Kater beißt ganz plötzlich

Hallo zusammen,
Ich habe da ein kleines Problem… Mein Kater ist 2 Jahre alt. Ich habe ihn vor ca einem Dreiviertel Jahr bekommen, da seine alte Besitzerin ihn aus privaten gründen nicht mehr behalten konnte. Dazu muss man sagen, er ist ein absoluter schmusekater, kuschelt viel und ist eher zurückhaltend fremden gegenüber. Ab und zu bekommt er aber einen Anfall und beißt meinem Freund ( und nur ihm) in die Hand. Mein Freund merkt es mittlerweile schon am verhalten von dem Kater wenn es wieder losgeht. Es wirkt wie ein Aussetzer, wie eine gespaltene Persönlichkeit.

Nun zu meiner frage: woher könnte das kommen?
Und was kann ich tun, dass er nicht mehr beißt?

Abgeben möchte ich ihn nicht, dafür ist er mir zu sehr ans Herz gewachsen.

Danke schonmal

Liebe Mausezahn,

also bevor ich gezielt was zu deinem Problem sagen kann, müsstest du noch ein paar Fragen zur Situation beantworten :wink:

Folgendes wäre gut zu wissen:
Ist der Kater kastriert?
Hat der Kater Freigang oder ist er ein reiner Wohnungskater?
Hat der Kater einen Spielgefährten oder ist er alleine?
Hatte der Kater bei der Vorbesitzerin Spielgefährten?
Weißt du etwas über die Sozialisation des Katers, z.B. durfte er lange genug bei seiner Mama und seinen Wurfgeschwistern bleiben? (Drei Monate sollte ein Welpe schon zusammen mit seiner Mama und seinen Wurfgeschwistern verbringen dürfen, um die Katzenkommuikation zu erlernen.)
Wie genau äußert sich das vor dem Beißen? Legt der Kater die Ohren an und faucht? Das nämlich wäre ein Zeichen für wirkliche Aggression. Ist dies nicht der Fall, kann es auch heißen, dass er einfach spielen will.
Wie heftig sind die Bisse?

Dennoch will ich dir nun schon mal ein paar Gedanken meinerseits dazu mitteilen:
Grundsätzlich ist es so, dass Katzen keine Einzelgänger sind, auch wenn das immer wieder behauptet wird. Katzen brauchen Artgenossen, um glücklich zu sein. Ein Freigänger in Einzelhaltung sucht sich meist draußen seine Freunde. Ein Wohnungskater kann dies nicht. Katzen jagen lediglich alleine, aber das ist ja auch klar: So ein Mäuschen teilt sich schließlich schlecht mit einem ganzen Rudel.

Natürlich gibt es auch Katzen, bei denen die Haltung mit Argenossen gar nicht mehr funktioniert, aber da hat meist der Mensch in der Welpenzeit bereits Mist gebaut, z.B. indem er das Kätzchen zu früh von Geschwistern und Mama getrennt hat.

Gerade Kater sind sehr soziale Tiere. Selbst unkastrierte Kater leben unter anderem in lockeren Verbänden, wenn sie draußen umherstreifen. Das sind die sogenannten Bruderschaften. Da gibt es anfangs mal richtig brutale Schlägereien und dann vermöbeln die zusammengehörenden Kater andere Konkurrenten.
Kätzinnen hingegen sind sehr auf den Schutz ihres innersten Reviers bedacht, weil sie dort ihre Welpen geschützt versorgen möchten. Insofern ist es auch schwieriger, für eine Kätzin später noch einen Gefährten zu finden (aber nicht unmöglich).

Auch kastrierte Kater kämpfen und raufen sehr gerne, aber wesentlich unblutiger als ein unkastrierter Kater. Das geht dann von wildem Beißen und Hauen in zärtliches Putzen und Kuscheln über. Wenn euer Kater keinen kätzischen Spielgefährten hat, kann es sein, dass er mit deinem Freund raufen möchte. Das ist dann überhaupt nicht böse, der Kleine sieht deinen Freund dann einfach als großen Katerkumpel und mag spielen.

Für uns Menschen ist es schwierig, diese Raufspiele zu simulieren. Beutespiele sind da wesentlich einfacher, aber wenn der Kater mit der Hand kämpft, dann tut das bisweilen schon weh. Katzenwelpen lernen beim Spiel mit ihren Geschwistern, wie weit sie gehen dürfen. Wenn sie zu fest beißen oder hauen, bekommen sie es zurückgezahlt oder das Geschwisterchen unterbricht das Spiel. Aber was für eine Katze nicht schmerzhaft ist, tut uns bereits weh, weil wir eben kein Fell über unserer Haut haben.

