Hallo SrgSrg,
-> Der Zuschauer soll durch das Betrachten lernen, sein
eigenes Verhalten zu überdenken und eventuell ändern =
Katharsiseffekt.
Der Bedeutung der aristotelischen Katharsis ist durchaus umstritten. Im Prinzip kann man von zwei Komponenten sprechen, die diese Katharsis (=Reinigung) bewirken, dem Mitleiden mit dem Geschick der handelnden Personen, die oft unverdient, z.B. durch Beschluß der Götter, ins Unglück geraten und dann die Furcht, daß es einem ebenso ergehen könne. Da hier etwas ins Spiel gerät, auf das der Mensch keinen Einfluß nehmen kann (das Schicksal, die Götter), besteht die Katharsis mehr darin, wie man sich seinem Schicksal gegenüber verhält, wie man das Unvermeidliche hinnimmt, erträgt; weniger oder gar nicht darin, wie man dieses Los, Schicksal, Rat der Götter usw. durch Handlungsänderung vermeiden kann, denn wer will/kann schon erfolgreich gegen den Ratschluß der Götter ankämpfen?
Die These von Aristotels ist demanch: Erregung, Entspannung,
Handlungsbedarf.
Handlungsbedarf also eher in der Art des „Ertragens“ dieses Schicksals. Soweit die Interpretation vor Lessing.
Lessing’s These zum Drama ist: Furcht, Mitleid,
Einfühlungsvermögen.
Ja, dieses Einfühlungsvermögen trägt dann zur moralischen Besserung des Zuschauers bei. Er reinigt sich sozusagen von schädlichen Leidenschaften, um so geläutert als „besserer Mensch“ handeln zu können. Diese Auffassung findet wohl ihren Höhepunkt im jungen Schiller, der dies in seiner Rede „Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet“ auf den Punkt bringt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Schaubühne_als_eine…
Brecht bricht mit dem klassischen Ablauf des Dramas. Für ihn
steht im Zentrum der mitdenkende Zuschauer.
Brecht bricht überhaupt mit dem aristotelischen Katharsisbegriff. Ihm geht es nicht um die „Besserung des einzelnen Menschen“, sondern, ganz marxistisch, um die Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, der Welt. Er wendet sozusagen die 11. Feuerbachthese von Karl Marx „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kömmt darauf an, sie zu verändern“
http://de.wikipedia.org/wiki/Thesen_über_Feuerbach
auf das Theater an. Ein wichtiges Mittel dabei ist der von Brecht bevorzugte Verfremdungseffekt, der dafür sorgt, daß der Zuschauer sich nicht zu sehr mit den handelnden Personen identifiziert. Außerdem erscheinen vertraute Dinge in einem neuen Licht, so daß der Zuschauer erkennt, daß die Verhältnisse nicht so bleiben müssen, wie sie sind, sondern durchaus verändert werden können.
http://de.wikipedia.org/wiki/Verfremdungseffekt
Es ist mir nicht ganz klar, ob die drei
Auffassungen die Katharsis verbindet?
Kann man schon so sagen. Bei Aristoteles innere Katharsis, Reinigung des Zuschauers (in seiner Haltung zum Schicksal), bei Lessing wirkt diese Reinigung dann auch nach außen (moralisches Tun), um dann bei Brecht vom Einzelnen auf die Gesellschaft „überzuspringen“, im Sinne einer revolutionären Umgestaltung dieser Gesellschaft, bzw. der gesellschaftlichen Verhältnisse.
Viele Grüße
Marvin