Kassenwart ermöglicht fahrlässig Veruntreuung durch Vorstandsvorsitzenden, wie ist die Haftung geregelt?

In unserem Kleingartenverein hat der Vorstandsvorsitzende Geld veruntreut. Es fing langsam an und hat sich über drei Jahre immer mehr gesteigert bis am Ende die Pacht an den Hauptverband nicht mehr gezahlt werden konnte und wir kurz vor der Auflösung der Kleingartenkolonie standen. Erst dadurch kam alles ans Licht.
Der Vorstandsvorsitzende hat mittlerweile schriftlich gestanden, das Geld genommen und für seine Spielsucht verwendet zu haben.
Eine Kassenprüfung hat ergeben dass knapp 9.000 Euro fehlen. Der Veruntreuer kann das Geld nicht zurückzahlen.

Die Kassenprüfung hat auch ergeben, dass die Kassenwarte (in dieser Zeit gab es drei) fahrlässig gehandelt haben, indem sie dem Veruntreuer das Geld ausgezahlt haben ohne ordentliche Belege dafür zu erhalten. Der letzte Kassenwart hat ihm sogar die Kontokarte des Vereins gegeben, und hat über Monate die Kontoauszüge nicht überprüft. Als es ihm dann auffiel hat er sich noch Wochenlang mir Ausreden abspeisen lassen, u.a. die Karte sei geklaut worden. Gesperrt wurde die Karte aber erst viel später.

Klar ist, dass der Kassenwart in einem Verein für das Vereinsvermögen verantwortlich ist und bei fahrlässigem Verhalten auch mit seinem Privatvermögen haftet.

Was ich nicht verstehe, ist die Reihenfolge der Haftung.
Muss der Verein zuerst versuchen das Geld vom Veruntreuer wiederzubekommen und erst wenn das nicht passiert kann er sich an den Kassenwart wenden?
Oder ist es so, dass erstmal der Kassenwart zur Verantwortung gezogen wird und der Kassenwart dann das Geld vom Veruntreuer zurückfordern muss? Oder kann der Verein bei beiden gleichzeitig Forderungen geltend machen, oder wie ist die Situation?

Was ich nicht verstehe - hat es in diesem Verein drei Jahre lang keine Rechenschaftsberichte des Vorstands (einschließlich Kassenbericht) und vor allem keine Kassenprüfung durch von der Vollversammlung bestellte Prüfer gegeben? Wie sieht es mit Entlastung des Vorstands durch die Vollversammlung aus? Wurde eine solche in den vergangenen Jahren erteilt?

So klar ist das durchaus nicht. Ist der Kassenwart überhaupt Mitglied des Vorstands? Das ist zwar die Regel, aber durchaus nicht selbstverständlich. Falls nicht, ist auch keine Haftungspflicht gegeben. Ansonsten macht es sich der Verein etwas zu einfach, wenn er nun dem Kassenwart (was ist eigentlich mit den zwei Amtsvorgängern?) in die Tasche greifen will, nur weil beim eigentlichen Schadensverursacher nichts zu holen ist. Nur mal so als Hinweis: glaubst Du, dass sich dann in Eurem Verein noch irgend jemand finden würde, der das Ehrenamt des Kassenwarts übernähme? Dann könnt Ihr euren Verein nämlich auch auflösen …

Vor allem müsste hier nachgewiesen werden, dass seitens der Kassenverwalter eine grobe Fahrlässigkeit vorlag; eine einfache Fahrlässigkeit reicht nicht aus. Jedenfalls nicht, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit unentgeltlich war oder die Vergütung unter 720,- € / Jahr lag (sog. Haftungsprivilegierung, § 31a BGB). Die Beweislast, ob eine grobe Fahrlässigkeit vorlag, läge beim Verein. Der sich - s.o. - in Sachen Fahrlässigkeit selbst einiges vorzuwerfen hat.

Aha, das ist interessant. Danke für deine Hinweise.
Ob die Fahrlässigkeit grob war oder nicht, und auch die Versäumnisse des Vereins werden im vorliegenden Fall noch zu klären sein.

Aber im Kern war die Frage anders gemeint. Daher versuche ich sie nochmal allgemeiner zu formulieren:

Nehmen wir an, an einer Untreue im Verein seien zwei Vorstandsmitglieder beteiligt. Der Schadensverursacher und der Kassenwart, der die Veruntreuung durch grob fahrlässiges Verhalten ermöglicht hat.
Teilt die Haftung sich auf? Oder haftet zuerst der eine, der dann den anderen versucht in Haftung zu nehmen? Oder ist es ganz anders?

Um meine Frage auf den Punkt zu bringen möchte ich sie mit einem hypothetischen Beispiel verdeutlichen:

Stelle dir vor ich leihe meinem Freund mein Auto. Der lässt es über Nacht stehen, ohne abzuschliessen und lässt den Schlüssel auf dem Armaturenbrett liegen. Am nächsten Tag ist das Auto geklaut.

