Produkte und dann wird sich die Produktion als auch die Kaufwahl veraendern.
Es waere sehr hilfreich, wenn Produkte den Ressourcenverbrauch und den fossilen Energiebedarf, sowie alle bedenklichen Stoffe auszeichnen muessten!
mfg
Andreas Murek
Das ist keine ökonomische, sondern eher ein das Bewusstsein der Menschheit gerichtete Frage.
Klar funktioniert es, es funktioniert in so vielen Staaten der Welt, wo nicht so ein Turbo-Wachstum herrscht wie in den hochindustrialisierten Ländern.
Aber dazu müsste die Bevölkerung in den hochindustrialisierten Ländern damit zufrieden sein, vielleicht das ipad 1 mehrere Jahre zu nutzen und dann erst das ipad2 und dann erst das ipad3 zu entwickeln/ produzieren.
UND es müsste ein Systemwechsel her, denn Kapitalismus erzeugt Turbowachstum und Turbowachstum vernichtet die Erde.
Und seltsamerweise wird ja dei einzige Partei in Deutschland, die für einen Systemwechsel eintritt, damit Krisen nicht immer wieder neu kommen, in den westlichen Bundesländern gnadenlos abgewählt… und die Parteien, die die aktuelle Finanzkrise durch ihre Gesetze ermöglicht und verursacht haben siegen, siegen und siegen (ich meine da natürlich NICHT die Piraten).
Nein, das funktioniert nicht. Nachhaltigkeit - Wachstum sind kein Gegensatzpaar. Besser: Nachhaltigkeit statt Ausbeutung. Da ist Bescheidenheit und Verzicht angesagt. Aber wer macht das freiwillig?
Dieses Thema kann hier nicht erschöpfend behandelt werden, dazu ist es zu komplex.
JA, meiner Meinung nach kann und wird diese Geschäftsidee reüssieren, hat früher schon so funktioniert bis weit in die 1950er. Voraussetzung: Die Ware muss höchsten Qualitätsansprüchen genügen und zeitlos modern bleiben. Ramsch zu kaufen, nur um des Kaufrausches oder der Werbebotschaft willen mag im Moment die innere Leere füllen, kommt aber letztendlich sehr viel teurer zu stehen, auch für die bereits chemisch stark verseuchte Umwelt.
Ich begrüße diesen Trend sehr und finde die unternehmerische Idee ausgezeichnet.
Bleibt nur noch die Frage, wie er kontrollieren will, ob nicht einer einfach seinen Mantel auf den Müll wirft? Sollen Kleider mit aktivierten RFID-Chips ausgestattet werden? Verstößt vorläufig noch gegen das Gesetz, wird aber sicherlich in einigen Jahrzehnten Alltag sein. Freue mich auf die Beantwortung dieser Frage.
Eine ausführlichere Antwort zu ihrer interessanten Frage finden Sie demnächst auf meiner Webseite.
Liebe Grüße
Carolus Magnus
sackstark.info
Hallo
Nur eine kurze Antwort von mir.
Kann das Konzept funktionieren? Klar, bevor der Kapitalismus sich durchsetzte, funktionierten ganze Gesellschaften nach dem Prinzip wiederverwenden und reparieren.
Kann das Konzept gleichzeitig neben Kapitalismus funktionieren? Nein. Kapitalismus ist wettbewerbsorientiert und wird alles was dagegensteht versuchen zu verdraengen. Kapitalismus funktioniert aber nur wenn die Gesellschaft ihn unterstuetzt. Ween sich die Sichtweise der Menschen aendert Schritt fuer Schritt, dann werden sich die oekonomischen Gegebenheiten automatisch auch aendern. Kapitalismus ist nicht nachhaltig da es die Basis der eigenen Existenz zerstoert. Es ist also nur ein Frage der Zeit bis sich Menschen anpassen (muessen).
Ines
für mich ist das hier ein portal für privatpersonen das nicht in dieser form verwendet werden sollte. entsprechend werde ich hier keine inhaltliche rückmeldung geben.
Kann das funktionieren?
Theoretisch: Ja! Es wird Service statt Produktion geboten - zumindest vorrangig. Das verursacht jedoch hohe Personalkosten: Wer soll die tragen? Der Kunde, der raparieren lässt. Ist der bereit, Reparaturkosten zu zahlen, die im Laufe der Zeit wahrscheinlich den Preis für ein neues - und zumindest vermeintlich moderneres - Produkt übersteigt?
Darum meine ich:
Praktisch: nein: Die Menschen sind nicht bereit, höhere Kosten wegen der Nachhaltigkeit zu akzeptieren - und viele können es auch nicht.
Lösung: Der Preis der Produktion einschl. der Rohmaterialkosten muss den effektiven Kosten (d.h. z.B. einschl. der Umweltverschmutzungskosten, der Kosten, die erwachsene Menschen anstatt Kindernarbeit verursachen) synchron laufen. Wer aber wsoll diese Preise bzw. Kosten festlegen, überprüfen usw.
Es wird nicht gelingen!
MfG.
M. Flöger
Liebe Community,
Reparieren statt neu kaufen:
Ich bin überzeugt, ein Umdenken ist angesagt. Viele unserer führenden Köpfe sehen das allerdings noch nicht so. Sie marschieren noch in die alte Richtung.
Ohne Nachhaltigkeit und Verabschiedung vom Wachstumswahnsinn geht es in Zukunft nicht mehr weiter.
So lange der Abbau der Arbeitslosigkeit angeblich nur über mehr Wachstum funktioniert, so lange leben wir unseren Irrtum weiter.
Neue Wege, Ideen und Konzepte sind gefragt. Lasst uns in diese Diskussion einsteigen. M.B.
Zunächsteinmal sehe ich in Nachhaltigkeit und Wachstum kein Gegensatzpaar, das sich ausschließt. Somit müßte man die Frage anders stellen. Wie, kann man diskutieren.
Zum Wachstum: Wenn die Frage heißt: „Braucht man Wachstum (um jeden Preis)?“, so sprengt diese Frage den Raum in diesem Forum. Da gibts bereits Doktorarbeiten en masse. Und wie zu allen großen Fragen alle denkbaren Meinungen und Blickwinkel. m.E. ist die Frage grösser als z.B. sollte man Griechenland pleite gehen lassen - das ist viel konkreter!
Zur Nachhaltigkeit:
Die ist unabdingbar. Ich sehe da zwei Stoßrichtungen.
Erstens: bestehende, „normale“ Unternehmen nachhaltiger machen. Da müßte man Prozesse, Förderungen, Gesetze aufsetzen, z.B. ähnlich wie bei dem Co2-Ausstoss der Geschäftswagenflotten. Tlw. passiert das auch schon
Zweitens: Neue Businesses aufziehen mit der Nachhaltigkeitsidee als Kerngedanken. Die sollte man heftigst fördern - so wie das Beispiel mit der Jacke. In vielen Fällen wird das aber nur begrenzt bzw. langsam funktionieren, da im Präfenzsystem des Käufers ja sicherlich vorhandene Nachteile der Jacke (keine top-modische Optik z.B.) abgefangen werden müssen (Ich trage zwar hässlich, aber nachhaltig!) In unserem gesellschaftlichen Werte- und Lust-Kanon muß ein Bewußtsein erzeugt werden, dass nicht „so nachhaltig wie möglich“ erzeugte Gebrauchsgüter „Bäh“ sind. Die Fair Trade- Bewegung ist da schon zwei Schritte weiter, hat aber 30 Jahre gebraucht und ist auch schon wieder von Skandalen geschüttelt.