Hallo Verena,
der Katharsis-Begriff findet sich schon bei Aristoteles und bezeichnet eine durch das Ansehen bestimmter Handlungen auf der Bühne ausgelöste befreiende Wirkung besonders in Bezug auf Furcht oder Wut. In modernen Theorien wurde dieses Prinzip von Freud sowie den Ethologen Konrad Lorenz und Irenäus Eibl-Eibesfeldt aufgegriffen. Eibl-Eibesfeldt (1970) meint z.B., daß die Attraktivität von Filmen aggressiven Inhalts daher rühre, daß Menschen beim Schauen ihre aggressiven Impulse abbauen können. Das aus den Vorstellungen dieser Forscher heraus formulierte Modell besagt, daß sich im Organismus langsam „Triebenergie“ ansammle, die der Abfuhr bedarf (das Dampfkesselmodell von Lorenz, das dem Freudschen Modell ähnlich ist). So auch beim Aggressions- oder Todestrieb. Sozial verträglich könne diese Energie z.B. dadurch abgeführt werden, daß man sich Situationen ansehe, in denen aggressives Verhalten von anderen gezeigt werde. Man könne z.B. ebenfalls beim Schauen voller Anspannung die Faust ballen usw. Nach dem Schauen solcher Szenen sei die Triebenergie z.B. in motorische Aktivitäten (eben das Ballen der Faust) geflossen und dadurch abgeführt worden.
Die Alternativhypothese ist die des Modellernens. Beim Betrachten von aggressiven Vorbildern, die erfolgreich sind und mit denen man sich identifizieren könne, würden aggressive Handlungsweisen gelernt und die Wahrscheinlichkeit steige, daß in ähnlichen realen Situationen aggressives Verhalten gezeigt werde.
Wissenschaftliche Untersuchungen zu diesen beiden Theorien und dem Einfluß von Mediengewalt auf Aggression gibt es schon seit Jahrzehnten. Zwischen 1969 und 1994 wurden mehrere Überblickarbeiten veröffentlicht. Darin wird ausgesagt, daß ein positiver Zusammenhang zwischen Mediengewalt und Aggression experimentell belegt sei. Paik & Comstock (1994) untersuchten 217 Studien in einer Meta-Analyse und fanden einen als mittelgroß einstufbaren Effekt und eine positive Korrelation. Der Konsum von Mediengewalt und Aggressionen im Realleben hängen also derart zusammen: Je stärker der Konsum von Mediengewalt, desto mehr Aggressivität. Korrelationen sind kein Beweis für Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge, aber auch in experimentellen Studien konnte dieser Zusammenhang nachgewiesen werden. Dort sind die Zusammenhänge auch am größten. Insgesamt spricht dies gegen die Katharsis- und für die Modellernen-Hypothese.
Man kann fragen, welche Inhalte welche Effekte mit sich bringen. Dabei ergaben sich folgende Ergebnisse:
Gewalthaltige Erotika d=1,27
Cartoons / Fantasy d=1,21
Sportkämpfe d=0,87
Action / Abenteuer / Krimis d=0,69
Nachrichten / Berichte d=0,51
Western d=0,39
d ist das statistische Effektstärkemaß, das den Mittelwertsunterschied in Abhängigkeit von der Streuung angibt. Als grobe Faustregel kann folgende Einteilung herangezogen werden:
0,2: kleiner Effekt
0,5: mittlerer Effekt
0,8: großer Effekt.
Ich hoffe, daß ich Dir weitergeholfen habe.
Gruß,
Oliver Walter