Schönen guten Tag,
ersteinmal wieder ein großes DANKESCHÖN für die Antwort!
>Das Problem der Achtung bei Kant ist ziemlich schwierig zu
>behandeln.
Liege ich aber richtig, wenn ich sagen würde, dass Kant, wenn er über „Achtung“ spricht, die Triebfeder zum Handeln nach dem Kategorischen Imperativ meint?
Das würde ja zumindest bedeuten, dass Kant sich der Triebfedernproblematik sehr wohl bewusst ist und sie zu lösen versucht (was einige Autoren ja nicht glauben, wenn sie etwa von der „Ohnmacht“ der Kantischen Vernunft sprechen).
Also, Kant denkt prinzipiell auch, dass die vernunftbegründete Einsicht (KI) noch einer Triebfeder bedarf, die wiederum ein (ganz spezielles) Gefühl darstellt. Der KI erwirkt in uns das Gefühl der Achtung; negativ, indem er unsere Neigungen niederschlägt, positiv, indem er uns „imponiert“ und so zum Handeln veranlasst/handlungswirksam werden kann.
Ich denke, dass die „Achtung“ nicht explizit ein Problemfeld/ Thema werden wird, über das ich sprechen möchte. Trotzdem will ich natürlich eine Grobeinschätzung darüber haben.
>Man könnte etwa auch aristotelisch argumentieren, dass wenn
>das Handeln nicht bewirkt ist, die „Einsicht“ eben keine
>wirkliche Einsicht war.
Wenn das von mir Gesagte und Obengenannte richtig ist, dann will Kant ja auch eine Einsicht im aristotelischen Sinne, oder?
>Humes Theorie ist pragmatisch und erfahrungsorientiert.
>Normative Aspekte sind sozial motiviert.
Hume vertritt keine normative Theorie, das ist mir klar. Er analysiert schließlich die Wirklichkeit. Kants Theorie ist normativ, weil er eben sagt, was sein soll; während Hume sagen möchte, was ist. Richtige Wiederaufnahme des Zitats?
>Dafür widersprechen die Ergebnisse der Theorie Kants
>gelegentlich dem „common sense“, der bei Hume entscheidend
>ist.
Aber das ist doch noch kein Argument gegen die Theorie Kants, oder? Klar, wir können Kant dann als abstrakt und abgehoben ansehen und auch sagen, dass der Mensch nie ein reines Vernunftwesen sein wird und dies ev. auch nicht erstrebenswert
ist. Aber als Ideal kann man die Theorie ja trotzdem sehen, oder? Die Wahrheit liegt ja gerade nicht immer offenkundig auf der Hand oder ist auch nicht immer angenehm…
>Er kann ja Kant nicht gerecht werden, erstens weil er einen
>anderen Ansatz hat, zweitens weil er vor ihm gelebt hat.
Aber er urteilt ja gegen die ethischen Rationalisten, die es zu seiner Zeit gab und auch hier könnte es ja sein, dass er die Gegenposition verzerrt.
>Es geht nicht um Sollen im absoluten, sondern im relativen
>Sinn.
Bedeutet es das Gleiche, wenn man von einem „bedingten Sollen“ i. Ggs. zu Kants „unbedingtem Sollen“ spricht?
>Subjektivismus ist nicht gleich Beliebigkeit. Vernunft kann
>man auch nicht befehlen (und das würde Kant auch nicht gewollt
>haben).
Aber: Über Wahrheit kann man streiten, über Geschmack nicht (das erkennt ja auch Hume, dass das für die Vernunft spricht).
>Hume rekurriert auf Nützlichkeit, Kant auf Tugend.
Hatte Austausch mit jemandem, der behauptet hat, Kant vertrete eine egoistische Theorie und das einzige, was er zeigen könne, sei „positives“, aber nicht moralisches Handeln. Demgegenüber erscheint es mir aber doch so, dass Kants Begründung von Moral
und sein Kategorischer Imperativ, auch wenn es Probleme bei
der Anwendung bzw. Umsetzung geben kann, doch auf wahre Moral
abhebt. Das erscheint mir auch im Hinblick auf Hume von Vorteil, wie Sie schreiben: Nützlichkeit vs. Tugend. Das erste deckt sich gerade nicht mit meiner Ansicht darüber, was Moral dem Kern nach ist bzw. sein soll.
>Hume hat stark auf Bentham und Mill gewirkt. Warum sollte man
>die Wirkungsgeschichte Humes ausgrenzen?
Es ist wirklich nur der unselige Zeitfaktor, ich bin schon weit über den Termin hinaus. Diese Eingrenzung hat im Grunde überhaupt mit nichts anderem zu tun; ein ganz pragmatischer Grund, leider.
>Ich denke, du gehst zu sehr mit
>deinem eigenen, heute üblichen Begriff des Gefühls an Kant
>heran. Ich würde vielleicht einmal den Begriff „Wert“
>heranziehen (Rickert, Neukantianismus).
Darf ich nocheinmal ein bisschen nachfragen: „Wert“ als Synonym zu „Gefühl“? Wie funktioniert das?
>Du wertest, ohne es zu merken. Davon würde ich Abschied
>nehmen, denn es hilft dir nicht weiter.
Ja, das ist schon ein Problem: Ich möchte ja werten, weil mir Kant verteidigungsfähig erscheint (bin aber wohl noch nicht auf der Höhe der Argumentation…)! Andererseits wird ja auch eine klare Parteinahme von mir erwartet, das ist schon ein großer Anspruch nach einem Studium, dass viel Rekonstruktion
wollte.
Jetzt habe ich mir noch das Hepfer-Buch bestellt, das erscheint
mir höchst interessant.
Ich danke sehr für die neuen Tipps und die Auseinandersetzung
mit meinen Fragen!
Darf ich es wagen, weiter zu fragen ?
Lieben Gruss,
H. Neubrand