Kartoffeln und Knödel schneiden

Hallo,

ich habe als Kind gelernt, dass man Kartoffeln und Knödel nicht mit dem Messer schneidet, sondern sie mit Messer und Gabel auseinanderzieht. Der Grund lautete: An einer glatten Schneidefläche „haftet“ keine Soße. Mir leuchtet das ein, und ich halte mich deshalb automatisch an diese Regel.

Allerdings habe ich in der letzten Zeit nie wieder jemanden gesehen, der es mir gleich tut, weder in einfachem Kreis, noch in noblen Gaststätten. Ist diese Regel total veraltet, oder treffe ich ständig Unwissende?

Gruß

Irene

Einen zauberhaften guten Abend,

ich habe als Kind gelernt, dass man Kartoffeln und Knödel
nicht mit dem Messer schneidet, sondern sie mit Messer und
Gabel auseinanderzieht. Der Grund lautete: An einer glatten
Schneidefläche „haftet“ keine Soße.

Das ist in der Tat auch ein Grund (glatte Flächen - poröse/unebene Flächen und so…). Aaaaaaber: Deine Mom kannte den Grundsatz ganz gewiss von Ihrer Mom und die wiederum, usw.

Ursprünglich hatte dieser ‚Brauch‘ nichts mit der Sauce sondern mit dem Material, aus dem früher Besteck hergestellt wurde, zu tun. Kartoffeln, Spargel oder Salat ließen das Besteck anlaufen bzw. rosten. Im Zeitalter von WMF & Co. ist es kein Thema, also ist auch das Schneiden von Salatblättern und Kartoffeln erlaubt. :wink:

Allerdings habe ich in der letzten Zeit nie wieder jemanden
gesehen, der es mir gleich tut, weder in einfachem Kreis, noch
in noblen Gaststätten. Ist diese Regel total veraltet, oder
treffe ich ständig Unwissende?

Weder - noch, Irene… Obwohl (Tisch)Manieren heute höher im Kurs stehen denn je, stellt sich die Frage ‚darf ich nu die Kartoffel malträtieren oder nich‘ gar nicht mehr. Solange man nicht anfängt, bei Tisch zu schmatzen, sich just dort die Nase zu pudern, etc., schaut einen selbst in einem Nobelschuppen kein Kellner mehr schief an.

Beste Grüße

Tessa

Hallo Irene,

ich habe als Kind gelernt, dass man Kartoffeln und Knödel
nicht mit dem Messer schneidet, sondern sie mit Messer und
Gabel auseinanderzieht.

Ich auch!

Der Grund lautete: An einer glatten
Schneidefläche „haftet“ keine Soße.

So habe ich’s auch gelernt, und das ergibt auch einen Sinn (im
gegensatz zu vielen anderen Essregeln)

Mir leuchtet das ein, und
ich halte mich deshalb automatisch an diese Regel.

Mir auch/ich auch!

Allerdings habe ich in der letzten Zeit nie wieder jemanden
gesehen, der es mir gleich tut, weder in einfachem Kreis, noch
in noblen Gaststätten.

Dann geh’ mal mit mir essen … :smile:

Ist diese Regel total veraltet, oder
treffe ich ständig Unwissende?

Beides, und eines kommt vom andern. Weil es immer mehr Unwissende
gibt, gerät diese Regel in Vergessenheit. Manchmal graust es
einen, wenn man sieht, wie Leute heute essen. Wenn sie Knödel
oder Kartoffeln schneiden, finde ich das ja noch nicht schlimm.
Aber wie manche sich das Essen reinschaufeln, indem sie ihre
Instrumente mit der vollen Hand umklammern, mit vollem Mund
dabei reden und dazu noch schmatzen …
Ich glaube, dass im Zuge des Abbaus unsinniger Regeln manche das
missverstanden haben und dabei auch gleich alle Regeln über Bord
geworfen haben. Denn es gibt ja auch noch ein paar sinnvolle. Als
Kochender sehe ich es sogar als eine gewisse Missachtung meiner
Saucen an, wenn Leute die Kartoffeln glatt durchschneiden!
Aber Neffe und Nichte lachen mich auch aus, wenn ich belegte
Brote mit Messer und Gabel esse. Dabei ist es einfach
unästhetisch, wenn jemand mit fettglänzenden Fingern am Tisch
sitzt und sich die nach jedem Anfassen des Wurstbrotes wieder
ablecken muss …
Gruß
Bolo2L

der Knödel und die Seele
Hallo Bolo,

kennst Du das auch, dass man den Knödel nicht mit dem Messer schneiden darf, sonst „schneidet man ihm die Seele ab“?

So hab ich’s nämlich gelernt :o)
Euer Grund erscheint mir zwar einleuchtender … hehe … mich würde jedoch interessieren, ob das allgemein so gesagt wird in Bayern oder ob das nur bei uns so war. Hm.

Viele Grüße
Gitte,
die jetzt nicht extra in „Mundart“ postet,
weil’s hier gut passt

… fällt’s mir wieder ein. Ich habe den Spruch tatsächlich auch schon gehört, hab’ ihn aber nicht so ernst genommen. Ich wusste auch nicht, dass es sich um eine Redensart handelt, dachte eher, das wäre ein „persönlicher“ witziger Einfall von jemandem gewesen.

Danke jedenfalls für diese Zusatzinformation!

Irene

Hallo Bolo,

ach wie schön, dass du auch noch auf Essmanieren achtest. Ich will ja nicht dauernd an anderen Leuten rummeckern. Aber oft tut es wirklich weh, wenn man manchen zuschaut. Das mit dem Brot finde ich auch schlimm, wenn es nicht gerade auf einer Berghütte ist.

