Hallo Clara,
ich finde dein Verhalten ziemlich normal. Die Entscheidung, ein Tier abzugeben, erfordert eine Menge Überwindung. Und zwar genau aus den Gründen, die du nun auch kennst:
Auch wenn man alles getan hat, um das Tier gut unterzubringen, kann man doch nicht kontrollieren, wie es ihm dort geht. Und sobald man etwas nicht sicher weiß, schaltet sich schnell die Phantasie ein. Diese neigt in solchen Situationen dazu, sich ungute Sachen auszumalen.
Hinzu kommt das Gefühl, versagt zu haben. In Kombination mit der Vorstellung, dass ein anderer das jetzt besser hinkriegt, fühlt sich das einfach doof an. Es ist deswegen immer ein wenig so wie beim Einschläfern eines Tieres: Man fragt sich, ob man nicht übereilt gehandelt hat und ob es nicht doch noch Alternativen gegeben hätte.
Aber: Es gehört auch ein ganzes Stück Selbstüberwindung dazu, ein Tier in andere Hände zu geben, wenn man merkt, dass es offenbar so nicht zufrieden ist. Viele Tierbesitzer können sich das niemals eingestehen. Sie ertragen lieber die schlimmsten Verhaltensweisen, als zuzugeben, dass es bessere Besitzer für dieses Tier geben könnte. Versteckt wird das dann gerne unter dem Deckmäntelchen von „Verantwortung“ und „Tierliebe“.
In den meisten Fällen hat es damit aber nichts zu tun, sondern bedient lediglich das Ego des Besitzers. Dem Tier gegenüber wäre es oft verantwortlicher, es in geeignetere Hände zu geben.
Gerade bei Katzen hat Fehlverhalten häufig mit Umständen zu tun, die überhaupt nicht mit der Person des Tierhalters in Zusammenhang stehen. Sie zeigen dieses Verhalten nicht unbedingt deswegen, weil ihr Mensch unfähig oder schlecht zu ihnen wäre, sondern weil sie mit bestimmten (Lebens-)umständen nicht zurecht kommen. Eine andere Katze wäre möglicherweise mit der selben Situation äußerst zufrieden.
Deswegen: Lass ihn los. Du hast Verantwortung übernommen und dein Bestes getan, um ihm ein besseres Leben zu ermöglichen. Alles andere liegt nicht in deiner Hand. Glücklich wäre er bei dir ja in keinem Fall gewesen.
Schöne Grüße,
Jule