Kapitalertragssteuer bei geerbten Aktien

Angenommen zwei Schwestern erben 2010 von der gemeinsamen Mutter Aktien einer Firma, welche hälftig aufgeteilt werden.
Einen Teil dieser Aktien hat die Erblasserin vor 2009 erworben, den anderen Teil nach 2009. 
Eine der Schwestern verkauft nun ihren Anteil und muss dafür eine gehörige Summe an Kapitalertragssteuern errichten. 

Entspräche es der Richtigkeit wenn sie  bei Nachfrage auf der Bank folgende Info bekommen würde:
Erstens wären die ihr 2010 übertragenen und nun verkauften Aktien genau die Aktien welche die Mutter erst 2009 gekauft hätte und sie müsse deshalb dafür Kapitalertragssteuer/Abgeltungssteuer entrichten. 
Das würde ja dann heissen, die andere Schwester hätte die Akten geerbt welche nicht der Kapitalertragssteuer unterliegen, weil vor 2009 erworben.
Das wäre dann ja nicht hälftig und gerecht geteilt…oder?
Zweitens wäre der Gewinn so hoch, daher die enorme Höhe der Steuer, weil man den Kurs der Aktie zum Zeitpunkt des Erwerbs für die Gewinnberechnung zu Grunde legt und nicht den Zeitpunkt an dem die Erbschaft angetreten wurde. 

wenn man Wertpapiere verkauft, sollte man sich vorher Gedanken über die Konsequenzen machen.

ist denn noch was für ein warmes essen vom erbe übrig jetzt?

gruß inder

Hallo,
der Erbe tritt in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein, also er wird daher so behandelt, wie der Erblasser selbst. Daher denke ich, ist es zunächst schon korrekt, den Verkauf der Aktien, die nach 01.01.2009 erworben worden sind (vom Erblasser), der Besteuerung zu unterwerfen. Desweiteren sehe ich es auch als korrekt an, die Differenz zwischen dem ehemaligen Kaufpreis und dem jetzigen Verkaufspreis anzusetzen, denn eine Erbschaft ist kein Erwerb, also soweit alles richtig.
Wenn die Aktien, die jetzt verkauft worden sind, nachweislich die sind, die nach 01.01.2009 erworben worden sind, ist es auch korrekt, den Erlös mit Kapitalertragsteuer zu belasten. Kann man nicht nachweisen, wann die Aktien erworben worden sind (wenn jemand z.B. mehrmals Aktien derselben Firma erworben hat), würde das Finanzamt davon ausgehen, dass die Aktien, die zuerst gekauft worden sind, auch jetzt zuerst wieder verkauft werden (first in first out). Aber so wie sie schreiben, kann man nachverfolgen, wann die Aktien gekauft wurden.
Also soweit alles in Ordnung.
Die Frage, um die es aber eigentlich geht, ist diese: die Schwester, die die Aktien bekommen hat, die nach 2009 erworben worden sind, hat ein geringeres Erbe, weil diese beim Verkauf besteuert werden müssen.
Jetzt müsste man meines Erachtens ins Testament schauen, sofern eines vorhanden ist. Hat die Mutter verfügt, dass Tochter A die Aktien X, Y und Z bekommt und Tochter B die AKtien M, N und O, dann würde ich sagen: da hat die eine Tochter Pech gehabt, die die Aktien zugedacht bekommen hat, die nach 2009 gekauft wurden. Die Mutter hat ja konkret verfügt, wer was bekommen soll.
Hat die Mutter aber verfügt, dass die Aktien hälftig vererbt werden sollen, dann könnte ich mir vorstellen, dass sich aus dieser Benachteiligung durch die Versteuerung ein Ausgleichsanspruch an die Schwester ergibt, die die Aktien hat, die sie unversteuert verkaufen kann.
Da müssten Sie aber keinen Steuerrechtler fragen, sondern einen der sich mit Erbrecht auskennt. Und das bin ich definitiv nicht.
Viele Grüße
Barbara

Barbara hat recht. Die Aktie als solches ist mit  den Besteuerungsmerkmalen des Erblassers verknüpft. Es gilt die sogennante Fußstapfentheorie. Sind die Aktien dezidiert den Erben testamentarisch zugeordnet, wird tatsächlich eine Erbin benachteiligt, wenn sie das „ungünstigere“ Paket zugeordnet bekommen hat. Ggf. müssten dann Ausgleichspositionen durch das Testament angeordnet werden. Das Problem ist wohl eher, dass Erblasser ihre Testamente nicht an jeweils gültige Steuergesetzgebungen anpassen.

Hallo.

Entspräche es der Richtigkeit wenn sie  bei Nachfrage auf der Bank folgende Info bekommen würde:
Erstens wären die ihr 2010 übertragenen und nun verkauften Aktien genau die Aktien welche die Mutter erst 2009 gekauft hätte und sie müsse deshalb dafür
Kapitalertragssteuer/Abgeltungssteuer entrichten.

Wie kann die Bank das so genau wissen, wenn es sich um eine Sorte Aktien handelt? Das ginge nur, wenn es zwei Depots gab, wovon dann eben in dem einem die vor 2009 gekauften Aktien lagen. 

Das würde ja dann heissen, die andere Schwester hätte die Akten geerbt welche nicht der Kapitalertragssteuer unterliegen, weil vor 2009 erworben.