Ärgern muss ich mich auch immer über Leute, die ihr Besteck ganz vorne anfassen, so dass sie mit den Fingern beinahe im Teller sind. Aber das ist ein anderes Thema.

Vielleicht muss ich ja doch irgendwann mal auf deine Einladung zum Essen zurückkommen, wenn ich nicht durch ganz Deutschland reisen muss.

Gruß

Irene

mich
würde jedoch interessieren, ob das allgemein so gesagt wird in
Bayern oder ob das nur bei uns so war. Hm.

Hallo Gitte,

ob das in Baywern allgemein so gesagt wird, weiß ich nicht. Ich
habe meine ersten Versuche mit Kartoffeln und Knödeln nämlich im
Schwäbischen gemacht :smile: Und da hatten die Knödel keine Seele
(konnten sie ja auch gar nicht, da aus Bayern importiert …)
Gruß
Bolo2L

Vielleicht muss ich ja doch irgendwann mal auf deine Einladung
zum Essen zurückkommen, wenn ich nicht durch ganz Deutschland
reisen muss.

Musst Du nicht. Meine Postleitzahl fängt mit 81 an. :smile:
Gruß
Bolo2L

Kartoffeln sind nicht zum Sauceaufnehmen da
Hallo Irene,

daß man die Kartoffeln nicht schneidet, hat seinen Grund in der von Tessa erwähnten Gefahr des Anlaufens. Da dieses inzwischen nicht mehr existiert, habe ich schon oft gelesen, daß diese Regel veraltet ist.

Du begründest die Regel damit, daß man mit gerissenen Kartoffeln / Knödeln mehr Sauce drankriegt. Das finde ich aber nach den Regeln der feinen Küche und nouvelle cuisine etwas prollig, sorry. Die Sauce ist primär dazu da, das Fleisch etc. zu ergänzen und nicht die Kartoffeln zu würzen (die bei einem guten Koch ja ein Genuß für sich selbst sind).

Der nächste Schritt wäre dann nämlich, mit der Gabel die Kartoffeln so richtig in die Sauce einzumanschen. Mein Vater ist bei so was früher auf die Barrikaden gegangen. Das kann man gerne zuhause tun, mach ich ja auch, wie ich gerne zugebe. Aber es ist eben nicht die feine Art. Und deswegen kann man auch keine feine Regel damit begründen.

Wer also die Kartoffeln mit dem Messer schneidet, ist also tendenziell der feinere Mensch, weil es ihm nicht wichtig ist, möglichst viel Sauce an die Kartoffeln zu bringen, sondern ihm wichtiger ist, daß die Kartoffel nicht unter der Gabel wegrutscht und seinen Anzug befleckt.

Finde ich zumindest. Aber das Schöne an den Benimmregeln ist doch, daß sie jeder so anwenden kann, wie er möchte und wie er persönlich es normal findet - oder?

ciao,
erik

hallihallo allerseits,

hier nun eine oesterreichische antwort zum thema, das ja, wie sich hier zeigt, geographische unterschiedlichkeiten zu haben scheint… :smile:)

zu den kartoffeln kann ich nicht viel sagen, die haben mir naemlich im kindesalter so ueberhaupt nicht geschmeckt, dass die frage nach schneiden oder nicht schneiden einfach ueberfluessig war - ich hab keine gegessen. und als ich begann, kartoffeln zu essen, hat mir niemand mehr tischmanieren beigebracht :frowning:( allerdings hab ich in meiner umgebung bisher nur leute beobachtet, die der kartoffel schneidend zu leibe rueckten. hm.

gaaaanz anders beim knoedel!! meine mutter haette mir den kopf abgerissen, wenn ich einen knoedel jemals zerschnitten haette! aber das hat keineswegs mit der saucen-aufnahmefaehigkeit zu tun, sondern ganz einfach mit der qualitaet der kueche: was ein anstaendiger knoedel ist, haelt beim kochen wunderbar zusammen udn zerfaellt beim essen flaumig locker, wenn sich ihm eine gabel (und niemals ein messer!) naehert. ist es notwendig, ein messer zu hilfe zu nehmen, ist meiner sozialisation in sachen kueche und tischmanieren nach einfach eine beleidigung fuer die koechin/ den koch bzw. sind dann die knoedel wohl einfach misslungen…

das mit der sauce leuchtet schon ein. aber in meiner kindheit gab es knoedel eigenltich immer ohne sauce, entweder als speckknoedel in der suppe oder mit auserkraut, oder als griesknoedel mit gselchtem (= kasseler) und kraut, oder als spinatknoedel mit butter und parmesan drueber… trotzdem galt absolutes schneideverbot. was zeigt, dass ein und die selbe regel durchaus unterschiedliche grunde haben kann.

in diesem sinne, weiter froehliches kartoffel- und knoedelessen,
ich geh mir jetzt glaub ich auch was kochen (*magenknurr*),

liebe gruesse,

eliza

Hallo Eliza,

also das klingt alles recht vernünftig. Dem kann ich mich durchaus anschließen. Vielleicht habe ich die Soße ein bisschen zu pauschal ins Spiel gebracht. Zerlassene Butter, Krautsaft etc. gehört natürlich da auch dazu. Und es stimmt einfach: Einen guten Knödel m u s s man gar nicht schneiden. Danke für deinen österreichischen Beitrag!

Gruß

Irene

Aha, ein Münchner …

hätt ich halt gleich die Visitenkarte angeschaut! Dann hätte ich auch gemerkt, dass es höchst gefährlich ist, sich in deiner Nähe aufzuhalten.

Weiterhin guten Appetit und Grüße aus dem Inntal von

Irene