Darum sollte man auch nie mit den bloßen Händen mit einer Katze spielen, damit sie die Hände niemals als Spielzeug versteht.

Wir selbst hatten von Anfang an zwei Kater, Zoppo und Grisu :wink:. Es waren zwei Wurfbrüder, leider wurde Grisu bereits als Zweijähriger von einem Paketliferanten überfahren (wir haben Freigänger, da wir mitten im Wald wohnen und eigentlich kaum Verkehr ist). Für Zoppo war das ganz schlimm. Er hat seinen toten Bruder noch geputzt und dann nur noch geschrieen. Sodass wir, obwohl es uns sehr schwer gefallen ist, einen zehn Monate alten Kater aus dem Tierheim dazu geholt haben, und zwar schon am Tag drauf, damit Zoppo nicht zulange alleine ist. Die Vergesselschaftung haben wir zwar langsam angefangen (erst in getrennten Räumen, Geruchsproben), da Zoppo aber ein sehr sozialer Kater ist, hat das mit Rowdy sehr schnell geklappt (nach einer Woche war es schon recht gut, nach zwei Wochen haben sie gekuschelt, aber das ist wirklich sehr schnell gegangen). Nun haben wir noch einen Welpen (drei Monate) dazu geholt, weil Zoppo mit seinen bald 2,5 Jahren und Rowdy mit seinem Jahr noch recht jung sind. Hätten wir nur Zoppo, wäre ein Kitten zu jung. Man merkt es jetzt auch: Rowdy kann mehr mit dem Kleinen anfangen, als Zoppo, das Spielverhalten ist noch ähnlicher, Zoppo passt eher auf den Kleinen auf, als dass er mit ihm spielt.

Ich schreibe das deshalb, weil ich damit unterstreichen will, wie wichtig Artgenossen für Katzen sind und wie unproblematisch das auch sein kann, wenn man einige Dinge beachtet. Seit Zoppo sich mit Rowdy angefreundet hat, schreit er nicht mehr nach seinem toten Bruder. Wir vermissen Grisu natürlich noch immer ganz schrecklich, obwohl wir natürlich auch froh sind, Rowdy und Fenny kennengelernt zu haben.

Das Spiel unserer Kater ist jedenfalls ein sehr wildes Spiel. Da möchte ich meine Hand nicht dazwischen tun. Und das brauchen sie auch. Sie verletzen sich dabei nicht (sind als Freigänger natürlich alle kastriert, d.h. der Kleine noch nicht, weil er noch zu jung ist, der darf aber vor der Kastration auch nicht alleine raus), haben aber ihren Spaß. An verregneten Tagen jagen sie sich wie wild durch die Wohnung. Das könnten mein Mann und ich ihnen als Menschen nicht bieten.

Also… ins Blaue hinein wäre meine Vermutung, dass ihr keinen Freigänger habt und er alleine bei euch wohnt. Wenn dies so ist, gäbe es zwei Möglichkeiten: Gewährt ihm Freigang (gewöhnt ihn aber langsam dran, wenn er das nicht kennt) oder schaut euch nach einer Zweitkatze um. Oder beides… wir haben ja auch drei Kater und lassen sie raus. Bei der Zweitkatze würde ich einen Kater (aufgrund des Spielverhaltens) empfehlen. Natürlich muss der charakterlich passen und er sollte jünger sein, dann ist der Hausherr nicht so eingeschüchtert, aber eben kein Welpe mehr. Schaut euch nach einem Einjährigen um, der hat auch die Flegelzeit der Pubertät schon hinter sich. Vielleicht könnt ihr auch einen jungen Kater aus dem Tierheim glücklich machen. Da hättet ihr dann auch den Vorteil, dass ihr nicht noch die ganzen Impfungen und die Kastration bezahlen müsst, denn darum kümmert sich das Tierheim. Wir haben für Rowdy im Tierheim 120 Euro bezahlt, aber da war eben die Kastration und die Impfung (Tollwut und 2x Katzenschnupfen und -seuche; Leukose haben wir, weil es ein Freigänger ist, noch nachgeholt) schon dabei, also sind die 120 Euro Abgabegebühr ein Witz! Außerdem kann euch ein kompetentes Tierheimteam auch beratend zur Seite stehen, was den Charakter des Tieres angeht. Und wenn die Katzen sich wirklich absolut nicht mögen, nehmen die Tierheime die Tiere auch wieder auf und erstatten die Gebühren zurück.