Ich würde denken, dass mein Freund für den Verlust verantwortlich gemacht werden kann. Ob wir danach weiterhin Freunde sind sei mal dahingestellt.

Wenn jetzt der Dieb überführt wird und den Diebstahl gesteht, dann ist mein Freund wohl fein raus, oder?
Aber, wenn das Auto mittlerweile weg ist und der Dieb kein Geld hat um das Auto zu ersetzen, was passiert dann? Wie würde ich korrekterweise weiter vorgehen?

Der Vorstand ( also alle Vorstandsmitglieder, Kassenwart gehört i.d.R. dazu) haften gesamtschuldnerisch.
Heißt, jeder haftet für die volle Summe.
Man kann sich also nur an ein Mitglied halten um seine Forderung durchzusetzen- das zahlungskräftigste natürlich.
Intern kann derjenige versuchen, die übrigen Mitglieder in Einzelhaftung (Anteile) zu nehmen.

MfG
duck313

Deiner Kaskoversicherung den Diebstahl melden. :smile:

Und sonst ? Hoffen dass der Freund eine Haftpflichtversicherung hat.

Der Dieb haftet natürlich für den Schaden- nur hat der nix, kann man von ihm auch nix bekommen.
Dann kann man sich an den Ausleiher halten, wenn der durch (grob ist das wohl noch nicht ?) fahrlässiges Handeln (Schlüssel sichtbar stecken lassen) für den Verlust (mit) verantwortlich gemacht werden kann.

MfG
duck313

Aber nur, wenn sie haften. In diesem Fall ist es zunächst einmal nur der Vorstandsvorsitzende, der dem Verein den unterschlagenen Betrag nebst Nebenkosten schuldet. Ob der Kassenwart leicht oder grob fahrlässig gehandelt hat, muß im Zweifel ein Gericht entscheiden bzw. läßt sich überhaupt nur beurteilen, wenn man die Vereinssatzung kennt. Nur im zweiten Fall (also grobe Fahrlässigkeit) haftet auch er - und damit mit dem VV gesamtschuldnerisch.

Der Rest des Vorstandes haftet nur dann, wenn ein anderes Vorstandsmitglied hätte erkennen müssen, daß da etwas vor sich geht oder der VV ein Spielproblem hat, denn dann hätte er einschreiten bzw. entsprechende organisatorische Maßnahmen treffen müssen.

Genau. Sind mehrere Vorstandsmitglieder für einen eingetretenen Schaden verantwortlich (was im vorliegenden Fall hieße, dass seitens des Kassenwarts grobe Fahrlässigkeit vorliegt), haften sie als Gesamtschuldner. Der Verein kann daher entscheiden, welches Vorstandsmitglied er in Anspruch nimmt, kann aber auch von den Betroffenen jeweils die Begleichung einer Teilschuld fordern, vgl. § 421 BGB.

Vgl. § 426 BGB. Dabei ist zu beachten, dass das Maß des jeweiligen Verschuldens (das in diesem Fall sicher sehr unterschiedlich ist) zu unterschiedlichen Haftungsquoten führt. Das ist aber nur für das als Gesamtschuldner herangezogene Vorstandsmitglied von Bedeutung, der andere „Mitschuldige“ in Regress nehmen will. Dem Verein als Gläubiger gegenüber kann er eine solche Quote jedoch nicht geltend machen (also nur einen Teil der Schuld bezahlen).

Von der juristischen Seite abgesehen möchte ich jedoch zu bedenken geben, dass man hier mit Augenmaß vorgehen sollte. Seitens des Kassenwartes liegt offensichtlich ein geringfügiges Verschulden vor - im Gegensatz zum Vorsitzenden keine Bereicherungsabsicht, lediglich ein ungerechtfertigtes Vertrauen in die Integrität des Vorsitzenden. Genau dies kann man dem Verein insgesamt zum Vorwurf machen. Das ehrenamtliche Engagement des Kassenwarts damit zu bestrafen, ihn für die Unterschlagungen des - vom gesamten Verein gewählten - Vorsitzenden aufkommen zu lassen, halte ich für moralisch ausgesprochen unangemessen. Abgesehen davon, dass ihm grobe Fahrlässigkeit mE lediglich zur Last gelegt werden kann, wenn es deutliche Hinweise auf ein Fehlverhalten des Vorsitzenden gab. Ein Vereinsvorstand kann nur dann effektiv zusammenarbeiten, wenn die Vorstandsmitglieder einander vertrauen. Wenn wie hier ein neu gewählter Kassenwart mit einem schon länger amtierenden Vorsitzenden zusammenarbeitet, kann er zunächst einmal davon ausgehen, dass dieser bislang sein Amt ordnungsgemäß ausgeführt hat und dies auch weiter tun wird. „Schuld“ an dem Schaden hat neben dem Vorsitzenden nicht nur der Kassenwart, sondern der gesamte Verein, der seine Kontrollaufgaben (jährliche Kassenprüfung) nicht wahrgenommen hat. Das sollte man nicht aus dem Auge verlieren.

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