Wenn das so it zwei Depots war, dann wäre das so.

Das wäre dann ja nicht hälftig und gerecht geteilt…oder?

So isses. Wäre dann aber wohl eher eine Erbrechts- und keine Steuerfrage.

Zweitens wäre der Gewinn so hoch, daher die enorme Höhe der Steuer, weil man den Kurs der Aktie zum Zeitpunkt des Erwerbs für die Gewinnberechnung zu Grunde legt und nicht den Zeitpunkt an dem die Erbschaft angetreten wurde.

Welche Zeitpunkt wurde denn da genommen? Der nach 2008 oder der vor 2009?
Ansonsten merkst Du bei etwas nachdenken vielleicht selber, dass da Deine Argeumentation etwas inkonsistent wird. Einerseits möchtest Du gerne, dass das gilt, was zum Zeitpunkt des Erwerbes galt, wobei Du auf den vor 2009 abstellst, andererseits möchtest Du, dass das gilt, was zum Zeitpunkt des Erbfalls gilt. Das kann man sich aber eben nicht aussuchen. Du hast eben nicht nur die Aktien, sondern in steuerlicher Hinsicht auch deren Erwerbszeitpunkt geerbt.

Grüße

interessant wäre zu erfahren an was zu erkennen wäre welche Aktien genau nun da verkauft wurden da seit 2007 immer wieder Aktien der selben Firma erworben, verkauft, aufgestockt und schließlich dann 2010 hälftig an die beiden Schwestern vererbt wurden. Danke für Ihre Ausführungen, vermutlich wurde schon bei der Depotteilung ein Fehler gemacht.

Die Aktien wurden nicht testamentarisch den Erben irgendwie zugeteilt, sondern das Depot der Erblasserin wurde nach deren Tod aufgelöst und die sich darin befindenden Wertpapiere hälftig auf die beiden Erbinnen über tragen. Danke für Ihre Antwort.

Für die Gewinn Berechnung wurde der Zeitpunkt des Erwerbs der zuletzt erstandenen Aktien von 2009 genommen obwohl sich im Depot der Erblasserin bei Erbantritt der beiden Schwestern auch jede Menge Aktien welche in der Zeit davor erworben wurden befanden. Danke für ihre Ausführungen.

Was nun ein warmes Essen mit meiner Frage zu tun hat erschließt sich mir leider nicht. In sofern hätten Sie sich diese Bemerkung auch sparen können.

Ich mach’s mal aus der Erinnerung ans EStG heraus.

Für den Verkauf von Aktien im gleichen Depot gilt das fifo -Prinzip. Also die Aktien, welche zuerst gekauft wurden, werden zuerst verkauft ( f irst- i n- f irst- o ut).

Bei einer unentgeltlichen Übertragung von Aktien (Schenkung, Erbteilung) auf ein anderes Depot gilt das Gleiche: Die zuerst erworbenen Aktien werden zuerst übertragen.

Mangels diesbezüglicher Angaben sei nachfolgend mal ein mögliches Szenario konstruiert:

  • Im Todeszeitpunkt gab es nur ein Depot, in welchem sich alle Aktien, egal ob vor 2009 oder nach 2008 erworben, befanden.

  • Nach dem Tod der Erblasserin waren beide Schwestern, sozusagen als GbR, Eigentümerinnen des Depots.

  • Im Rahmen der Erbteilung wurde ein Teil der Aktien auf ein neues Depot der einen Schwester übertragen. Dies waren nach fifo -Prinzip die alten, vor 2009 erworbenen Aktien. Die Bank übertrug mit den Aktien die Anschaffungszeitpunkte an das neue Depot.

  • Die restlichen Aktien verblieben im Depot, welches namentlich auf die andere Schwester überschrieben wurde. Diese andere Schwester verkaufte diese Aktien (nach fifo -Prinzip waren es die nach 2008 erworbenen Aktien) und mußte sich aus dem Gewinn - Veräußerungserlös abzüglich Anschaffungskosten - die Kapitalertragsteuer von 25% zzgl. SolZ abziehen lassen. Die Anschaffungskosten sind im Depot gespeichert, wenn die Aktien nach 2008 erworben wurden.

  • Es kann aber auch sein, daß trotz fifo -Prinzip die vor 2009 erworbenen Aktien mit Kapitalertragsteuer (KapSt) belegt wurden. Dann wurde der Erlös, nicht der Gewinn, versteuert und man muß ggf. der Bank nachweisen, daß keine KapSt einzubehalten war.
    Manchmal haben die Banken keine ausreichenden Daten für die Beurteilung der Anschaffungszeitpunkte und -kosten der Wertpapiere. Kommt besonders bei Wertpapier übertragungen vor.

Pauschal zu behaupten, daß die Schwester mit den versteuerten Aktien nun weniger geerbt hat und die andere Schwester dies erstatten müßte, ist falsch. Es besteht ja grundsätzlich noch die Möglichkeit, sich im Rahmen der Einkommensteuererklärung mindestens einen Teil der abgezogenen Steuern vom Finanzamt erstatten zu lassen, wenn die Einkünfte entsprechend niedrig waren.

Also wie immer im Steuerrecht: Es kommt darauf an…

Mit freundlichen Grüßen

Ronald

Dankeschön für die ausführliche Erklärung.
Es wurde bei der Bank ein Antrag auf Rückverfolgung und Klärung der Angelegenheit gestellt.