Es kann also tatsächlich sein, dass der Kater einfach nur spielen will. Wie gesagt, wenn er die Ohren anlegt und faucht, dann kann es auch auf eine Aggressionsstörung hindeuten. Das ist dann schwierig, da werdet ihr den Grund wohl nur schwer ermitteln können. Vielleicht hat er mit Männern (du schriebst auch, bei Fremden ist er zurückhaltend, das kann durchaus normal sein, manche Katzen sind so, kann aber auch auf schlechte Erfahrungen mit Menschen hindeuten, je nach Ausmaß) ganz schlechte Erfahrungen gemacht und das kommt dann ganz plötzlich in sein Bewusstsein. Wenn so etwas wäre, wäre es total schade, wenn ihr den Kater dann weggebt. Aber das wollt ihr ja auch nicht. Denn der Kleine kann nix dazu.

Dein Freund könnte mal versuchen, wenn er merkt, gleich wird er beißen, schnell ein Spielzeug anzubieten, z.B. einen Federstab (da ist die Hand nämlich ganz außen vor). So könnte er, wenn es sich um einen Spieldrang handelt, das Verhalten kanalisieren.
Allerdings… wenn er – und ich halte das für wahrscheinlich, denn ein zweijähriger Kater ist sehr jung und noch sehr verspielt – wirklich nur spielen will, wäre die artgerechteste Lösung wirklich eine zweite Katze und/oder Freigang.

Falls er nicht kastriert sein sollte, würde ich ihn auf jeden Fall kastrieren lassen. Das kann nämlich Aggressionen auch mindern.

Unser kleiner Fenny will übrigens auch oft in die Hand beißen und damit spielen, wenn die Großen grade mal nicht da sind (tendenziell eher bei meinem Mann als bei mir). Wir setzen ihn (geht halt mit so einem Welpen noch recht leicht) dann immer auf die Seite und bieten ihm ein anderes Spiel an. Denn ein junges Kätzchen braucht ganz viel Spielerein. Vorhin gerade habe ich beobachten können, da war Rowdy drinnen, wie wild sie sich miteinander prügeln und wie toll sie das finden. Bei Fenny wird sich das spätestens dann geben, wenn er mit den Großen zusammen rein- und rausgehen darf; aber wie gesagt: noch ist er zu klein dazu.

Ich hoffe, ich konnte ein bisschen helfen. Vielleicht wollt ihr ja was davon umsetzen. Und falls du noch Fragen hast – sei es zu deiner konkreten Situation oder zu meinen Vorschlägen von Freigang und Zweitkater – kannst du dich gerne melden.

Ach, nicht dass das falsch verstanden wird (ich soll ja auch meinen Wissensstand angeben): Zoppo und Grisu waren zwar die ersten eigenen Kater, die mein Mann und ich uns zugelegt haben, aber keineswegs die ersten Katzen, mit denen ich je zu tun hatte oder zusammengelebt habe :wink: Insofern stammen meine Erfahrungen jetzt also nicht nur von Zoppo, Grisu, Rowdy und Fenny. Ich habe schon mit mehreren Katzen zusammengelebt, mich auch lange um eine Streunerkatze gekümmert, die nicht mehr als Hauskatze zu halten gewesen wäre. Und ich habe sehr, sehr, sehr viel Literatur über Katzen gewälzt (insbesondere Verhalten, artgerechte Fütterung, aber auch über Krankheitsbilder, wobei das für mich immer bedeutet: egal was ich denke und weiß, der Tierarzt sollte trotzdem nach dem Kater schauen, denn das kann ich nur laienhaft beurteilen). Überdies kümmern mein Mann und ich uns in den Urlauben unser Nachbarn regelmäßig um deren Katzensippe und seit wir das übernehmen, pinkeln die Katzen im Urlaub ihrer Besitzer nicht mehr überall ins Haus – insofern behaupte ich mal ganz frech, dass ich mit Katzen relativ gut umgehen kann und zudem ein fundiertes theoretisches Wissen aufweise. Aber ich bin kein Verhaltenstherapeut, kein Heilpraktiker und kein Tierarzt, da stoße ich dann doch an meine Grenzen.

Wenn euer Kater tatsächlich eine Aggrssionsstörung haben sollte, würde ich also auf jeden Fall mit dem Tierarzt reden. Rowdy beispielsweise hat eine Angststörung, aber es ist bei weitem nicht mehr so schlimm, wie es mal war (er kam aus einer Messietierhaltung), man kann also, indem man mit dem Tier auf eine bestimmte Weise umgeht, viel erreichen. Ohnehin wäre es sinnvoll, beim Tierarzt abzuklären, ob körperlich etwas ist. Manche Katzen reagieren dann mit Aggression. Glaube ich aber eher weniger, weil er nur deinen Freund beißt, dich nicht. Bei einer Aggressionsstörung kann auch ein Verhaltenstherapeut helfen und beratend zur Seite stehen, sodass ihr für eure konkrete Situation Lösungen bekommt.

Auch immer eine gute Möglichkeit, eine Katze zu beschäftigen und ihr die Langeweile (damit also auch das Beißen, um zu spielen) zu nehmen, ist Clickertraining. Es gibt dazu einige gute Bücher auf dem Markt. Es erfordert etwas Einsatz von dir und deinem Freund, aber es loht sich. Die Katze bindet sich stärker an den Menschen, sie wird intellektuell gefördert und, je nach Übung, auch körperlich. Und sie kann dabei auch lernen, zur Ruhe zu kommen. Aber immer bedenken: Clickertraining ist auch anstrengend für die Katze, also nicht zu lange machen, lieber mehrere, kürzere Einheiten und es der Katze auch nicht aufzwingen, wenn sie gerade lieber am Fenster Vögel beobachten will, dann soll sie das auch tun dürfen.

Dann wünsche ich mal viel Erfolg!
Ich hoffe, es wird besser und ihr habt eine wunderschöne Zeit mit dem Kleinen!

Liebe Grüße!

Liebe grisu-zoppo,

Vielen vielen dank für die sehr ausführliche Antwort. Sie hat bei mir jetzt schon viele fragen beantwortet. Am Anfang hast du noch einige fragen gestellt, die ich zunächst erstmal beantworten möchte…
Ja der Kater ist kastriert.
Er ist eine reine wohnungskatze, er kannte es von Anfang an wohl nicht anders laut den aussagen der Vorbesitzerin, und kommt mir auch ganz recht, da ich ihm hier ungern nach draußen lassen würde.
Bei mir ist er allein. Vorher hatte einen sehr jungen. Spielgefährten von 7 Monaten, da war mein kleiner 1,5 Jahre alt.
Über die Sozialisierung kann ich leider keine Auskunft geben.
DAs beißen äußert sich nicht im fauchen oder einem Buckel sondern er schleicht mit fixierten Blick auf die Hand von meinem Freund Richtung Hand und Beißt dann zu.

Ich habe es ein bis zweimal auch schn erlebt dass er mich beißen wollte, als er allerdings gemerkt hat dass es meine Hand ist hat er sofort ganz beschämt losgelassen.

Nochmals vielen dank für den Beitrag werde heute gleich mal ins Tierheim fahren und gucken ob dAs Personal uns dort weiterhelfen kann

MfG

Liebe Mausezahn,

freut mich, dass ich dir ein paar Fragen beantworten konnte.
So wie du das Beißen nun geschildert hast, sieht es wirklich danach aus, als wollte der Kleine lediglich spielen. Und vermutlich sieht er eben in deinem Freund eher den Raufkumpanen als in dir. Unsere drei spielen ja tatsächlich mit meinem Mann auch anders als mit mir. Und wenn er einen jüngeren Spielgefährten hatte, dann fehlt ihm jetzt wohl auch das Balgen mit einem Kumpel.

Ich hoffe sehr, dass das Tierheim euch da weiter helfen kann und ihr ein passendes Katerchen für euren findet. Geht die Zusammenführung aber langsam an; Katzen brauchen Zeit, sich an neue Dinge zu gewöhnen und je nach Tier kann das auch mal ganz lange dauern. Bei unseren Nachbarn hat es über einen Monat gedauert, ehe der Hauskater den Neuzugang akzeptiert hatte, jetzt sind die beiden Kater dicke Kumpels, schmusen und spielen miteinander.

Wenn sie sich erst mal verstehen, können die beiden Kater miteinander raufen und ihr könnt ihnen dann eben andere Spiele anbieten. Und wenn es reine Wohnungskatzen sind, ist es ohnehin nicht verkehrt, zwei Katzen zu halten. Auf ausreichend Katzentoiletten (man sagt Anzahl der Katzen plus eine weitere) und Liegeplätze achten und insbesondere den Erstkater nicht vernachlässigen, sondern zeigen, dass sich die Welt nach wie vor um ihn dreht. Da kann dich aber dein Freund bestimmt unterstützen: Wenn man zu zweit ist, kann man sich ja oftmals aufteilen, sodass keine Katze sich zurückgesetzt fühlen muss, insbesondere am Anfang.

Wie ich ja das letzte Mal schon schrieb – sollten sich weitere Fragen, insbesondere zu einer Zusammenführung stellen – berichte ich dir gerne von unseren Erfahrungen. Wir haben da mittlerweile bei unseren eigenen einige durch und zuvor schon ein paar miterlebt.

Auf jeden Fall wünsche ich mit dem alten Katerchen und dem eventuell dazukommenden Mitbewohner viel Spaß und Freude (wenn der Stress des Zusammenführens dann erst mal überwunden sein wird),

ganz liebe Grüße!